Der 45-Jährige trainiert seit Juli Zug 94

Ergün Dogru: «Man muss erst mal kleinere Brötchen backen»»

Ergün Dogru (links) und seine Jungs in der Kabine im Herti-Stadion: Der neue Zug-94-Trainer kommt bei der Mannschaft gut an.  

(Bild: woz)

Am Samstag schlägt die Stunde der Wahrheit: Zug 94 hat sein erstes Spiel in der Ersten Liga. Was darf man von den Zuger Fussballern erwarten – angesichts des harten Sparkurses, den der Verein aufgrund der finanziellen Situation fahren muss? Der neue Trainer Ergün Dogru strahlt viel Selbstbewusstsein aus.

zentralplus: Herr Dogru, was gefällt Ihnen so in Zug? Sie haben ja neulich im Zug-94-Magazin geäussert, dass es Ihnen «die Region angetan» habe.

Ergün Dogru: Die Region ist so eine Art Zwischenort zwischen Luzern und Zürich, zwischen zwei Städten. Klein, aber fein. Ich denke, ich nehme immer mehr die Innerschweizer Mentalität an. Hier ist alles einfacher, weniger arrogant, bodenständiger und ruhiger als in Zürich.

zentralplus: Haben Sie eigentlich schon immer in Baar gewohnt?

Dogru: Nein, ich bin in Winterthur geboren und aufgewachsen. Nach Baar sind wir 2013 umgezogen, weil meine Frau im Zuger Kantonsspital arbeitet und ich eine Stelle als Trainer der U15 beim FC Luzern bekommen habe.

zentralplus: Apropos FC Luzern. Wie bekommen Sie Ihre beiden Jobs eigentlich unter einen Hut? Neben Ihrer neuen Trainertätigkeit in Zug sind Sie zu 100 Prozent beim FC Luzern als Leiter der Administration Nachwuchs beschäftigt. Ist das nicht ein bisschen viel?

Dogru: Ich kenne das nicht anders, als ich in Thalwil und in Winterthur als Trainer beschäftigt war. Da habe ich immer abends das Training geleitet. Tagsüber habe ich als Aussenhandelsleiter für Pharmaprodukte im Backoffice gearbeitet. Ich habe auch noch Familie und drei Kinder. Meine Frau hat viel Verständnis für meine Fussballleidenschaft.

zentralplus: Sie haben einen Zweijahresvertrag bei Zug 94 unterschrieben. Was wollen Sie in diesem Jahr mit der Mannschaft erreichen?

«Meine Stärke ist wahrscheinlich meine Sozialkompetenz.» Ergün Dogru blickt optimistisch in die neue Fussballsaison in der Ersten Liga.

«Meine Stärke ist wahrscheinlich meine Sozialkompetenz.» Ergün Dogru blickt optimistisch in die neue Fussballsaison in der Ersten Liga.

(Bild: woz)

Dogru: Wir wollen uns mit einer neuen Mannschaft in der Ersten Liga etablieren. Mit etablieren meine ich, auf jeden Fall nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Dann schauen wir weiter.

zentralplus: Welcher Tabellenplatz ist das Ziel?

Dogru: Den Tabellenplatz lasse ich offen. Ich traue der Mannschaft viel zu.

zentralplus: Aber Zug 94 muss ja sparen, kann man da überhaupt Erfolg haben?

Dogru: Ja, man kann damit erfolgreich sein. Mit Geld allein kann man ja keinen Erfolg erzielen. Wir haben ein neues Team aus erfahrenen und vielen jungen, hungrigen Spielern zusammengestellt. Erfolg hängt letztendlich davon ab, dass man leidenschaftlich und als geschlossene Einheit Fussball spielt. Man muss einfach lieben, was man macht.

«Wenn ich etwas anpacke, dann zu hundert Prozent.»

zentralplus: Sie haben mit dem FC Thalwil ja in den vergangenen drei Jahren aus einem kleinen Verein eine Mannschaft in der ersten Liga geformt, die dann eine Zeit lang zur Spitzengruppe zählte. Ist so etwas in Zug auch möglich?

Dogru: Das ist auch in Zug möglich. Wenn ich etwa anpacke, dann zu hundert Prozent. Ich lasse mich nicht von Widerständen an einem Projekt hindern. Meine grösste Stärke ist wahrscheinlich meine Sozialkompetenz. Das merken meine Jungs. Wir reden die gleiche Sprache – da kann ich viel rausholen.

zentralplus: Das gilt auch, wenn Sie Ihre Mannschaft kritisieren müssen?

