Luzerner Bierliebhaber eröffnet neues Lokal

Von der Flaschenpost in die Bar: «Bierliebe» wird sesshaft

Raphael Kuhn vor der Bier-Hall-of-Fame: all jenen Bieren, die in den letzten gut drei Jahren versandt wurden.

(Bild: jal)

Bier per Post: Damit hat sich der Luzerner Raphael Kuhn in drei Jahren ein berufliches Standbein aufgebaut. In Kürze will er die Luzerner in seiner eigenen Bierbar von der Vielfalt des Gerstensafts überzeugen. Klar ist: Eichhof wird man dort nicht finden. Dafür einen Bier-Sommelier.

«Eine Stange, bitte.» Wer das bestellt, dürfte in Raphael Kuhns Bar nicht gleich ein Glas vor die Nase gestellt bekommen. Denn an der Wand von «Bierliebe & Friends» hängen zwölf Zapfhähne, so viele laufend wechselnde Sorten stehen im Offenausschank. Und das hat seinen Grund.

Der Luzerner will in seiner neuen Bar das Bier zelebrieren. Anfang April eröffnet der 33-Jährige zusammen mit Alexandra Barreña sein erstes Lokal in Luzern. Es ist der nächste, beinahe logische Schritt des Jungunternehmers.

Raphael Kuhn hat vor dreieinhalb Jahren das Start-up «Bierliebe» gegründet: Im Abonnement verschickt er seinen Kunden monatlich drei verschiedene Biere von unabhängigen Kleinbrauereien aus der ganzen Schweiz nach Hause (zentralplus berichtete). Nun wird nicht mehr in den eigenen vier Wänden degustiert, sondern auch in der Bierbar.

Vorhang auf fürs Bierhandwerk

«Die Schweiz hat so viele gute Biere zu bieten, diese Vielfalt wollen wir zeigen», sagt Kuhn, der sich vor kurzem zum Diplom-Bier-Sommelier ausbilden liess. Wer Massenware sucht, ist fehl am Platz: Ausgeschenkt wird ausschliesslich Schweizer Bier von unabhängigen Brauereien. «Für uns ist das ein Handwerk, für das wir eine Plattform bieten wollen.»

«Wir wissen: Nicht alle können und nicht alle wollen gleich viel Geld für Bier ausgeben.»

Der Luzerner will zeigen, dass das Getränk viel mehr Facetten hat, als das übliche Lagerbier vermuten liesse. «Da gibt es noch Luft nach oben», sagt Kuhn und lacht. Er ist sogar überzeugt, dass er für jene, die von sich sagen, Bier nicht zu mögen, die passende Sorte findet. 

Ihm schwebt ein Treffpunkt vor, aber nicht im Sinne eines Biergartens. In «Bierliebe & Friends» soll man vom Indian Pale Ale übers tiefschwarze Stout bis hin zum Sauerbier allerlei Gebräu degustieren – auch im 1-Deziliter-Mass. Ein Gegenentwurf zu einem Oktoberfestgelage mit seinen Masskrügen und Trunkenbolden.

Preisfrage offen

Doch ist das nicht anstrengend, wenn man sogar noch im Feierabendbier den Kopf beieinander haben muss? Raphael Kuhn winkt ab. «Es soll nicht steif werden, sondern völlig ungezwungen.» Vielfalt will er nicht nur an der Theke, sondern auch bei den Gästen. «Wer einfach sein Lager will, ist genauso willkommen wie Neugierige mit Lust auf Unbekanntes», sagt er. Und sowieso: «Auch ich will an einem heissen Sommertag manchmal einfach einen erfrischenden Durstlöscher ohne Aromahopfen und sonstige Besonderheiten.»

