Bäckerei, Kletterhalle, Tierpark und Operetten

Warum es die Zuger immer wieder nach Arth verschlägt

Ein Publikumsknüller: die Operetten in Arth, die jedes Mal ausverkauft sind und in die Tausende von Zugern strömen.

(Bild: zvg)

Arth am Zugersee führt ein Schattendasein. Nicht nur, weil die 11’000-Einwohner-Gemeinde im Herbst und Winter wegen der Rigi nur wenig Sonne abbekommt. Auch im Vergleich zum noblen Zug kann Arth nicht mithalten. Und doch verschlägt es viele Zuger über die Kantonsgrenze – weil es dort einiges gibt, was es in Zug nicht (mehr) gibt.

Fast jede Zuger Schulklasse hat im Natur- und Tierpark Goldau wohl schon die frei herumlaufenden Rehlein gestreichelt. Und jeder Zuger hat sicher schon mal auf dem Bahnhof Arth-Goldau im Cisalpino Richtung Tessin oder Mailand einen kurzen Stopp eingelegt. Oder ist mit dem Kursboot der Zugersee-Schifffahrt in Arth angelandet.

Auch das kleine und originelle Bergsturzmuseum in Goldau, das an den verheerenden Sturz des Rossbergs am 2. September 1806 erinnert, bei dem 457 Tote und 111 verendete Tiere zu beklagen waren, kennen viele Zuger. Nicht zu vergessen den Rigi-Kulm, mit 1797 Metern der höchste Punkt der Gemeinde Arth, wo viele Zuger Schulklassen und Erwachsene zum Wandern hingehen.

Geringste Sonnenscheindauer im Kanton Schwyz

Doch wen verschlägt es eigentlich in die Gemeinde Arth selbst – angesichts der Noblesse und des nicht zu übersehenden Reichtums der umliegenden Gemeinden am Zugersee? An Orten, wo auch definitiv mehr die Sonne scheint als im düsteren Arth – das statistisch gesehen mit einer Sonnenscheindauer von 1261 Stunden am wenigsten Sonne im ganzen Kanton Schwyz geniesst.

Arth überzeugt die modernen Zuger mit seinen Reizen.

Arth überzeugt die modernen Zuger mit seinen Reizen.

(Bild: zvg)

Der Name Arth stammt aus dem Keltischen und heisst so viel wie «gepflügtes Land». Und so sieht es dort auf den ersten Blick auch aus. Ausser Landwirtschaft, vielen Kirschbäumen, geduckten Häusern, einer frühbarocken Kirche, die dringend mal einen neuen Fassadenanstrich bräuchte, und altbacken wirkenden Beizen gibt es dort für Zuger nicht viel zu sehen. Zudem verfügt Arth nur über einen Halbanschluss an die Autobahn A4. Provinz pur also. Sollte man meinen.

«Zu uns kommen viele Zuger wegen der traditionellen Küche und den günstigeren Preisen.»

Angestellte des Hotels Rössli, Arth

Indes – die 11’000-Einwohner-Gemeinde, die sich aus Arth, Oberarth, Goldau und Rigi zusammensetzt, weiss mit verborgenen Reizen zahlreiche Zuger anzulocken. Mit Reizen, die im allzu reichen Zug eben nicht mehr so reichlich vorhanden sind.

Da ist zum Beispiel die Gastronomie in Arth. «Zu uns kommen viele Zuger wegen der traditionellen Küche und dem Ambiente», erfährt man im «Rössli», dem ersten Haus am Platze. Dort gibt es viel Fisch und Wild – «zu Preisen, die etwas günstiger sind als in Zug», wie die Dame gegenüber zentralplus versichert.

Hat die Rigi auch vor der Haustür: Walchwils Gemeindepräsident Tobias Hürlimann. Doch die Walchwiler fahren gerne nach Arth wegen der guten Bäckerei. Ausserdem sind die Häuser in Arth günstiger.

Hat die Rigi auch vor der Haustür: Walchwils Gemeindepräsident Tobias Hürlimann. Doch die Walchwiler fahren gerne nach Arth wegen der guten Bäckerei. Ausserdem sind die Häuser in Arth günstiger.

(Bild: woz)

Auch findet man in Arth noch viele Restaurants mit Seeterrasse – ein Angebot, das man entlang des Zugerseeufers angesichts der vielen Reichen mit ihren Villen und privaten Seezugängen inzwischen beinahe mit der Lupe suchen muss.

