Zu Besuch im Restaurant «amrein’S» in Sursee

Warum Neil Diamond, wenn man es bei den Amreins gemütlich haben kann

Seit 20 Jahren ein eingespieltes Team: Romy und Beat Amrein.

(Bild: pgu)

Seit 20 Jahren führen Romy und Beat Amrein ein Leben für die Gastronomie. Die Betreiber des 16-Punkte-Restaurants «amrein’S» sprechen über die Sonnen- und Schattenseiten ihres Berufs – und warum sie sich über Internetbewertungen und gewisse Gäste ärgern.

Damals in den 80er-Jahren: Freddy Mercury sang auf der Bühne des Hallenstadions den Text des Queen-Hits «Bicycle», Brian May schlug in die Saiten und im Publikum knutschten zwei Verliebte, die sich bei der Arbeit im Gasthof «Adler» in Nebikon kennengelernt haben.

Sie kam aus Ettiswil und war Chefpatissier, er aus Oberkirch und absolvierte im «Adler» die Kochlehre. Rund 20 Jahre später führen sie in Sursee zusammen ihr eigenes Restaurant, das nach ihnen benannt ist: das «amrein’S». 16 Gault-Millau-Punkte, treue und zufriedene Gäste sowie viele positive Kundenrezensionen sprechen eine klare Sprache.

Der Weg zur Sesshaftigkeit

Bald, nachdem sie sich kennengelernt hatten, zogen die beiden als Saisonangestellte durch die Lande. Ihr Weg führte sie nach St. Moritz, Zermatt, ins Tessin, ja sogar bis in die Karibik. Insgesamt waren sie rund fünf Jahre lang auf Wanderschaft und entdeckten so manch kulinarisches Geheimnis. Irgendwann hatten sie genug vom ständigen Umherziehen, dem fehlenden Dreizehnten und davon, nirgends richtig zuhause zu sein.

Romy Amreins Bruder besass ein Restaurant in Stans und suchte gerade nach neuem Personal. Sie wechselte daraufhin in den Service und ihr Mann wurde als Koch eingestellt. 1995 folgte der Schritt in die Selbstständigkeit. Von 1995 bis 2000 führten sie den «WyHof» in Sursee und von 2002 bis 2009 den «Mostkrug» in St. Erhard.

Die ersehnte Rückkehr nach Sursee

Seit 2010 sind sie mit dem «amrein’S» wieder in Sursee. Der «WyHof» sei ein alter Betrieb gewesen, erinnert sich Romy Amrein. Damals wurde in der Wirtschaft noch geraucht und Spielautomaten standen herum. Alles sei im «WyHof» verwinkelt gewesen: «Da ein Stübchen, dort ein Sälchen. Über mehrere Etagen verteilt.»

Als sie nach Sursee zurückkehrten, wusste Romy Amrein genau, wie ihr neues Restaurant aussehen sollte: alles auf einer Ebene und eine einheitliche Möblierung im Stil eines modernen Bistros, mit modernem, authentischem Essen und gutem Wein.

So sehen Menüs im «Amrein’s» aus:

 

Ein neues Restaurant ist eine enorme Herausforderung. Ihre Stammkundschaft mussten sie erst einmal für sich gewinnen. Ihnen kam vor allem anfangs zugute, dass sie viele Leute in der Umgebung kannten, die das neue Restaurant besuchten und weiterempfahlen.

«Das Vertrauen musst du dir erst einmal erarbeiten.»

Beat Amrein, Koch

Ihr Motto lautet: traditionell kreativ. Dabei ist ihnen von Anfang an wichtig gewesen, sich treu zu bleiben. «Auch wenn mal ein Gast nicht mehr kommt», sagt Romy Amrein. Das bedeutet auch, Kontinuität aufrecht zu erhalten. Gemäss Beat Amrein ist es wichtig, dass die Mittagsgäste wissen, dass es bei den Amreins nicht nur immer gut schmeckt, sondern, dass es auch schnell geht. «Dieses Vertrauen musst du dir erst einmal erarbeiten. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern dauert einige Jahre», so der Koch.

Das alles hätten sie nicht geschafft, wenn sie nicht von ihren Mitarbeitenden immer tatkräftig unterstützt worden wären, betont Romy Amrein: «Ich bin sehr dankbar für meine Leute, ohne die nichts ginge.»

Unter Bewertungsdruck

Am Mittag herrsche eine fast schon familiäre Atmosphäre und die Leute seien unkompliziert. «Wir kennen unsere Gäste. Wir machen Witze und lachen zusammen», erzählt die Wirtin. Abends sei die Atmosphäre etwas angespannter. Die Abendgäste bringen hohe Erwartungen mit. «Wir haben uns ja inzwischen 16 Gault-Millau Punkte erkocht», bemerkt Beat Amrein. «Durch die Punkte und den damit zusammenhängenden Erwartungen der Gäste entsteht schon ein gewisser Druck, den ich spüre.»

