Tabellenführung vom SC Bern übernommen

Der EV Zug als Titelanwärter? Diese sieben Gründe sprechen dafür

Hat der EVZ auch in den Playoffs noch Grund zum Jubeln?

(Bild: zvg)

Wäre am nächsten Wochenende Playoff-Start, so könnte es sich lohnen, einen «Fünfliber» auf den EVZ als Meister zu wetten. Die Quote wäre wahrscheinlich eine attraktive – und die Zuger haben erst noch ein paar schlagkräftige Argumente auf ihrer Seite.

Hä? Die Zuger dominieren mit dem SCB eine ausgeglichene Liga in der laufenden Qualifikation. Sie sind nach dem 3:0 am Samstagabend im Spitzenkampf in Bern, der ersten Zu-null-Niederlage für den stolzen SCB unter Meistermacher Kari Jalonen auf eigenem Eis, neuer Tabellenführer. Und das, wohlgemerkt, mit bloss drei Ausländern im Aufgebot und ohne Captain Raphael Diaz (gesperrt).

Wie kann da die Wettquote attraktiv sein? Zug rockt. Doch ein Blick zurück reicht, um diesen Sachverhalt zu verstehen. Die Geschichte, die der EV Zug seit dem ersten und einzigen Meistertitel 1998 in den Playoffs schrieb, würde zu einer legendären Filmmusik von Ennio Morricone passen: «Spiel mir das Lied vom Tod.»

Nur noch einmal in den letzten 21 Jahren schafften es die Zuger bis in die Finalserie. 2017 gegen den SCB. 0:4 nach Siegen kapituliert. Danach gewannen die Berner auch die nächsten acht Vergleiche in der Qualifikation. Bis diese Serie am letzten Samstagabend riss.

Diese Argumente sprechen für den EVZ

Grund zur Euphorie also? Nicht wirklich. Aller Voraussicht nach wird der EVZ in den kommenden Playoffs wieder auf seinen Topskorer Lino Martschini (15 Tore und 16 Assists in 32 Spielen) verzichten müssen. Dem Zauberzwerg wird die Magie entzogen, sobald die grossen und kräftigen Kerle Playoff-Hockey zu spielen beginnen. Dann wird Martschini nur noch auf dem Eis herumgeschoben.

Dennoch gibt es aus Zuger Sicht gute Gründe, dem Playoff zuversichtlich entgegenzublicken. Weil verschiedene Komponenten dem Team Energie verleihen:

1. Der Trainer: Der knapp eine Woche vor dem Playoff-Start am 9. März 40 Jahre alt werdende Dan Tangnes wurde bei dessen Verpflichtung belächelt. Die Skepsis gegenüber dem Norweger, der in seiner Trainerkarriere noch nie eine Playoff-Serie gewonnen hat, war gross. Ein unerfahrener Skandinavier in einem nordamerikanisch geprägten Hockey-Unternehmen wie dem EVZ?

Doch der Nobody hat den Zugern ein attraktives Spielsystem, das auf schnellem Umschalten nach einem Scheibengewinn basiert, verpasst. Und nach Anfangsschwierigkeiten, die sich in vielen Fehlpässen in der eigenen Zone manifestierten, sitzt und funktioniert es. Dazu kommt, dass Tangnes den Energiehaushalt der Leistungsträger unter Kontrolle hat. Weil er – im Gegensatz zu Vorgänger Harold Kreis – konsequent vier Linien durchspielen lässt. Doch die Skepsis dem EVZ-Trainer gegenüber wird erst verschwunden sein, wenn sein Team in der entscheidenden Phase der Meisterschaft rockt und rollt.

Erfolgreiche EVZ-Trainerbank um Coach Dan Tangnes.

Erfolgreiche EVZ-Trainerbank um Coach Dan Tangnes.

(Bild: zvg/Philipp Hegglin)

2. Der Goalie: Tobias Stephan hat das Leistungsniveau eines EVZ-Torhüters auf ein zwei Stufen höheres Niveau geführt. Dennoch muss der in acht Tagen 35 Jahre alt werdende Zürcher gehen. Das war seit der Verpflichtung von Berns Meister-Goalie Leonardo Genoni vor Saisonbeginn klar. Stephan ist noch besser und noch stabiler, als er es in den vorangegangenen vier Jahren mit den Zugern war.

Die statistischen Werte weisen ihn, was Abwehrquote (93,41 Prozent) und Anzahl Shutouts (5) betrifft, auf Platz 2 der National League aus. Hinter Genoni (94,45 Prozent/8 Shutouts). Es wäre für Stephan eine riesige Genugtuung, den EVZ mit einem Meistertitel Richtung Lausanne zu verlassen.

