Winterliches Velofahren in Zug

Von Spikes, Schwarzräumung und einem zerschmetterten Ellbogen

Gestürzt auf Eis und Schnee: Das Velofahren im Winter hat so seine Tücken.

(Bild: flickr.com)

Im Prinzip ist es eine gesunde Sache: Velofahren im Winter. Denn wer morgens eine grosse Ladung frischer Luft tankt, ist gut gerüstet fürs Büro und härtet sich ab gegen Erkältungen. Gar nicht zu reden von der positiven Ökobilanz. Man riskiert aber schon mal Kopf und Kragen.

Doch Velofahren auf Schnee und Eis kann ganz schön gefährlich sein. Lebensgefährlich. «Ich fahre schon lange das ganze Jahr Velo und hatte vor etwa zehn Jahren einen schlimmen Sturz. Nämlich auf einer unerwarteten Eisfläche auf der Ostrampe des Schlosshügels Cham», erzählt Victor Zoller aus Zug.

Kehrichtwagen rutschte auf Velofahrer zu

Dank des damaligen Chamer Schlossherrn, der gerade mit seinem Hund Gassi gegangen sei und ihn vor dem ebenfalls auf dem Eis hinunterrutschenden Kehrichtwagen weggezerrt habe, «überlebte ich mit einem zerschmetterten Ellbogen».
 
Seither fährt Victor Zoller, seines Zeichens Co-Präsident von Pro Velo Zug, mit Spikes – «was auf Schnee und Eis wirklich Spass macht. Ich bin auf dem Bike sicherer, als wenn ich absteige und zu Fuss gehe. Kurvenfahren und Bremsen sind kein Problem.»
 
«Die Spikes werden eher schärfer als stumpf.»
Victor Zoller, passionierter Velofahrer
 
Er montiert die Spikes beim ersten Frost und lässt sie bis zum Frühling drauf. Es gibt Spikes für verschiedene Radgrössen – zu einem etwa 20 Prozent höheren Preis als für normale Reifen. Zoller: «Auf Asphalt ist das etwas gewöhnungsbedürftig und die Spikes werden eher schärfer als stumpf, was ich nicht erwartet habe.»
 

Pro-Velo-Präsident Victor Zoller ist mit dem Velo im Winter schon schwer auf Eis gestürzt.

Pro-Velo-Präsident Victor Zoller ist mit dem Velo im Winter schon schwer auf Eis gestürzt.

(Bild: woz)

 
Wasserdichte Schuhe, Überhose und Jacke sind für ihn ebenfalls gesetzt beim Velofahren im Winter. «Gute Handschuhe muss man finden. Unter dem Helm trage ich ein Stirnband für die Ohren. Ich fahre immer mit gutem Licht und beim Eindunkeln auch mit Leuchtweste.» Bei Schneefall empfehle er eine grosse Sportbrille mit Klarglas.

Hochrisikofaktoren: Eis- und gefrorene Schneebrocken

Auf der Strasse müsse man als Velofahrer im Winter noch stärker auf die anderen Verkehrsteilnehmer achten, die einen nicht erwarten, so Zoller. Auch wegen der Schneehaufen am Strassenrand habe man weniger Platz beim Fahren. Hochrisikofaktoren sind für den passionierten Velofahrer besonders gefrorene Schneeklötze. «Ich mag kein Streusalz, das hat mir schon ein paar Fahrräder – beziehungsweise Teile davon – weggefressen.»
 
Apropos Streusalz und Räumung. Als Velofahrer erfährt man im Winter nicht selten, dass man in Sachen Räum- und Streupriorität nicht immer an erster Stelle steht. Denn man kann durchaus erleben, dass Velowege zum einen – wie gesagt – durch die Strassenräumung mit Schneehaufen zugedeckt sind. Zum anderen fehlt bei eisigen Verhältnissen einfach das Streusalz auf manchen Strecken.
 
«Bei akutem Schneefall können wir nicht überall sein.»
Werner Moos, Baar, Werkmeister-Stellvertreter
 
Wie wird das in Baar gehandhabt? Werner Moos, stellvertretender Werkmeister im Werkdienst, dementiert, dass Velofahrer nicht zur ersten Sicherheitspriorität beim Streuen und Salzen gehören. Zumindest im Dorf.
 
«Dort sind drei Kleintraktoren auf den Gehwegen zur Schneeräumung unterwegs – und die räumen und salzen dann auch die Radwege im Zentrum mit.» Was Radwege ausserhalb des Zentrums angehe, wie zum Beispiel denjenigen entlang der Lorze, so hätten diese Priorität zwei – «weil wir ja bei akutem Schneefall nicht überall sein können».
 
