Wie gut schmeckt's im Krankenhaus wirklich?

Kaiser Franz testet für uns das Essen im Zuger Kantonsspital

Der Zuger Wirt Felix Franz testet mit Genuss das Essen im Kantonsspital in Baar.

(Bild: woz)

Das Essen im Krankenhaus hat nicht immer den besten Ruf. Zu Recht? Wir haben im Zuger Kantonsspital die Probe aufs Exempel gemacht und dazu mit Wirt Felix Franz vom «Kaiser Franz» einen fachkundigen Experten mitgebracht. Er kam aus dem Schwärmen nicht raus. Nur eins ist nicht sein Ding.

Jeder, der schon einmal im Spital als Patient war, kennt die Situation. Zur Mittagszeit kommt die Schwester, stellt das Tablett mit dem Mittagessen auf den Tisch. Man lüpft die Deckel der Speisen, rümpft die Nase und verkriecht sich wieder in den Kissen. Nach einer Operation ist der Appetit auf etwas Essbares sowieso nicht so schnell geweckt.

Irgendwann packt einen dann aber auch im Spital wieder der Hunger. Und dann ist es entscheidend, was auf den Teller kommt. zentralplus testete mit der Zuger Wirtelegende Felix Franz die Küche im Zuger Kantonsspital in Baar. Um es vorwegzunehmen: Der Cuisinier, bei dem all die Reichen, Schönen und Wichtigen in Zug speisen, war mehr als angetan von der Spitalskost. «Das Spital hat eine sehr gute Verpflegung, alles ist sehr frisch und gut gekocht», lautet sein begeistertes Fazit. 

Auffälliger Besucher im Spital

Doch vor der Degustation sorgt Felix Franz alias «Kaiser Franz» zunächst mal an allen Ecken und Enden für Aufsehen im Zuger Kantonsspital – weil er durch sein Restaurant, das er seit 17 Jahren in der Zuger Vorstadt führt, natürlich Gott und die Welt kennt.

Als er schliesslich, lässig gewandet in Jeans und jägergrünem Jackett, in einem Speisesaal des Kantonsspitals Platz nimmt, winkt ihm sofort seine frühere Küchengehilfin zu, die nun hier arbeitet. Er steht auf und umarmt sie herzlich. Dann setzt er sich und beginnt, die Gemüsebouillon mit Peterli zu löffeln.

«Mmmh, da gibt es wirklich keinen Unterschied zwischen einem Restaurant und hier.»

Felix Franz, Wirt vom Zuger «Kaiser Franz»

«Die schmeckt wie bei mir im Restaurant», gibt er seine erste Rückmeldung an Spitalküchenchef Jan Zinsel und an Hotellerie-Leiter Guido Steiner, die das Testessen von zentralplus und Felix Franz beäugen.

Sehr appetitlich: Gebratener Atlantik-Meerhecht mit Kräuterreis und Spinat, Salat und Mango-Dessert.

Sehr appetitlich: Gebratener Atlantik-Meerhecht mit Kräuterreis und Spinat, Salat und Mango-Dessert.

(Bild: woz)

Auch als der «Kaiser» einen Bissen des zart gebratenen Atlantik-Meerhechts an Malteser Sauce mit Kräuterreis und Spinat zu sich nimmt, kommt der 56-Jährige in sympathischem Steirisch ins Schwärmen: «Mmmh, da gibt es wirklich keinen Unterschied zwischen einem Restaurant und hier – wäre das Ambiente nicht so nüchtern, könnte man glauben, man wäre in einem gehobenen Lokal.» Die Malteser Sauce, «eine Art Sauce Hollandaise mit Blutorangenextrakt», wie Küchenchef Zinsel erklärt, mundet in der Tat sehr lecker.

Französisches Dressing aus dem Plastikdöschen

Dem grünen Salat attestiert Franz, nachdem er die weisse Sauce aus dem Plastikdöschen drübergekippt hat, «dass er bissfrisch und nicht so lapprig ist». Er mag dieses französische Dressing sehr und ist nicht nur auf das steirische Kürbiskernöl eingestellt. Und auch die Mangowürfel des Desserts schmecken ihm: «Die sind schön reif, mit Biss und sehr erfrischend.»