3. Die Ausländer: Bis auf drei Ausländerpositionen – die Verträge der Stürmer Garrett Roe (30), Carl Klingberg (27) und Dennis Everberg (27) laufen aus – steht die EVZ-Mannschaft für die nächste Saison. Sportchef Reto Kläy hat in diesen Personalien nicht den geringsten Grund zur Eile. Er wird bestimmt die NL-Playoffs abwarten und wohl auch die WM, bevor er sich in der Ausländerfrage festlegen wird.

Für Roe, Klingberg und Everberg heisst das: Gas geben in den Playoffs! Und das gilt wahrscheinlich auch für David McIntyre (31). Der Center besitzt zwar noch einen gültigen Vertrag für die nächste Saison, aber dem Vernehmen nach ist er beim skandinavischen Trainer Dan Tangnes wegen sinnloser Strafen in der Offensivzone und sorglosen Passspiels nicht unumstritten.

4. Solidarität: Das Trainerteam und die Mannschaft haben gelernt, den Begriff «Verletzte» in der laufenden Saison fehlerfrei zu buchstabieren – so viele Beispiele gab es. Zu Beginn fehlten mit Roe, dem im Herbst abgewanderten Stahlberg und McIntyre drei Ausländer gleichzeitig verletzt, doch die Mannschaft spielte so, als ob nichts geschehen wäre. Das spricht für die Qualität und Tiefe des Teams.

Jüngstes Beispiel: Am Freitag fiel McIntyre im Spiel gegen Lausanne (4:2) nach einem Check gegen den Kopf aus. «Er musste die Nacht im Spital verbringen. McIntyre wird mindestens eine Woche ausfallen», sagt EVZ-Sportchef Reto Kläy. Mit Klingberg (rekonvaleszent) und Diaz (gesperrt) fielen also drei Leistungsträger am Samstag in Bern aus. «Doch gejammert haben wir nicht – sondern die Berner in den Arsch getreten», freut sich Kläy.

Zug rockt: Nach dem Sieg gegen die Berner am Samstag ist der EVZ neuer Leader.

Zug rockt: Nach dem Sieg gegen die Berner am Samstag ist der EVZ neuer Leader.

(Bild: zvg)

5. Reaktion: Dieser EVZ lässt sich nicht unterkriegen. Grosse Mannschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie Spiele für sich entscheiden können, in denen sie nicht wirklich gut waren. Der EV Zug ist noch keine grosse Mannschaft, und er hat bei den zehn Siegen in den letzten zwölf Spielen Leistungen gezeigt, die bei neutraler Sichtweise nicht immer drei Punkte wert waren.

Dennoch hat er meist einen Weg zum Erfolg gefunden. «Das gelingt nur mit Dynamik im Team», weiss Kläy. Aber er weiss auch: «Die Playoffs werden uns auf eine neue Probe stellen.»

6. Die «Special Teams»: Es ist der Ausdruck einer nordamerikanisch geprägten Sportart für die Situationen mit einem Mann mehr oder weniger auf dem Eis als der Gegner. Gemeint ist das Über- oder Unterzahlspiel. Sie sind entscheidend auf dem Weg zum Titelgewinn.

Im Unterzahlspiel (Boxplay) ist der EVZ hinter dem SCB die Nummer 2 der Liga, im Überzahlspiel (Powerplay) bloss die Nummer 7. Es liegt an Spezialisten wie Martschini und Everberg, das Überzahlspiel auf ein höheres Level zu führen. Es wäre ihr goldener Beitrag zum zweiten EVZ-Meistertitel.

7. Keine Erwartungshaltung: Mit den Zuzügen von Leonardo Genoni und Grégory Hofmann hat die Zuger Klubleitung erst die nächste Saison dazu auserkoren, um zum Halali auf den nächsten Meistertitel zu blasen. Im Frühjahr 2019 ist es noch ein Können und Dürfen, aber noch kein Müssen. Der Erfolgsdruck auf den EV Zug erhöht sich erst mit Beginn der nächsten Meisterschaft um ein Vielfaches.

Der Spielplan sagt: Der Kampf um den Meistertitel beginnt erst in rund acht Wochen. Dann muss der EV Zug seine Höchstform erreichen. In den letzten vier Jahren schied er dreimal in den Viertelfinals aus. Wird der EVZ den Rückenwind aus der Qualifikation ausnützen können?

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