Gerardo Seoane übernimmt das Zepter von Babbel

Neuer FCL-Trainer verspricht: «Wir steigen nicht ab»

Gerardo Seoane will Emotionen wecken und wieder mehr Zuschauer ins Stadion bringen.

(Bild: jal)

Gerardo Seoane soll den FC Luzern vor dem Abstieg bewahren. Der neue Cheftrainer tritt selbstbewusst und locker auf – Respekt vor der neuen Aufgabe hat er keine. Als Luzerner hofft er zudem auf mehr Fans im Stadion.

Locker wirkt Gerardo Seoane – «Gerry», wie er genannt wird. Der 39-Jährige tritt selbstbewusst auf, absolviert den Interviewmarathon am Dienstagnachmittag sehr gelassen und streut gar hie und da ein Witzchen ein.

Der schweizerisch-spanische Doppelbürger übernimmt ab sofort das Zepter beim FCL, am Dienstag wurde er als Cheftrainer vorgestellt. Ausgestattet mit einem Vertrag bis Sommer 2019 wechselt er von der U21 erstmals zu einer Super-League-Mannschaft (zentralplus berichtete). zentralplus hat mit dem neuen Trainer über das Kader, den Abstieg und Messi gesprochen.

zentralplus: Gerardo Seoane, endlich sind Sie Cheftrainer. Ein Freudentag für Sie?

Gerardo Seoane: Es ist ein schönes Gefühl und ein sehr spezieller Tag für mich. 

zentralplus: Sie wurden von manchen als «Billiglösung», gar als «Discount-Trainer» betitelt, weil sie als günstiger Nachfolger von Markus Babbel gelten (zentralplus berichtete). Was sagen Sie diesen Kritikern?

Seoane: Es hat Gespräche gegeben mit anschliessenden Verhandlungen – ich bin positiv überrascht über den Ablauf und kann sagen: Ich fühle mich im Verein sehr wertgeschätzt. Wenn das andere nicht so sehen, lasse ich das einfach mal so stehen.

zentralplus: Die Fans liefen dem FCL zuletzt scharenweise davon, viele sind unzufrieden (zentralplus berichtete). Können Sie als Luzerner das Feuer in der Allmend wieder entfachen?

Seoane: Um die Zuschauer ins Stadion zu bringen, müssen wir Emotionen wecken und mit Leidenschaft auf dem Platz auftreten – dann springt der Funke auch aufs Publikum über. Wir haben eine hervorragende Fankultur in Luzern und wir brauchen den zwölften Mann. Dass es zuletzt die eine oder andere kritische Stimme gegeben hat, ist vielleicht ein Weckruf für den Verein. Ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass die Zuschauer Spass haben und ins Stadion kommen.

«Das Team hat sich in der Vorrunde unter Wert verkauft.»

zentralplus: Sie übernehmen nun erstmals als Cheftrainer eine erste Mannschaft – eine, die um den Abstieg kämpft. Wie gross ist der Druck?

Seoane: Ich sehe es als Vorteil, dass ich als Luzerner und Nachwuchstrainer vieles schon kenne. Zehn Spieler aus dem Kader sind durch den FCL-Nachwuchs gelaufen, mit anderen habe ich sogar selber noch gespielt. Natürlich wird manches anders als im Nachwuchs. Nur schon, dass beispielsweise Fremdsprachen und andere Kulturen ein Thema sind – im Nachwuchs hat man ja praktisch nur Einheimische. Aber ich würde lügen, wenn ich das nicht sagen würde: Ich habe mich in den letzten zehn Jahren auf diesen Posten vorbereitet. Respekt oder Angst habe ich nicht.

zentralplus: Dennoch: Ihr Vertrag läuft bis 2019. Werden Sie bleiben, falls der FCL in die Challenge League absteigt?

Seoane: Über vertragliche Details geben wir keine Auskunft, es geht dabei auch gar nicht um meine Person. Für mich ist klar: Wir steigen nicht ab.

Luzerner und Neuling

Zum ersten Mal wird Gerardo Seoane Cheftrainer bei einem Super-League-Klub. Der Rothenburger hat einen Vertrag bis Ende Juni 2019 erhalten und tritt die Nachfolge des abgesetzten Markus Babbel an.

