Grossanlass will lokaler und intimer werden

«Vielleicht heisst es 2020 nicht mehr Luzerner Fest»

Mehr Raum für Begegnungen – das soll das Stadtfest ermöglichen: Stiftungsratspräsident Beat Züsli und OK-Präsidentin Corinne Imbach.

(Bild: jal)

Das Luzerner Fest will sich neu erfinden. Lokaler und intimer soll der bisherige Grossanlass ab 2020 werden. OK-Präsidentin Corinne Imbach sagt im Interview, wieso das nötig ist, welche Alternativen zur Debatte stehen und wieso die Musik in den Hintergrund treten sollte.

Das Feuerwerk: gekippt. Auf der Seehofbühne: Musikschule statt dröhnender Hip-Hop. Das Luzerner Fest hat bereits in den letzten zwei Jahren seine Segel neu gehisst. Doch das ist nicht genug. Nach zehn Jahren soll es in eine neue Richtung gehen. In einer Woche findet es zum letzten Mal in seiner aktuellen Form statt – 2019 steht eine Pause an.

In dieser Zeit wollen die Verantwortlichen festlegen, wie es 2020 weitergehen soll. «Das Umfeld, die Bedürfnisse und das Verhalten der Besucher haben sich stark verändert», begründen die Verantwortlichen. Vonseiten der Stiftung, die hinter dem Fest steht, betont man aber, dass dies keine Kritik an der jetzigen Form des Luzerner Fests sei (siehe Box am Textende). Dennoch ist klar, dass der Anlass eine Grösse angenommen hat, die nicht nur gut ankommt. Davon zeugt etwa die Beliebtheit des kleinen Altstadt-Fäschts, das gleichzeitig stattfindet und seit seiner Wiederbelebung Erfolg hat.

«Wir müssen uns bewegen», sagt auch OK-Präsidentin Corinne Imbach. Doch dazu brauche es eine ernsthafte Neukonzeption und grössere Anpassungen. Die Verantwortlichen wollen deshalb nach der Jubiläumsausgabe vom 29. und 30. Juni die Köpfe zusammenstecken und dem Fest ein neues Gewand verpassen.

zentralplus: Corinne Imbach, das Datum für das Fest 2020 ist auf der Webseite bereits aufgeschaltet – ein Versprechen, dass die Pause 2019 keine Beerdigung des Fests wird?

Corinne Imbach: Ein Versprechen wäre wohl zu viel gesagt, denn wir wissen nicht, was in der Neukonzeption passieren wird. Aber wir brauchen eine Deadline, damit der Zeitrahmen für den Prozess gesetzt ist und wir uns nicht verzetteln.

zentralplus: Wieso braucht es für die Neuausrichtung eine Pause?

Imbach: Wir können das nicht parallel zu einer Festorganisation machen. Eine Pause gibt uns zudem die nötige Zeit für Reflexionen und Innovationen. Und es ist ja vor allem für die Besucher eine Pause. Für uns geht es praktisch nahtlos weiter, denn das Ziel ist, im Frühling 2019 die neue Stossrichtung zu haben, diese im folgenden Sommer weiterzuentwickeln, um im Herbst 2019 mit der Organisation des neuen Luzerner Fests zu starten, das im Juni 2020 über die Bühne gehen soll. Das ist ein ziemlich enger Zeitplan.

Im vergangenen Jahr besuchten 70'000 Besucher das Luzerner Fest.

Im vergangenen Jahr besuchten 70’000 Besucher das Luzerner Fest.

(Bild: Luzerner Fest)

zentralplus: Das Luzerner Fest erhält ein neues Gewand, womöglich ein kleineres. Denn als Grund für die Pause nennen Sie unter anderem den Anstieg von Aufwand und Kosten. Ist das Luzerner Fest in seiner jetzigen Form zu gross?

Imbach: Mit der Fusion von Altstadt- und Seenachtsfest wurde der Event auf einen Schlag sehr gross. Niemand wusste im Voraus genau, welche Herausforderungen langfristig auf ein Fest dieser Grösse zukommen würden. Im Laufe der Jahre hat das Fest immer grössere Dimensionen angenommen, weshalb wir nun schon seit Längerem über eine neue Ausrichtung nachdenken. Ein solches Schiff kann man allerdings nicht so schnell wenden, dazu braucht es ein langsames Manöver.

«Womöglich kann man die Quartierfeste in das Luzerner Fest als Dach integrieren.»

Corinne Imbach, OK-Präsidentin

zentralplus: Welche Herausforderungen meinen Sie?

Imbach: Nicht das Fest an sich ist zu gross, sondern in erster Linie das finanzielle Risiko. Wir bauen eine beeindruckende Infrastruktur auf für nur anderthalb Tage – wenn das Wetter schlecht ist, hat man Einnahmen, die in keinem Verhältnis dazu stehen. Gerade für ein Fest zugunsten einer gemeinnützigen Sache kann das langfristig nicht die Lösung sein. Zumal wir nur eine kleine Reserve haben. Sprich: Ein verregnetes Jahr wie 2016 können wir uns nicht mehrmals leisten.

zentralplus: Das Fest soll lokaler und intimer werden. Kommen denn heute zu viele Auswärtige, die nur konsumieren?

Imbach: Nein, keinesfalls. Aber die Stadt sollte auch etwas davon haben. Sprich: Die Auswärtigen sollen kommen und dabei Luzern entdecken, beispielsweise die Museen oder Kulturhäuser. Wir müssen uns fragen, wie wir bestehende Infrastrukturen, Vereine oder das Gewerbe künftig in das Fest integrieren könnten. Denkbar wäre etwa, dass man gewisse Räume nur mit einem Festabzeichen besuchen kann.

