EVZ-Legende Patrick Fischer wird Nati-Coach

«Wer entlassen wurde, wird erst ein guter Coach»

Patrick Fischer ist neuer Trainer der Eishockey-Nationalmannschaft. Der 40-Jährige ist eine EVZ-Legende.

(Bild: Yannick Ringger)

Diese Woche hat der Schweizerische Eishockeyverband nach monatelanger Suche seinen neuen Trainer bekannt gegeben. Es ist EVZ-Legende Patrick Fischer, der von Felix Hollenstein und Reto von Arx assistiert wird. Die Ernennung wird von Sportjournalisten mit Skepsis betrachtet. Fischer betrachtet sich aber nicht als Notlösung.

zentral+ hatte am Freitag in Glattbrugg die Gelegenheit, dem neuen Nati-Trainer Patrick Fischer auf den Zahn zu fühlen und ihn nach seinen Vorstellungen für die Nationalmannschaft zu befragen.

zentral+: Was für Lehren ziehen Sie aus der Entlassung in Lugano? Wie können Sie diese Erfahrungen als Nati-Trainer einbringen?

Fischer: Es ist schwierig, einen Punkt hervorzuheben. Man lernt extrem viel aus schwierigen Situationen. Man sagt immer, dass erst ein guter Coach sei, wer entlassen wurde. Das kann ich definitiv unterschreiben, dass man sehr viel lernt in solch harten und unangenehmen Phasen. Mit etwas Abstand bin ich dankbar für diese Erfahrungen, aber auch froh, dass ich es hinter mir habe.

zentral+: Der Schweizer Eishockeyverband hat zunächst andere Coaches angefragt. Sie waren nicht der Wunschkandidat, gewissen Medien nennen Sie gar den vierten Kandidaten. Weshalb haben Sie den Job dennoch angenommen?

Patrick Fischer: Ich habe mich nicht als vierter Kandidat gefühlt. Als der Verband Kevin Schläpfer angefragt hat, war ich bei Lugano angestellt und der Job als Nati-Trainer war für mich deshalb keine Option. Als ich dann frei wurde, habe ich schnell gemerkt, dass ich einer der Wunschkandidaten bin. Deshalb bin ich mir nicht als Notlösung vorgekommen.

zentral+: Weshalb sind Sie der richtige Mann für den Job als Nati-Trainer?

Fischer: Ich möchte Motivation, Freude und Leidenschaft in die Nationalmannschaft bringen – was in den letzten Jahren nicht immer zu 100 Prozent vorhanden war. Ich bin prädestiniert, da ich Spieler, Strukturen und Vereine kenne und weiss, wie ich diese motivieren kann. Ich weiss, dass ich ein junger Coach bin, konnte in letzten fünf Jahren als Headcoach und Assistent aber zahlreiche Erfahrungen sammeln, vor allem auch an drei Weltmeisterschaften. Zudem habe ich als Spieler an sieben oder acht WMs teilgenommen und weiss, worauf es an diesen Turnieren ankommt.

zentral+: Der Schweizerische Eishockeyverband hat in den letzten Monaten bei der Trainersuche keinen sonderlich positiven Eindruck hinterlassen. Wie haben Sie das Umfeld des Verbands wahrgenommen?

Fischer: Der Verband hat in den letzten Monaten Entscheidungen getroffen, und das kann man immer kritisieren. Ich bin dafür, dass Entscheidungen getroffen werden. Manchmal braucht es mutige Entscheidungen. Diese führen zu Beginn oft zu harscher Kritik, bringen aber oft den grössten Erfolg.

«Mutige Entscheidungen führen zu Beginn zu harscher Kritik, bringen aber oft den grössten Erfolg.»

zentral+: Felix Hollenstein wollte ursprünglich ebenfalls Headcoach werden, jetzt ist er Ihr Assistent. Wie werden die Kompetenzen aufgeteilt? Wird das Trainerteam eher ein «Tandem» sein?

Fischer: Nein, es gibt einen Headcoach und zwei Assistenten, wie das im Eishockey üblich ist. Im Trainerstab wird klar definiert, wer welche Aufgaben hat. Ich bin der Chef und werde schlussendlich die Entscheidungen treffen. Ich bin aber nicht ein Chef, der alles alleine entscheidet, ich werde alles mit meinen Assistenten diskutieren.

zentral+: Wie sieht die Rollenverteilung zwischen den Coaches aus?

