Luzern

Casino wehrt sich gegen gesetzliche Einschränkungen

Zur Eröffnung 2002 führte das Grand Casino Luzern als erstes A-Casino der Schweiz den Grand-Jeu-Spielbetrieb mit unbeschränktem Spieleinsatz ein. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Schweiz ist das Land mit der grössten Casino-Dichte Europas: 21 Spielbanken buhlen um die Gunst der Besucher. Neue Konkurrenz gibt es aber auch im Ausland, in Süddeutschland und Norditalien sind in den letzten Jahren viele neue «Spielhallen» eröffnet worden. Vor allem grenznahe Schweizer Casinos haben damit Probleme und generieren manchmal Umsatz mit fragwürdigen Methoden. Das Grand Casino Luzern liegt nicht an der Grenze, kämpft aber ebenfalls seit Jahren mit sinkenden Umsatz- und Gewinnzahlen. zentral+ geht den Gründen nach.

Diesen Monat wird das Grand Casino Luzern seine Geschäftsergebnisse im ersten Halbjahr veröffentlichen. Aufgrund der früheren Ergebnisse lässt sich ohne Kaffeesatzlesen voraussagen: Umsatz und Gewinn werden weiter gesunken sein. «Der Halbjahresbericht an die Aktionäre erfolgt Ende August, aus diesem Grund können wir keine individuellen Informationen im Vorfeld abgeben», teilt Casino-Marketingchef Philipp Albrecht zentral+ schriftlich mit. 


Auch ohne diese Information ist es kein Geheimnis, dass es der Spielbranche in der Schweiz seit 2008 schlecht geht. Ein Blick in die Statistiken bestätigt den Trend: Der Umsatz aller Casinos in der Schweiz  ging 2012 gemäss dem Schweizer Casino-Verband um 8,2 Prozent auf 757 Millionen Franken zurück. Der Anteil Luzerns am Gesamtumsatz betrug 44,9 Millionen Franken (2011 waren es noch 48,24 Millionen). Der Konzerngewinn schrumpfte auf die Hälfte zusammen, von 2,37 Millionen 2011 auf 1,27 Millionen 2012. 
Der schlechte Geschäftsgang betrifft auch die Stadt Luzern als grösste Aktionärin mit einem Anteil von elf Prozent.

Weniger Geld für die AHV

Weniger Geld, betonen die Casinos mantramässig, heisst auch weniger Geld für die AHV. In das Sozialwerk fliesst nämlich die Spielbankenabgabe. Die Casinos müssen rund die Hälfte ihres Umsatzes an den Staat abgeben. Die Abgabe habe der Bundesrat sogar noch erhöht, klagen sie. Letztes Jahr musste Luzern 47 Prozent oder 21 Millionen Franken nach Bern abliefern.

Der Geschäftsgang ist also schlecht. Als Gründe für diese Entwicklung gibt die Grand Casino Luzern AG die Finanzkrise und die angespannte wirtschaftliche Situation an, welche sich auf die Konsumentenstimmung der Spieler auswirken. «Die Gäste sind zurückhaltender und geben weniger aus», schreibt Marketingchef Albrecht. Bei den ausländischen Gästen komme als zusätzlicher negativer Faktor der starke Franken hinzu.

Schweizer spielen im Ausland

Als weiteren Grund gibt das Casino die Konkurrenz aus dem benachbarten Ausland an. Das Management sucht die Schuld aber auch in Bern: «Der verschärfte Vollzug der Gesetzgebung durch die Eidgenössische Spielbankenkommission hat zur Folge, dass Schweizer Gäste in ausländische Casinos abwandern, die weniger strengen Regulierungen unterliegen», schreibt das Casino. Die Spielbankenkommission ist die Aufsichtsbehörde über die Spielbanken.

Mit Gesetzen ist einerseits das Geldwäschereigesetz (GWG) gemeint. Gleich wie Banken, Versicherungen und andere Finanzintermediäre müssen auch die Spielbanken sicherstellen, dass sie nicht missbraucht werden, um Gelder aus Verbrechen in den legalen Finanzkreislauf einzuschleusen und so deren Herkunft zu verschleiern. Deshalb müssen die Casinos gewisse Sorgfaltspflichten wie die Identitätskontrolle einhalten.