Die Erfahrung mit dem «Bierliebe»-Abo zeige, dass viele Menschen offen seien für Neues. Und auch bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Denn preislich werde man nicht mit der Massenware von Grosskonzernen mithalten können, sagt Kuhn, ohne seine Offenbierpreise bereits beziffern zu können. «Es wird aber für jedes Portemonnaie etwas dabeihaben», versichert er. «Denn wir wissen: Nicht alle können und nicht alle wollen gleich viel Geld für Bier ausgeben.»

Auf Instagram feiert er sein Sommelier-Diplom:


Eine Bar mit dem Fokus auf spezielle Biere mag vielleicht nicht die revolutionärste Idee sein. In den letzten Jahren erlebten unabhängige Kleinbrauereien einen regelrechten Boom. Auch oder womöglich sogar besonders in Luzern ist die Branche seit dem Verkauf von Eichhof im Aufbruch. Davon zeugt der Erfolg von «Luzerner Bier» oder das ausverkaufte erste Bierfestival letztes Jahr auf Hinter Musegg. Inzwischen findet der Bierliebhaber in mehreren Lokalen eine auserlesene Auswahl an Produkten von Kleinbrauereien.

«Vor vier bis fünf Jahren hätte ich unserem Konzept noch keine Chance gegeben.»

Das empfindet Raphael Kuhn aber keineswegs als Nachteil oder Konkurrenz – im Gegenteil: Er spricht von nötiger «Aufklärungsarbeit». Dass andere da bereits Vorarbeit leisten, sei sehr positiv für die Bierkultur.

Raphael Kuhn ist überzeugt, dass ein Wandel im Gang ist. Optimistisch stimmt ihn auch, dass ähnliche Bars in Zürich, Bern oder Basel erfolgreich unterwegs sind. «Vor vier bis fünf Jahren hätte ich unserem Konzept noch keine Chance gegeben», sagt er und illustriert es mit einer lustigen Anekdote: «Als man damals in der Beiz fragte, welches Bier sie haben, bekam man als Antwort: Stange oder Kübel.»

Das letzte Rätsel

Aus den Standort von «Bierliebe & Friends» macht Raphael Kuhn ein grosses Geheimnis. Aus Marketinggründen will er noch nicht verraten, wo sich das Lokal befindet. Nur so viel: In der Stadt Luzern, in der Nähe des Bahnhofs und mit einem Aussenbereich ausgestattet.

So soll das neue Lokal für Bierliebhaber aussehen. (Visualisierung: zvg/Aleks Nikolic Innenarchitektur)

So soll das neue Lokal für Bierliebhaber aussehen. (Visualisierung: zvg/Aleks Nikolic Innenarchitektur)

Die Bar wird täglich geöffnet sein und aus einer kleinen Küche passende Gerichte anbieten. «Denn Essen und Bier passt super zusammen», findet Kuhn.

Von der Waschküche nach Kriens

Selber kann Raphael Kuhn inzwischen vom Gerstensaft leben. Seinen alten Job als Unternehmensberater hat er an den Nagel gehängt. Eine Tatsache, mit der er beim Start von «Bierliebe» vor dreieinhalb Jahren wohl nicht gerechnet haben dürfte. Damals hat er in der Garage seiner Eltern in Rain hobbymässig angefangen, im Abonnement regionale Biere zu verschicken. Doch die Nachfrage wuchs und mit ihr der Platzbedarf. «Als auch die Waschküche voller Bierflaschen war und der Vater abends sein Auto rausstellen musste, musste ich etwas Neues suchen», sagt Kuhn lachend.

Auch logistisch sei die damalige Lösung keineswegs effizient gewesen. Inzwischen füllen die Flaschen eine weitaus grössere Garage in Kriens. Kuhn zeigt auf die «Wall of Fame», wo alle Sorten aufgereiht sind, die seit dem Start an die Kunden verschickt wurden. Die Flaschenpost gibt’s weiterhin. Doch nun wird «Bierliebe» auch sesshaft.

Und so machen Alexandra Barreña, Reto Schüle und Raphael Kuhn (v.l.n.r.) auf den sozialen Medien auf ihr Projekt aufmerksam:

 

 

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