Blick ins Restaurant «amrein'S»

Blick ins Restaurant «amrein’S»

(Bild: zvg)

An einer anderen, heute gängigen, Form der Restaurantbewertung hat Beat Amrein weniger Freude – die Internetbewertungen auf Tripadvisor, Google und Co. «Man fühlt sich da schon sehr ausgeliefert», sagt er. «Da können irgendwelche Leute eine schlechte Bewertung schreiben, weil sie vielleicht einfach etwas anderes erwartet haben oder einen schlechten Tag hatten, und wir können nichts dagegen machen.»

«Manchmal weiss Beat am Morgen noch nicht mal, dass wir am Mittag ein Bankett haben.»

Romy Amrein, Gastronomin

Andererseits findet man kaum negative Bewertungen oder Kommentare über das «amrein’S», selbst, wenn man sich bemüht. Die überwiegende Resonanz ist sehr positiv und Romy Amrein ist stolz darauf. «Das sind ehrliche Kommentare, nicht so bezahlte Sachen wie andernorts.»

Was sich neckt, das liebt sich

Seit 20 Jahren sind die beiden ein eingespieltes Team und das merkt man. Der «Be», wie Romy Amrein ihren Beat nennt, sei ein wenig ein Chaot: «Manchmal weiss er am Morgen noch nicht mal, dass wir am Mittag ein Bankett haben.»

«Also so schlimm ist es nicht», wehrt sich der Ehemann. «Und ich weiss ja, dass du hier bist und nach dem Rechten schaust.» Er lacht. Während sie es lieber geordnet hat, erledigt Beat die Arbeiten gerne so, wie sie grade anfallen. «So machen wir es seit 20 Jahren und es funktioniert ja. Noch nie ist etwas passiert.»

«Wenn ich richtig genervt bin, denke ich auch schon mal: Den ‹Be› lasse ich jetzt einfach reinlaufen», sagt Romy Amrein. «Aber dann tun mir eben doch die Gäste leid.» «Siehst du», sagt ihr Mann mit schelmischem Grinsen, «wenn was passieren würde, müsstest ja du vorne hinstehen, während ich mich hinten in der Küche verkrieche».

Blick in die Küche im «amrein'S».

Blick in die Küche im «amrein’S».

(Bild: zvg)

Von früh bis spät im Restaurant

Dienstags bis samstags, morgens von 8.45 bis 15 Uhr und abends von 17 Uhr bis Mitternacht hat das «amrein’S» geöffnet. Und die beiden Chefs sind immer anwesend. Diese dauernde Präsenz bringt Opfer mit sich, wie etwa das Neil-Diamond-Konzert kürzlich in Zürich, das Beat Amrein fürs Leben gern besucht hätte. «Das Gesellschaftliche kommt bei uns zu kurz», stellen sie einhellig fest.

Umso wichtiger ist ihnen die spärliche Freizeit. Sonntag bis Montag seien sie fast immer weg, oft in den Bergen – biken oder wandern. «Früher sind wir viel dem Wein nachgesprungen, das machen wir heute weniger», erzählt Beat Amrein schmunzelnd. Zwei Tage pro Woche frei, fünf Wochen Ferien und die tägliche Zimmerstunde und jeden Morgen Sport. Das sei wichtig, um wieder zu Kräften zu kommen bei einem Knochenjob wie ihrem.

Seit sieben Jahren führt das Ehepaar Amrein ihr Restaurant in Sursee.

Seit sieben Jahren führt das Ehepaar Amrein ihr Restaurant in Sursee.

(Bild: zvg)

Keine Zeit mehr fürs Essen

In den 20 Jahren, in denen die beiden in der Gastronomie tätig sind, hat sich vieles verändert. Immer weniger Leute essen im Restaurant zu Mittag. Sie selbst haben da noch Glück. Ihr Restaurant sei mittags immer gut besucht. Trotzdem beobachten auch sie, wie es immer schneller gehen muss. Die riesige Auswahl an Take-Away-Angeboten stellt für Restaurantbetriebe eine grosse Konkurrenz dar. Vom Supermarkt über den Kebab-Stand bis zur Bäckerei, die ganze Menüs verkauft: «Das merken wir Restaurantbetreiber natürlich.»

Trotz solcher Entwicklungen, trotz Abenden, wo nur wenig Gäste kommen und trotz solchen Gästen, die Schweinssteak mit Pommes bestellen, obwohl Beat Amrein ein Tagesmenü für 21 Franken zusammengestellt hat (dann schimpfe Beat Amrein auch mal in der Küche, wie seine Frau erzählt): Für die beiden besteht kein Zweifel, dass sie das machen, was sie am meisten lieben. Und sie werden das noch lange weitermachen.

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