FCL-Trainer Babbel zu Alkoholproblemen und Campino

«Ich bin, wie meine Frau immer sagt, eher ein Softrocker»

Markus Babbel: Ein Leben, geprägt von Erfolgen und Schicksalsschlägen.

(Bild: Meienberger Photo)

Er erlebte eine schöne Kindheit, gewann mit dem FC Bayern zahlreiche Titel und ist ein guter Kumpel von Toten-Hosen-Frontsänger Campino. Doch FCL-Trainer Markus Babbel musste auch Rückschläge einstecken – sportlich und privat. Am Montagabend erzählte er als Gast in der Sendung «Focus» auf SRF3 von seinem bewegten Leben.

Seit fast zwei Jahren steht Markus Babbel am Spielfeldrand beim FC Luzern. Der 44-Jährige hat in dieser Zeit bereits einige Höhen und Tiefen erlebt. Ein Spiegelbild seines bisherigen Lebens – aus dem Markus Babbel diesen Montagabend in der Sendung «Focus» auf SRF3 erzählte. zentralplus hat sich das Interview angehört – und lässt die spannendsten Aussagen Revue passieren.

AC/DC in Oberbayern

Babbel, ein Fussballspieler von Welt, wuchs in bescheidenen Verhältnissen im ländlichen Gilching in Oberbayern auf – 30 Zugminuten von München entfernt. «Ich kann mir keine schönere Kindheit vorstellen», erzählte er Moderator Tom Gisler, «wir waren bei Wind und Wetter draussen.» Ob im Wald oder auf dem Rasen – irgendwas sei immer gegangen.

«Ich war ein relativ einfacher und handzahmer Zeitgenosse für mein Alter.»

Markus Babbel, FCL-Trainer in der Sendung «Focus»

«Ich war ein relativ einfacher und handzahmer Zeitgenosse für mein Alter.» Einzig über die Musik rebellierte Babbel etwas gegen seine bodenständigen Eltern, die sich eher für bayrische Volksmusik interessierten. Babbel hörte AC/DC – und noch heute fasziniert ihn harte Rockmusik. Nonkonform, lange Haare und ein ganz eigener Kleiderstil: Obwohl er optisch nie zu den Rockern gehörte, ist es ihm bis heute wichtig, sich nicht verbiegen zu lassen. Auch wenn er sich nur teilweise so sieht: «Ich bin, wie meine Frau immer sagt, eher ein Softrocker.»

Trainer Markus Babbel und Team Manager Dante Carecci (Luzern) mit den Spielern diesen Mittwoch im Bahnhof von Mailand (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Trainer Markus Babbel und Team Manager Dante Carecci (Luzern) mit den Spielern diesen Mittwoch im Bahnhof von Mailand (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Das liegt einerseits an seiner Erziehung, andererseits am Fussball. «Im Mannschaftssport kannst du nicht so egoistisch sein, da musst du dich in einer Gruppe einfügen, ob es dir passt oder nicht», sagte er in der Sendung. Gerade beim Nachwuchs des FC Bayern München, wohin es Babbel in den frühen 80ern verschlug, verfolge man ein gemeinsames Ziel und müsse die persönlichen Eitelkeiten hinten anstellen.

Schicksalsschlag und Erfolg

Privat lief nicht alles so rund wie im Sport. Als Babbel 17 Jahre alt war, beging sein älterer Bruder Suizid. Eine Situation, die das junge Fussballtalent total überforderte. «Zur damaligen Zeit haben wir – leider, im Nachhinein – unglaublich viel darüber geschwiegen», erzählte er im «Focus».

«Heute reden wir darüber. Damals konnte ich meiner Mama leider nicht helfen.»

Markus Babbel, FCL-Trainer

Erst später habe er gelernt, damit umzugehen. «Heute reden wir darüber, das macht es für meine Mama etwas leichter. Damals konnte ich ihr leider nicht helfen.» Der Fussball half Markus Babbel in dieser Situation, nicht zuletzt einfach, weil er ihn ablenkte. «Du kommst wieder in den Alltag rein und denkst weniger darüber nach.»

FCL-Trainer Markus Babbel spielte von 2000 bis 2004 für die Reds aus Liverpool.

FCL-Trainer Markus Babbel spielte von 2000 bis 2004 für die Reds aus Liverpool.

Zwei Jahre nach dieser persönlichen Tragödie folgte der professionelle Durchbruch: Babbel bekam seinen ersten Profivertrag bei Bayern München. Danach wurde er an den HSV ausgeliehen, was ihn besonders freute, da er im Geheimen schon immer für die Hamburger fieberte – was er aber in seiner Heimat, wo man entweder für die Bayern oder 1860 München sein musste, nicht sagen durfte.

Eigentlich wollte Babbel nicht mehr zurück nach München, aber die Bayern brauchten den 1,90 grossen Abwehrspieler. Er setzte sich rasch als Stammspieler durch und gewann mit den Bayern dreimal die Meisterschaft, zweimal den DFB-Pokal und einmal sogar den UEFA-Pokal. Zudem wurde er 1996 mit der deutschen Nationalmannschaft Europameister.