Dogru: Ich liebe die Mannschaft in allen Facetten.

zentralplus: Welchen Eindruck haben Sie generell von der Mannschaft?

Dogru: Einen sehr guten. Das Team wird sich immer weiterentwickeln. Ich konnte meine Wunschspieler mit Ruben Burkard, Nicola Peter und Pasquale Martino behalten. Hinzu kommt mit Raphael Paglia ein guter Transfer aus Cham sowie Marco Weiss. Und in der Rückrunde wird uns auch noch Julian Wüest zur Verfügung stehen.

Aus kompakter Verteidigung heraus schnell umschalten und dann flott Richtung gegnerisches Tor: Ergün Dogru gibt bei Zug 94 nun die fussballerische Taktik vor.

Aus kompakter Verteidigung heraus schnell umschalten und dann flott Richtung gegnerisches Tor: Ergün Dogru gibt bei Zug 94 nun die fussballerische Taktik vor.

(Bild: woz)

zentralplus: Aber Zugs Urgestein und Ballkünstler Davide Palatucci ist ja nicht mehr dabei?

Dogru: Ja, der spielt jetzt beim FC Rotkreuz. Wir werden künftig eine andere Spielweise an den Tag legen: Wir werden versuchen, hinten kompakt zu verteidigen und dann nach vorne schnell umzuschalten. Es gibt ja schnelle Leute im Team. Wir sind unberechenbar. Die Mannschaft ist jung, der Kader mit 22 Spielern plus drei Torleuten gross – auch, um die zweite Mannschaft mit Spielern bedienen zu können.

zentralplus: Wie viele Nachwuchsspieler sind in der Mannschaft?

Dogru: Aus der A-Jugend haben wir vier Spieler ins Team aufgenommen sowie zwei aus der zweiten Mannschaft. Besonders für die A-Jugend-Spieler ist der Sprung in die 1. Liga gross. Man muss Geduld haben, bis sie sich an das Tempo und an die Körperlichkeit des Spiels gewöhnt haben.

zentralplus: Könnten Sie denn aus dem Nachwuchs des FC Luzern bei Bedarf weitere gute Spieler an Zug 94 vermitteln?

Dogru: Ich habe schon einige Spieler aus Luzern nach Zug geholt. Rund 80 Prozent der Mannschaft sind schon in der einen oder anderen Form mit Luzern in Verbindung gewesen.

zentralplus: Wo kann Zug 94 langfristig spielen? Es wird hier ab und zu von der Challenge League und einem neuen Stadion geträumt.

«Für die Challenge League reicht die Mannschaft nicht aus, dafür bräuchte es auch deutlich mehr Geld.»

Dogru: Wenn die Mannschaft konstant auf gutem Niveau spielt, und beim Drumherum alles stimmt – Stadion, Sponsoren, Stadt –, könnte Zug 94 wohl dauerhaft in der Promotion League spielen. Das wäre ideal für Zug. Für die Challenge League reicht die Mannschaft nicht aus, dafür bräuchte es auch deutlich mehr Geld.

zentralplus: Sie haben angetönt, dass rund 500 bis 600 Zuschauer zu den Heimspielen von Zug 94 kommen könnten. Bislang waren es im Schnitt so rund 200. Wie wollen Sie mehr Zuschauer ins Stadion locken?

Dogru: Es sind ja viele Spieler aus der Region in der Mannschaft, das sollte schon für Zuschauer sorgen. Ausserdem wird der Charakter der Mannschaft die Leute faszinieren. Letztendlich müssen sie einfach gut spielen, und es müssen die Resultate stimmen.

zentralplus: In Zug heisst es immer: Neben dem EVZ kann kein anderer Sportverein grosse Erfolge feiern. In Luzern gibt es den FCL, dafür wird lausig Hockey gespielt. Wie sehen Sie dies?

Dogru: Ich bin jetzt schon fünf Jahre hier und war noch kein einziges Mal in der Bossard-Arena. Zug 94 wird dem EVZ nie ernsthaft Konkurrenz bereiten können, dazu hat der Hockeyclub ganz andere Strukturen. Diesen Möglichkeiten zolle ich sehr viel Respekt. Zug 94 könnte aber durchaus oben mitspielen und irgendwann in der Promotion League dabei sein – dafür müssen aber eben konstant die Resultate gut sein. Dann kommen auch die Leute ins Stadion. Schliesslich ist und bleibt Fussball generell die Sportart Nummer eins. Zug hat noch Potential.

zentralplus: Aber die Apollo-Rakete hat bis heute nicht richtig gezündet …

Dogru: Das ist richtig. Es wurde zu viel geredet, man hat die Dimensionen verloren und zu teure Löhne bezahlt. Man muss bodenständig bleiben und erst mal kleinere Brötchen backen. Wenn das dauerhaft klappt, kann man grössere Töne spucken.

zentralplus: Und wie wäre ein grosser FC Zug im Kanton, quasi als «Best of» der Fussballspieler in der Region? Würde das etwas bringen, um langfristig höherklassig zu spielen?

