Der Zuger Trainer zum Formstand der Eishockey-Nati

Patrick Fischers Ziel für Olympia: Eine Medaille

Patrick Fischer als Bandengeneral. Wird so in Südkorea eine Erfolgsgeschichte geschrieben?

(Bild: Facebook Swiss Ice Hockey / zvg)

Seit gut zwei Jahren ist Patrick Fischer Schweizer Eishockey-Nationaltrainer. Nach zwei Weltmeisterschaften folgen nun seine ersten Olympischen Spiele als Trainer. Im Interview sagt der Zuger, weshalb Schweizer Klubs in der Champions Hockey League Mühe bekunden – und dass er den EVZ als Erfolgsgeschichte sieht.

Noch ist der absolute Exploit an den Grossturnieren für Patrick Fischer als Nationalcoach ausgeblieben. Zu mehr als Achtungserfolgen gegen Tschechien und Kanada an der letztjährigen Weltmeisterschaft in Paris hat es nicht gereicht. Und auch an der ersten Spengler-Cup-Teilnahme seit 38 Jahren scheiterte die «Nati» im Finale am Team Canada. Doch für die Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang hat der 42-jährige Ur-Zuger Fischer hohe Ziele. 

zentralplus: Patrick Fischer, Olympia findet dieses Jahr ohne NHL-Stars statt. Entsprechend sehen viele Experten die Schweiz als einen der Mitfavoriten. Würden Sie dieser Einschätzung zustimmen?

Patrick Fischer: Wenn wir es schaffen, unser Potenzial wie in Paris abzurufen, kämpfen wir sicherlich um die Medaillenplätze mit. Davon bin ich überzeugt.

zentralplus: Wie gehen Sie mit dieser eher unüblichen Rolle um? Diente der gelungene Spengler Cup unter anderem auch dazu, sich auf den Mitfavoritenstatus einzustellen?

Fischer: Es war sicherlich speziell, dass wir am Spengler Cup als Favoriten ins Turnier gestiegen sind. Wir haben die Aufgabe aber gut bestanden. Ich denke jedoch, dass unsere Rolle dort nicht zu vergleichen ist mit jener an den Olympischen Spielen. Dort sind wir Mitfavorit mit mindestens sechs weiteren Mannschaften. Am Spengler Cup waren es deren zwei.

«Bei Powerplay und Bullysituationen gibt es noch Verbesserungspotenzial»

Patrick Fischer, Zuger Eishockey-Nationaltrainer

zentralplus: Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den Leistungen in der Altjahreswoche am Spengler Cup?

Fischer: Ich bin zufrieden. Klar, wir hätten lieber gewonnen. Allerdings war ich grundsätzlich auch mit dem Spiel gegen das Team Canada zufrieden. Die Einstellung stimmte und das System funktionierte. Es haperte nur im Abschluss.

zentralplus: Und wo gibt es bis Olympia noch Luft nach oben?

Fischer: Primär gibt es im Powerplay und bei Bullysituationen noch Verbesserungspotenzial.

zentralplus: Als Nationaltrainer hat man bei Vorbereitungsturnieren auf WM und Olympia kaum je das gesamte Kader zur Verfügung. Ist dies ein Umstand, der die Arbeit als Nationaltrainer weiter verkompliziert?

Fischer: Ich freue mich darauf, die Mannschaft im Vorfeld der Olympischen Spiele zehn Tage am Stück beieinander zu haben. Andere Länder haben zwar ein wenig mehr Zeit für die Vorbereitung, da die Kontinental Hockey League (KHL) bereits am 20. Januar aufhört. Die Koreaner befinden sich sogar bereits seit dem 1. Januar in der Vorbereitung. Aber wir werden bereit sein.

«Diaz ist ein absoluter Winner-Typ.»

zentralplus: Sie haben als Spieler vermutlich sehr gemischte Erinnerungen an die Olympischen Spiele in Salt Lake City 2002 und Turin 2006. Was löst das bei Ihnen aus, wenn Sie an die vergangenen Spiele zurückdenken?

