Kulturaustausch beim gemeinsamen Znacht

Afghanische Flüchtlinge bei Baarer Familie zu Gast

Als Dank für die Einladung überreichte Hebab Ruth Bruhnsen und ihrer Familie Brot, das er nach einem Rezept aus Afghanistan zubereitete.

(Bild: Rahel Hegglin)

Um Flüchtlingen zu zeigen, was man unter Schweizer Kultur versteht, kann man sich bei einer Organisation als Gastgeber für einen gemeinsamen Znacht anmelden. Wir waren dabei, als zwei Afghanen bei einer Baarer Familie zu Besuch kamen – während der Fussball-WM.

Dieses Angebot hat die Familie Bruhnsen aus Inwil wahrgenommen. Voller Spannung erwarteten sie den 23-jährigen Hebab und seinen 21-jährigen Kollegen Rahim. Beide sind aus Afghanistan geflohen und leben seit zweieinhalb Jahren in der Schweiz.

Aufregung war bei Ruth und ihrem Ehemann Kai keine zu spüren. Im Gegenteil. «Ich freute mich, dass der Tag endlich gekommen ist, um Rahim und Hebab kennen lernen zu dürfen», sagte Ruth. Auch ihre beiden Söhne, der 21-jährige Nils und der 23-jährige Jan, waren anwesend. Abgemacht war, dass Rahim und Hebab um 19 Uhr in die Birkenstrasse kommen sollten.

Doch die beiden hatten sich offenbar ebenso auf das gemeinsame Abendessen gefreut wie ihre Gastgeber und kamen fast eine halbe Stunde früher als abgemacht.

Gäste brachten selbstgebackenes Brot mit

Die Begrüssung war freundlich und herzlich und sehr offen von Schweizer Seite. Die beiden Afghanen waren anfangs etwas zurückhaltend, aber sehr freundlich. Gleich zu Beginn überreichte Hebab seiner Gastfamilie selbstgebackenes Brot, das Ruth mit Freude in Empfang nahm und gleich in die Küche trug.

Am Grill: Kai Bruhnsen arbeitete im Durchgangsheim Sonnenhof in Luzern. Er kennt das Asylwesen und weiss um die Ängste und Sorgen der Flüchtlinge.  

Am Grill: Kai Bruhnsen arbeitete im Durchgangsheim Sonnenhof in Luzern. Er kennt das Asylwesen und weiss um die Ängste und Sorgen der Flüchtlinge.  

(Bild: Rahel Hegglin)

Ihr Sohn Jan wollte sich in dieser Zeit noch die letzten Spielminuten aus dem Fussballmatch Uruguay gegen Saudi-Arabien anschauen. Rahim, der ebenfalls begeisterter Fussballer ist, setzte sich gleich dazu. Hebab machte es sich derweil auf der Terrasse gemütlich und unterhielt sich mit Kai und Ruth. 

Hebab hat während drei Nachmittagen pro Woche Deutschunterricht und kann sich relativ gut unterhalten. Er verstand, was seine Gasteltern erzählten oder ihn fragten. Schnell waren einige Themen gefunden, die alle interessierten.

So ist auch Hebab ein grosser Fussball-, Volleyball- und Wanderfan, genau wie die Bruhnsens auch. Hebab erzählte von seinen Wandertouren auf die Rigi oder nach Grindelwald. Im Gegenzug berichteten Ruth und Kai von ihrer SAC-Hütte und den Schweizer Bergen im Allgemeinen.

Integration ist ihnen wichtig

In der Zwischenzeit war der Fussballmatch im TV fertig, und auch Rahim und die Söhne Nils und Jan setzten sich auf die Terrasse.

«Mir ist es wichtig, dass ich von Schweizern lernen kann.»

Hebab, afghanischer Flüchtling

Das Thema wechselte nun von Sport auf die Situation als Flüchtling. Die beiden Afghanen erzählten, wie sie im Asylheim leben, wie ihre Flucht war und wo ihre Familien leben. Obwohl beide immer mit einem Lächeln antworteten, merkte man, dass es ihnen schwer fiel, über dieses Thema zu sprechen. Beide würden auch, wenn sie könnten, sofort wieder in ihr Heimatland zurückgehen.

