Kanton Luzern würdigt ehrenamtliche Arbeit

Ehrung für J&S-Frau: Seit 25 Jahren lebt sie fürs Tischtennis

Karin Opprecht inmitten ihrer Schützlinge für die Videoanalyse während eines Turniers in Belgien. (Bild:zvg)

Ihrer Leidenschaft zum Tischtennis hat Karin Opprecht ihr ganzes Leben verschrieben. Nach 25 Jahren Ehrenamt bei Jugend und Sport wird sie nun dafür geehrt. Woher nimmt die Frau ihre Motivation für unzählige Stunden Arbeit ohne Entgelt? Wo hat sie zurückstecken müssen und warum findet sie keinen Nachfolger?

Seit mindestens 20 Jahren sind sie im Dienst von Jugend und Sport (J&S) und haben Tausende Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet. Sie sind für den Verein und die Zukunft vieler Sport treibender Kinder unabdingbar. Darum werden nun J&S-Funktionäre am Dienstag für ihr langjähriges Engagement ausgezeichnet.

Markus Kälin, Leiter der Sportförderung des Kantons Luzern, rühmt: «Die ehrenamtlich tätigen Personen bilden das Fundament des Vereinssports, allen voran im Kinder- und Jugendsport. Und schliesslich ist die Ehrenamtlichkeit auch ein wichtiger und tragender Pfeiler unserer Gesellschaft.» J&S ist ein schweizweites Sportförderprogramm des Bundes und bietet Kurse und Lager für Kinder und Jugendliche in mehr als 70 Sportarten und Disziplinen an. Rund 600’000 Kinder und Jugendliche besuchen jährlich fast 70’000 Sportkurse und -lager.

«Es geht darum, den Kindern zu helfen, ihre Träume wahr werden zu lassen.»
Karin Opprecht 

Dem Tischtennis verschrieben

Tischtennisclub Rapid Luzern

Als Karin Opprecht 1991 das Präsidium des Tischtennisclubs Rapid Luzern übernahm, hatte der Club keinen Nachwuchs mehr und nur noch wenige Teams (ein Männer-Nationalliga-B-Team und eines in der zweiten Liga, kein Damen-Team). Mit dem Aufbau einer Nachwuchsabteilung erfolgte eine Zunahme der Mitglieder, mehr Hallenzeit konnte erkämpft werden. Ende der 90er-Jahre entstand die Vision, mit eigenen Nachwuchsspielern in die NLA aufzusteigen und bestehen zu können. Im Jahr 2000 gelang dem U13-Team von Rapid Luzern der erste Titelgewinn an Schweizermeisterschaften (SM). Es wurde ein professioneller Trainer angestellt. In der Folge gewannen diverse Teams während zehn Jahren SM-Titel, es fanden Trainingslager in China, Israel, Berlin und Hamburg statt. Ab 2005 hatte Rapid Luzern während elf Jahren ein Nationalliga-A-Team. Heute gehört Rapid zu den grössten Tischtennis-Vereinen der Schweiz und zählt 116 Aktivmitglieder, wovon 42 Nachwuchsspieler sind. 

Eine, die jetzt ausgezeichnet wird, ist Karin Opprecht. Seit 25 Jahren ist die 51-Jährige J&S-Leiterin – genauso aber auch -Expertin, -Kids-Leiterin und -Coach. Doch die Bezeichnungen würden viel zu wenig weit gehen, um ihren tatsächlichen Einsatz für den Sport zu beschreiben: Karin Opprecht hat ihr Leben dem Tischtennis verschrieben.

Zunächst als Aktive und später auch als Trainerin und Präsidentin des Luzerner Tischtennisclubs Rapid (siehe Box) hat sie, seit sie 14 ist, praktisch jede freie Minute ins Tischtennis investiert. Nicht nur für sich, um persönlich vorwärtszukommen, sondern seit vielen Jahren insbesondere für die anderen. «Es geht darum, den Kindern zu helfen, ihre Träume wahr werden zu lassen. Wenn ein Kind zu mir ins Training kommt, motiviert ist und Ziele hat, bin ich die Erste, die dafür alles stehen und liegen lässt», sagt Karin Opprecht.

Zurückstecken für die Passion

Das geht so weit, dass sie als Clubpräsidentin mit dem Rektor telefoniert, weil ihr Schützling trotz nicht ganz erfüllten Limiten unbedingt ans Sportgymnasium will. Dass sie anstatt in die Ferien zu fahren mit «ihren Kindern», wie sie den Nachwuchs nennt, im Sommer einen Monat nach China fliegt, um von den Besten zu lernen. Dass sie über zehn Jahre jedes einzelne Wochenende vom August bis im Juni an Turnieren unterwegs war, dass sie über Weihnachten und Neujahr mit ausländischen Trainern Lehrgänge organisiert und alle bei ihr zu Hause übernachten, sich selbst an Wochenendkursen weiterbildet. Und dass sie auch beruflich zurücksteckt: «Ich habe eine Massagepraxis, doch da arbeite ich nur punktuell. Im Sommer sage ich meinen Kunden jeweils, dass ich jetzt vier Wochen weg bin wegen des Tischtennis», erklärt Karin Opprecht.

