Gästival-Plattform rostet auf dem See vor sich hin

Die «Odyseerose» nimmt kein Ende

(Bild: Valentin Luthiger)

Sie war der Star des «Gästivals» und als Schmuck für die Vitznauer Seepromenade vorgesehen. Dort hätte der «Seerose» ein zweites Leben als Konzertplattform eingehaucht werden sollen. Stattdessen rostet sie in Flüelen still und leise vor sich hin, wo sie die Gemeinde am liebsten verschrottet sähe. zentralplus präsentiert die Odyssee der Seerose.

Verlassen und verstossen schaukelt die Seerose auf dem Wasser vor sich hin. Bleich ist sie geworden und schmutzig, ein trauriger Anblick. Seit über zwei Jahren ist die Plattform in Flüelen als unerwünschter Gast gelagert. Eine Zwischenlösung sollte es sein, doch die Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft schwindet.

Dabei hat alles so schön begonnen …

Sie war das himbeerrote Herzstück des «Gästivals», des Zentralschweizer Tourismus-Festivals im Jahr 2015. Rund 700 Gäste tummelten sich Abend für Abend auf der schwimmenden Plattform, lauschten Konzerten, mal aufmerksamer, mal weniger, tranken und flanierten durch das lebendige Museum. Die 48 Meter breite, 16 Meter hohe und 462 Tonnen schwere Seerose ankerte an allen Ufern – überall waren die Reaktionen einhellig: Die Seerose muss nach dem Jubiläumsjahr erhalten bleiben.

Schick beleuchtet und vielbesucht: Ein Bild aus den glorreichen Zeiten der Seerose neben dem KKL.

Schick beleuchtet und vielbesucht: Ein Bild aus den glorreichen Zeiten der Seerose neben dem KKL.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Doch mit dem Ende des Gästivals begann die Odyssee der Seerose. Es reihen sich Einsprachen an Abklärungen, Beschwerden an Bewilligungen, Fristen an Verfügungen.

Bitte einfach nicht bei uns!

Die Parkhotel Vitznau AG kaufte die knallpinke Seerose und durch die Nutzung des Jugendmusik-Zentrums «Muth» sollte ihr eine belebte, kulturelle Zukunft blühen. Auf der Seerose in Vitznau konnte Muth im Herbst 2015 eine Reihe von Veranstaltungen präsentieren, und im Jahr darauf nochmals in Flüelen.

Sie sollte langfristig Teil eines nationalen Campus für die Jugendförderung in den Bereichen Musik und Theater werden. Doch bisher scheiterte die Suche nach einem Ankerplatz, überall hagelt es Einsprachen. Der Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee, Anwohner, sogar eine IG wurde gegen die Stationierung der Seerose in Vitznau gegründet.

Hinter alten, rostigen Kuttern versteckt sich die Seerose im Urner Seebecken.

Hinter alten, rostigen Kuttern versteckt sich die Seerose im Urner Seebecken.

(Bild: Valentin Luthiger)

Rückbau oder neuer Platz

Und nicht nur in Vitznau, auch in Flüelen will man die Plattform nicht mehr sehen. Bereits am 31. Oktober 2017 ist die Deadline abgelaufen – die Seerose muss verschwinden. Der Urner Regierungsrat hat das Gesuch um eine Nutzung der Seerose in Flüelen bis 2020 definitiv abgelehnt und den Flüeler Gemeinderat angewiesen, die nötigen Schritte zur Entfernung der 462 Tonnen schweren Stahlplattform zu veranlassen.

Die Baukommission Flüelen hatte deshalb im Dezember eine Wiederherstellungsverfügung erlassen. Das bedeutet konkret: Die Plattform muss entweder an einen neuen Standort verlegt oder verschrottet werden. Gegen diese Verfügung wurde von Seiten der Eigentümerin wiederum Beschwerde eingereicht.

Rico Vanoli, Gemeindeschreiber von Flüelen, erklärt: «Die Beschwerde gegen die Wiederherstellungsverfügung wird demnächst vom Urner Regierungsrat bearbeitet.» Die zuständige Regierungsrätin Heidi Zgraggen will sich vor dem Entscheid des Rates nicht dazu äussern. Sollte die Beschwerde dort jedoch abgewiesen werden, müsste die Eigentümerin vor das Obergericht des Kantons Uri weiterziehen. Sonst wird zurückgebaut.

Mario Conca, Abteilungsleiter Baubewilligungen im Kanton Luzern, bestätigt, dass im Januar 2018 eine Sitzung zum Thema «Winterquartier der Seerose» stattgefunden hat. «Die Sitzung hat ergeben, dass das Gesuch für die Stationierung der Seerose als Winterlager in Vitznau zurückgezogen wurde und dass die Eigentümerin der Plattform an einer Nutzung der Seerose nach wie vor interessiert ist», so Conca.

Im Innern ist der Glanz gewichen.

Im Innern ist der Glanz gewichen.

(Bild: Valentin Luthiger)

Geht es nur ums Äussere?

Die Seerose sei im Flüeler Seebecken nicht konkret eine Behinderung, «doch optisch wird es langsam, aber sicher störend», so Rico Vanoli. Nicht nur er, auch andere Stimmen sollen sich an der Optik stören. Besonders in Vitznau hätten viele Einsprachen mit der Farbe und der Grösse der Plattform zu tun, so die Vermutung.

«Ich finde die Form toll und man kann sich über die Farbe streiten. Ich glaube jedoch nicht, dass die ausschlaggebend für die Einsprachen war», betont Christoph Risi, Projektleiter der Plattform beim Gästival 2015, hingegen. Und man könnte hier auch einwenden, dass die Farbe schon längst nicht mehr derart ins Auge sticht, wie sie es noch 2015 tat.

Geburt und Umzug der Seerose

Entworfen wurde die Seerose von Dolmus Architekten in Luzern. Gebaut wurde das «Schiff» für das Tourismus-Festival «Gästival» von der SGV-Tochter Shiptec AG.

Ende September 2015 war eine ein Jahr gültige Bewilligung für die Zwischenlagerung der Seerose in Flüelen erteilt worden. Diese Bewilligung wurde Mitte November 2016 bis Ende Oktober 2017 verlängert.

 

Die geplante Farbe als Omen

Die Farbe nämlich war nicht die erste Wahl der Erschaffer. Doch der erste Vorschlag präsentiert sich heute beinahe als böses Omen. Denn als dem Projektteam die Farbe präsentiert wurde, sei es ungefähr dieselbe Farbe gewesen, wie sie der Monolith bei der Expo gehabt habe. Statt als gigantische Rostblume wurde die Seerose schliesslich in einer anderen Farbe grundiert – in RAL 3027. Pink, beziehungsweise offiziell Himbeerrot.

Doch der Vergleich mit dem Monolithen scheint trotzdem nicht weit hergeholt zu sein. Denn das Schicksal dessen, als Altmetall bei einem Autokonzern zu enden, könnte auch der Seerose blühen.

Heute ist die Hoffnung verloren

Christoph Risi, bedauert diese Entwicklung. «Persönlich tut es mir wirklich weh, dass sie dort in Flüelen vor sich hinrostet.» Er habe zwar Bedenken gehabt, was die künftige Nutzung auf dem Vierwaldstättersee betrifft, aber gehofft, dass sich diese nicht bewahrheiten würden. Mittlerweile glaube er kaum mehr daran, dass die Seerose nochmals mit Leben gefüllt werden könne. «Ich sehe leider rostrot für sie», sagt Risi mit Galgenhumor.

Selbst wenn die Bewilligung doch noch erteilt werden sollte, sei eine weitere Nutzung wohl unrealistisch. «Ich hab sie lange nicht gesehen, gehe aber davon aus, dass sie mittlerweile leider in richtig schlechtem Zustand ist. Die Seerose wieder fit zu machen, würde wohl Unmengen kosten.»

Der Verein Muth und die Parkhotel Vitznau AG reagierten bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht auf die mehrfachen Kontaktaufnahme-Versuche von zentralplus.

462 Tonnen Plattform warten auf ihre Nutzung.

462 Tonnen Plattform warten auf ihre Nutzung.

(Bild: Valentin Luthiger)

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