Geht das gut mit Christen und Perkovac?

Das Handball-Pulverfass am Fusse des Pilatus

Bilden eine geschlossene Einheit: das Team des HC Kriens-Luzern. Doch wie harmonisch ist das Verhältnis zwischen Trainer Goran Perkovac (mittlere Reihe ganz links) und CEO Nick Christen (hinterste Reihe Zweiter von rechts)?

(Bild: zvg)

Warum ausgerechnet Goran Perkovac als neuer Trainer des HC Kriens-Luzern? CEO Nick Christen überrascht mit der Wahl seines ehemaligen Teamkollegen: Borbas Meisterspieler von 1993 verband in ihrer Aktivkarriere nicht mehr als ein sportliches Zweckbündnis. Auch passt Perkovacs Trainerprofil nicht zur Ausbildungsstrategie der Krienser.

Er war der grosse Ausnahmekönner bei Borba, die Lichtgestalt in der NLA Anfang der 1990er-Jahre. Der «Shooter» aus Kroatien produzierte Tore am Laufmeter und prägte die bisher erfolgreichste Zeit des Zentralschweizer Handballs wie kein Zweiter. 1993 der grosse Coup: Borba wird zum ersten und einzigen Mal Schweizer Meister.

Goran Perkovac überragte und überstrahlte sie alle im Klub. Niemand hatte mehr Einfluss auf den sportlichen Erfolg als er, niemand mehr Charisma. Und seiner Bedeutung war er sich durchaus bewusst. «Borba, c’est moi», überschrieb die damalige «LNN» ein Porträt über ihn. Drei Jahre später krönte der linke Rückraumspieler seine Karriere mit dem Olympia-Sieg mit Kroatien. Mit 2637 Treffern ist er noch immer der Rekordtorschütze in der heimischen NLA.

Perkovac füllte mit Ego Borbas Garderobe aus

Dem hochbegabten Nick Christen gelang es als Regisseur, Denker und Lenker von Borbas Meistermannschaft im damaligen Scheinwerferlicht nie ganz, sich von seinem selbstbewussten Nebenmann zu emanzipieren. Perkovac füllte mit seinem Ego bereits Borbas Garderobe aus – da blieb für den «Andy Schmid im Westentaschenformat» kaum Platz zur Entfaltung mehr. Und die ganz grosse, internationale Karriere blieb ihm, dem «ewigen Luzerner», verwehrt.

«Perkovac ist ein unglaublich guter Name in unserer Region, er hat als Trainer sehr viel Erfahrung.»

Nick Christen, CEO HC Kriens-Luzern

Immerhin sollte er es in seiner Karriere auf 119 Länderspiele bringen. Perkovac und Christen bildeten zwar ein erfolgreiches (Zweck-)Duo in der Turnhalle, vor der Hallentür gingen sie sich aber aus dem Weg. Darum passte ins Bild, was Krienser Insider schon vor einiger Zeit unabhängig voneinander zu berichten wussten: Solange er bei Kriens-Luzern etwas zu sagen habe, werde Perkovac nie Trainer, habe Christen klargemacht.

Nur Christen redet von Freundschaft

Doch auf die neue Saison hin hat die HCK-Führung Perkovac als neuen Übungsleiter engagiert und mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet. Der CEO bestreitet dieser Tage vehement, dass er den früheren Schweizer Nationaltrainer nie habe verpflichten wollen: «So etwas habe ich nie gesagt.» Im Gegenteil: Christen stellt sein Verhältnis zu Perkovac seit jeher als «sehr gut und freundschaftlich» dar. Und schmückt es damit aus, dass sie als Teamkollegen auch neben dem Sport viel Zeit miteinander verbracht hätten.

CEO Nick Christen stand als Sportler im Schatten von Goran Perkovac.

CEO Nick Christen stand als Sportler im Schatten von Goran Perkovac.

(Bild: hae)

Perkovac sieht die Geschichte differenzierter. Er redet von einem «korrekten» Verhältnis, das zwischen Christen und ihm bestanden habe. «Ich war 27, als ich in die Schweiz kam. Und ich hatte Familie. Nick war damals 19. Unsere Interessen waren nur schon wegen des Altersunterschieds nicht die gleichen. Wir gingen kaum in den Ausgang miteinander.» 

War Perkovac etwa eine «Billig-Lösung»?

