Kapellbrücke-Brand am 18. August 1993: Rückblick

Wieso nur brannte Luzerns Wahrzeichen vor 25 Jahren lichterloh?

Schicksalstag 18. August 1993: Die Kapellbrücke brennt. Jede Hilfe kommt zu spät.

(Bild: Georg Anderhub/AURA)

Täglich gehen Bilder von der 1365 erbauten Holzbrücke um die Welt. Am meisten Schlagzeilen machte die älteste Holzbrücke Europas aber am 18. August 1993, als sie fast vollständig niederbrannte. Was war passiert, dass «Luzern weinte»? Teil 1 unserer Serie zum Brand des Luzerner Wahrzeichens vor 25 Jahren.

An diesem Tag stand in Luzern die Zeit still: Es war die Sommernacht auf den Mittwoch, 18. August 1993. Eine Zigarettenkippe war’s vermutlich, die ein Boot auf Liegeplatz Nummer 13 unter der Holzbrücke zum Brennen brachte. Bald schon stand die Kapellbrücke, das 202,9 Meter lange Wahrzeichen der Stadt Luzern, in vollem Brand.

Nach elf Minuten waren 150 Feuerwehrleute im Einsatz: vergeblich.

Nach elf Minuten waren 150 Feuerwehrleute im Einsatz: vergeblich.

(Bild: Georg Anderhub/AURA)

Elf Minuten ging es, bis 150 Feuerwehrleute vor Ort waren und kurz vor 1 Uhr in der Nacht das Feuer bekämpften – doch sie scheiterten: Die Brücke brannte nieder, der Turm blieb unbeschädigt. Zerstört waren 81 der dreieckigen Bilder, die als kulturhistorisches Unikum in Europa den Giebel der Brücke seit dem 16. und 17. Jahrhundert schmückten.

So sah der Brand im Video eines Zeitzeugen aus:

Anderntags zog es zahlreiche Schaulustige zu den verkohlten Resten der Brücke, für einmal waren es mehr Einheimische als Touristen. Es herrschte eine Stimmung wie an einem Begräbnis. «Luzern weint!», brachte es die «Blick»-Schlagzeile auf den Punkt.

Doch die Stadt wollte nicht trauern: Denn auf ihre Brücke und ihren Touristenmagneten wollten die Luzerner nicht verzichten. Also beschloss der Stadtrat unter Stadtpräsident Franz Kurzmeyer am Tag nach dem Brand, die Brücke sofort wieder aufzubauen. Auch mit der Begründung, an der Holzbrücke stamme sowieso kein Balken mehr aus der Bauzeit. Sie war über die Jahrhunderte schon mehrfach erneuert, verkürzt und verändert worden. Der letzte komplette Ab- und Neubau fand 1969 statt.

Die Schlagzeilen gingen um die Welt. «Blick» brachte es im Titel auf den Punkt.

Die Schlagzeilen gingen um die Welt. «Blick» brachte es im Titel auf den Punkt.

(Bild: zvg)

Über 3 Millionen Franken kostete der Wiederaufbau nach dem Brand 1993, er wurde in Rekordzeit durchgezogen. Und medienwirksam liess der damalige Tourismusdirektor Kurt H. Illi (1935–2010) bei der Wiedereröffnung am 14. April 1994 Tränen vergiessen, was wieder zum Spektakel in den weltweiten Medien geriet.

Kapellbrücke-Brand vor 25 Jahren

In der Nacht auf den 18. August 1993 zerstörte ein Brand das Wahrzeichen von Luzern. zentralplus widmet dem Ereignis eine Artikelserie:

  • Der Rückblick: Wieso brannte die Kapellbrücke vor 25 Jahren?
  • Der Wiederaufbauer: Wie «Stadtvater» Franz Kurzmeyer die Krise in einen Erfolg umwandelte.
  • Die Lehren daraus: Wieso ein Feuer heute keine Chance mehr hätte.
  • Die grössten Feuer: Welche Brände in Luzerns Geschichte wüteten.

200 Journalisten aus aller Welt waren da, das Schweizer Fernsehen übertrug live und auch Bundesrat Flavio Cotti wohnte dem Spektakel bei.

Streit über die Bilder

Der Bilderzyklus umfasste ursprünglich 158 Bildtafeln. 146 Bilder blieben bis 1993 erhalten. Von ihnen wurden Kopien angefertigt, auch von den 86 bei dem Brand zerstörten.

