Der 20-jährige Stansstader mischt die Liga auf

Idriz Voca ist der «Arbeiter» im Mittelfeld des FC Luzern

Idriz Voca ist zum Stammspieler unter Trainer Gerardo Seoane gereift – als zentraler Mittelfeldspieler hat er grossen Anteil am FCL-Höhenflug.

(Bild: ens)

Er ist einer der Gewinner des Trainerwechsels im FC Luzern: Idriz Voca. Der 20-Jährige ist unter Trainer Gerardo Seoane zum FCL-Stammspieler gereift. Kein Grund für den Stansstader, Starallüren aufkommen zu lassen.

«Es ist geil, wenn man in diesem Stadion spielen darf.» Das sind die Worte des 20-jährigen FCL-Mittelfeldmotors Idriz Voca, als sein Blick durch die leere Swissporarena schweift.

«Am eindrücklichsten war es, als wir vor kurzem den FC Basel mit 1:0 nach Hause schickten.» Seine Augen, sie strahlen, während er die Worte laut ausspricht. Die Mundwinkel, sie verformen sich zu einem breiten Lächeln. Man merkt, Idriz Voca fühlt sich wohl beim FC Luzern. Was viele nicht wissen: Der junge FCL-Profi benötigte Zeit, sich an den Profibetrieb zu gewöhnen.

«Nach den KV-Lehrabschlussprüfungen der Frei’s Sportschulen im Sommer 2017 war ich plötzlich Profi. Plötzlich konnte ich am Morgen länger schlafen.» Was sich für viele wie ein Segen anhört, war für Voca eher ein Fluch. «Ich war in den Morgentrainings am Anfang verschlafen. Mittlerweile hat sich das geändert.» Heute geht er am Morgen oft mit dem Hund seiner Schwester spazieren. Dadurch findet er seine innere Ruhe, sein inneres Gleichgewicht, und ist in den Trainings konzentrierter.

«Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt.»

Idriz Voca, defensiver Mittelfeldspieler des FC Luzern

Während des Interviews sitzt Idriz Voca im FCL-Pullover aufmerksam und entspannt in einem Ledersessel. Er versprüht Ruhe, Gelassenheit und gleichzeitig verbreitet er das Gefühl, einen grösseren Plan zu verfolgen. Starallüren kennt er keine. Voca: «Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt.» Wenngleich er mit dem 25-jährigen Hekuran Kryeziu zumindest fussballtechnisch immer im Mittelpunkt steht – mit seinem kosovarischen Landsmann bildet er das defensive Mittelfeldbollwerk im FC Luzern.

FCL-Spieler Idriz Voca nahm uns mit in die Swissporarena und zeigte uns sein fussballerisches Können:

Eine Herzensangelegenheit, für den Kosovo aufzulaufen

Voca ist Sohn einer Bosnierin und eines Kosovaren. Obwohl er bosnisch aufgewachsen ist und lange nur Bosnisch gesprochen hat, fühlt er sich stärker mit dem Kosovo verbunden. «In den Ferien haben wir oft Familienangehörige besucht – ich habe mich im Kosovo immer zu Hause gefühlt.» Als schliesslich ein Aufgebot für das A-Nationalteam des Kosovo ins Haus flattert, muss er nicht lange überlegen. «Der Entscheid war für mich eine Herzensangelegenheit.»

Auch wenn ihm nach dem Entscheid Kritik entgegenschlug, sagt Voca heute: «Der Entscheid war richtig. Die Leistungsdichte ist im Schweizer Nationalteam hoch. Die Perspektive, vor 25 Jahren für die Schweiz aufzulaufen, sieht düster aus.» Scheut er den Konkurrenzkampf? Zu warten, dafür sei er zu wenig geduldig. Entscheidend sei es für ihn gewesen, Fussball zu spielen. Einen ähnlichen Weg wie Voca hat auch Hekuran Kryeziu mit dem FC Luzern und dem kosovarischen Nationalteam eingeschlagen.

Keine «besten Freunde», aber ein gutes Team

Als «besten Freund» würde der 20-jährige Mittelfeldspieler Kryeziu trotzdem nicht bezeichnen. Stattdessen unterstreicht Voca immer wieder, wie wichtig «Heki» für seine Entwicklung im FC Luzern und in der kosovarischen Nationalmannschaft war. «Während meines ersten Zusammenzugs mit der Nationalmannschaft in Paris hat mich ‹Heki› überallhin mitgenommen und so im Team integriert.»

«Ich bin noch nicht Stammspieler.»

Idriz Voca, defensiver Mittelfeldspieler des FC Luzern

Entgegen kommt Voca, dass beide «Arbeiter-Typen» sind. «Auf dem Platz kann ich mich auf ihn verlassen. Dadurch steigt mein Selbstvertrauen.» Wenig überraschend durfte Voca deshalb bereits in den Test-Länderspielen gegen Madagaskar (zehn Minuten) und Burkina Faso (70 Minuten) im Team des Schweizer Trainers Bernard Challandes ran.

Neben Hekuran Kryeziu ist auch der FCL-Trainer Gerardo Seoane entscheidend für Idriz Vocas Karriereverlauf. Unter dem neuen FCL-Trainer ist er zum Stammspieler aufgestiegen. Obwohl, Stammspieler? Voca schüttelt den Kopf. Davon wolle er nichts wissen. «Ich weiss zwar, dass ich in der Rückrunde fast immer durchgespielt habe. Aber Stammspieler bin ich nicht. Ich muss mich weiterhin aufdrängen wie alle anderen.»

