Bio Suisse lockerte Knospe-Richtlinien

«Weltbestes Fuuschtbrot» mit kleiner Biosünde

Andi Lieberherr mit einem «Fuuschtbrot», im Hintergrund die Biobäckerei. (Bild: mbe.)

Andreas Lieberherr will mit «Eingeklemmten» die Zürcher Bahnhofstrasse erobern. Die hungrigen Banker werden dabei in beste Luzerner Bioprodukte beissen. Denn alle Zutaten kommen vom Modellbetrieb Burgrain in Alberswil. Lieberherr musste aber zuerst die Hüter der Marke «Bio Knospe» überzeugen, dass sie ein Auge zudrücken.

Auf dem Burgrain ist alles «Bio Knospe»: Es gibt einen Biohof, eine Biokäserei, einen Biomarkt, eine Bioholzofenbäckerei. Der frühere Gutsbetrieb der landwirtschaftlichen Schule Willisau unweit von Sursee ist 2013 in einen Modellbetrieb («Erlebnis Agrovision») umgewandelt worden. Er hat den Anspruch, eine breite Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit zu führen.

Im modern umgebauten Bauernhof werden konsequent biologisch produzierte, landwirtschaftliche Rohstoffe verarbeitet. «Sie zeichnen sich durch besondere Qualität und herausragenden Geschmack aus», heisst es in der Werbung. Tönt verlockend.

Jetzt sollen die feinen Bioprodukte aus Alberswil auch ausserhalb der Zentralschweiz genossen werden können. Zusammen mit dem bekannten Luzerner Bäcker «Eigenbrötler», Daniel Amrein, hat Lieberherr in jahrelanger Tüftelei das «weltbeste Fuuschtbrot» entwickelt. «Es brauchte ein paar Freaks wie uns mit Leidenschaft», sagt Lieberherr, selbst Geschäftsführer von «Erlebnis Agrovision».

Handwerk statt Industrie

«Man kriegt ja nirgends mehr ein anständiges Eingeklemmtes», sagt Lieberherr. «Die industrielle Herstellung von Sandwiches hat leider nichts mehr zu tun mit der handwerklichen Kunst des Bäckers, Käsers oder Metzgers. Ein industrielles Produkt ist meiner Meinung nach kein Genuss, weil alles gleich schmeckt.»

Ab 18. September heisst es deshalb «Züri isst Fuuschtbrot!». Im ehemaligen Teehaus Wühre in Zürich wird das Produkt lanciert. – Bei Erfolg könnte das «Fuuschtbrot» in andere Städte expandieren. Alle Zutaten sind Bio Knospe: Zwischen zwei Scheiben knusprigem Sauerteigbrot wird man erstklassige Butter, rahmigen Rohmilchweichkäse oder luftgetrocknetes Trockenfleisch von Wollschweinen aus dem Entlebuch vorfinden. Oder aber vegetarisch mit Gemüse und Salat. Lieberherr hofft, dass die Konsumenten das Biosandwich vor allem wegen des guten Geschmacks lieben werden. «Wir möchten einen Wow-Effekt auslösen», sagt er.

Wirtschaftlichkeit ist Pflicht

Das Projekt soll nicht zuletzt zur Rentabilität beitragen. Denn der mit neun Millionen Franken Starthilfe von der Stiftung Agrovision Muri aufgebaute Musterbetrieb soll langfristig selbsttragend sein.  Ein positiver Nebeneffekt des Projekts: Die «Fuuschtbrot»-Produktion lastet den Holzbrotbackofen im Zentrum Burgrain besser aus. Denn dieser hat eine Kapazität für 1000 Kilo Brot am Tag. Der rustikale neue Ofen mit siebzig Tonnen Gewicht wird ausschliesslich mit Tannenholz befeuert. Am Ofen steht Sven Amrein, der Sohn des «Eigenbrötlers». Während der Vater beim Aufbau des Backbetriebs und der Entwicklung des Brots mitgewirkt hat, führt der Sohn die kleine Bäckerei im Bio-Zentrum selbständig.

Bio Suisse überzeugen

Bevor das «Fuuschtbrot»-Projekt starten konnte, musste der Geschäftsführer von «Erlebnis Agrovision» Andi Lieberherr jedoch Pionierarbeit leisten; er ist selbst ein Biovorreiter und hat «Regiofair» auf die Beine gestellt. Ein kleiner Schönheitsfehler war lange Zeit eine Zutat, die gemäss den Richtlinien von Bio Suisse für ihre Marke Knospe bis anhin nicht erlaubt war: Randenpulver. Es wird zur Färbung des Trockenfleisches verwendet. Lieberherr arbeitet mit einem Metzger aus der Region zusammen. «Wir haben ein Verfahren entwickelt, bei dem das Randenpulver dem Fleisch Farbe verleiht und den Reifeprozess vorantreibt», sagt Lieberherr. Ansonsten werde das Fleisch rasch grau, erklärt er.

Färben nicht erlaubt

In der Industrie wird Nitritpökelsalz (Salpeter) dazu verwendet, doch das ist Chemie pur. Randenpulver ist eine alternative und natürliche Zutat. Doch Färben ist gemäss Bio-Suisse-Richtlinien nicht erlaubt. Das gilt als Täuschung des Konsumenten. «Wir haben uns nach rund zwei Jahren einigen können», sagt Lieberherr. Das Randenpulver darf aber nur für die Konservierung des Trockenfleischs verwendet werden.

Und was sagt Bio Suisse dazu? «Die Diskussion, ob anstelle von Pökelsalz auch Gemüsepulver eingesetzt werden kann, um dem Fleisch die typische Farbe zu geben, wurde bereits öfter geführt», sagt der Mediensprecher von Bio Suisse, Andreas Käsermann.

Wie Bio Suisse dazu steht

«Die zuständige Kommission hat letztlich beschlossen, färbende Gemüsepulver – etwa aus Randen – für Pökelwaren zuzulassen», führt er aus. Damit eine Täuschung der Konsumenten aber ausgeschlossen werden könne, müsse der Einsatz solcher Stoffe deklariert werden. Käsermann: «Nach wie vor verboten ist der Einsatz solcher Farbstoffe in anderen Bereichen. So darf Knospe-Joghurt nach wie vor nicht mit Randensaft nachgerötet werden. Die Bewilligung gilt künftig nicht nur für Agrovision Burgrain, sondern für alle Produzenten von Bio-Pökelwaren wie Trockenfleisch, Salami und anderen Dauerwürsten.

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