Fischer: Diese haben wir haargenau definiert, werden wir aber nicht publik machen.

zentral+: Interessant ist, dass Reto von Arx der andere Assistent sein wird. Er ist als Coach noch unerfahren. Was war die Überlegung hinter diesem Engagement?

Fischer: Reto ist in meinen Augen der bisher beste und kompletteste Schweizer Stürmer gewesen. Als Spieler war er sehr schlau, gerade auch in den Special Teams. Ausserdem schätze ich seine menschlichen Qualitäten: Er sagt, was er denkt, und hat ein starkes Selbstbewusstsein, was eine Eigenschaft ist, die wir brauchen. Deshalb bin ich extrem froh, dass Reto zugesagt hat.

«Das Ziel ist, dass wir selbstbewusst und mutig auftreten, ein offensives Hockey zeigen.»

zentral+: Was für eine Nationalmannschaft können wir unter Patrick Fischer erwarten?

Fischer: Das Ziel ist, dass wir selbstbewusst und mutig auftreten, ein offensives, kräftiges, gradliniges Hockey zeigen und unsere Schnelligkeit, ein Markenzeichen des schweizerischen Spiels, optimal nützen. Bei der Zusammenstellung des Teams achten wir auf gute Charaktere, die alles für die Mannschaft und die Schweizer Fahne geben. Wir können ein Team erwarten, das 100 Prozent Leidenschaft an den Tag legt.

zentral+: Also schwebt Ihnen eine Rückkehr zum Hockey vor, das die Nationalmannschaft unter Sean Simpson gezeigt hat, als Sie selber Assistent waren?

Fischer: Das wäre wünschenswert.

zentral+: Die Länderspiele gerieten in den letzten Jahren zunehmend zu einer Farce. Zahlreiche Spieler meldeten sich für Testspiele und die WM ab. Wie wollen Sie zu einer höheren Motivation beitragen?

«Es ist uns wichtig, dass sich die Spieler auf dem Eis verreissen.»

Fischer: Ich glaube, das ist eine Frage der Kommunikation. Ich suche mit jedem Spieler das Gespräch. Letztendlich wollen wir Spieler, die 100 Prozent bereit sind und sich committen. Es ist uns wichtig, dass sich die Spieler auf dem Eis verreissen. Aber ein Spieler tut dies nur, wenn es ihm Spass macht. Deshalb wollen wir eine gute Stimmung in die Mannschaft hineinbringen.

zentral+: Zu personellen Fragen: Zählen vergangene Verdienste oder starten alle Spieler bei null?

Fischer: Letztendlich geht es darum, die bestmögliche Mannschaft für die Weltmeisterschaft zusammenzustellen. Ob ein Spieler 17-jährig oder 37-jährig ist, spielt keine Rolle. Wir nehmen die Spieler, die am besten in Form sind. Und es gibt keinen Bonus.

zentral+: Das heisst, wenn ein Team in der WM-Vorbereitung über mehrere Wochen zusammenwächst, werden Sie unter Umständen darauf verzichten, NHL-Spieler in die Mannschaft einzubauen, um die Teamchemie nicht zu gefährden?

Fischer: Dies ist eine sehr schwierige Frage, die wir situationsbezogen entscheiden müssen. Es hängt vom Spieler ab, warum er zur Verfügung steht. Wir haben die Erfahrung und das Wissen, um abzuschätzen, was den Teamgeist fördert und was ihn stört, und werden dementsprechend entscheiden.

«Scharmützel gibt es manchmal zwischen Coaches und Players, das ist nicht erwähnenswert.»

zentral+: Einer der wichtigsten Spieler neben den NHL-Cracks ist Damien Brunner. In Lugano hat er unter Ihrer Führung nicht die erhofften Leistungen erbracht. Wie ist das Verhältnis zwischen euch?

Fischer: Da bin ich nicht derselben Meinung. Letztes Jahr, als er gekommen ist, hat er zu Beginn etwas Mühe gehabt und ist danach sehr gut in Schwung gekommen. Diese Saison war er in den ersten zehn Matches mein bester Stürmer, danach hatten wir ein kleines Scharmützel. Dies gibt es manchmal zwischen Coaches und Players und das ist nicht weiter erwähnenswert. Ich kenne Damien sehr gut und schätze ihn als Spieler und als Menschen.

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