Der FCL und alle anderen sollen damit aufhören

Das faule Geschäft mit den Leihspielern

FCL-Spieler Dereck Kutesa versucht Torhüter Simon Enzler zu bezwingen.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Basel – Luzern – Basel – St. Gallen: Fussballtalent Cedric Itten lechzt nach Spielpraxis und wechselt ständig seinen Club. Stets auf Leihbasis. Diese Geschäfte nützen vor allem den Grossen, sie vergrössern die Kluft zwischen sich und dem Rest der Liga. Eine Analyse.

Cedric Itten wird vom FC Basel an den FC St. Gallen ausgeliehen. «Aufgrund der starken Konkurrenz in der FCB-Offensive hat Cedric Itten den ausdrücklichen Wunsch geäussert, leihweise zu einem anderen Super-League-Club wechseln zu können, bei dem er Aussicht auf mehr Spielpraxis hat», teilt der Serienmeister vom Rheinknie mit.

In Luzern reibt man sich verwundert die Augen. Die gesamte letzte Saison war der 21-Jährige nämlich an den FC Luzern ausgeliehen. Und beim FCL startete Itten auch als potenzieller Stammspieler in die aktuelle Saison. Am 13. September folgte Itten jedoch dem Lockruf aus Basel. Er witterte die Möglichkeit, sich bei seinem Heimatclub durchsetzen zu können. Der Serienmeister startete schwach in die Saison und erhoffte sich frischen Wind in der Offensive.

Itten reicht’s für Basel nicht

Bei Basel stand er in zehn von zwölf möglichen Ligaspielen auf dem Platz. Tönt eigentlich nach viel. Sechs Einsätze waren jedoch unter fünf, zwei weitere unter 20 Minuten. Durchgesetzt hat sich Itten nicht.

Nun wird er es in der Rückrunde also in St. Gallen versuchen. Ein nächster Anlauf, in der Super League Fuss zu fassen. Gut für Itten, er erhält eine nächste Chance. Gut für Basel, das Talent kann sich entwickeln. Gut für St. Gallen, die Espen erhalten eine Verstärkung für die Rückrunde.  

Grün ist Geschmackssache. Der FC St. Gallen hat sich in der Rückrunde verstärkt:


 

Auch der FC Luzern profitiert von einem solchen Deal. Seit der Itten-Rückkehr nach Basel spielt Dereck Kutesa leihweise für die Innerschweizer. Er kam zu acht Einsätzen, einmal spielte er von Anfang an, siebenmal wurde er eingewechselt. Kutesa zeigte vielversprechende Ansätze. Massgeblichen Anteil an seiner sportlichen Zukunft wird haben, was der neue FCL-Trainer Gerardo Seoane mit ihm plant.

Warum nicht aufs Eigengewächs setzen?

Die ganze Geschichte mit den Leihspielern hat aber einen gewaltigen Haken. Beispiel Dereck Kutesa. Entwickelt sich der 20-Jährige in der Rückrunde prächtig, so erhält Basel im Sommer einen ausgebildeten Spieler mit Spielpraxis zurück. Der Marktwert ist gestiegen, Basel kann ihn verkaufen und kassiert – nicht Luzern. Die finanzielle Kluft zwischen den beiden Teams wächst.

Oder aber: Er packt seine Chance bei Basel – notabene einem vierfachen Saisongegner des FC Luzern – und hinterlässt in Luzern eine Lücke. Die sportliche Kluft zwischen den beiden Teams wächst. Basel gehört in beiden Fällen zu den Gewinnern. 

Ohne Dereck Kutesa seine Qualitäten abzusprechen und ihm etwas Schlechtes zu wünschen, für den FCL wäre es aus mehreren Gründen viel sinnvoller, auf das Eigengewächs Ruben Vargas zu setzen. Oder Kutesa fix zu kaufen, damit alle Investitionen in diesen jungen Spieler später dem FCL zugutekommen. 

Ruben Vargas im Testspiel während des Trainingslagers gegen Feyernord Rotterdam.

Ruben Vargas im Testspiel während des Trainingslagers gegen Feyernord Rotterdam.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Es gibt natürlich noch die Möglichkeit, dass Kutesa in seiner sportlichen Entwicklung stagniert und auch beim FCL keine Rolle spielt. Dann hat man einfach einen zusätzlichen Trainingsgast bis im Sommer. Und der FC Basel im Sommer die Gewissheit, dass der Spieler sorglos freigegeben werden kann. 

International gängige Praxis 

Ob Itten oder Kutesa bei Basel dereinst den Durchbruch schaffen, ist fraglich. Die Konkurrenz ist beim Serienmeister gigantisch. Doch sie sind im Besitz des FCB, er kann sie wie Schachfiguren bei kleineren Clubs «parkieren». Dieses Modell hat Schule gemacht. So sind nebst den beiden die Talente Alexander Fransson (23) und Dominik Schmid (19) nach Lausanne, Goalie Djordjie Nikolic (20) nach Thun und Eray Cümart (19) nach Sion verliehen.

«Die Grossen handeln mit Teenagern wie mit Aktien», schrieb der «Tagesanzeiger» jüngst zum Thema. Basel ist indes kein Einzelfall. Das grosse Juventus Turin hat aktuell 51 Spieler an andere Clubs ausgeliehen. Und auch der FC Chelsea ist bekannt, dieses Mittel häufig anzuwenden.

So viele Talente haben die Schweizer Clubs ausgeliehen oder verliehen:

 

Die Grossen kaufen Talente auf Vorrat. Die Kleinen – und dazu gehört der FCL nun mal – haben das Nachsehen. Dass der FC Basel solche Spieler kauft, für die er aktuell gar keine Verwendung hat, ist zwar legitim, schadet aber dem Schweizer Fussball. Der Verband oder die UEFA sollten diese Leihgeschäfte verbieten. 

Der FC Luzern übrigens ist in dieser Beziehung auch kein Unschuldslamm. Hekuran Kreyziu bei Vaduz oder Jonas Omlin bei Le Mont waren Teil von Leihgeschäften und absolvierten bei ihren Stationen quasi eine «Tauglichkeitsprüfung». Die Nahrungskette im Fussballbusiness ist brutal.

Und übrigens zum Zweiten: Die Cleveren haben natürlich bereits vorgesorgt, sollte der Praxis dereinst der Riegel geschoben werden. So verfügt RB Leipzig mit Redbull Salzburg über einen Partnerclub. Man transferiert die Spieler einfach hin und her und lässt alle anderen Interessenten aussen vor. Neue Wege geht auch der AS Monaco. Die Monegassen haben mit Cercle Brügge einen Klub in der zweiten belgischen Liga gekauft. Einen Ausbildungsclub. Da ist mindestens klar, worum es geht – und alle sportlichen Ambitionen sind begraben. Davon ist man in Luzern – zum Glück – doch noch etwas entfernt.

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