Während das Abendessen vorbereitet wurde, spielten Nils und Jan mit Rahim ein Holz-Wurfspiel.

Während das Abendessen vorbereitet wurde, spielten Nils und Jan mit Rahim ein Holz-Wurfspiel.

(Bild: Rahel Hegglin)

Aber bis es so weit ist, wollen sie gut Deutsch lernen und sich hier integrieren. Deshalb hat Hebab auch die Gelegenheit für das Angebot «Gemeinsam Znacht» angenommen. «Mir ist es wichtig, dass ich von Schweizern lernen kann, um ihre Kultur besser zu verstehen und ich mich hier wohler fühlen kann», sagte Hebab.

Die Bruhnsens haben ihm dafür einen guten Einstieg gewährt. Denn Kai war Direktor beim Durchgangsheim Sonnenhof in Luzern, und Ruth gab dort den Flüchtlingen Deutschunterricht. So sind beide mit den Sorgen und Ängsten vertraut, die die Flüchtlinge plagen, und haben viel Verständnis für ihre Situation.

«Gemeinsames Znacht»

Obwohl viel Gesprächsstoff vorhanden war, wurde es für die Gasteltern Zeit, sich dem Vorbereiten des Abendessens zu widmen. Jan und Nils boten an, währenddessen mit Rahim und Hebab das «Kubb-Spiel» zu spielen.

Während Rahim das Angebot annahm, wollte Hebab lieber in der Küche helfen. Und so deckte er den Tisch und half Ruth bei den letzten Vorbereitungen. Auf dem Rasen unterhalb der Terrasse spielten unterdessen die zwei Söhne mit Rahim das Holz-Wurfspiel, und Kai machte sich daran, den Grill anzuheizen.

Lockere Stimmung beim Abendessen: Die beiden Afghanen freuten sich, eine so nette Familie kennen gelernt zu haben – ebenso wie die Bruhnsens, die sich freuten, so angenehme Gäste am Tisch zu haben.

Lockere Stimmung beim Abendessen: Die beiden Afghanen freuten sich, eine so nette Familie kennen gelernt zu haben – ebenso wie die Bruhnsens, die sich freuten, so angenehme Gäste am Tisch zu haben.

(Bild: Rahel Hegglin)

Für die Speisen haben sie sich für Gemüse, Kartoffeln und verschiedene Spiesse entschieden, natürlich nur Lamm, Poulet und Rindfleisch. Denn auf Schweinefleisch verzichten die beiden Afghanen. Zu Trinken gab es Wasser und Süssgetränke, denn einerseits trinken die Bruhnsens unter der Woche keinen Alkohol, und andererseits trinken auch Rahim und Hebab keine alkoholischen Getränke.

Fussball und gemeinsamer Austausch

Die Bruhnsens waren bemüht, ihren Gästen die Zeit bei ihnen so gemütlich und unkompliziert wie möglich zu gestalten. Nach dem Abendessen wollten die beiden Flüchtlinge noch das nächste Fussballspiel, Iran gegen Spanien, schauen.

Die Familie versprach, sie einmal an einen Fussballmatch von Nils mitzunehmen oder mit ihnen wandern zu gehen.

Geflüchtete Menschen zum Znacht einladen

Viele Menschen bewegt die aktuelle Flüchtlingsnot. Sie möchten gerne einen persönlichen Beitrag leisten, Menschen in der Schweiz willkommen zu heissen. Doch obwohl in der Schweiz viele Geflüchtete leben, sind diese einem Grossteil der Bevölkerung unbekannt. «Gemeinsam Znacht» vermittelt Begegnungen zwischen diesen beiden Welten: der Welt der Geflüchteten und der Welt der Einheimischen. www.gemeinsamznacht.ch

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1 Kommentar
  • Profilfoto von zombie1969
    zombie1969, 23.08.2018, 21:34 Uhr

    Angenommen die «Flüchtlinge» wären zumeist friedliche, hübsche, blonde Frauen, anstatt wie gegenwärtig, zumeist aggressive und fordernde muslimische Männer. Wie würde sich das auf die Flüchtlingspolitik und auf die Migrationspolitik im Allgemeinen auswirken?

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