Fischer: Viele tolle Emotionen. Die Eröffnungszeremonien sind immer noch präsent. Dann sicherlich die grossartigen Spiele gegen Kanada und Tschechien, die uns das Olympia-Diplom in Turin bescherten.

zentralplus: Was glauben Sie, was wird für eine Atmosphäre herrschen bei den Eishockeyspielen in Südkorea, einem Land praktisch ohne jegliche Hockeytradition?

Fischer: Das ist schwierig zu beantworten. Ich lasse mich überraschen, freue mich aber sehr darauf.

Patrick Fischer (rechts) im Trikot der Phoenix Coyotes.

Patrick Fischer (rechts) im Trikot der Phoenix Coyotes.

(Bild: zvg)

zentralplus: Wie sehr berücksichtigen Sie bei der Nomination der Spieler die aktuelle Formkurve? Oder ist bei einem solchen Turnier wichtiger, dass ein gewisser Erfahrungsschatz vorhanden ist, vor allem auch bezüglich sogenannter «Big Games»?

Fischer: Wir haben in den letzten Jahren gesehen, was für Spielertypen es international braucht. Das Team besteht aus einen Kern, der stetig wächst. Die Erfahrung, die ein Spieler mitbringt, ist wesentlich. Ist ein Spieler jedoch ausser Form, wird es eng für ihn.

zentralplus: Eine der absoluten Teamstützen bildet Raphael Diaz. Sie kennen ihn schon sehr lange, haben auch selbst noch mit ihm zusammengespielt. Wie wichtig ist es für Sie, auf ein solch vertrautes Gesicht zählen zu können, auf einen Spieler, von dem Sie genau wissen, was Sie erwarten können?

Fischer: Raphael ist mein Captain. Ich schätze ihn sehr – sowohl als Mensch als auch als Spieler. Er gibt stets alles für das Team und bringt sehr viel positive Energie in die Garderobe. Er ist ein absoluter Winner-Typ.

«Die Entwicklung des EVZ ist eine Erfolgsgeschichte.»

zentralplus: Auf dem Papier ist die Schweizer Liga eine der stärksten ausserhalb von NHL und KHL. Trotzdem bleiben Erfolge von Schweizer Mannschaften in der Champions Hockey League weitestgehend aus. Bereitet Ihnen dies auch etwas Kopfzerbrechen?

Fischer: Wir haben eine spektakuläre Liga mit viel Laufbereitschaft und offensivem Geist. Teils fehlt es jedoch an Abgebrühtheit und taktischer Disziplin. Wir haben in einer WM-Kampagne und der vierwöchigen Vorbereitung aber jeweils genug Zeit, um unsere Spieler an das internationale Niveau heranzuführen.

zentralplus: Der EV Zug war letzte Saison so nah am Meistertitel dran wie seit 19 Jahren nicht mehr. Am Schluss hat es nicht ganz gereicht. Hat Ihnen als Ur-Zuger dabei auch etwas das Herz geblutet?

Fischer: Es wäre dem EVZ zu gönnen gewesen, im Jubiläumsjahr den Titel zu holen. Jedoch dürfen die Zuger stolz sein auf ihren EVZ. Der Verein wird hochprofessionell geführt und glänzt durch seine Konstanz. Sie haben einen Präsidenten, der den Club mit sehr viel Menschlichkeit und Verständnis führt. Ich freue mich für den EVZ. Die Entwicklung des Vereins in den letzten 15 Jahren ist eine Erfolgsgeschichte.

zentralplus: Wie glauben Sie, sehen die Zukunftsaussichten des EVZ aus? Ist der Verein für die nächsten Jahre gut aufgestellt, beispielsweise auch in Bezug auf die Academy?

Fischer: Die Academy ist eine gute Sache mit Signalwirkung. Wenn sich diese und das neue Trainingscenter so richtig entfalten können, hat der EVZ beste Voraussetzungen, um Erfolge feiern zu können.

Patrick Fischer ist neuer Trainer der Eishockey-Nationalmannschaft. Der 40-Jährige ist eine EVZ-Legende.