Seoane ist seit Juli 2011 als Nachwuchstrainer beim FCL tätig, zuletzt bei der U21 in der 1. Liga. In seiner Karriere spielte er unter anderem für Luzern, Sion, GC und Aarau sowie in Spanien. Seine Karriere beendete er 2010 beim FCL.

Assistent von Seoane wird der Däne Michael Silberbauer, der seit 2016 zum Luzerner Trainerteam gehört.

zentralplus: Was macht Sie da so sicher? Oder anders gefragt: Wo setzen Sie den Hebel an?

Seoane: In der Vorrunde ist nicht alles optimal gelaufen. Mit Olivier Custodio und Christian Schwegler waren zwei wichtige Spieler lange verletzt. Dazu haben wir gewisse Schwächen gezeigt im Duell im eigenen 16er oder Anfang Saison bei stehenden Bällen. Das hat mit Taktik zu tun, aber auch mit der Mentalität. In der Defensive wissen wir also genau, wo wir ansetzen müssen. Offensiv muss mehr aus dem Mittelfeld kommen, da waren wir zu stark abhängig von einzelnen Stürmern. Da erwarte ich mehr Initiative und Mut von anderen Spielern.

zentralplus: Die direkten Konkurrenten Lugano und Lausanne rüsten im Gegensatz zum FCL mächtig auf. Einfach wird die Rückrunde nicht.

Seoane: Einfach wird es für niemanden. Aber das Team hat sich in der Vorrunde unter Wert verkauft. Wenn wir es schaffen, dass alle auf Vordermann kommen, bringen wir eine gute Mannschaft zusammen.

zentralplus: Wie beurteilen Sie das aktuelle Kader?

Seoane: Wir werden in den nächsten Tagen eine Auslegeordnung machen und die eine oder andere Retusche vornehmen.

zentralplus: Ein Zuzug würde dem FCL sicher guttun. Was schwebt Ihnen da vor?

Seoane: Messi oder so wäre nicht schlecht (lacht). Es schwebt einem immer etwas vor, aber das kann man sich nicht leisten. Natürlich machen wir uns unsere Gedanken und falls sich etwas davon realisieren lässt, werden wir das tun. Aber ich bin wie gesagt überzeugt, dass wir es schaffen, wenn alle mitziehen.

«Sport bringt Emotionen mit sich, da kann es auch mal einen Ausbruch geben.»

zentralplus: Rund um den FCL gab es zuletzt eine Schlammschlacht: Babbel sprach schlecht über die Führung, Alpstaeg schlecht über Babbel. Ihr eigener Abgang als Spieler beim FCL verlief damals auch nicht ohne Nebengeräusche …

Seoane: In sieben Jahren fliesst viel Wasser die Reuss hinunter. Das Thema ist schon lange besprochen. Natürlich hat es in den letzten Jahren immer wieder Nebengeräusche gegeben. Aber wenn man genau hinschaut, gibt es das bei jedem Verein. Sport bringt Emotionen mit sich, da treffen viele Welten aufeinander und da kann es auch mal einen Ausbruch geben. Wichtig ist, dass alle Leute im Verein das gleiche Ziel verfolgen – und das tun sie.

Das Interesse am Cheftrainer ist gross – Gerardo Seoane gibt Auskunft:

zentralplus: Sie haben das Team bereits am Samstag übernommen. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?

Seoane: Den Spielern geht es nicht gut. In der Vorbereitung müssen sie leiden, sie müssen viel laufen (lacht). Im Ernst: Ich habe ein sehr motiviertes Team vorgefunden. Die Motivation der Spieler darf allerdings nicht davon abhängen, wer Trainer ist. Sie müssen Leidenschaft aufbringen – und diese spüre ich.

zentralplus: Wenn der FCL Ende der Saison auf Platz 9 steht, wären Sie damit zufrieden?

Seoane: Ich bin zufrieden, wenn wir die nächsten vier Wochen gut trainieren und uns weiterentwickeln. Ich bin zufrieden, wenn wir Emotionen wecken können und guten Fussball zeigen – dann bin ich überzeugt, dass am Ende auch die Resultate folgen.

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