Vor Super League-Start: Wo es läuft, wo es harzt

Der FCL im Check: So gut sind die Luzerner in Schuss

Trainer René Weiler führt den FCL (im Hintergrund Stürmer Shkelqim Demhasaj) am Samstag in den ersten Ernstkampf. 

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Neuer Trainer, neuer Torhüter: Der FC Luzern hat sich nach der fulminanten Rückrunde 2017/18 und Platz 3 auf entscheidenden Positionen verändert. Vor dem Saisonstart gegen Aufsteiger Neuchâtel Xamax beurteilt zentralplus die Schlagkraft des neuen FCL nach acht Gesichtspunkten.

Kaum ist die Weltmeisterschaft beendet, rollt der Ball auf dem heimischen Rasenn wieder. Der FC Luzern startet diesen Samstag zuhause gegen Aufsteiger Xamax Neuchâtel in die neue Saison. zentralplus hat den FCL vor dem Start unter die Lupe genommen und in acht Kategorien beurteilt (siehe Box).

Trainer

Kein Schelm, wer behauptet, dass René Weiler für den FC Luzern prestigeträchtiger ist als umgekehrt. Der 44-jährige Winterthurer steht für Fachkompetenz, für ambitioniertes und erfolgreiches Arbeiten als auch für Selbstbewusstsein in Worten und Taten. Zudem hat Weiler, um für den in der Super League zum Mittelmass gehörenden FC Luzern (Vertrag bis 2021) arbeiten zu können, auf schönes Geld verzichtet.

Er hat den hoch dotierten und bis 2019 gültigen Vertrag bei Anderlecht zurückgegeben und jedes der lukrativen Angebote aus dem Nahen Osten ausgeschlagen. Weiler hat die Kragenweite, um den nach einem halben Jahr zu Meister YB Gerardo Seoane vergessen machen zu können. Wie hoch aber ist die Wertschätzung im FCL für den neuen Cheftrainer? 

⚽️⚽️⚽️⚽️⚽️ Fünf von sechs Fussball-Bällen. 

Goalie

Ein guter Torhüter lässt seinem Team Flügel wachsen, ein schlechter hingegen wirkt sich aus wie eine Grippe. Bei jedem gegnerischen Abschluss zittern die Knie der Teamkollegen. Jonas Omlin war für den FCL ein guter Goalie, sein massgeblicher Anteil am Sturmlauf auf Rang 3 trug ihm eine Zusammenarbeit mit dem FC Basel ein.

«Mir stehen bloss 15 gesunde Spieler zur Verfügung, es ist ein Nachteil, dass das Kader noch nicht komplett ist.»

René Weiler, Trainer FCL

Mirko Salvi ist sein designierter Nachfolger in Luzern. Was kann der italienisch-schweizerische Doppelbürger? Bis jetzt ist der 24-Jährige bloss ein Durchschnittsgoalie, aber mit dem Potenzial, in die Business-Klasse aufsteigen zu können. Im Notfall steht der altgediente David Zibung bereit.

⚽️⚽️⚽️⚽️ Vier von sechs Bällen.

Mannschaft

Von den aktuell sieben Abgängen (Remo Arnold, Simon Enzler, Daniel Follonier, Hekuran Kryeziu, Dereck Kutesa, Jonas Omlin und Nicolas Schindelholz) hatten bloss Omlin und Kryeziu Einfluss auf das sportliche Wohl des FCL. Mit Salvi als Ersatz für Omlin hat der FCL gut reagiert, im Fall des defensiven Vorarbeiters Kryeziu muss es gelingen, ihn durch ein aufstrebendes Talent (Voca, Feka) zu kompensieren.

Der FCL hat eine relativ junge, entwicklungsfähige Mannschaft, die gezeigt hat, zu was sie fähig ist, wenn sie hochtourig läuft. Trainer René Weiler freut sich einerseits darauf, dass «wir uns ab sofort im Meisterschaftsbetrieb messen können». Andererseits kommt für ihn der Saisonstart so kurz nach der WM zu früh: «Mir stehen bloss 15 gesunde Spieler zur Verfügung, es ist ein Nachteil, dass das Kader noch nicht komplett ist.» Er verlangt nach Verstärkung im Sturm und in der Abwehr (zentralplus berichtete). Das Schweizer Transferfenster ist noch bis zum 31. August um 23:59 Uhr offen.

⚽️⚽️⚽️⚽️ Vier von sechs Bällen. 

Sportkoordinator

Das Scheinwerferlicht scheut er, weil kommunizieren nicht unbedingt seine Parade-Disziplin ist. Macht aber nichts. Denn Remo Meyer machte schon mit Fachwissen und gutem Gespür auf sich aufmerksam. Und das ist alleweil wichtiger als palavern. So gut er das Spiel als früherer Profi lesen konnte, so klar scheint er nun zu sehen, was der FCL auf personeller Ebene benötigt, um die Basis für sportlichen Erfolg legen zu können. Vielleicht spielte bei der Beförderung von Gerardo Seoane vom U21- zum Cheftrainer der ersten Mannschaft der Faktor Glück noch eine gewisse Rolle, nicht aber bei der Verpflichtung von Kreativ-Spieler Valeriane Gvilia in der letzten Winterpause.

Unser Punktesystem
  • ⚽️⚽️⚽️⚽️⚽️⚽️ = hervorragend
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  • ⚽️⚽️⚽️⚽️ = genügend
  • ⚽️⚽️⚽️ = ungenügend
  • ⚽️⚽️ = schlecht
  • ⚽️ = miserabel

Meyers Kompetenz zeigt sich erst recht bei der Verpflichtung Weilers: Der 37-jährige Sportkoordinator ist nicht den Weg des geringsten Widerstandes gegangen und hat keinen Übungsleiter verpflichtet, dem er ins Tageswerk reinreden kann. Das lässt sich ein Weiler nicht gefallen. Der FCL ist Meyer also wichtiger als sein Ego. Er verdient Kredit.

