Koffein-Tankstelle in der Luzerner Neustadt

Die Luzerner Muntermacher mit dem faulen Affen

Claudio Bergen in seinem Lager im Koffeinshop.

(Bild: jwy)

Sie sind die Luzerner Koffeinbrüder: Claudio und Mario Bergen haben mit Kaffee begonnen, nun erobern sie mit ihren koffeinhaltigen Limonaden die Schweiz. Am Anfang stand allerdings ein gescheiterter Versuch.

Das kleine Geschäft an der Winkelriedstrasse 51 ist eine Wundertüte. Wenn man den nüchtern eingerichteten Laden betritt, um sich Koffeinnachschub zu besorgen, kann man jedes Mal etwas entdecken: ein neues Getränk, eine Apparatur wie aus dem Chemielabor oder getrocknete Schalen der Kaffeekirsche zum Aufgiessen, der sogenannten Cascara. Denn nicht nur aus der Bohne gibt’s koffeinhaltige Flüssigkeit.

Claudio Bergen ist an diesem Nachmittag alleine im Laden und darum vielgefragt. Kaffee-Bestellungen per Telefon, eine Beratung über die richtige Maschine im Laden und daneben wartet jede Menge Bürokram. Zudem musste er gerade eine ganze Abfüllung von 15’000 Flaschen ihrer Cascara-Limonade aufgeben. «Es ist nicht der erste Rückschlag, das Risiko besteht, wenn man mit frischen Produkten und nicht mit Konzentrat arbeitet», sagt er und bereitet einen Espresso zu.

Zu jedem Produkt die Geschichte

Die Brüder Mario und Claudio Bergen handeln seit 2006 mit Kaffee. Zuerst in ihrem Restaurant «Black Velvet» (wo heute das «Meyer» ist), seit knapp drei Jahren mit dem Koffeinshop. Dort verkaufen sie nicht nur ihren eigenen Kaffee in vier Sorten, sondern alles erdenkliche Zubehör und Maschinen, die sie auch reparieren und warten. «Es läuft viel besser, als wir das anfangs erwartet hatten», sagt Claudio Bergen.

Es dampft und zischt: Claudio Bergen bereitet einen Kaffee zu.

Es dampft und zischt: Claudio Bergen bereitet einen Kaffee zu.

(Bild: jwy)

Sie hatten das Lokal anfangs vor allem als Lager und Büro gemietet – mit kleiner Verkaufsfläche. Doch sie merkten bald, dass die Leute die persönliche Beratung schätzen, dass sie Kaffee und Getränke probieren und Maschinen vor Ort testen wollen. «Kaffee ist etwas Sinnliches, dafür geht man gern in den Laden», erklärt er den Effekt. Und er kann zu jedem Produkt die passende Geschichte erzählen, von der Herkunft bis zur Verarbeitung.

Am Anfang ein Misserfolg

Der Kaffee bleibt das wichtigste Standbein – sie beliefern vor allem Büros und verkaufen für den Privatgebrauch. Aber auch in einigen Luzerner Beizen erhält man ihren Kaffee, bald etwa im wiedereröffneten «Parterre» (zentralplus berichtete).

Aber in jüngster Zeit treten die Bergens immer mehr auch mit ihrer Getränkemarke «Lori’s» in Erscheinung. Angefangen hatte es allerdings mit einem missratenen Versuch, als sie kalt gebrauten Kaffee in Flaschen abfüllen wollten. «An dieser Herausforderung sind wir aus Haltbarkeitsgründen gescheitert», sagt Claudio Bergen rückblickend. Man könne das Getränke nur frisch und gekühlt auf den Markt bringen, das wäre für den kleinen Koffeinshop logistisch nicht aufgegangen.

«Der Markt wird zwar von vielen neuen Getränken geflutet, es hat aber viel Seich dabei.»

Claudio Bergen, Koffeinexperte

Aber bereut haben sie den Versuch dennoch nicht, im Gegenteil: Das Experimentieren mit «Cold Brew»-Getränken liess sie nicht mehr los. «Es machte uns so Freude, dass wir weitermachen mussten.» Es war der Startschuss zu «Lori’s».

Das Maskottchen Loris wacht über die Kaffeemaschinen.

Das Maskottchen Loris wacht über die Kaffeemaschinen.

(Bild: jwy)

Neuer Versuch mit Mate

Sie fingen mit Mate an zu experimentieren – ebenfalls kalt gebraut. «Wir haben gesehen, dass Mate-Getränke super laufen, aber alle Marken kamen aus Deutschland», sagt Bergen. Die Zeit war reif für das erste Mate «Made in Switzerland».

Heute vertreiben sie zwei verschiedene Mate-Getränke und das erwähnte Cascara aus der Kirschfrucht, abgefüllt werden diese von einem Bierbrauer in Winterthur. Mit den Getränken sind sie auf zwei Trends aufgesprungen: jenem nach Mate-Limos – und dem nach regionalen, nachhaltigen Produkten. Auch wenn Cascara ein Sorgenkind bleibt. «Es ist ein schwieriges Produkt», sagt Claudio Bergen, «man kennt es noch wenig und es wird uns noch lange beschäftigen.»

