Was macht eigentlich... Ex-FCL-Goalie Godi Waser?

Dank Kieferbruch zum FCL-Goalie

Godi Waser stellt sich in Hergiswil für zentral+ noch einmal ins Tor. (Bild: Andreas Bättig)

Godi Waser stand 13 Jahre lang für den FC Luzern im Goal. Bis ein furchtbarer Zusammenstoss auf dem Platz seine Fussball-Karriere jäh beendete. Und das ausgerechnet ein Jahr vor dem Gewinn des legendären und bislang einzigen Meistertitels.

Spartak Moskau. Wenn Godi Waser einen speziellen Moment, ein besonderes Spiel aus seiner Karriere herauspicken muss, dann ist es der Match gegen Spartak Moskau. David gegen Goliath. Der kleine FC Luzern gegen das grosse Spartak, das damals, in den 80er-Jahren, zu den Top-Teams gehörte. Mit viel Selbstvertrauen sei man 1986 nach Moskau gefahren, erzählt Waser. Die Luzerner hatten auch allen Grund dazu: Schliesslich beendeten sie die Saison 85/86 auf dem dritten Platz und qualifizierten sich so für den UEFA-Cup. Waser hielt seinen Kasten gegen die Russen dicht. Der FCL holte ein sensationelles 0:0 raus. «Wir waren eine richtige Einheit. Wir mussten uns nur in die Augen schauen und wussten, dass wir alle gleich ticken. Dass wir mit dieser Mannschaft Berge versetzen können. Dieses Gefühl kann man jetzt, im Nachhinein, gar nicht mehr so richtig beschreiben, man muss es erlebt haben», sagt der 59-Jährige. 

Godi Waser in Action.

Godi Waser in Action.

(Bild: zvg)

Was Waser gegen Spartak Moskau noch nicht wusste: Genau diese Luzerner Mannschaft wird nur drei Jahre später tatsächlich einen Berg versetzen, beziehungsweise gleich zu sich holen. Und zwar den Grössten in der Vereinsgeschichte: Den bislang einzigen Meistertitel. Aber da wird Waser schon nicht mehr dabei sein, nachdem seine Karriere ein jähes Ende fand.

Erster Einsatz dank Kieferbruch

So abrupt Wasers Laufbahn als Fussballprofi endete, so schlagartig begann sie. Waser wechselte 1974 vom Zweitligisten FC Hergiswil zum FCL. Er war hinter Roli Inderbitzin die Nummer Zwei. «Ich war 19 Jahre alt, Roli mein Lehrmeister. Damals gab es ja noch keine Goalietrainer wie heute. Man musste sich alles von der Nummer 1 abgucken. Das ist aussergewöhnlich, schliesslich ist er ja dein Freund, aber auch dein Konkurrent», sagt Waser, der damals wie alle FCL-Spieler noch einem anderen Job nachging. Er arbeitete beim Vater im Elektrogeschäft mit. Gerne hätte er noch ein wenig länger von Inderbitzin gelernt. Dieser brach sich aber bereits nach zwei Dritteln der Saison bei einem Spiel den Kiefer. Waser musste ran. «Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Es gab keine andere Möglichkeit, als zu schwimmen.»

Verheerender Frontalcrash

Ab diesem Moment stand Waser 13 Jahre lang für den FC Luzern – daneben auch für die Schweizer Nationalmannschaft – zwischen den Pfosten. Er erlebte 1979 den Aufstieg in die höchste Schweizer Fussball-Liga, spielte unter Trainer-Legende Paul Wolfisberg und konnte miterleben, wie aus der Luzerner Allmend zunehmend ein Hexenkessel wurde. «Das Publikum ging mit uns durchs Feuer. Es war der zwölfte Mann auf den Rängen. Das haben wir auf dem Feld gespürt», sagt Waser.

«Das Publikum ging mit uns durchs Feuer. Es war der zwölfte Mann auf den Rängen.»

Godi Waser

Godi Waser über ...

zentral+ wollte von Godi Waser noch wissen, was er denkt über ...

... die momentane Situation des FC Luzerns: «Der FCL gehört in die Superleague. Wenn man die Mannschaft anschaut, hätte er einen Platz im Mittelfeld verdient. Ich wünsche mir, dass wieder mehr Zuschauer ins Stadion kommen. Der FCL liegt nämlich vielen am Herzen. Doch der Verein muss wieder näher beim Volk sein, lokale Netzwerke knüpfen.»

... Rolf Fringer: «Er ist eine gute Wahl. Rolf Fringer bringt eine immense Erfahrung mit. Als Sportchef ist diese enorm wichtig. Ausserdem kennt er die Mentalität der Zentralschweizer. Er weiss, wie man mit ihnen umzugehen hat: bodenständig.»

... David Zibung: «Interessant ist, dass er wie ich Hergiswiler ist. Das ist ein lustiger Zufall. Natürlich wird man immer wieder als Ehemaliger auf die Leistungen des aktuellen FCL-Torhüters angesprochen. Ich hab mich immer rausgehalten, wenn Dave in einem Tief war. Ich finde es nicht gut, wenn dann die alten Goalies in den Medien mit Ratschlägen kommen. Ein Goalie muss nämlich selber aus einem Loch herausfinden. Schliesslich stehst nur du in diesem Viereck drin. Niemand sonst.»

