Die grosse FCL-Transferbilanz

Top oder Flop: Das taugen die Neuzugänge

Das FCL-Kader der Saison 2015/16. zentral+ nimmt die Neuzugänge unter die Lupe.

Fussballfreie Winterpause? Nicht bei zentral+. Wir nehmen die sieben Neuzugänge des FC Luzerns unter die Lupe: Wer ist der grösste Flop? Bei wem besteht noch Luft nach oben? Und wer hat eingeschlagen wie ein Bombe? Überrascht hat vor allem ein alter Bekannter.

In der Sommerpause wurden sieben neue Gesichter auf der Allmend vorgestellt. Mit Adrian Winter, Oliver Bozanic oder Alain Wiss galt es einige Leistungsträger zu ersetzen. Trotz einer guten Vorrunde – der FCL steht in der Meisterschaft auf Rang 4 und hat den Cup-Halbfinal erreicht: Nicht jeder Neuzugang konnte die Erwartungen voll und ganz erfüllen. Wir beleuchten die Leistung der sieben Neuen nach einem halben Jahr.

Schachten – der Routinier und Wunschspieler

Der beim Hamburger Traditionsverein St. Pauli ausgemusterte Sebastian Schachten (31) bekam vom FCL einen Zweijahresvertrag. Der gelernte Aussenverteidiger wäre gerne in Hamburg geblieben, sein Vertrag wurde aber nicht verlängert. Sein ehemaliger Coach und heutiger FCL-Assistenztrainer Roland Vrabec machte ihm einen Wechsel nach Luzern schmackhaft. Sportchef Rolf Fringer äusserte sich im Interview mit zentral+ etwas zurückhaltend: «Ich hätte jetzt nicht in erster Priorität einen 30-Jährigen aus der zweiten Bundesliga geholt.» Doch Schachten vermochte zu überraschen.

Sebastian Schachten wechselte vom Hamburger Kiez-Klub Sankt Pauli zum FC Luzern.

Sebastian Schachten wechselte vom Hamburger Kiez-Klub Sankt Pauli zum FC Luzern.

In Luzern erwartete niemand phänomenale Leistungen des Deutschen, hatte dieser doch zu Beginn der Saison noch mit einer Verletzung zu kämpfen. Überraschenderweise häuften sich aber seine Einsätze nach der Genesung rasant. Während Jérôme Thiesson auf der einen Aussenverteidigerposition (zeitweise auch im Mittelfeld) hervorragende Spiele zeigte, verdrängte Schachten den langjährigen Captain Claudio Lustenberger aus der Stammelf. Der technisch limitierte, aber kämpferisch überragende Schachten, welcher während seiner Karriere schon für Borussia Mönchengladbach, SC Paderborn und Werder Bremen spielte, konnte den Erwartungen gerecht werden.

Auch Markus Babbel ist angetan vom Aussenverteidiger, wie er gegenüber zentral+ berichtet: «Nachdem er sich von seiner Verletzung erholt hat, kommt er nun immer besser in Fahrt. Sebastian Schachten hat grosse Leaderqualitäten und ist ein unglaublicher Kämpfer.» Im wichtigen Heimspiel gegen den FC Thun (1:0) schoss er das entscheidende Siegestor im Stile eines Vollblutstürmers, seinen bislang einzigen Saisontreffer. Auch im letzten Meisterschaftsspiel gegen die Young Boys (3:1) überzeugte der Deutsche mit einer soliden Leistung. Mit einem exakt getimten Pass in die Tiefe bereitete er den dritten Luzerner Treffer vor. Damit zeigte er ein weiteres Mal, dass er die Vorgaben erfüllen konnte. Babbel ist überzeugt, dass Schachten sich in der Rückrunde noch weiterentwickeln wird: «Er wird uns noch viel Freude bereiten», versichert er.

Basha – der Nationalspieler auf der Ersatzbank

Der albanische Nationalspieler Migjen Basha (28) hatte mit seinen Leistungen einen erheblichen Anteil an der erstmaligen Qualifikation Albaniens für die Europameisterschaft (zentral+ beleuchtete die Rolle der FCL-Albaner im Vorfeld der Gruppenauslosung). Diese tollen Leistungen konnte er nicht in den Verein mitnehmen. In der Meisterschaft kam der in Lausanne geborene Basha mit nicht ganz 300 Minuten zu wenig Einsatzzeit, sein Stammplatz ist meist die Ersatzbank. Letzte Saison spielte der Rechtsfuss für den italienischen Verein FC Turin. Im Sommer wechselte er ablösefrei in die Innerschweiz, der 28-Jährige wurde mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet.

Den Fitnessrückstand brachte Trainer Markus Babbel an einer Pressekonferenz Mitte Oktober zur Sprache:


Seinen Fitnessrückstand hat er zwar mittlerweile aufgeholt, zu überzeugen vermochte er aber nicht. Ausser in einem Spiel: Im Cup-Achtelfinal gegen den FC St. Gallen lieferte der Mittelfeldspieler eine herausragende Leistung ab – mit seinen sicheren Pässen und dem überragenden Zweikampfverhalten war er massgeblich am Weiterkommen beteiligt. Dennoch: In der Rückrunde ist eine deutliche Leistungssteigerung gefordert, ansonsten wird er als Transferflop in die FCL-Geschichte eingehen.