Karin Opprecht mit «ihren» Kindern an den Kids Open in Düsseldorf. (Bild:zvg/Karin Opprecht) 

Karin Opprecht mit «ihren» Kindern an den Kids Open in Düsseldorf. (Bild: zvg/Karin Opprecht) 

Kürzertreten geht nicht

Damit sie nebst diesem gewaltigen Aufwand finanziell überhaupt über die Runden kommt, ist Opprecht bei Rapid als Profi-Trainerin zu einem 50-Prozent-Pensum angestellt. «Das reicht gerade so zum Leben», erklärt sie. Die Arbeit als Präsidentin und in den verschiedenen Verbänden und Gremien (siehe Box unten) hingegen, die ist ehrenamtlich.

«Ich müsste mich manchmal in Stücke reissen, um in meiner Doppelrolle als Trainerin und Präsidentin allem gerecht zu werden.»
Karin Opprecht 

Dabei würde sie eigentlich gerne etwas kürzertreten, nach über 25 Jahren zumindest das Rapid-Präsidium langsam aber sicher abgeben. «Ich müsste mich manchmal in Stücke reissen, um in meiner Doppelrolle als Trainerin und Präsidentin allem gerecht zu werden», erklärt Opprecht. Oft sei sie bis acht Uhr in der Turnhalle am Leiten eines Trainings, um halb acht wäre aber Sitzung mit dem Vorstand. Dazu kommen Telefonate von Eltern, die Organisation von Turnieren und Sommerlehrgängen, das Koordinieren zwischen ihren Schützlingen und den jeweiligen Sportschulen, Schulbesuche und das Organisieren von Geburtstagsgeschenken für besonders treue Vereinsmitglieder und Trainingslager.

Karin Opprecht bei sich zuhause mit Fotobüchern voller Erinnerungen an das Vereinsleben. (Bild: zentralplus/bas)

Karin Opprecht bei sich zu Hause mit Fotobüchern voller Erinnerungen an das Vereinsleben. (Bild: zentralplus/bas)

«Aber wer will das schon alles machen», fragt Karin Opprecht rhetorisch und fügt an: «Solange niemand da ist, der mit gleich viel Herzblut das Präsidium führen könnte, kann ich nicht abgeben.» Da hätte sie Angst, dass ihre ganze Arbeit bald schon dem Niedergang geweiht wäre, die geleistete Arbeit keine Früchte mehr tragen würde und der Verein auseinanderbrechen würde.

Rapid Luzern, die Ersatzfamilie

Dass die Nachwuchsförderung ein Problem ist und dass ehrenamtliche Posten je länger je schwieriger zu besetzen sind, davon spricht Opprecht ungern. Immer wieder weicht sie den Fragen aus, kommt zurück auf die Kinder und deren Erfolge, auf Erlebnisse aus dem Vereinsalltag.

«Ich sehe die Kinder teilweise mehr als ihre eigenen Eltern.»
Karin Opprecht 

Wenn sie davon erzählt, ist sie fast nicht mehr zu stoppen: Eine Anekdote jagt die andere. Stolz erzählt sie, was aus «ihren Kindern» geworden ist. Einer Arzt, einer Geologe, eine hat das KV gemacht, einer ist Jurist. Einer ist an der Werner-Schlager-Akademie in Wien, auf dem Weg zum Profi. Es wird schnell klar, der Verein ist für sie wie eine Familie. «Wir trainieren zusammen, leiden zusammen, feiern zusammen. Ich sehe die Kinder teilweise mehr als ihre eigenen Eltern, wenn sie fünf Mal die Woche in der Halle stehen.»

«Wer A sagt, muss auch B sagen»

Bei so viel Arbeit für den Verein kommt anderes zu kurz: «Insbesondere meine eigene Familie sieht mich nicht viel», erklärt Opprecht. An Weihnachten scherzen ihre Geschwister deshalb jeweils, dass man sich erst in einem Jahr wieder sehe. Auch ihre Beziehung zum jetzigen Lebenspartner funktioniere nur, weil dieser als ehemaliger Nati-A-Spieler ebenfalls vom Tischtennisfieber befallen sei und sie in ihrer Funktion als Präsidentin und Mama des Vereins unterstütze.

Zum Trainieren kommt sie selber kaum mehr. «Ich habe letztes Jahr noch die Schweizermeisterschaft bestritten. Das aber nur mit wenig Training. Das letzte Mal habe ich selbst im Mai trainiert», sagt Opprecht.