Warum also Perkovac? Als Spieler wurde er nach seiner Zeit bei Borba noch zweimal Schweizer Meister mit Suhr. Als Trainer von Pfadi Winterthur und den Kadetten Schaffhausen reihte er noch fünf weitere Titelgewinne an. Dazu kommen vier Cupsiege. Sein letzter Erfolg ist aber schon elf Jahre her. Sein weiteres Schaffen bei der Schweizer Nationalmannschaft (2008 bis 2013) und den Deutschen Bundesligisten Minden und TuS N-Lübbecke war geprägt von Enttäuschungen und Abstiegen. Seit 2016 war Perkovac ohne Anstellung.

Wurde der sinkende Stern am Trainer-Himmel also zu jener «Billig-Lösung» mit hoher Strahlkraft in der Zentralschweiz, die gerade noch ins Budget des um jeden Franken kämpfenden HC Kriens-Luzern passte? Es hätte kostengünstigere Lösungen gegeben als Perkovac, weiss Christen auf der Basis seiner Selektion und streicht heraus, dass ihn das Gesamtpaket überzeugt habe: «Perkovac ist ein unglaublich guter Name in unserer Region, er hat als Trainer sehr viel Erfahrung. Und er bringt eine Mentalität mit, die auch unseren jungen Spielern hilft, den nächsten Schritt in der Entwicklung zu machen.»

Talentförderung gerät in den Hintergrund

Wenn sich Christen da nur nichts schöner ausmalt, als es in Realität ist: Perkovac hat in seiner Karriere nur fertige Mannschaften zum Erfolg getrieben. Als Ausbildner ist er ein unbeschriebenes Blatt. Doch genau die Förderung und Weiterentwicklung junger Talente hat sich der HC Kriens seit Jahren auf die Fahne geschrieben. Perkovac sagt dazu lakonisch: «Ich hatte auch noch nie ein Team betreut, in dem es darum ging, junge Spieler auszubilden.» In der noch kurzen Zeit mit den Kriensern habe er aber schon festgestellt, dass die Ausbildung von Talenten für den Trainer Mehrarbeit bedeute. «Aber es macht auch mehr Spass.»

Goran Perkovac treibt sein Team nach vorne: 

 

Doch die Talentförderung beim HCK wird unter Perkovac zusehends in den Hintergrund treten. Denn den durchwachsenen Fehlstart in die neue Saison mit den beiden Heimniederlagen gegen St. Otmar-St. Gallen (24:30) und BSV Bern (27:30) und dem Auswärtssieg gegen den HSC Suhr Aarau (29:25) macht der neue Übungsleiter daran fest, dass drei wichtige Spieler (Peter Schramm zu Pfadi Winterthur, Albin Alili zu GC Amicitia und der Rücktritt von Daniel Fellmann) in der sechsköpfigen Stammformation den Klub verliessen. «Es braucht Zeit, bis wir richtig funktionieren. Beunruhigt bin ich aber keinesfalls.»

Perkovac fordert Verpflichtung von fünf Topspielern

Doch Perkovac betreibt eine personelle Zukunftsplanung mit nicht zu unterschätzender Absturzgefahr. Bei jeder Gelegenheit bekommt sein aktuelles Kader zu hören, dass der Trainer bessere Spieler für die Zukunft fordert. Nicht unbedingt ein Leistungsstimulans für die Spieler und erst recht kein Kompliment für CEO Christen. Perkovac weiss schon genau, wie sein Team aussehen muss, um bis zum Ablauf seines Vertrages im 2021 zum Gipfelsturm in der NLA ansetzen zu können. «Auf jeder Position brauchen wir einen Schweizer Spieler. Und je einen Topspieler am Kreis, auf den drei Rückraum-Positionen und im Tor.» Dank auslaufender Verträge will er im nächsten Frühjahr «Korrekturen» veranlassen.

Die Krienser in den blauen Trikots sind mit Verteidigungsarbeit beschäftigt:

 

Die Investitionen, die Perkovac vorschweben, kosten Geld. Vielleicht mehr, als die Klubführung bereit ist, auszugeben. «Wir werden uns auf die Saison 2019/20 qualitativ verbessern, aber nur im kleinen Rahmen», hält Christen fest. Mit Sachverstand und Weitsicht hat er den HC Kriens-Luzern in der höchsten Spielklasse etabliert und zu einer festen Grösse gemacht.

Kein Schelm, wer denkt, dass der umsichtige Christen und der forsche Perkovac eine unheilvolle Zusammenarbeit eingegangen sind. Und sich weniger die Frage stelle, ob, sondern vielmehr, wann das Pulverfass am Fusse des Pilatus detoniere.

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