Es ist ein jahrelanger Streit darüber entbrannt, ob nur die nichtverbrannten Originale oder auch die Kopien an der wiederaufgebauten Brücke angebracht werden sollten. Im November 2014 wurde bei einer Volksabstimmung eine Initiative zum Aufhängen von 146 Kopien der Brückenbilder abgelehnt.

Die Diskussion um die leerstehenden dreieckigen Giebel auf der Brücke hält an (zentralplus berichtete).

Am Tag danach: die Brandruine der Kapellbrücke 1993.

Am Tag danach: die Brandruine der Kapellbrücke 1993.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Kapell-Fakten

Die überdachte Holzbrücke wurde um 1365 erbaut, ursprünglich war sie 278 Meter lang.
Die Giebelgemälde von Heinrich Wägmann entstanden im 17. Jahrhundert. Sie schildern das Martyrium der beiden Stadtpatrone Leodegar und Mauritius.
Der achteckige Wasserturm an der Brücke ist wahrscheinlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts erbaut worden. Er misst vom Wassergrund bis zur Spitze 34,5 Meter. Er diente als Wachtturm und Eckpfeiler der Stadtbefestigung, als Gefängnis, Folterkammer und Stadtarchiv. Die überdachte Holzbrücke wurde um 1365 erbaut, ursprünglich war sie 278 Meter lang.

Die Giebelgemälde von Heinrich Wägmann entstanden im 17. Jahrhundert. Sie schildern das Martyrium der beiden Stadtpatrone Leodegar und Mauritius.
Der achteckige Wasserturm an der Brücke ist wahrscheinlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts erbaut worden. Er misst vom Wassergrund bis zur Spitze 34,5 Meter. Er diente als Wachtturm und Eckpfeiler der Stadtbefestigung, als Gefängnis, Folterkammer und Stadtarchiv.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Pirelli
    Pirelli, 11.08.2018, 14:09 Uhr

    Übrigens hängen in der Spreuerbrücke immer noch die originalen Totentanzbilder von Kaspar Meglinger. Es handelt sich um den grössten erhaltenen Totentanz, und er lohnt die Betrachtung unbedingt. Wahre Brückenperlen finden sich da, zum Beispiel die über den Tod des Wurmmittelhändlers, der auf dem Markt seine Ware anpreist: «Ich treib die Würm aus samt dem Nest / kauft in der Zeit – probatum est!» Darauf der Tod, also das Skelett, das sich auf jedem Bild findet (hier läutet es hinter dem Händler dessen Marktglocke): «Nimbs selber ein, sie werden dich / bis aufs Bein nagen, grusamlich!»
    Das finde ich hübsch.
    Noch besser die Verlobung des Junkers, der stolz im Vordergrund seine Braut präsentiert, während hinten die Band zum Tanz aufspielt, mit dem Tod an der Bassgeige: «Cupido spannet uf in Yl / doch auch der Todt rüst syn scharpfe Pfyl. / Cupido trifft – doch übertrifft der Todt / und mich zu Boden wirft.» Womit auch die Etymologie von «übertreffen» geklärt wäre: Man trifft beim Schiessen besser als die Konkurrenz.

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  • Profilfoto von Pirelli
    Pirelli, 11.08.2018, 13:57 Uhr

    Werdet ihr die Geldsammlung noch erwähnen, die viel mehr einbrachte als nötig? Wohin ging die Kohle? Und kommt auch noch die lausige Qualität der Kopien zur Sprache, oder tretet ihr damit eurem Kolumnisten zu sehr auf die Füsse? Ferner: Nur die Bildtafeln in der einen Richtung zeigten das Martyrium, kam man vom Theater her, wurden Sagen, Legenden und Geschichtliches vermischt. Zum Beispiel so (Orthografie aus dem Gedächtnis, daher sicher nicht original): «Die von Schauwensee errichten / Dies Rathusen in Absichten / Döchteren zu geben Lehr / Gott zu singen Lob und Ehr.» – «Wilhelm Tell den Hut nit ehret / ihm der Vogt die Todtstraff schweret / wann er nit ein Apfel gschwind / ab dem Scheitel schiesst dem Kind.» – «Ob dem Wald ein Vogt voll Hitzen / wollt zu sich ins Bad zu sitzen / zwingen eine Frouw. Die Glut / löscht ihr Mann mit dessen Blut.» – «Hart an Willisau sein Klingen / tat ein Spieler fluochend schwingen / gegen Himmel voller Wut. / Darauff erfolgte Wunderblut.»

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