Vom Meister zum Champions-League-Verlierer

Trotz den vielen Erfolgen, die er mit Bayern feierte, musste er auch seine wohl schwerste sportliche Niederlage mit diesem Verein hinnehmen. Trotz einer 1:0-Führung verloren die Bayern das Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United in der Nachspielzeit. «Das war schon mit das Bitterste, was man erleben kann und trotzdem; für meine Erfahrungen, die ich auch dadurch sammeln konnte, ist das ein wichtiger Bestandteil.»

«Das Jahr beim FC Liverpool war das Schönste meiner Karriere.»

Markus Babbel, FCL-Trainer

Auch an der folgenden Europameisterschaft 2000 lief es für Babbel und die Deutschen nicht gut. Sie flogen bereits in der Gruppenphase aus dem Turnier. Nach heftiger Kritik an seiner Person trat Babbel aus der Nationalmannschaft zurück.

Im selben Jahr wechselte er von Bayern zum FC Liverpool. «Das war das schönste Jahr meiner Karriere», sagt Babbel.

An der Anfield Road mit Campino

Dabei waren es nicht nur die Erfolge, die er in dieser Saison feierte (Ligapokal, FA-Cup und UFEA-Pokal), sondern auch die Fans an der Anfield Road, die ihn beeindruckten: «Die haben eine unglaublich hohe Passion, die haben eine unglaublich hohe Leidensfähigkeit», schwärmt Babbel. «Da musstest du alles rausknallen, was in dir steckte: Das hast du den Fans geschuldet und das haben sie auch honoriert.»

«Campino ist ein feiner Kerl.»

Markus Babbel, FCL-Trainer

Einer dieser Fans hat selber viele Anhänger: Campino von den Toten Hosen. Er versuchte über einen Freund von Babbel, an Karten für ein Spiel zu kommen. Per Telefonbeantworter lernten die beiden sich kennen und wurden später Freunde. Campino und er seien sich von Anfang an sympathisch gewesen, erzählt Babbel. Campino sei nicht so oberflächlich und melde sich immer wieder, ohne dass er ihm hinterhertelefonieren müsse: «Er ist ein feiner Kerl.»

Krankheit und Alkohol

Nach den Erfolgen mit Liverpool erlebte Babbel private und berufliche Rückschläge zugleich. Zuerst erkrankte er am Pfeifferschen Drüsenfieber, später am Guillain-Barré-Syndrom, einer Nervenkrankheit, die zeitweise seine Beine lähmte und ihn an den Rollstuhl fesselte. Zur gleichen Zeit trennte sich seine damalige Frau von ihm.

Die Folge: Der Alkoholkonsum stieg und es standen die falschen Menschen an seiner Seite. «Was andere mit 17, 18, 19 machen, habe ich mit 30 gemacht», gestand Babbel in der SRF-Sendung. Ein halbes Jahr lang habe er Gas gegeben – und dann glücklicherweise wieder die Kurve gekriegt.

«Das Positive im Schaden finden: Das ist meine Maxime.»

Markus Babbel, FCL-Trainer

In der Reha lernte Babbel seine neue Frau kennen – und irgendwie passt das zu seiner Lebenseinstellung: «Das Positive im Schaden finden: Das ist so meine Maxime.»

Zum Ende der Karriere nochmals Meister

Kurze Zeit nach der Reha wechselte Babbel zurück nach Deutschland, wo er 2007 zum Ende seiner Karriere als Spieler nochmals die Bundesliga mit dem VFB Stuttgart gewann. Bei eben diesem Verein startete Babbel danach seine Trainer-Karriere – die, von vielen Erfolgen gekrönt und etlichen Trennungen gezeichnet, vom VFB über Hertha Berlin und Hoffenheim letztlich nach Luzern führte.

FCL-Trainer Markus Babbel blickt optimistisch in die Zukunft.

FCL-Trainer Markus Babbel fühlt sich beim FCL wohl.

(Bild: Martin Meienberger)

Beim FCL kann man Babbel mit seiner Lebenserfahrung gut gebrauchen. Er kennt den Fussballbetrieb und auch die Machtkämpfe der Branche. Aber ausgelernt ist auch im Fussball nie. Das lernte Babbel etwa beim «Putschversuch» Rolf Fringers letzten Winter (zentralplus berichtete). «Das war für mich schon auch etwas Neues: Dass ein Sportdirektor nicht fähig ist, etwas offen und ehrlich anzusprechen», sagt Babbel heute. «Beim FC Bayern wird gerade herausgesprochen, da fällt mal ein hartes Wort, aber man weiss, wo man dran ist.»

Daraus zieht Babbel seine Schlüsse, auch für den FCL. «Wo in Ruhe gearbeitet wird, wo ein roter Faden von oben nach unten führt, da hat man komischerweise immer Erfolg.» Das sei, woran man in Luzern jetzt arbeite. Auch hier wieder nach dem Motto: Aus dem Negativen das Gute mitnehmen.

Hinweis: Hier können Sie die Sendung «Focus» von SRF3 mit FCL-Trainer Markus Babbel nachhören.

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