Ein gewohntes Bild: Migjen Basha wärmt sich auf – Einsätze von Beginn an waren für den albanischen Nationalspieler Mangelware:

Basha mbajti premtimin!

Posted by Migjen Basha on Sonntag, 25. Oktober 2015

 

Fandrich – der Konkurrent für die Eigengewächse

Neues Dossier: FC Luzern

In unserem neuen Dossier zum FC Luzern dreht sich alles um die «blau-weisse» Leidenschaft. Knallharte Fakten oder brodelnde Gerüchteküche: zentral+ berichtet aus erster Hand über den FCL. Lesen Sie Hintergrund-Gespräche mit beteiligten Akteuren, oder solchen, die ihre Zeit beim FCL schon lange hinter sich haben. Alle Storys im Dossier haben eines gemeinsam: die Verbindung zum FC Luzern.

Von RB Leipzig stiess der 24-jährige Clemens Fandrich im Sommer zum FC Luzern. Der in Berlin geborene Mittelfeldspieler besitzt beim FC Luzern einen Vertrag bis 2017. Mit diesem Transfer wurde ein Konkurrent für die Innerschweizer Talente Nicolas Haas oder Remo Arnold geholt. Fandrich kam mit über 900 Einsatzminuten in der Meisterschaft zu viel Einsatzzeit, Haas (266 Minuten) und Arnold (270 Minuten) mussten ihm den Vortritt lassen.

Fandrichs Klasse blitzte das eine oder andere Mal auf – etwa im Cup-Viertelfinal gegen den FC Aarau, die hohen Erwartungen wurden aber insgesamt nicht erfüllt. Babbel ist jedoch überzeugt von Fandrichs Qualitäten: «Er ist technisch versiert, hat ein gutes Auge und viel Potenzial. Das muss er aber im Spiel häufiger abrufen und daran arbeiten wir intensiv.» Gegen Ende der Hinrunde musste sich Fandrich öfters mit Teileinsätzen oder einem Platz auf der Bank begnügen. Babbel ist sich aber sicher: «Wir sind auf einem guten Weg.»

Clemens Fandrich lieferte am 12. Dezember im Viertelfinal des Cups gegen den FC Aarau eine seiner besten Leistungen. Hier im Zweikampf mit Kim Jaggy (Foto: Martin Meienberger).

Clemens Fandrich lieferte am 12. Dezember im Viertelfinal des Cups gegen den FC Aarau eine seiner besten Leistungen. Hier im Zweikampf mit Kim Jaggy (Foto: Martin Meienberger).

(Bild: Martin Meienberger)

Yesil – das gestrandete Supertalent

Samed Yesil galt als DAS Sturmtalent des deutschen Fussballs – vom neuen Gerd Müller war die Rede. Bei der U17-WM 2011 war er mit sechs Toren der zweiterfolgreichste Torjäger. Es folgte der Wechsel von Leverkusen nach Liverpool, zwei Kreuzbandrisse verhinderten aber einen kometenhaften Aufstieges des Talents. Im Sommer wechselte der im Jahre 1994 in Düsseldorf geborene Yesil auf Leihbasis zum FCL. Unter seinem ehemaligen Juniorennati-Betreuer Roland Vrabec wollte der Stürmer neuen Schwung in seine fussballerische Laufbahn bringen.

Sein einziges Tor für den FCL schoss Yesil beim 1:0-Sieg gegen den FC Zürich nach einer Musterflanke von Jérôme Thiesson. Yesil wurde vor allem in den Schlussminuten eingewechselt, kam aber selten zu seinen erhofften Erfolgserlebnissen beim FCL. Mit mittelmässigen Leistungen in der höchsten Schweizer Spielklasse kann es Yesil vergessen, nächstes Jahr an der Anfield Road in Liverpool für Furore zu sorgen.

Samed Yesil spielte in Liverpool mit den ganz Grossen des Weltfussballs. Hier im Training gemeinsam mit LFC-Legende Steven Gerrard und dem uruguayischen Stürmerstar Luis Suarez:

#throwback #oldbutgold #ynwa #lfc ⚽️

Posted by Samed Yesil on Freitag, 5. Dezember 2014

 

Cirjak und Brandenburger – Youngster unter Zugzwang

Der 20-jährige Kroate Frane Cirjak unterschrieb im Sommer einen Dreijahresvertrag. Vom kroatischen Verein NK Zadar wechselte er in die Innerschweiz. Seine Klasse liess der offensive Mittelfeldspieler im Freundschaftsspiel gegen den deutschen Spitzenverein Borussia Dortmund aufblitzen. Dort schoss er das einzige Tor für den FC Luzern. In der Liga kam der junge Mittelfeldspieler zu nur neun Einsatzminuten nach einer Einwechslung. Zweifellos hat der Junge Talent; ob er allerdings in Zukunft eine Option für die erste Mannschaft sein wird, muss sich erst noch zeigen.