«Die verschiedenen Zuger Vereine machen sich ja schon die Spieler in der Dritten Liga streitig.»

Dogru: Das würde nicht funktionieren. Die Zusammenarbeit mit dem SC Cham ist zwar gut, aber die verschiedenen Zuger Vereine machen sich ja schon die Spieler in der Dritten Liga streitig.

zentralplus: Sie stammen aus Winterthur und haben dort als Trainer der U15 auch Manuel Akanji trainiert. Haben Sie damals schon gesehen, dass er Nati-Spieler werden könnte, oder gehört dazu auch viel Glück?

Dogru: Akanji war damals noch ein offensiver Spieler, der sehr gute Veranlagungen hatte. Aber es braucht auch sehr viel Glück, um gross rauszukommen. Es hat damals andere Spieler gegeben, die besser waren als Akanji. Aber dann kommen Verletzungen hinzu, oder der Trainer einer Mannschaft setzt auf andere Spieler. Akanji hatte auch Eltern, die keinen Druck auf ihn ausgeübt haben. Grundsätzlich muss man viel arbeiten und trainieren und mental stark sein, um gross rauskommen zu können. Ich hoffe, diese Saison erlebt Filip Ugrinic beim FC Luzern seinen Durchbruch.

Er träumt nicht vom Erfolg als Trainer beim Zug 94: Für ihn steht viel Arbeit auf dem Fussballplatz im Vordergrund. Nach dem Motto: Ohne Fleiss kein Preis.

Er träumt nicht vom Erfolg als Trainer beim Zug 94: Für ihn steht viel Arbeit auf dem Fussballplatz im Vordergrund. Nach dem Motto: Ohne Fleiss kein Preis.

(Bild: woz)

zentralplus: Jüngst hat Frankreich 4:2 Kroatien bei der WM besiegt. Was hat Sie an der WM in Russland am meisten beeindruckt?

Dogru: Die WM hat mich eigentlich gar nicht so fasziniert. Zum einen, weil ich nicht so viele Spiele anschauen konnte, wie ich wollte. Zum anderen war ich sehr enttäuscht durch das frühe Ausscheiden von Deutschland. Das hat richtig wehgetan. Ich bin eigentlich ein Fan des deutschen Fussballs. Danach hat mich die WM nicht mehr richtig interessiert.

zentralplus: Apropos. Der Fall Özil beschäftigt noch immer die Fussballwelt. Sie haben auch türkische Wurzeln. Was sagen Sie dazu?

Dogru: Man hätte Özil und Gündogan vor vorneherein zu Hause lassen sollen. Dann wäre es gar nicht so weit gekommen. Özil hat sich fussballerisch für Deutschland entschieden. Man darf nicht vergessen: Hätte Özil in der türkischen Nationalmannschaft gespielt, hätte er es niemals bis Real Madrid geschafft. Er hat der deutschen Nationalmannschaft sehr viel zu verdanken.

«Dass der Schweizer Nati-Kapitän dann auch noch den Doppeladler macht, geht einfach nicht.»

zentralplus: Und was ist mit den Doppeladlern, die da plötzlich in der Schweizer Nati flügge wurden?

Dogru: Das war sehr peinlich. Xhaka und Shaquiri sind zwar Schweizer Doppelbürger, aber eben nur Schweizer, wenn sie für die Nati spielen. Und da ist keiner wichtiger als die Mannschaft. Auch Granit Xhaka ist nur zu Arsenal gekommen wegen seiner Leistungen in der Schweizer Nati. Dass der Schweizer Nati-Kapitän dann auch noch den Doppeladler macht, geht einfach nicht. Da hätte der Verband einschreiten und Strafen aussprechen müssen. Wenn man bedenkt, dass etwa Hakan Yakin jahrelang für die Schweiz spielte und stolz darauf war – bei ihm ist nie etwas Vergleichbares in dieser Art vorgekommen.

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