Sorgfaltspflichten

Konkret müssen Spielbanken zum Beispiel auch bei bestimmten Transaktionen von ihren Gästen eine schriftliche Erklärung darüber einholen, wer an den Geldmitteln wirtschaftlich berechtigt ist. Häufigste Fälle sind Geldwechsel von mehr als 5’000 Franken sowie Rückkauf von Jetons und Automatenauszahlungen durch die Spielbank über 15’000 Franken.

Die Casinos müssen aber auch ein Sozialkonzept haben und vor allem einhalten, in dem sie sich verpflichten, die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden zu prüfen.

Dass das Sozialkonzept von manchen Casinos nicht eingehalten wird, zeigen Fälle, die trotz der Verschwiegenheit der Branche publik werden. Im Juli wurde ein nicht näher bezeichnetes Schweizer Casino vom Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen zu einer Rekordbusse von drei Millionen Franken verurteilt, weil es einen «Problemspieler» nicht gesperrt hatte.

Wie gewonnen so zerronnen

Der selbständige Immobilientreuhänder steckte von 2005 bis 2008 total 28,5 Millionen Franken in Spielautomaten. Angesichts der enormen Summen an monatlichen Auszahlungen hätte das Casino auf den Mann aufmerksam werden müssen, befand das Gericht.

Das Casino hätte klären sollen, ob sich der offensichtlich spielsüchtige Mann die Spieleinsätze leisten konnte – mit Bankauszügen, Lohnausweisen oder Steuererklärungen. Das Casino sprach einmal mit ihm, mehr nicht. Der Mann beantragte seine Sperrung schliesslich selber.

Er hatte über vier Millionen Franken verloren und fing an, sich das nötige «Spiel-Geld» durch Veruntreuungen zu beschaffen. Die Spielbankenkommission wurde erst 2011 von dritter Seite informiert, dass ein Strafverfahren gegen den Mann lief.

Es war das Basler Casino

Lange Zeit war unklar, um welches Casino es sich handelt. Das Luzerner Casino-Management weigerte sich trotz mehreren Anfrage von zentral+, sich zum Fall zu äussern. Nicht einmal ein «Wir waren es nicht» liess es sich entlocken.

Mittlerweile ist klar: Es war das Grand Casino Basel. Generell sind die grenznahen Casinos offenbar eher bereit, Risiken einzugehen: Die Skandale der letzten Jahre betrafen Basel, Schaffhausen und St. Gallen. «Sie stehen unter Druck», sagt ein Branchenkenner.

Ein Grund dafür: In Süddeutschland sind die letzte Jahre viele neue Spielhallen mit Geldspielautomaten eröffnet worden. Der selbe Trend wird auch in Norditalien beobachtet. «Praktisch in jedem Dorf findet sich eine Spielhalle», sagt Martin Vogel, Kommunikationschef der Swiss-Casinos-Gruppe, zu der die Casinos Zürich, Pfäffikon/SZ, Schaffhausen und St. Gallen gehören.
Im Gegensatz zu den Luzernern grenzt sich Vogel klar ab von einer laxen Handhabung der Gesetze und jammert auch nicht über die Regulierungen. «Wir wollen einen sauberen Spielbetrieb», sagt Vogel.

Eine Tatsache ist auch, dass die Casino-Dichte in der Schweiz mittlerweile enorm ist. Es gibt landesweit 21 konzessionierte Spielbanken: Acht sind Grand Casinos mit einer Konzession A, zu denen Luzern gehört, 13 haben eine B-Konzession (Kursääle). Spielbanken mit Konzession A können eine unbeschränkte Anzahl von Tischspielen und Glücksspielautomaten anbieten, die Höchsteinsätze sind gesetzlich nicht beschränkt. Spielbanken mit Konzession B dürfen nur drei Arten von Tischspielen (zum Beispiel Roulette, Black Jack und Poker) und maximal 250 Glücksspielautomaten anbieten und müssen Einsatz- und Gewinnlimiten respektieren.