Voca spricht in einem Ton, als wäre er seit Jahren Profi. Freilich hat er erst vergangenes Jahr den Betrieb im Profifussball aufgenommen. Und dieser Weg zum FCL-Profi war für den in Stansstad wohnhaften Spieler nicht immer frei von Steinen.

«Herr Seoane hatte mir damals klargemacht, dass ich nach meiner Verletzung Zeit benötige.»

Idriz Voca, defensiver Mittelfeldspieler des FC Luzern

Als 14-Jähriger war Idriz Voca im U15-Team des FC Luzern lange verletzt. «Das war eine harte Zeit. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, zu meinem Stammverein nach Hergiswil zurückzukehren.» Und wer hielt ihn davon ab? Sein damaliger und heutiger Trainer Gerardo Seoane. Bis heute ist Seoane für den Stansstader eine Respektsperson geblieben – auch heute siezt Voca ihn.

«Herr Seoane hatte mir damals klargemacht, dass ich nach meiner Verletzung Zeit benötige; Geduld haben muss. Er überzeugte mich, dass ich trotz all den Umständen zu meinen Spielminuten kommen werde.» Damals wie heute spielte Voca im zentralen Mittelfeld. «Als 14-Jähriger spielte ich aber offensiver – als klassische Nummer 10.»

Lässig posiert Idriz Voca in der Swissporarena und erzählt von seiner eindrücklichsten Erfahrung im Stadion: «Das war, als wir den FC Basel vor kurzem mit 1:0 nach Hause schickten.»

Lässig posiert Idriz Voca in der Swissporarena und erzählt von seiner eindrücklichsten Erfahrung im Stadion: «Das war, als wir den FC Basel vor kurzem mit 1:0 nach Hause schickten.»

(Bild: ens)

Gebunden an das Schicksal Seoanes?

Gerardo Seoane als Ziehvater: Ist Idriz Voca gewissermassen an dessen Schicksal gebunden? «Nicht uneingeschränkt», sagt Voca. Bereits unter Seoanes Vorgänger Markus Babbel kam er zu wichtigen Einsatzzeiten in der Super League. Fast schon legendär war sein Auftritt im letzten Frühling, als der FCL gegen den FC Sion im Cup antrat und spät im Penaltyschiessen ausschied. Voca wurde in der 103. Minute von Babbel eingewechselt und versenkte den sechsten Elfmeter souverän – keine Spur von Nervosität. Voca strotzte vor Selbstvertrauen.

Den Entscheid, vom Elfmeterpunkt anzutreten, begründet Voca damit, ein «gutes Gefühl» gehabt zu haben. «Obwohl ich kurz vorher einen Elfmeter in der U21 als Captain verschoss.» Dann blitzt für einen Augenblick diese gerngesehene, jugendliche Unbekümmertheit von Voca auf, als er mit einem Schmunzeln sagt: «Im Prinzip schiesse ich keine schlechten Penaltys, obwohl ich schon ziemlich viele verschossen habe.» Eine Aussage, die viel über den 20-Jährigen auszusagen vermag.

Die gesunde Mischung aus Lockerheit und Selbstvertrauen habe FCL-Trainer Gerardo Seoane überzeugt. Trotz anfänglich schweren Umständen im Trainingslager: Voca lag mit einer Grippe im Bett. Auch dem Verein lief es nicht nach Wunsch: In der Winterpause grüsste Luzern vom zweitletzten Tabellenplatz. Voca: «Der Trainer suchte nach defensiver Stabilität.»

«Ich habe davon profitiert, dass der Trainer das Spielsystem zu einem 4-2-3-1 geändert hat.»

Idriz Voca, defensiver Mittelfeldspieler des FC Luzern

Diese scheint er in Voca gefunden zu haben. «Ich habe davon profitiert, dass der Trainer das Spielsystem zu einem 4-2-3-1 geändert hat.» Voca sieht aber noch einen anderen Grund, weshalb er sich gegen direkte Konkurrenten auf seiner Position durchsetzte und zum Stammspieler reifte: «Meine Konkurrenten haben einen offensiveren Spielstil.»

Mit gerade mal 20 Jahren steht das Eigengewächs aber nicht nur stellvertretend für den (bisher) erfolgreich eingeschlagenen Weg, den die Klubführung im Sommer bewusst vorgab. Voca erfüllt auch die Maxime von Cheftrainer Gerardo Seoane, wonach «der Teamgeist über allem stehen muss», perfekt.

Der Teamgedanke blitzt auch im Gespräch auf, als er seine direkten Konkurrenten im Mittelfeld stark redet. «Sie sind nicht zu unterschätzen. Egal, ob jünger oder älter.» Heute weiss Voca, dass auch sie Geduld beweisen müssen – wie der Stansstader einstmals in der U15.

Gut möglich, dass Vocas Gedanken bei diesen Worten zu jenem Moment schweifen, als er gegen den FC Basel den Rasen betrat. Vergessen die Zeit, als der damals 14-Jährige beinahe den Traum, «Profifussballer» zu werden, an den Nagel hängte.

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