Und wie sieht’s mit der neuen Velobrücke in Inwil aus, die ja ein starkes Gefälle hat und die so eine Art Velomagistrale darstellt? «Der Belag ist aus griffigem Gussasphalt und wird bei Frost natürlich auch gesalzen», versichert Werner Moos.
 

Winterpneus für Velos gibt es inzwischen reichlich: Velohändler Anton Rüegg aus Steinhausen.

Winterpneus für Velos gibt es inzwischen reichlich: Velohändler Anton Rüegg aus Steinhausen.

(Bild: woz)

 
Die Frage ist eben immer nur, wann. Hoffentlich rechtzeitig. Denn wenn’s bei Frost auf der Strasse glänzt, herrscht bei Radfahrern sofort Alarmstufe Rot.
 
In der Stadt Zug ist es laut Bauchef André Wicki ein Anliegen, «dass wir die Wege so schnell wie möglich räumen und somit zur Sicherheit beitragen können». Er selbst fahre in der Regel auch mit dem Velo zur Arbeit, habe aber doch in letzter Zeit den Bus genommen.

Asphaltierte Velowege der Stadt Zug: Schwarzräumung stets angestrebt

«Auf unseren asphaltierten Velowegen streben wir eine Schwarzräumung an, zusätzlich wird Streusalz eingesetzt, um das Einfrieren der Wege zu verhindern», erklärt Wicki. Wie sämtliche öffentlichen Strassen und Wege würden auch die Velowege in der Stadt Zug nach vorgegebenen Touren geräumt. «Wir machen da keinen Unterschied. Die grössten Geräte räumen die Strassen mit Buslinien, dazu sind ein bis zwei Teams im Einsatz. Weitere Teams kümmern sich gleichzeitig um Velowege und Trottoirs auf Stadtgebiet.»

«Wenn es trocken ist, ist es sehr gefährlich, mit Spikes zu fahren.»

Anton Rüegg, Velohändler, Steinhausen

Von einer Prioritätenliste könne somit nur bedingt gesprochen werden, da der Werkhof die verfügbaren Geräte und Leute nach Bedarf einsetze, betont Wicki. Zu beachten sei aber, dass das Abfahren der Winterdienstrouten per se eine gewisse Zeit in Anspruch nehme und nicht alles zur gleichen Zeit geräumt werden könne. «Rückmeldungen von Velofahrern zum Winterdienst haben wir bislang keine erhalten.»

Lamellenreifen praktikabler

Also ganz perfekt geht’s für alle Velofahrer im Winter irgendwie nicht zu und her. Das liegt scheinbar in der Natur der Sache.
 

Spikes oder Lamellenreifen – das ist die Frage. Spikes halten gut auf Eis, sind aber bei trockener Strasse nicht ungefährlich.

Spikes oder Lamellenreifen – das ist die Frage. Spikes halten gut auf Eis, sind aber bei trockener Strasse nicht ungefährlich.

(Bild: woz)

 
Für die eigene Sicherheit auf dem Rad empfiehlt deshalb Anton Rüegg, Inhaber des gleichnamigen Traditionsvelogeschäfts in Steinhausen, aber nicht unbedingt Spikes. «Denn wenn es trocken ist, ist es mit Spikes sehr gefährlich zu fahren.» Sein Tipp: lieber einen Lamellenreifen mit gutem Profil aufziehen. Inzwischen gebe es sogar Allwetterpneus unter den acht verschiedenen Winterpneus, die er in seinem Geschäft anbietet. «Die meisten Winterpneus kosten so zwischen 60 und 70 Franken.»
 

«Im Kantonsspital fallen Velounfälle im Winter nicht besonders auf.»

Sonja Metzger, Mediensprecherin, Zuger Kantonsspital
 
Aus Rüeggs Sicht hat das Velofahren im Winter nicht unbedingt zugenommen. «Es gibt eben die Unentwegten, die immer fahren. Und die, die auch im Winter mit dem Mountainbike unterwegs sind.» Viele andere scheuten das Velofahren in den Wintermonaten aber und stiegen auf den Bus um – nicht so sehr wegen Eis und Schnee: «Sondern, weil viele eben die Kälte und den eisigen Fahrtwind nicht gern haben.»
 
Diese Beobachtung bestätigt auch Sonja Metzger, Mediensprecherin des Zuger Kantonsspitals. «In unserer Notaufnahme fallen Velounfälle im Winter nicht besonders auf. Es gibt in den Wintermonaten keine spezifische Zunahme.» Es könne genauso im Sommer an schönen Tagen passieren, dass verletzte Velofahrer ins Spital kommen.
 
Velofahren im Winter in hohem Schnee kann natürlich auch noch den Kick der ganz besonderen Art bieten, wie dieses Video zeigt:
 
 
 
 
 
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