Der jubelnde Frane Cirjak trifft zum 1:4-Anschluss im Testspiel gegen Borussia Dortmund (Bild: Martin Meienberger).

Der jubelnde Frane Cirjak trifft zum 1:4-Anschluss im Testspiel gegen Borussia Dortmund (Bild: Martin Meienberger).

Im Sommer wurde zudem der 20-jährige Nico Brandenburger, ein ehemaliger deutscher Junioreninternationaler, für eine Saison von Borussia Mönchengladbach ausgeliehen. Der defensive Mittelfeldspieler kam bisher zu keinem Einsatz in der Meisterschaft. Der FCL kann froh sein, hat er ihn nicht gekauft.

Anfang Saison kündigte Brandenburger auf Facebook seinen nächsten Schritt an. Dieser gelang nur geografisch, leistungstechnisch ist von ihm noch wenig zu sehen:

#newseason #nextstep-FC Luzern

Posted by Nico Brandenburger on Donnerstag, 25. Juni 2015

 

Kryeziu – Rückkehrer wird zum Königstransfer

Der 22-jährige Hekuran Kryeziu war bei seiner Ankunft im Sommer kein Unbekannter. Der Schweizer mit albanischen Wurzeln war lediglich für ein Jahr nach Vaduz ausgeliehen worden, was sich für seine Entwicklung als sehr hilfreich auszeichnete. Auch der FCL-Trainer kommt ins Schwärmen: «Hekuran Kryeziu konnte sich in Vaduz sehr gut weiterentwickeln.» Er fügte sich nahtlos in das bereits kompakte Team ein. Im Mittelfeld spielte er diese Vorrunde einen extrem soliden Part. «Inzwischen zählt er zu den Leistungsträgern bei uns», fügt Babbel an. Gegen Zürich gelang ihm sein einziges Saisontor. Er glänzte aber vor allem mit seiner Passsicherheit und hervorragenden Übersicht. Auch im kämpferischen Bereich konnte er sich unter Markus Babbel beachtlich steigern.

«Wir haben ein breiteres Kader und einige Junge, die wir in den nächsten Jahren gezielt fördern wollen.»

Rolf Fringer, FCL-Sportchef

Gegenüber zentral+ sprach auch Kryeziu von seinen Fortschritten: «Unter Cheftrainer Markus Babbel und dessen Assistenten Roland Vrabec habe ich taktisch Neues dazugelernt.» Anerkennend fügt er hinzu: «Ich bin Markus Babbel sehr dankbar dafür, dass er mir diese Chance und diese Spielmöglichkeiten gibt, und ich versuche Match für Match dieses Vertrauen mit Leistungen zurückzuzahlen.» Der fordernde Trainer Markus Babbel sieht auch in seinem stärksten Neuzugang Kryeziu noch Steigerungspotenzial: «Ich erwarte, dass er im Abschluss noch aggressiver auftritt. Da muss er noch eine Schippe zulegen.»

Hekuran Kryeziu am Ball hier während eines Spiels gegen den FC Thun:

#HK31 #FCL #Luzern

Posted by Hekuran Kryeziu on Mittwoch, 4. November 2015

 

Zur Meisterschaftsvorrunde sagt der junge Spieler: «Sie verlief für mich sehr positiv, ich bin viel zu Einsatz gekommen.» Für den mannschaftsdienlichen Kryeziu steht aber nicht nur seine Leistung im Vordergrund: «Wichtig ist, dass die ganze Mannschaft einen super Job gemacht hat. Wir haben uns mit dem vierten Platz für die Anstrengungen auch belohnt.»

Fazit: Verstärkungen in die Breite

zentral+ wollte auch vom Transferverantwortlichen eine Einschätzung zum aktuellen Kader hören. Der bodenständige Sportchef Rolf Fringer äussert sich verhalten: «Die Qualität ist in etwa dieselbe geblieben.» Einen Vorteil gegenüber der letztjährigen Saison erkennt er aber: «Wir haben ein breiteres Kader und einige Junge, die wir in den nächsten Jahren gezielt fördern wollen.» Wie der Trainer bei den einzelnen Spielern, sieht auch der Sportchef bei der Mannschaft noch Verbesserungspotenzial, vielleicht auch im Hinblick auf den einen oder anderen Transfer in der Winterpause: «Bei der Chancenauswertung müssen wir uns steigern. Ebenso bei Eckbällen und Freistössen. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, wann wir zum letzten Mal ein Weitschussgoal von ausserhalb des Strafraums geschossen haben.»

Ob der FCL in der Winterpause tatsächlich personell nachlegen wird, steht in den Sternen. Der Kader scheint eine gute Grösse zu haben und Markus Babbel hat bisher nicht mit Nachdruck Verstärkungen gefordert. Da der FCL finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, wird es wohl keine Veränderungen geben. Es würde keinen Sinn machen, das Kader aufzublähen und damit den jungen Spielern die Chance auf Einsatzzeit zu erschweren. Höchstens im Falle eines Abgangs von Topscorer Dario Lezcano – Werder Bremen oder Hannover 96 zeigten Interesse – wäre Rolf Fringer zum Handeln gezwungen.

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