Karin Opprecht wird an der Schweizermeisterschaft im Jahr 2014 in der Kategorie Senioren zweite. (Bild:zvg/Karin Opprecht) 

Karin Opprecht wird an der Schweizermeisterschaft im Jahr 2014 in der Kategorie Senioren Zweite. (Bild: zvg/Karin Opprecht) 

Wenn sie das sagt, sagt sie es ohne bitteren Unterton. Es scheint fast eine simple Feststellung, ein wenig Schicksal. «Wer A sagt, muss halt auch B sagen», erklärt Opprecht. Das Präsidium sei ein intensiver Job, da würden gewisse andere Dinge leiden. Doch woher nimmt sie die Motivation für so viel Arbeit? «Das hat wohl mit meiner eigenen Geschichte zu tun», sagt Karin Opprecht. Sie möchte es den Kindern, die etwas erreichen wollen, einfacher machen, als sie es damals hatte.

Tischtennisprofi: ohne Unterstützung ein harter Weg

Opprecht ist erst mit 14 Jahren zum Tischtennis gekommen, nachdem sie bereits Leichtathletik und Volleyball ausprobiert hatte und nebenbei noch Jazz tanzte. Als sie dann mit 16 Jahren gemerkt habe, dass sie es im Schweizer Tischtennis bis nach vorne schaffen könne, habe sie «richtig Gas gegeben», wie sie selber sagt. Sie sei am Morgen in die Kantonsschule gerannt, um ihr Laufpensum zu absolvieren. Habe über den Mittag Krafttraining gemacht und stand abends zum Training in der Halle, um dann mitten in der Nacht noch die Hausaufgaben zu erledigen und morgens um fünf Uhr für Prüfungen zu lernen.

 «Ich habe viel investiert, habe viel probiert und alles gegeben.»
Karin Opprecht 

Ihre Eltern hätten sie dabei nicht unterstützt und ihr das von Anfang an so kommuniziert. «Sie sagten immer, ich könne gerne Sport machen, sie seien aber nicht bereit, jedes Wochenende Matches schauen zu gehen und mich ins Training zu fahren.» Die fehlende Unterstützung habe zwar geschmerzt, doch die Leidenschaft für den Sport sei stärker gewesen. «Ich habe im Restaurant Salat gewaschen, um mir die Mitgliederbeiträge und Turniere zu finanzieren, und in verschiedenen Vereinen trainiert, um auf genügend Trainingsstunden zu kommen.»

Damals habe es keinen Club gegeben, der fünf Trainings die Woche angeboten habe, sagt Opprecht. Trotz des grossen Aufwandes: Bis zu einem Stammplatz im Nationalkader – ihr Wunschziel — hat es nicht gereicht. «Ich habe viel investiert, habe viel probiert und alles gegeben», sagt Opprecht heute, wenn sie zurückblickt.

Mit der Neuorientierung zu vielen Aufgaben

Doch anstatt enttäuscht aufzugeben, hat sie die Seite gewechselt und sich zur Trainerin ausgebildet und Verantwortung übernommen. Sie unterstützt nun Kinder darin, ihre grossen Ziele zu erreichen. Dies tut sie mit Engagement und Herzblut. Für den künftigen Präsidenten oder die künftige Präsidentin des Clubs wird es eine grosse Herausforderung sein, es ihr gleichzutun. Es ist daher nicht vermessen zu sagen, ohne Karin Opprecht gäbe es Rapid Luzern in der heutigen Form nicht.

Für ihre Arbeit ist Opprecht schon mehrfach ausgezeichnet worden: Sie wurde Trainerin des Jahres bei Swiss Table Tennis, gewann den Sportpreis der Stadt Luzern (das Geld finanzierte ihren Trainingsaufenthalt in China mit dem Team) und ist Ehrenmitglied des Innerschweizer Tischtennisverbands.

Nun also folgt mit der Ehrung für 25 Jahre im Dienste für Jugend und Sport eine weitere Auszeichnung. Diese kommt ihr aber etwas ungelegen, wie sie sagt: Sie musste dafür das Training mit ihren Schützlingen umorganisieren. Bei so viel Selbstlosigkeit dämmert es einem langsam, warum die Nachfolge so schwer zu finden ist.

Die vielen Funktionen der Karin Opprecht

Seit 25 Jahren ist Karin Opprecht Präsidentin des Tischtennisclubs Rapid Luzern. In dieser Funktion ist sie seit über zehn Jahren Betreuerin und Bindeglied zwischen Schule und Verein für diverse Sportklassenschüler und seit dem Jahr 2000 OK-Chefin, OK-Mitglied bzw. Hauptorganisatorin von regionalen und interregionalen Turnieren und zwei Nachwuchs-Einzel- und einer Nachwuchs-Team-SM. Seit Ende der 90er-Jahren leitet sie Frühlings- und Herbstsportwochen der Stadt Luzern und Meggen, und seit 2008 ist sie Regionalverbandstrainerin für 9- bis 13-jährige Talente. Dazu kommen diverse Einsitze und Leitungsfunktionen, welche sie zwischenzeitlich ausgeführt und mittlerweile weitergegeben hat. 

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