Zürich störte Luzern besonders

2012 kamen Zürich und Neuenburg hinzu. Vor allem das neue A-Casino Zürich stiess den Luzernern sauer auf. Auf die Frage, ob Zürich Luzern Gäste wegnimmt, antwortet Philipp Albrecht: «In einem gesättigten Markt – die Schweiz hat mit Abstand die grösste Casinodichte Europas – führen zusätzliche Mitbewerber nicht zu neuen Gästen und Einnahmen. Es kommt lediglich zu einer Verdrängung und Umverteilung.» Das Grand Casino Zürich verändere das Marktumfeld für Luzern «nachhaltig», fügt Albrecht hinzu.

Das sieht Zürich anders. Martin Vogel von der Swiss Casinos Gruppe: «Touristen aus Luzern gehen sicher nicht nach Zürich spielen».
Luzern habe doch zudem viele Trümpfe zu bieten, die Zürich nicht habe: der hauseigene Club Casineum, eine gute Gastronomie, die Lage am See und die Nähe zu den Luxushotels sowie das grosse Parkhaus. Die Auswirkungen des neuen Zürcher Casinos seien viel grösser auf die Casinos von Baden oder Pfäffikon. «Wenn Luzern Gäste verliert, muss es andere Gründe haben», sagt Vogel.

Könnte das Rauchverbot einer sein? Obwohl dieses gemäss Mitarbeitern des Casinos, die zentral+ befragte, durchaus einen Einfluss auf die Besucherzahlen hatte, verneint das Management diesen Einfluss. Man habe «rechtzeitig und umsichtig» in grosszügige Nichtraucher- und Raucherbereiche investiert, heisst es in der geschliffenen Marketingsprache.  «Wir mussten aufgrund der Nichtraucherbestimmungen, die seit 1. Mai 2010 in Kraft sind, keine negativen Auswirkungen verzeichnen.»

Aufgrund des unbefriedigenden Geschäftsgangs, gibt es einen weiteren Trend in Luzern. Um den Aufwand zu reduzieren, hat die Grand Casino AG stark beim Personal abgebaut in den letzten Jahren. Als es noch gut lief, vor der Krise von 2008, beschäftigte der Betrieb 205 Personen. 2011 waren es noch 183 Personen, 2012 180 und in diesem Jahr 178. Also ein Viertel weniger Angestellte.

Strategien für neue Kundschaft

Wie versucht das Casino, Gäste zu gewinnen? Für die asiatischen Gäste, die oft leidenschaftlich gerne spielen und eines der wichtigsten Gästesegmente in Luzern bilden, hat man das in Asien sehr beliebte Mini-Baccarat eingeführt. Doch weil viele asiatische Touristen nur kurz in Luzern bleiben oder in Hotels ausserhalb der Stadt übernachten, ist es schwierig, sie abends ins Casino zu bringen.

Das heimische Publikum versucht man mit Poker und Pokerturnieren anzusprechen. Anfang 2013 hat das Casino das grösste Pokerturnier durchgeführt, das je in der Zentralschweiz stattfand. 418 Personen nahmen teil. «Wir verbuchen mit Poker grosse Erfolge», so Marketingchef Albrecht.

Zu den Neuerungen zähle auch die im Juni lancierte «Swiss Casino App». Über den Casino-Finder erhalten iPhone-Benutzer auf einen Blick aktuelle Infos zu allen Schweizer Casinos. Extra ist der kostenlose Jackpot-Alarm, der automatisch ausgelöst wird, sobald der Swiss Jackpot einen gewissen Stand erreicht hat.

Doch Luzern ist zum Glück nicht nur auf Spieler ausgerichtet. Über das Spielangebot hinaus bietet das Casino ein breites Event- und Gastronomieangebot. Ein Lichtblick ist das Restaurant Olivo. Es ist weit über Luzern hinaus für seine vielfältige mediterrane Küche bekannt. Der Gastroführer Gault-Millau bewertet es mit 15 Punkten und es konnte gemäss den Betreibern 2012 seinen Umsatz steigern.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon