300 Boote liegen in der Zuger Marina vor Anker

Kapitän mit grosser Yacht: «Segeln ist kein exklusiver Sport»

Stolzer Kapitän seiner 120'000-Franken-Yacht: Wolfgang Hass geht dreimal pro Woche auf dem Zugersee segeln.

(Bild: woz)

Ein Hobby für 120’000 Franken: Warum gibt jemand so viel Geld aus fürs Segeln? Bei einem Törn auf dem Zugersee mit Wolfgang Hass, dem Präsidenten des Yacht-Clubs Zug, erfährt man, warum diese Leidenschaft so viel kosten kann. Es geht aber auch viel günstiger. 

Segeln hat viel mit kleinen Handgriffen zu tun. Bis Wolfgang Hass den Dieselmotor eingeschaltet hat, um seine fünf Tonnen schwere Yacht «Route 66» aus der Parklücke der Zuger Marina zu manövrieren, wickelt und schnürt er so einiges.

Griffe, die bei dem 63-jährigen Präsidenten des Zuger Yacht-Clubs selbstverständlich perfekt sitzen. Lediglich, als er den Landanschluss des Stromkabels am Metallkai neben der Yacht noch vertäuen will, hakt’s kurz.

Schon bald hat er seine Lieblingsposition eingenommen

Wenige Augenblicke später aber hat der Siemens-Ingenieur, der schon 20 Jahre in Zug lebt und arbeitet, schon seine Lieblingsposition eingenommen.

Er sitzt am rechten Heck seiner Yacht. Die eine Hand hängt lässig über die Reling, jederzeit bereit, über die Schotleine das Segel zu steuern. Die andere hat er nur mit dem Daumen am Steuerrad eingehakt, um den Pott aus der Zuger Marina zu lenken. «Eigentlich halte ich ja nur mit dem Fuss Kurs», bemerkt er und grinst.

Während der Kahn langsam aus dem Hafen ausläuft, zeigt der Zuger Yacht-Club-Präsident auf andere Yachten, die gerade backbord oder steuerbord Revue passieren.

«Dieses dunkelblaue Boot gehört einer Achtzigjährigen, die noch regelmässig mit anderen Senioren zum Segeln geht», erklärt Hass. Das seien quasi die «grauen Panther» im Club. Dann zeigt er auf ein ganz schlicht aussehendes Boot: «Das ist das schnellste Segelboot im Hafen – das ist ultraleicht.» Rund 300 Segel- und Motorboote ankern in der Marina Zug.

Seine Lieblingsposition: Wolfgang Hass geniesst beim Segeln vor allem die Ruhe auf dem Wasser.

Seine Lieblingsposition: Wolfgang Hass geniesst beim Segeln vor allem die Ruhe auf dem Wasser.

(Bild: woz)

Auf «freier See», sprich: auf dem Weg in die Zuger Bucht, greift der Wind merklich in die Segel. Gleichwohl ist es nur Windstärke eins.

«Wir fahren nur drei Knoten, das sind 5,4 Stundenkilometer», sagt Hass, nachdem er seine Bordinstrumente konsultiert hat. Doch das geringe Tempo stört überhaupt nicht: Die Zuger Skyline zwischen Parktower und Theater Casino gleitet wie in Zeitlupe an einem vorbei, und die kleinen Wellen schlagen wohlig gegen den Bug.

«Wir haben hier auf dem Zugersee definitiv mehr Wind als auf dem Zürichsee.»

Wolfgang Hass, Präsident des Yacht-Clubs Zug

«Es ist diese Ruhe hier draussen, die einen sofort alles andere vergessen lässt – man ist hier wie auf seiner eigenen Insel», schwärmt Hass von der beschaulichen Segel-Atmosphäre auf dem Zugersee. Wobei es auf dem Zugersee aufgrund der bergigen Topographie rundum auch sehr kräftigen Wind gebe.

«Wir haben hier auf dem Zugersee definitiv mehr Wind als auf dem Zürichsee», gibt sich Hass lokalpatriotisch. Er selbst sei schon mal mit 17 Knoten über die Wellenkämme gebraust – «das sind rund 36 Stundenkilometer, da geht’s dann wirklich ab.»

Er ist gerne in der Natur

Wolfgang Hass ist ein sehr aktiver Zeitgenosse, der sich gerne in der Natur aufhält. Er ist auch schon geflogen – mit dem Gleitschirm vom Zugerberg und mit einer Cessna-Piper-Propeller-Maschine. Auch Tauchen zählte früher zu seinen Leidenschaften. «Doch jetzt gehört meine ganze Liebe dem Segeln», bekennt der gebürtige Düsseldorfer. Weil dies einem niemand verbieten könne.

Ausser, man halte sich nicht an die Spielregeln auf dem Wasser. Und die Zuger Polizei entziehe einem etwa wegen Trunkenheit am Steuer den Bootsführerschein. «Doch so etwas kommt auf dem Zugersee eher selten vor. Wir haben ein gutes Verhältnis zur Zuger Polizei.» Ausserdem würde man viel riskieren – denn wem der Bootsführerschein entzogen werde, so Hass, der müsse auch gleich seinen Führerausweis abgeben.

«Günstige Occasion»: 120’000 Franken hat die Yacht gekostet

Dreimal pro Woche geht der Yacht-Club-Präsident mit seiner hochseetauglichen «Route 66» auf den Zugersee. Nach Feierabend bei Siemens. Zwei, drei Stunden lang. Am Wochenende den ganzen Tag. 120’000 Franken hat das grosse Segelschiff gekostet.

«Das war eine günstige Occasion», meint der Deutsche mit Schweizer Pass. Eine Occasion, die mit viel Komfort ausgestattet ist. In der «Pantry» etwa, also in der Bordküche, hat’s einen Gas-Backofen, Kühlschrank und Elektroherd. Sechs Personen haben unter Deck theoretisch Platz. Richtig gemütlich ist es hier.

«Meine Frau und ich haben schon mal Rehrücken hier gegessen.» Sagt’s und gluckst nochmals in gaumenfreudiger Erinnerung. Sogar einen recht landrattenmässigen Lokus hat’s im Schiff. Nicht zu erwähnen natürlich die ganzen Hightech-Navigations- und Bordinstrumente.

Gediegen und auf Jetset-Grösse: die Bord-Toilette.

Gediegen und auf Jetset-Grösse: die Bord-Toilette.

(Bild: woz)

Wobei dieses Schiff ja noch eigentlich relativ bescheiden ist im Vergleich zu seiner «Gian» – die Hass in Kroatien vor Anker liegen hat und deren Preis er lieber nicht verraten will. «Mit diesem Schiff segle ich jeweils auf der Adria», freut er sich schon auf seinen nächsten Törn. Den Atlantik hat der zweifache Familienvater auch schon überquert – 2015 auf einem gecharterten Boot mit einer Crew von Gran Canaria bis St. Lucia.

Dabei zieht’s anscheinend immer mehr Zuger Segler aufs Meer. Allein rund 45 Hochseesegelscheine seien letztes Jahr im Zuger Yacht-Club ausgestellt worden.

Inzwischen haben sich die Wolken über dem Zugersee zugezogen. Der Wind hat sich um 90 Grad gedreht. Es frischt deutlich auf. Erste Regentropfen fallen aufs Deck.

Wolfgang Hass zieht ein paar Mal an der Schot, um das Boot wieder auf Kurs zu trimmen. «Noch sechshundert Meter sind es bis zum Hafen», schätzt der Zuger Segler. Der Blick auf das Navigationsinstrument bestätigt sein geübtes Auge –  es zeigt 630 Meter an.

Segelschein kostet zwischen 1000 und 2000 Franken

Bleibt die Frage – ob nicht Sozialneid anderer aufkeimt angesichts eines solch luxuriösen Hobbys. Hass verneint.

«Segeln ist gar kein exklusiver Sport. Jeder kann Segler werden», sagt der Zuger Yacht-Club-Präsident. Besonders, wenn man in einem Verein sei. Der Segelschein koste zwischen 1000 und 2000 Franken. Diesen könne man schon ab 16 erwerben. Hass selbst hat das Segeln in Holland bei einem Freund gelernt. Später habe er als Student in den Semesterferien Boote überführt.

«Bei uns kann man im Club dann Jollen zum Segeln ausleihen – da braucht man als Mitglied nichts dafür zu bezahlen», erklärt Hass. Der Beitrag der 500 Mitglieder belaufe sich pro Person jährlich auf 300 Franken. Und wer eine Jolle kaufen wolle, der erhalte gebrauchte Boote schon für 2000 bis 3000 Franken.

Das Sunshine-Set an Bord: Sonnencreme ist absolut essentiell beim Segeln.

Das Sunshine-Set an Bord: Sonnencreme ist absolut essentiell beim Segeln.

(Bild: woz)

Das Problem in der Schweiz sei, einen Liegeplatz für sein Boot zu bekommen. «Wenn man in Zug einen Platz erhält, kann man ihn jährlich für 2000 bis 3000 Franken mieten.»

«Der Kick beim Segeln ist nicht das Ziel, der Weg dorthin ist die Herausforderung.»

Wolfgang Hass

Mittlerweile hat der 63-jährige Zuger Kapitän seine Yacht wieder einparkiert. Alles wird wieder sorgsam verschnürt und abgeschlossen. «Wir haben in letzter Zeit doch so den einen oder anderen Dieb gehabt», erzählt Hass. Diebe, die Ersatzteile von Schiffen auf den Trockenplätzen stehlen – oder sich wie neulich ganz nigelnagelneue Stand-up-Paddle-Boards unter den Nagel reissen.

Doch solche Vorfälle trüben seine Seglerlust nicht. «Der Kick beim Segeln ist nicht das Ziel, der Weg dorthin ist die Herausforderung. Und der Zugersee ist gross und bietet genügend Platz für alle.»

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