«Wir haben mündige Patienten.»

Jan Zinsel, Küchenchef des Zuger Kantonsspitals

Um keine Zweifel aufkommen zu lassen – bei diesem Menü handelt es sich um eine der beiden Varianten der allgemeinen Karte für Grundversicherte. Franz hat sich längst in Fahrt geredet. Und nun wundert er sich sehr, dass von Hotellerie-Leiter Guido Steiner noch schöne Weine kredenzt werden. Alkohol im Spital?! «Wir haben mündige Patienten», sagt Küchenchef Jan Zinsel, lächelt und verweist auf die rund 20 Weinsorten, die es im Zuger Kantonsspital gibt.

Zwei Köche sind sich einig: Felix Franz (links) und Spitalküchenchef Jan Zinsel.

Zwei Köche sind sich einig: Felix Franz (links) und Spitalküchenchef Jan Zinsel.

(Bild: woz)

Bei der im Menü zwei angebotenen Rindfleisch-Lasagne macht der kulinarische Kaiser unausgesprochene Abstriche: «Sie ist immer noch schön warm, gut im Geschmack, und selbst ein Blinder erkennt sofort, dass es eine Lasagne ist.» Hinterher räumt er ein, dass vielleicht eine Sauce zur trockenen Lasagne noch ganz passend gewesen wäre.

Seeteufel schmeckt höllisch gut

Doch zum Lamentieren gibt es keinen weiteren Grund. Denn schon werden die beiden Menüs von der Privatversicherten-Karte aufgefahren. Da läuft einem schon beim Lesen das Wasser im Mund zusammen: Grilliertes Innerschweizer Kalbssteak an Tomatensalsa. Lammracks mit Hummus und Seeteufelfilet im Kräuter-Ei-Mantel auf Ratatouille und Mascarpone-Risotto.

«Ich musste als Kind einfach zu viel Milchreis essen.»

Felix Franz

Nun hat auch der Wein gewechselt. Im Glas schwappt zunächst ein samtig anmutender Baigorri Crianza Rioja aus Spanien, dann fährt der Hotellerie-Leiter zu Ehren des «Tu felix Austria»-Gourmets einen Zweigelt aus dem Burgenland auf. Wobei der «Kaiser» diese überaus gastfreundliche Geste mit einem Schmäh kommentiert: «Den Wein macht’s aber no net selber.» Sagt’s, prostet in die Runde und gönnt sich einen Schluck. Für Franz eher ungewöhnlich, da er den ganzen Tag im Geschäft keinen Alkohol trinkt, wie er versichert. Hier macht er eine Ausnahme.

So rosa und zart mag «Kaiser» Franz Lammracks.

So rosa und zart mag «Kaiser» Franz Lammracks.

(Bild: woz)

«Ich hab’s gerne, wenn das Lammfleisch nicht so gesalzen und gewürzt ist und der Eigengeschmack zum Tragen kommt», sagt Franz und zeigt mit der Gabel begeistert auf das zartrosa Fleisch. Auch das saftige «butterzarte» Kalbssteak hat es ihm angetan. Nur das Mascarpone-Risotto rührt er nicht an. Nicht, weil es ihm nicht schmecken würde.

«Das ist nicht meins, ich musste als Kind einfach zu viel Milchreis essen», sagt’s und lächelt. Man kann in der Tat schlimmere Kindheitstraumata haben. Zum Seeteufel gibt’s dann gar nichts zu meckern. Dieser schmilzt einem geradezu auf dem Gaumen dahin. Allerfeinste Kost!

Kurios: Die weisse Sauce am Salat ist übrigens die gleiche wie die auf der Karte der Grundversicherten – nur eben in einer Porzellansaucière und nicht im Plastikdöschen serviert.