Eine der besten Bäckereien weit und breit

Bezüglich gastronomischem Angeot ist da etwa die Bäckerei «Chilestägli», die als eine der besten Bäckereien in der Region gilt, und in der nicht nur die angrenzenden Walchwiler gerne ihr Brot kaufen. Schon seit 1842 wird dort Brot gebacken. Sie wird in der fünften Generation als Familienbetrieb geführt. Heute sind dort vor allem die leckeren Kirschtorten und die «Rigi-Tüüfel» der Renner.

An der «Zuger Riviera» in Walchwil wachsen zwar Palmen in die Höhe und zig Millionäre residieren am Hang. Doch eine richtige eigene Bäckerei und Metzgerei gibt’s in der Gemeinde schon lange nicht mehr – ausser viel Aufgebackenem im «Spar»-Supermarkt (zentralplus berichtete).

«Arth ist bei den Wohnungen etwas günstiger als Walchwil.»

Tobias Hürlimann, Gemeindepräsident Walchwil

Das räumt Gemeindepräsident Tobias Hürlimann sogar ein. Und nicht nur das. «Arth ist auch bei den Wohnungen etwas günstiger als Walchwil und bekam in den letzten Jahren ein grosses Angebot. Dies wird Walchwil in den nächsten Jahren, nach dem Doppelspurausbau, wieder etwas ausgleichen können», ist der scheidende Dorfchef überzeugt.

In Arth gibt es auch eine Boulderhalle, die viele Freaks aus Zug anzieht: das «Boulder Gade» am Zugersee. In Arth findet ausserdem jedes zweite Jahr ein grosser Weihnachtsmarkt statt – eine Tradition, die erst vor kurzem in der Stadt Zug wieder belebt wurde. Und auch die Fasnacht sowie der Chlaus- und Trychler-Brauchtum («Itrychlä») werden in Arth ausgiebig gefeiert.

Urchig und operettenhaft zugleich

«In Arth geht’s vielleicht tatsächlich etwas urchiger zu als in Zug», sagt Simon Witzig. Er muss es wissen. Denn der Konzert- und Opernsänger aus Hünenberg See ist diese Saison schon zum achten Mal als Tenor in den Operetten aufgetreten, die die Theatergesellschaft Arth jedes Jahr aufführt.

«Letztes Jahr wurden rund 2350 Tickets aus dem Kanton Zug gebucht, was einen Anteil von rund 19 Prozent unserer Kundschaft ausmacht.»

Christian Annen, Theatergesellschaft Arth

Die Theatergesellschaft Arth gibt es seit 1851. Sie inszeniert jeweils von Januar bis März eine Operette im dorfeigenen Theater. Dieses Jahr wurde «Wiener Blut» aufgeführt, im nächsten Jahr steht «Orpheus aus der Unterwelt» auf dem Programm.

«Wiener Blut» – dieser Operetten-Klassiker mit dem Zuger Tenor Simon Witzig wurde in dieser Saison in Arth gegeben.

«Wiener Blut» – dieser Operetten-Klassiker mit dem Zuger Tenor Simon Witzig wurde in dieser Saison in Arth gegeben.

(Bild: zvg)

Zu den rund 30 Veranstaltungen im Theater Arth, das 500 Plätze fasst, kommen jedes Jahr auch eine Menge Zuger. Pro Operette sind rund 200 Mitwirkende auf, hinter oder neben der Bühne in irgendeiner Form an der Produktion beteiligt, darunter immer mehr Profis. Überall sind auch Zuger mit von der Partie.

«Zuger sind ein kulturinteressiertes Volk»

«Letztes Jahr wurden rund 2350 Tickets aus dem Kanton Zug gebucht, was einen Anteil von rund 19 Prozent unserer Kundschaft ausmacht», sagt Christian Annen von der Theatergesellschaft Arth. Aus der Stadt Zug waren es letztes Jahr rund 340 Besucher. Spitzenreiter unter den Zuger Gemeinden sei Baar mit beinahe 400 gebuchten Plätzen.

«Wir glauben, dass die Zuger ein kulturell interessiertes Volk sind», sagt Annen. Arth könne ganz in ihrer Nähe eine hochstehende Produktion bieten, ohne dass die Zuger hierfür in fremde Städte wie Luzern oder Zürich reisen müssen. «Selbstverständlich dürfte ihnen auch das Ufer des Zugersees mehr als sympathisch sein.»

Im Theater Casino Zug wurden früher übrigens auch Operetten aufgeführt. Heutzutage treten dort nur noch ausländische Ensembles aus St. Petersburg und anderswo auf.

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