Welche Verstärkungen machen für die Luzerner Sinn?

Dem FCL bietet sich die nächste Chance, eine Identität zu kreieren

Tsiy William Ndenge enteilt Basels Verteidiger Eray Cömert – um den FCL-Mittelfeldspieler könnte Sportchef Meyer eine Mannschaft der Zukunft aufbauen.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Auf dem Tisch von Remo Meyer liegen zum einen viele offene Personalfragen. Zum andern hat der FCL-Sportchef im Sommer Gelegenheit, eine Mannschaft, die mit zwei Punkten aus den letzten vier Meisterschaftsspielen auf dem Boden der Realität gelandet ist, sinnvoll zu ergänzen.

In der Super League sind die Positionen bezogen. Nicht bloss im Hinblick auf den Ausgang dieser Meisterschaft. Vielmehr herrscht eine Zweiklassengesellschaft. Die Young Boys und Basel sind mit riesigem Abstand und auf Jahre hinaus uneinholbar vorneweg – gefolgt von den restlichen acht Konkurrenten, die sich recht volatil zwischen Rang 3 und 10 bewegen. Selbst das derzeit drittplatzierte Thun befand sich in dieser Saison schon im Tabellenkeller.

In diesem Niemandsland spielt auch der FC Luzern. Er hat mit der aktuellen Mannschaft das Zeug dazu, Dritter zu werden. Aber eine Qualifikation zur Europa League spielt letztlich keine Rolle. Sechsmal ist der FCL in der jüngeren Vergangenheit auf dem Weg zur internationalen Bühne stecken geblieben. Läuft es aber schlecht, kann er auch auf Platz 10 fallen. Kein Schelm, wer feststellt: Den FCL umweht auch die unvorteilhafte Aura eines Klubs aus dem Niemandsland.

FCL steht für alles und doch für nichts

Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist: Wie sieht eigentlich eine mögliche Identität eines Klubs im Niemandsland der Super League aus?

Der «kleine» FC Thun lebt die Antwort auf diese Fragen seit Jahren: Seinem Budget entsprechend zieht er die vielversprechendsten Spieler aus der Challenge League nach oder engagiert talentierte Desperados, die bei der Konkurrenz ausser Rang und Traktanden gefallen sind (zum Beispiel die früheren FCL-Spieler Dejan Sorgic und Ridge Munsy). So schaffen die Berner Oberländer mit kleinem Budget immer wieder Achtungserfolge und bisweilen auch einen Transferüberschuss.

Und der FCL? Seine Identität ist nach wie vor unklar. Mit seinem Transfergebaren steht er ein bisschen für alles. Aber für nichts richtig. Für eigene Nachwuchstalente (Ruben Vargas, Idriz Voca oder Silan Sidler). Für Perspektivspieler (Marvin Schulz, Tsiy Ndenge oder Blessing Eleke). Für Oldies (David Zibung und Christian Schwegler). Und für eine Vielzahl von Fehltransfers über die vergangenen Saisons (Nico Brandenburger, Sebastien Schachten, Daniel Follonier und viele mehr). Das konsequente Setzen auf den eigenen Nachwuchs, wie es sich der Klub vor Jahren auf die Fahne geschrieben hat, tönt zwar gut. Aber mit der Umsetzung hapert es.

Eine klare Identität erleichtert künftige Personalentscheide

Eine Konsequenz daraus ist, dass der FCL von der zahlenden Kundschaft abgestraft wird. Aller Voraussicht nach wird er in der laufenden Saison den Tiefstwert aus der Vergleichsperiode des Vorjahres nochmals unterbieten (zentralplus berichtete). Gut möglich, dass der von den Investoren verordnete Sparkurs dadurch nochmals verschärft werden wird.

In diesen Tagen und Wochen muss sich FCL-Sportchef Remo Meyer in vielen Personaldossiers entscheiden. Von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Trainer Thomas Häberli über einen möglicherweise zur Diskussion stehenden Verkauf von Ruben Vargas bis hin zu vorzeitigen Vertragsverlängerungen mit Marvin Schulz oder Shkelqim Demhasaj (zentralplus berichtete).

Darüber hinaus wird Meyer das Kader der Luzerner punktuell verstärken können. Er kann also einen nächsten Anlauf nehmen, eine Identität für den FC Luzern zu kreieren. Vor dem Hintergrund einer klaren Identität werden sich in Zukunft alle wichtigen Personalentscheidungen im FCL fast schon allein (er-)klären.