⚽️⚽️⚽️⚽️⚽️ Fünf von sechs Bällen.  

Klubführung

Die Wette, dass es der FCL nicht schafft, eine Meisterschaft ohne selbstinszeniertes Theater zu überstehen, würde kaum ein Fan ausschlagen. Dennoch zeigen sich schüchterne Anzeichen der Besserung. Zwar muss sich FCL-Präsident Philipp Studhalter noch immer nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass er viel von Fussball und dem Business, das ihm der hemdsärmlige Investor Bernhard Alpstaeg zur Überwachung übertragen hat, verstehe. Dem FCL gereicht das aber durchaus zum Vorteil: Studhalter ist im Gegensatz zu einem Teil seiner Vorgänger kein Profilneurotiker, der die Bühne des wichtigsten Sportvereins der Zentralschweiz in erster Linie dazu nutzt, sein eigenes Ego zu befriedigen.

Seine mangelnde Fussball-Kompetenz lässt er durch Sportkoordinator Remo Meyer ausfüllen. Solange die Investoren investieren, der Präsident präsidiert, der Sportkoordinator den Sport koordiniert und der Trainer trainiert, herrscht Ordnung und gute Atmosphäre im Laden.

⚽️⚽️⚽️ Drei von sechs Bällen. 

Finanzen

Hätte der FC Zürich den Cupfinal gegen YB in Bern verloren, stünde der auf Platz 3 gestürmte FCL in der Gruppenphase der Europa League. Nur schon die Antrittsgage hätte ein paar Millionen aufs Konto gespült. Und hätte er mit Hekuran Kryeziu rechtzeitig den Vertrag verlängert, hätte der FC Zürich als neuer Arbeitgeber eine nette Ablösesumme überweisen müssen. Aber der FCZ ist Cupsieger geworden und hat sich Kryeziu, ein harter Verhandlungspartner und finanziell nicht unter Selbstunterschätzung leidend, ablösefrei geschnappt.

 

Mirko Salvi steht in der neuen Saison beim FCL zwischen den Pfosten.

Mirko Salvi steht in der neuen Saison beim FCL zwischen den Pfosten.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Aber der FCL hat ausreichend Gelegenheit, korrigierend einzugreifen: Übersteht er zwei Duelle in der Qualifikation zur Europa League, labt er an den internationalen Honigtöpfen. Doch die Vergangenheit liefert keinen Grund zur Zuversicht: Der FCL hat sich in diesem Jahrtausend jeweils bei erstbester Gelegenheiten aus internationalen Vergleichen verabschiedet.

Aber auch in der Super League haben es die Luzerner in den eigenen Füssen, Begeisterung zu schüren und damit dem in der letzten Saison anhaltenden Zuschauerschwund (wir berichteten) entgegenzuwirken: In den ersten drei Spielen stehen ihnen mit Neuchâtel Xamax FCS, Thun und Lugano drei Mannschaften gegenüber, die am Tabellenende zu verorten sind.

⚽️⚽️⚽️ Drei von sechs Bällen.

Fans

Die Luzerner haben ihrer Anhängerschaft in den letzten Jahren mehr Spektakel neben als auf dem Fussballplatz geboten. Daher mag es kaum verwundern, dass im Schnitt nur noch knapp 10 000 Zuschauern die FCL-Heimspiele in der Swissporarena besuchen. So wenig wie noch nie (zentralplus berichtete).

Aber es hat sich auch gezeigt, dass alle, die den FCL im Herzen tragen, schnell wieder zu begeistern sind: Als sich der FCL daran machte, das Feld von Rang 9 aus aufzurollen, stiegen die Zuschauerzahlen in der Swissporarena an. Der FCL bewegt – im Positiven wie im Negativen. Als Trainer Gerardo Seoane Anfang Juni den verlockenden Perspektiven von Meister YB erlag, machte sich unter den FCL-Fans Frust breit. Seoane musste gar ein abschätziges Spruchband über dem Eingang zu seinem Wohnhaus lesen. Aber das ist kein Thema mehr, weil der FCL seine Hausaufgaben in der Trainer- und Goalie-Frage gut gelöst hat.

⚽️⚽️⚽️⚽️ Vier von sechs Bällen. 

Entwicklung

Natürlich ist der FCL weit davon entfernt, zur Bel-Etage der Super League zu gehören. Zwischen ihm und dem FC Basel als auch den Young Boys tun sich ganze Fussball-Welten auf. Aber der FCL hat erste Schritte in die richtige Richtung gemacht. Das «Package FCL» scheint so attraktiv wie noch nie in diesem Jahrtausend. Dafür steht der ambitionierte René Weiler als Trainer, aber auch Remo Meyer als überlegter und unaufgeregter Sportkoordinator.

Weiler sagt: «Ich bin nicht glücklich, wenn wir drei Punkte geholt, aber katastrophal gespielt haben. Dafür kann ich mich bei einem Punktgewinn gut fühlen, wenn wir gute Spielzüge gezeigt und vieles richtig gemacht haben.» Entscheidend auf dem Weg in eine bessere Zukunft wird sein, wie gross der Support und wie lange der Atem von Investoren und Klubleitung für die Macher im Tagesgeschäft sind. Und dieser Weg ist kein Sprint, sondern ein Marathon. 

⚽️⚽️⚽️⚽️ Vier von sechs Bällen.

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