Essen werden nochmals 15 Minuten mit Magnetstrahlung erhitzt

Als Guido Steiner schliesslich mit dem Dessertwagen angekarrt kommt, entscheidet sich «Kaiser Franz» für ein Glastöpfchen Mousse au Chocolat. «Schokoladenpudding sagt man dazu ja in Deutschland», meint er mit einem süffisanten Lächeln. Es gibt auch noch Crème brûlée. Die wirkt etwas breiig. Dazu wird Café crème und ein Espresso gereicht. Kein Zweifel: Wem so viel Gutes beschert wird, der wird auch schnell wieder gesund.

«In Deutschland haben sie ja nur maximal vier Euro pro Menü zur Verfügung.»

Jan Zinsel

Doch das Zuger Kantonsspital kocht nicht nur so gut, weil es offenbar sehr gute Köche hat. Die Organisation des Kochens und des Essenverteilens der rund tausend Essen pro Tag ist auch sehr ausgeklügelt. Denn auch Felix Franz war sehr beeindruckt von dem Induktionssystem der Essenserwärmung.

Das heisst, bevor jedes Essen beim Patienten ankommt – was laut Jan Zinsel von der Küche im Keller des Kantonsspitals bis auf die einzelnen Stationen rund 45 Minuten dauert –, wird es auf den jeweiligen Etagen nochmals in sogenannten Induktionscontainern per Magnetstrahlung 15 Minuten lang erhitzt.

Ein Blick in die Küche des Zuger Kantonsspitals.

Ein Blick in die Küche des Zuger Kantonsspitals.

(Bild: woz)

Zum anderen gibt es auf der Station der privat- und halbprivat versicherten Patienten sogar eine extra Küche, wo ein Koch allein quasi à la minute auf die kulinarischen Wünsche der Kranken eingehen kann.

Rund 6,40 Franken pro Patientenmahlzeit

Last, but not least lässt sich das Zuger Kantonsspital, in dem in der Küche 30 Personen angestellt sind (wovon die eine Hälfte gelernte Köche sind, die andere Hälfte Hilfspersonal), die gesamten Lebensmittel pro Jahr zwei Millionen Franken kosten. «In Deutschland haben sie ja nur maximal vier Euro pro Menü zur Verfügung», sagt Jan Zinsel, Küchenchef des Zuger Kantonsspitals.

Wobei die zwei Millionen Franken Lebensmittelbudget alle Einkäufe abdecken, also auch die Lieferungen der Spitexmenüs und die Versorgung des Personalrestaurants. «Wenn wir das korrekt abgrenzen, wenden wir rund 6,40 Franken pro Patientenmahlzeit auf», sagt Guido Steiner. Das Fleisch stamme fast ausschliesslich aus Schweizer Produktion und auch bei den anderen Lebensmitteln sei man bestrebt, möglichst regional einzukaufen.

Und so lauteten die degustierten Menüs im Zuger Kantonsspital:

Von der allgemeinen Karte gab es:

Gemüsebouillon mit Peterli, Menüsalat, gebratener Atlantik-Meerhecht mit Malteser Sauce,     
Kräuterreis und Crèmespinat, frische Mangowürfel
 
Gemüsebouillon mit Peterli, Menüsalat, hausgemachte Rindfleisch-Lasagne, frische Mangowürfel
 
Von der Privée-Karte gab es:

Grilliertes Innerschweizer Kalbssteak an Tomatensalsa, Ur-Dinkel-Nudeln und Sommergemüse, Lammracks mit Hummus Pak-Choi und Süsskartoffelecken
 
Seeteufelfilet im Kräuter-Ei-Mantel auf Ratatouille und Mascarpone-Risotto
 
Dessert: Crème brûlée, Mousse au Chocolat
 
Weine: Meursault AOC, Les Grands Charrons Chardonnay
Michel Bouzereau & Fils
 
Baigorri Crianza Rioja DOCa, Tempranillo, Bodegas Baigorri
 
Schwarz Rot, Neusiedlersee, Zweigelt Johann Schwarz

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