Diese Chance zu nutzen, ist für Meyer genauso wichtig wie die einzig verbliebene Kampagne im sportlichen Wettkampf: den Einzug der Luzerner in den Cupfinal am 23. April zu Hause gegen Thun.

Abwehr muss mit Potenzial aufgeladen werden

Mannschaftsteil für Mannschaftsteil präsentiert sich die Ausgangslage für FCL-Sportchef Remo Meyer so:

Die Baustelle auf der Goalie-Position hat zentralplus frühzeitig in der Vorrunde ausgeschildert. Mit der Vertragsverlängerung für seinen Kumpel David Zibung bis 2020 hat sich Meyer zumindest ein halbes Jahr länger Zeit gegeben, die Baustelle mit einem fähigen Torhüter zuzuschütten. Zu einer unverhofften Lösung des Problems könnte Kriens-Goalie Simon Enzler werden.

In der Verteidigung ist der FCL mit seinem Personal qualitativ zu limitiert, um einen Entwicklungssprung machen zu können. Die Cirkovics, Lucas›, Kakabadzes – allesamt aus dem Ausland verpflichtet (!) –, Sidlers und Schweglers sind zwar engagiert und fleissig. Aber man muss schier ein Hexenmeister sein, um sie qualitativ besser zu machen. Umso sehnsüchtiger wird die Rückkehr des rekonvaleszenten Stefan Knezevic erwartet. Der torgefährliche Innenverteidiger wird die Abwehr besser machen. Dennoch ist es angezeigt, die Hintermannschaft des FCL mit Potenzial aufzuladen.

FCL im Mittelfeld am besten besetzt

Am besten besetzt ist der FCL im zentralen Mittelfeld. Mit den Gladbachern Ndenge und Schulz hätte Meyer ein Fundament, um eine schlagkräftige FCL-Mannschaft für die Zukunft aufzubauen. Dazu kommt Idriz Voca. Der 21-jährige Nationalspieler Kosovos hat Potenzial für eine gute Karriere in der Super League.

Dazu erhoffen sich die Luzerner eine Rückkehr von Bundesliga-Söldner Pirmin Schwegler (32) im Falle des sich abzeichnenden Abstiegs von Hannover 96. Die Verpflichtung des jüngeren Bruders von Christian wäre ein starkes Signal ans Umfeld. Und seine Qualität und Erfahrung würde sich stabilisierend auf das Spiel der Luzerner auswirken (zentralplus berichtete).

Blessing Eleke, der beste Torjäger der Luzerner, setzt sich im Kopfball-Duell gegen Sions Bastien Toma durch.

Blessing Eleke, der beste Torjäger der Luzerner, setzt sich im Kopfball-Duell gegen Sions Bastien Toma durch.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Auch auf den Flügeln ist der FCL gut besetzt. Die Frage aber ist, ob Meyer im Sommer einen schönen Batzen für den bald 30-jährigen Leistungsträger Pascal Schürpf oder einen Verkaufserlös von mindestens fünf Millionen Franken für Ruben Vargas erzielen kann. Selbst wenn der Routinier und der aufstrebende U21-Internationale treu bleiben: Eine zusätzliche Perspektive täte dem FCL im Sinne eines gesunden Konkurrenzkampfes gut.

Auf Erhalt der offensiven Feuerkraft angewiesen

Im Sturmzentrum ist die Hierarchie fast schon in Stein gemeisselt. Blessing Eleke, mit zehn Toren in 24 Spielen der beste Goalgetter, ist gesetzt. Sein Ersatz ist Demhasaj, der aber um die Wichtigkeit von Spielpraxis weiss, um seine Karriere weiterentwickeln zu können. Tomi Juric wird in wenigen Wochen schon Geschichte in der Innerschweiz sein.

Es liegt auf der Hand, dass Meyer mindestens eine Alternative verpflichten muss, damit der FCL im Sturm nichts von seiner aktuellen Feuerkraft einbüsst. Darauf ist der aktuell Siebte der Super League zwingend angewiesen: Denn mehr Verlusttore als die Luzerner (50) haben in der gesamten Liga bloss die abstiegsbedrohten Neuchâtel Xamax (56) und Grasshoppers (52) kassiert.

Und Xamax ist der nächste Gegner der Luzerner am Samstag (19 Uhr) in der Swissporarena.

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