Ende der 80er-Jahre war der FC Luzern ein perfekt laufender Motor. Alles passte: Die Fans waren das Benzin, Spieler wie Roger Wehrli, Hanspeter Kaufmann, Jürgen Mohr oder Herbert Baumann brachten die Zylinder ordentlich in Bewegung und Trainer Friedl Rausch schaute darauf, dass alles wie geschmiert läuft. So steuerte der FCL schnurstracks und unaufhaltsam wie ein 40-Tonnen-Lastwagen auf den Meistertitel zu – und Waser war mit am Steuer. Dann kam der Match gegen Sion. Für Waser bedeutete dieses Spiel 1988 den Frontalcrash seiner Karriere – im wahrsten Sinne des Wortes. In der Zeitung steht nach dem Match: «Waser fraglich. Rippenquetschung, Wirbelprobleme, Leistenprobleme und zwei heftige Zusammenstösse in Sion. FCL-Goalie Godi Waser ist für das YB-Spiel fraglich.»

Bandscheibe zerrissen

Waser prallte in Sitten mit einem Spieler hart zusammen. Er spürte Schmerzen in der Brust. Doch als Goalie war er es sich gewohnt, solche Sachen runterzuschlucken. Er spielte weiter. Als Waser aber nach dem Spiel seine Hände nicht mehr spürte – ausgerechnet die Hände! – wusste er, dass etwas Ernstes mit ihm nicht stimmt. Der Arzt schickte ihn in die «Röhre», machte eine Magnetresonanz-Aufnahme. Das Ergebnis war niederschmetternd: Waser hatte sich beim Zusammenprall zwischen dem zweiten und dritten Brustwirbel die Bandscheibe zerrissen. «Ich habe dem Arzt gesagt, dass ich nächsten Samstag wieder spielen muss. Als Goalie war ich mir gewohnt, dass man alles irgendwie flicken kann», erinnert sich Waser.

Godi Waser stellt sich in Hergiswil für zentral+ noch einmal ins Tor.

Godi Waser stellt sich in Hergiswil für zentral+ noch einmal ins Tor.

(Bild: Andreas Bättig)

Mit dem Hammer auf den Grind

Doch bei ihm gab es nichts mehr zu flicken. Zumindest nicht so, dass er jemals wieder professionell Fussball spielen könnte. «Der Arzt hat mir gleich mit dem Hammer so richtig auf den Grind geschlagen. Es gab nichts mehr zu diskutieren. Er sagte, dass ich nie mehr in meinem Leben Fussball spielen werde. Das Nahziel sei jetzt nur noch, dass ich überhaupt noch laufen könne.» Waser wurde das zweite Mal in seinem Leben ins kalte Wasser geworfen.

Vom Fussballplatz ins Korsett

Nur diesmal durfte er nicht schwimmen, sondern musste einfach nur still daliegen. «Ich wurde in ein Korsett gelegt. Das war brutal. Vorher hatte ich noch jeden Tag trainiert und von heute auf morgen wirst du komplett stillgelegt.» Natürlich habe er am Anfang mit seinem Schicksal gehadert. Ein paar Wochen später sei er in der Reha im Wartezimmer mit jemandem ins Gespräch gekommen, der an Muskelschwund litt. «In diesem Moment hat es bei mir Klick gemacht. Mir war klar, dass bei mir nur eine Ecke der Fassade abgebrochen ist. Im Gegensatz zu ihm werde ich ein normales Leben führen können, einfach ohne Spitzenfussball.» Von da an konnte Waser sein Leben neu orientieren.

Meisterschaft von der Tribüne aus

Als der FCL dann 1989 Meister wurde, sah Waser von der Tribüne aus zu. «Ich habe mich für meine Mannschaftskollegen gefreut. Sie haben mich auch während meiner Reha stark unterstützt.» Dem Tribünenplatz ist der Ex-Goalie bis heute treu geblieben. Regelmässig besucht er die Spiele des FCL in der Swissporarena zusammen mit anderen ehemaligen FCL-Legenden. Dabei wird er immer wieder auf die damalige grossartige Stimmung bei einem Heimspiel angesprochen. «Auch ich vermisse ein wenig die FCL-Familie, wo man sich nach einem Spiel getroffen hat.  

«Ich vermisse ein wenig die FCL-Familie, wo man sich nach einem Spiel getroffen hat.»

Godi Waser

Der Fan, der Unternehmer und der Büezer. Sie alle haben Gedanken über das Spiel ausgetauscht – ohne Einschränkungen.» In der Swissporarena hingegen seien die Zuschauer arg separiert.  

Karriere verewigt

Ausserhalb des Stadions ist Waser mit seiner Firma Remsports Group AG und Wantudu Switzerland im IT-Bereich tätig. Doch auch hier ist seine Fussball-Karriere präsent. So hat der Vater von drei Söhnen und einer Tochter unter anderem die Webseite «Sportalbum.ch» entwickelt. Hier können Sportler ihre Karrieren festhalten, Highlights nennen, Erinnerungen preisgeben. Auch Waser selber hat seine Karriere auf dieser Webseite verewigt. Darin vermerkt ist auch das Rückspiel gegen Spartak Moskau vom 29. Oktober 1986 zu Hause in Luzern. Es endete mit einer 0:1 Niederlage. Der FCL schied aus dem UEFA-Cup aus. Waser hat das Spiel im Gegensatz zu anderen kommentarlos gelassen. Er ist eben ganz Goalie. Den Ball aus dem Netz nehmen. Niederlage wegstecken. Abhaken. Nach vorne schauen.

Godi Waser in Action.

Godi Waser in Action.

(Bild: zvg)

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