Transfer von 16-Jährigem zu Dortmund in der Kritik

Was der FCL unter seriöser Spielerberatung versteht

FCL-Nachwuchschef Genesio Colatrella hat wenig Verständnis für den Entscheid, dass Nachwuchstalent Bradley Fink sein Glück in Dortmund suchen wird.

(Bild: pze)

Was ist der richtige Weg, um dereinst eine grosse Karriere im Fussball machen zu können? Diese Frage beschäftigt derzeit den FC Luzern und sein Umfeld. Denn der 16-jährige Bradley Fink hätte laut Karriereplanung des Vereins nächstens im Super-League-Team trainieren sollen. Stattdessen wechselt der Mittelstürmer zu Borussia Dortmund.

Er ist fast schon 1,90 Meter gross, beidfüssig, technisch beschlagen. Und für seine Konstitution ziemlich schnell auf den Beinen. Bradley Fink ist als Mittelstürmer und Torjäger ein Versprechen für die Zukunft. Das ist natürlich auch den Spielerberatern und den Scouts aufgefallen. Auf dem Planeten Fussball bleibt kaum mehr ein Juwel unentdeckt.

Darum entwickelt sich um die Hochbegabungen früh eine Art Dreiecksbeziehung. Da ist der Klub, der alles daran setzt, seine grosse Nachwuchshoffnung in den eigenen Reihen zu halten, indem er ihr einen sinnvollen Plan für den Weg in die erste Mannschaft aufzeigt.

Da ist aber auch ein mehr oder minder seriöser Spielerberater, der seinem Schützling gerne die grosse Karriere verspricht und dabei bisweilen verschweigt, dass er mit ihm auch ein eigenes Ziel verfolgt: (schnelles) Geld verdienen. Und da ist ein familiäres Umfeld, das sich im Milliardengeschäft Fussball zumeist wie ein Pfadfinder im tiefsten Wald vorkommen muss.

Mentale Komponente erhält mehr Gewicht

Aus Sicht der FCL-Verantwortlichen sind Spielerberater und die Familie Fink nun aus der Dreiecksbeziehung ausgeschert. «Wir haben Bradley stets den nächsten Schritt in die erste Mannschaft aufgezeigt und eine entsprechende Karriereplanung vorgenommen. Doch die Geduld ging offensichtlich verloren», sagt Nachwuchschef Genesio Colatrella. Es war vorgesehen, Bradley Fink zeitweilig in der bald beginnenden Saisonvorbereitung mit der ersten Mannschaft trainieren zu lassen.

«Für die Karriereplanung eines grossen Talents ist es sinnvoll, vor dem Sprung ins Ausland zumindest in der Challenge League gespielt zu haben.»

Der Spielerberater sieht für Fink offenbar die besseren Entwicklungschancen beim elitären Bundesligisten Borussia Dortmund. Dort ist sein Klient aber bloss einer unter vielen Hochbegabten, die dem Traum einer grossen Fussballerkarriere nachjagen. In einer für ihn fremden Stadt, weit weg von seiner familiären Umgebung. Ab sofort ist für den Durchbruch nicht mehr nur das sportliche Können entscheidend. Sondern auch die mentale Komponente.

Colatrella drückt sich mit Hilfe eines Bildes aus der Botanik aus: «Bradley wurde auf der Allmend entwurzelt. Nun wird er in einem grossen Park in Dortmund wieder eingepflanzt in einem Beet voller Pflanzen, die er nicht kennt.»

Der nächste Glücksritter

In diesem Zusammenhang verweist der FCL-Nachwuchschef auf eine vom Schweizer Fussballverband erhobene Statistik: «Von den letzten 86 Spielern, die in der Schweizer A-Nationalmannschaft mindestens zwei Einsätze absolviert haben, gingen nur deren zwei schon im Juniorenalter ins Ausland. Nämlich Johan Djourou und Diego Benaglio.»

Vor seinem Transfer nach Borussia Dortmund winkt der FCL-Hochbegabung Bradley Fink der Meistertitel und der Cupsieg mit der U16.

Vor seinem Transfer nach Borussia Dortmund winkt der FCL-Hochbegabung Bradley Fink der Meistertitel und der Cupsieg mit der U16.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Und welche Erkenntnis zieht er daraus? «Dass es für die Karriereplanung eines grossen Talents sinnvoll ist, mindestens in der Challenge League gespielt zu haben, bevor man den Sprung ins Ausland wagt», sagt er und betont: «Das verstehe ich unter seriöser Karriereplanung.»

Aus Sicht der Luzerner wird Bradley Fink, der ein schweizerisch-englischer Doppelbürger ist, also der nächste Glücksritter auf der Suche nach Erfolg und Ruhm.

Stephan Lichtsteiners Bruder ist der Berater

Pikant dabei ist, dass der Name des vom FCL kritisierten Spielerberaters, den Colatrella nicht ein Mal in den Mund genommen hat, auf internationaler Ebene Wohlklang besitzt: Marco Lichtsteiner. Er ist der ältere Bruder des Adligenswiler Nati-Captains Stephan. «Der Spielerberater hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass Borussia Dortmund einen klareren Plan für die Zukunft von Bradley und sein Schützling dort die besseren Entwicklungsmöglichkeiten habe», sagt Colatrella über die ihm genannten Beweggründe für den Transfer.

«Ich weiss nicht, ob man es in Deutschland wirklich besser macht.»

Dahinter setzt er allerdings ein dickes Fragezeichen. Aus zwei Gründen: «Die Deutschen schielen seit einiger Zeit in die Schweiz, um zu schauen, wie wir mit dem Nachwuchs arbeiten. Deshalb weiss ich nicht, ob man es dort wirklich besser macht.»

Darüber hinaus findet er es komisch, dass der FC Luzern bis dato noch nie Kontakt hatte zu jenem Verein, der Bradley Fink offenbar unbedingt verpflichten wollte. «Wir versuchten die Verantwortlichen von Dortmund zu kontaktieren, haben aber nie eine Antwort erhalten.» Andere Vereine wie die AS Rom, Espanyol Barcelona oder Hoffenheim hätten offiziell eine Anfrage deponiert, führt Colatrella aus.

Abschied mit dem Double-Gewinn?

Darum können die kolportierten 90’000 Euro, die der FCL als einmalige Ausbildungsentschädigung für Fink erhalte, vom Klub auch nicht bestätigt werden.

Fink wird in die Fussstapfen der wohl aufregendsten Nachwuchshoffnung von ganz Deutschland treten: In 55 Spielen gelangen dem erst 14 Jahren alten Youssoufa Moukoko 89 Tore und 16 Assists während der letzten beiden Saisons für die U17 von Borussia Dortmund. Nun wird der gebürtige Kameruner in die U19 aufsteigen.

Bis dahin wird sich Bradley Fink noch zweimal das FCL-Dress überstreifen. Der Double-Gewinn lockt. Mit der U16 spielt der Mittelstürmer am Samstag um 14 Uhr (Fliegerschuppen) den Final um die Schweizer Meisterschaft gegen den FC Basel. Vier Stunden später ist dann die Luzerner U18 gegen YB dran.

Am übernächsten Samstag wird Fink noch den Cupfinal mit der U16 bestreiten. Danach sei die Familie Fink bereit, ihre Sicht des Transfers darzulegen, antwortete Vater Thomas auf eine entsprechende Anfrage.

 

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