Patrick Fischer gehört mit der Hockey-Nati zu den Medaillenkandidaten an Olympia.

(Bild: Yannick Ringger)

zentralplus: Sie haben in Ihrer Karriere zwar zweimal den Meistertitel geholt, haben aber just auf die Saison hin, als der EVZ Meister geworden ist, nach Lugano gewechselt. Hadern Sie heute noch mit dem unglücklichen Timing von damals?

Fischer: Ich habe den Final mit dem EVZ insgesamt zwei Mal verloren. Es hat nicht sollen sein. Klar hätte ich gerne in Zug gewonnen. Ich bin seit meinem dritten Lebensjahr beim EVZ ein- und ausgegangen. Dafür durfte mein Bruder Marco mit Zug den Titel holen, was mich fast noch mehr freut.

zentralplus: Gibt es Spieler aus Ihrer EVZ-Zeit, mit denen Sie ausserhalb Ihrer Tätigkeit als Nationaltrainer immer noch Kontakt pflegen?

Fischer: In erster Linie natürlich mit meinen «Urkollegen» Livio Fazio und Daniel Giger. Dazu auch noch mit einigen anderen Ex-Teamkollen wie Paul Di Pietro, Corsin Camichel, Sven Probst, Lars Weibel oder Colin Muller.

zentralplus: Wie sehr fühlen Sie sich eigentlich immer noch mit der Region Zug verbunden?

Fischer: Es ist meine Heimat. Ich bin hier geboren und wohne seit letztem Oktober wieder im Kanton. Ich bin glücklich, wieder in der Nähe meiner Eltern und Freunde zu sein.

Der EVZ als roter Faden

Patrick Fischer (42) ist in Zug geboren und aufgewachsen. Bereits als Junior trat er dem EV Zug bei. Nach einem kurzen Nordamerika-Abstecher reifte er beim EVZ zum NLA-Spieler. 1995 und 1997 verlor Fischer jeweils die Playoff-Finals. Daraufhin wechselte er für zwei Saisons zum HC Lugano und wurde dort 1999 Schweizer Meister. Mit dem Titel im Gepäck folgte der Transfer zum HC Davos.

Insgesamt vier Saisons schnürte er für die Bündner die Schlittschuhe. Als Captain führte er den HC Davos 2002 zum ersten Meistertitel seit 17 Jahren. 2003 folgte die Rückkehr zum EVZ, bevor 2006 die Krönung folgte: der Wechsel in die NHL zu den Phoenix Coyotes. Nach nur einer Saison in Arizona wagte der inzwischen 31-Jährige einen kurzen Abstecher nach Russland zu SKA St. Petersburg. Zum Abschluss seiner Spielerkarriere kehrte er nochmals für knapp zwei Spielzeiten zu seinem Stammverein zurück.

Nationalmannschaftskarriere

Für die Schweizer Nationalmannschaft absolvierte Patrick Fischer insgesamt 183 Länderspiele. Highlights sind der vierte Platz bei der Heim-WM 1998 sowie die Olympiaturniere 2002 und 2006 inklusive Siege über Tschechien und Kanada.

Trainerkarriere

Seine Trainerkarriere begann Fischer 2009 als Assistenzcoach in der Juniorenabteilung des HC Lugano. Anschliessend stieg er zum Assistenztrainer der NLA-Mannschaft auf und übernahm dieselbe Funktion beim Schweizer Nationalteam. 2013 wurde Fischer Headcoach beim HC Lugano und blieb in dieser Funktion bis zu seiner Entlassung im Oktober 2015 tätig.

Ab Dezember bis vorerst Mai 2016 übernahm er die Schweizer Nationalmannschaft als Chefcoach. Im Juni 2016 erhielt er einen Zweijahresvertrag. Unter seiner Leitung belegte die Schweizer «Nati» an den WM-Turnieren die Ränge elf und sechs. Ab 15. Februar wird er versuchen, mit dem Nationalteam an den Olympischen Spielen in Südkorea Edelmetall für die Schweiz zu holen.

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