Ideen sind gefragt

Die Luzerner Bevölkerung ist eingealden, an der Gestaltung des Luzerner Fests 2020 mitzuwirken. Wer Ideen und Inputs hat, kann diese bis Ende September via E-Mail an [email protected] kundtun.

zentralplus: Also wird das Luzerner Fest künftig eher in einem geschlossenen Bereich stattfinden statt auf offener Strasse?

Imbach: Ob zentral oder dezentral, frei zugänglich oder mit Eintritt, jedes Jahr oder in einem anderen Rhythmus – all das steht noch in den Sternen. Doch es gibt heute so viele Openairs mit guten Konzerten in der Schweiz, dass ein Stadtfest womöglich gar nicht die Funktion haben sollte eines grossen, kostenlosen Freiluftspektakels.

zentralplus: Sondern?

Imbach: Ein Stadtfest, das den Fokus weniger auf die Musik legt, sondern mehr auf das Gesellschaftliche und Gesellige. So könnte man kleinere Räume schaffen für Begegnungen. Dass man mit Freunden am Mühlenplatz oder am Weinmarkt abmachen kann. Heute verteilt sich das Fest dem Seebecken entlang und wenn man sagt «Treffen wir uns am Schweizerhofquai», hat es noch 30’000 andere Leute da.

zentralplus: Was einigen Stadtluzernern zu viel wurde, weshalb sie sich nicht mehr so stark mit dem Luzerner Fest identifiziert haben.

Imbach: Ja, das möchten wir sicher verändern. Deshalb finde ich es toll, gibt es so kleine Initiativen wie das Neustadtstrassenfest, das diesen Samstag stattfindet.

zentralplus: Diese lokal oft gut verankerten Feste erachten Sie also nicht als Konkurrenz?

Imbach: Nein, im Gegenteil. Wir freuen uns, gibt es so engagierte Menschen in Luzern. Womöglich kann man diese Quartierfeste in das Luzerner Fest als Dach integrieren. Vielleicht heisst unser Fest dann auch gar nicht mehr Luzerner Fest. Das alles ist offen – wir wollen uns nun auf das Abenteuer einlassen. 

«Auswärtige sollen kommen, aber Luzern dabei entdecken»: OK-Präsidentin Corinne Imbach will das Fest intimer und lokaler machen.

«Auswärtige sollen kommen, aber Luzern dabei entdecken»: OK-Präsidentin Corinne Imbach will das Fest intimer und lokaler machen.

(Bild: jal)

zentralplus: Haben Sie Vorbilder aus anderen Städten im Kopf?

Imbach: Eine gute Stossrichtung könnte zum Beispiel die Badenfahrt sein, das Stadtfest von Baden, wo es jeweils lokale Kunstprojekte und Initiativen gibt, die breit abgestützt sind. Aber ich möchte eigentlich bewusst keine Vorbilder nennen, um nicht bereits erste Schranken zu setzen.

zentralplus: Wer will, kann bis Ende September Ideen und Inputs einreichen (siehe Box). Gab es bereits Rückmeldungen?

Imbach: Ich habe mit vielen Leuten Gespräche geführt, die Interesse bekunden, an der Neuausrichtung mitzuwirken. Wir wollen diese Türen bewusst öffnen und hoffen, dass jene, die Lust haben, sie nutzen werden. 

Neuer Name, neues Glück

Der Gewinn des Luzerner Fests dient jedes Jahr einem guten Zweck. Trägerin des Luzerner Fests ist die Stiftung «Luzern hilft», die bis vor Kurzem noch «Luzerner helfen Luzernern» hiess. «Wir wollten den Namen vereinfachen und geschlechtsneutral halten», sagt Stadt- und Stiftungsratspräsident Beat Züsli.

«Wir möchten, dass es näher zur Bevölkerung kommt und der Bezug stärker zur Stadt Luzern stattfindet», erläutert Züsli die Erwartungen an die Neuausrichtung. Das Fest sei über die Jahre gewachsen und nach zehn Jahren sei es nun Zeit für einen Zwischenstopp. Das will auch Beat Züsli keineswegs als Kritik an der heutigen Form des Fests verstanden wissen.

Ein erster Schritt in die neue Richtung wurde bereits getan, als vor zwei Jahren das Feuerwerk abgeschafft wurde. «Vor 20 Jahren war ein Feuerwerk noch etwas Spezielles, heute schien es uns eher nicht mehr so zeitgemäss», sagt Züsli. Dass es kaum negative Reaktionen auf den Entscheid gegeben habe, stützt diese Vermutung. Zumal das Feuerwerk nicht dem eigentlichen Festzweck entsprochen und kaum Begegnungen gefördert habe. In welche Richtung das neue Konzept steuern soll, will Stiftungsratspräsident Züsli nicht vorwegnehmen. «Wir sind sehr offen, wie es weitergehen soll.»

Die Neuausrichtung basiere auf einem gemeinsamen Entscheid von Stiftung und dem Organisationskomitee und werde entsprechend auch zusammen durchgeführt, sagt Züsli weiter. «Wir wollen das grosse Know-how und die Erfahrungen des OKs unbedingt nutzen.» Auch eine fachliche Unterstützung wird beigezogen. Noch offen ist, inwiefern die Organisatoren des Altstadt-Fäschts in diesen Prozess involviert sein werden. «Wir klären ab, wie wir das Altstadt-Fäscht darin einbinden können.»

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