Aber trotzdem wollen die zwei Brüder daran festhalten, weil Cascara sie geschmacklich überzeugt und sie sicher sind, dass die Leute das Produkt noch entdecken. Zudem steckt die Idee dahinter, aus einem Nebenprodukt etwas Überzeugendes herzustellen.

Suche nach Kaffeekirschen ohne Pestizide

Kalt zu brauen ist zwar aufwendiger und braucht Zeit, hat aber Vorteile: «Der Geschmack kommt voll zur Geltung und es werden weniger Säuren und Bitterstoffe gelöst», sagt Bergen. Zudem werden in den «Lori’s»-Flaschen nur natürliche Zutaten verwendet – auch wenn das Experimentieren für den richtigen Geschmack und die Suche nach guten Produkten und zuverlässigen Lieferanten kein leichtes Unterfangen ist.

Fast unmöglich war es, Kaffeekirschen zu erhalten, die nicht gespritzt wurden. «Wir haben eineinhalb Jahre nach dem richtigen Rohstoff gesucht und 30 Tests machen lassen wegen Pestiziden, denn wir wollen ein cleanes Produkt.» Fündig wurden sie schliesslich bei einem Produzenten in El Salvador, der einen Teil seiner Ernte extra nicht spritzt.

Die Marke «Lori’s» zieht ihre Grundsätze konsequent durch: natürliche Zutaten, wenig Zucker, viel Koffein. So können sie sich von anderen abheben. «Der Markt wird zwar von vielen neuen Getränken geflutet, es hat aber viel Seich dabei», ist Bergen überzeugt.

Vernetzte Gastronomen

Den Bergens half von Anfang an ihre Bekanntheit in Luzern, die sie mit ihrem Restaurant erlangten. Sie sind in der Gastro-Szene Luzerns bestens vernetzt. «Es war ein richtiges Heimspiel, innert Wochen waren wir in den wichtigsten Beizen vertreten», erinnert sich Claudio Bergen.

Claudio Bergen gönnt sich ein Mate, er hat viel um die Ohren.

Claudio Bergen gönnt sich ein Mate, er hat viel um die Ohren.

(Bild: jwy)

Trotzdem: Die ersten zwei Jahre haben sie vor allem in «Lori’s» investiert. «Da musst du einen rechten Batzen in die Hand nehmen, nur schon für das ganze Leergut und einige tausend Harassen.» Und sie lassen alles in der Schweiz produzieren, auch da haben sie ihre Grundsätze, die Vertriebswege sollen kurz sein.

Längst findet man «Lori’s»-Limos neben Luzern auch in Bars in Zürich oder in der Westschweiz, und selbst Skigebiete fragen immer öfter an. Die Feedbacks aus der Gastronomie seien positiv. «An einigen Orten ist unser Mate nach dem Bier das Produkt, das am besten läuft», sagt er.

Limos brauchen Zeit

Es brauche etwas Zeit, bis ihre Limos ankommen – manchmal auch mehrere Anläufe: «Unsere Getränke sind halt sehr ehrlich und natürlich im Geschmack», sagt Bergen. Der Gaumen sei sich an extreme Süsse und Säure gewöhnt – Stichwort Cola.

Und jetzt, da «Lori’s» einträglich wird, stehen sie vor der Entscheidung: Wollen sie die Produkte pushen und weiter investieren, oder es langsam wachsen lassen? «Es ist derzeit noch offen, wie wir das weiter aufbauen werden», so Claudio Bergen.

Zum Erfolg dürfte auch das edle Erscheinungsbild beitragen mit dem putzigen Faulaffen im Logo, der gleichzeitig Namensgeber des Koffeingetränks ist. Nicht ohne Zufall vermarkten die Bergen-Brüder ihre Marke auch über T-Shirts und Pullis, die sie auch selber stolz tragen. Claudio Bergen sagt es so: «Wir müssen uns vor nichts verstecken, das gibt uns ein gutes Gefühl.»

Neustadt bekommt neuen Marktplatz

Der Koffeinshop passt gut in die Neustadt mit ihrer lebendigen und vitalen Geschäfts- und Restaurantszene. «Wir haben extrem viele Kunden aus der Umgebung hier», sagt Claudio Bergen. «Man schaut hier zueinander.» Weil es hier viele neuere Geschäfte gebe, sei das Angebot aktueller als etwa in der Altstadt. «Die Leute wollen etwas erleben beim Einkaufen.»

Der Koffeinshop ist auch Teil des neuen Marktplatzes «Winkel» in der Neustadt (zentralplus berichtete). Die kleine Messe geht am Freitag und Samstag das erste Mal über die Bühne. In der Boutique «Mai», im Atelier «Neustahl» sowie im Koffeinshop bieten 18 Designer und Künstlerinnen Einblick in ihr Schaffen.

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