Serie, Teil 3: Irina Studhalter, Politikerin

Mein Kühlschrank: Zur Not vegane Salami

Irina Studhalter muss sich mit wenig Platz begnügen: der kleine Kühlschrank in ihrer Wohngemeinschaft.

(Bild: jal)

Fleisch, Kuhmilch und Eier findet man im Kühlschrank von Irina Studhalter nie. Die neue Stadtparlamentarierin der Jungen Grünen lebt seit Jahren vegan: Im Kühlschrank verfolgt sie genauso ihre Prinzipien wie in der Politik. Nur für ein Produkt schämt sich die 24-Jährige. Teil 3 unserer neuen Kühlschrank-Serie.

«Unsere Katze ist die Einzige im Haushalt, die nicht vegan lebt. Meine Mitbewohnerin Vera und ich essen beide weder Fleisch noch andere tierische Produkte. Dass beide in der WG vegan leben, ist aber purer Zufall und war keine WG-Bedingung (lacht). Bei uns kauft jede für sich ein, aber es gibt kein strenges Regime im Kühlschrank, dafür ist er eh zu klein. Am Anfang habe ich kurz leer geschluckt, weil es so wenig Platz hat. Aber wir kommen gut damit durch – ausser, wenn wir beide kochen und Reste verstauen wollen: Dann müssen wir jeweils Tetris spielen.

In der Schule habe ich irgendwann begonnen, mich vegetarisch zu ernähren, aus ökologischer Überzeugung. Vegan leben ist wie die logische Konsequenz, das mache ich nun seit zwei oder drei Jahren. Wer vegan lebt, dreht im ersten Jahr alle Verpackungen im Laden um. Danach weiss man, was vegan ist.

Es gibt den Spruch aus der Feminismusbewegung: Das Private ist politisch. Und das trifft voll aufs Essen zu. Mit seinem Einkaufswägeli macht man Politik. Ich will nicht, dass mein Geld in die Fleischproduktion fliesst. Ich will nichts zur Sojaproduktion in Lateinamerika beitragen. Und ich will nicht mit dem, was ich esse, auf Kosten anderer leben oder die Welt kaputt machen. Ich finde, man sollte sich darüber Gedanken machen, was der eigene Konsum auslöst, statt sich einfach hinzusetzen und irgendwas in sich reinzustopfen. Ich sage aber niemandem: Hör auf, dein Fleisch zu essen. Verbote sind definitiv der falsche Weg.

Immer auf Vorrat im Kühler: Tofu, mal pur, mal geräuchert.

Immer auf Vorrat im Kühler: Tofu, mal pur, mal geräuchert.

(Bild: jal)

Im Winter kommt bei mir definitiv keine Erdbeere ins Haus – das ist eine absolute Todsünde. Denn ich versuche, regional und saisonal einzukaufen. Aber ich gehe nicht extra auf den Wochenmarkt. Und meine Schwäche sind Peperoni, die mag ich mega gerne, selbst wenn sie nicht Saison haben. Auch Avocado ist so ein Luxusding, das ich mir zwischendurch leiste.

Alle Grundsätze konsequent durchzuziehen, ist sowieso schwierig. Wenn man im Laden vor einer Bio-Tomate aus Spanien und einer konventionellen aus der Schweiz steht, gerät man in einen Clinch. Aber ich stehe dann nicht minutenlang vor dem Regal und überlege, was besser ist, sondern nehme einfach eine. Sehr pragmatisch und nicht immer ganz strikt. Denn das würde letztlich ja bedeuten, sich nur noch aus dem eigenen Garten zu verpflegen. Darum tue ich, was ich kann.

Die Ausnahmen – und die Enttäuschung

Auswärts essen ist als Veganerin überhaupt kein Problem, man findet fast überall etwas. Mittlerweile schränkt es mich auch nicht mehr ein. Auf Reisen ist es manchmal kompliziert. Je nachdem, wo man ist, muss man sich vehement verteidigen: «Nein, ich esse auch keinen Fisch. Nein, auch kein Poulet.» Wenn ich eingeladen bin, beispielsweise bei Freunden meiner Eltern, mache ich manchmal eine Ausnahme.

Die Kühlschrank-Reihe von zentralplus

Du bist, was du isst: In diesem Sinne steckt zentralplus seine neugierige Nase in die Kühlschränke von Zuger und Luzerner Persönlichkeiten. In einer losen Reihe fragen wir nach kulinarischen Vorlieben und Abgründen. Dabei ist Authentizität Ehrensache: Vor unserem Besuch ist Aufräumen tabu.

Ansonsten verspüre ich sehr selten Lust auf etwas Tierisches. Zur Not habe ich vegane Würstli und Salami im Kühlschrank. Und ich esse ja nicht vegan, um mich zu quälen. Deshalb gönne ich mir manchmal etwas. Wie letzthin, als mich in einer Bäckerei so ein geiles Gebäck anlachte. Ich kaufte es und freute mich – aber es hat überhaupt nicht gut geschmeckt! Das war dann die totale Enttäuschung – die Ausnahme hat sich gar nicht gelohnt (lacht).

Tofu in Reserve

In meinem Kühlschrank hat es immer viel Gemüse und einen grossen Vorrat an Tofu. Das ist erstens lang haltbar und zweitens macht Räuchertofu einfach jedes Gericht viel besser. Wenn ich für mich alleine koche, dann meist etwas Einfaches wie Pasta oder ein Couscous. Ich koche regelmässig, vor allem auch, weil es günstiger ist.

Es kommt vor, dass ich etwas aus dem Kühlschrank ziehe, das hinüber ist. Beispielsweise eine Zucchetti, von der ich die Hälfte gebraucht und die andere später vergessen habe. Das macht mich dann mega hässig. Aber für eine Person einzukaufen, ist von den Mengen her echt nicht so einfach. Man lernt es mit der Zeit.

Wie man sieht, haben wir kein Bier im Kühlschrank. Aber auf dem Regal gegenüber hat es ein «Chopfab» und ein «Löwenbräu». Wir haben fast keinen Alkohol im Haus. Zu Hause vorsaufen mag ich sowieso nicht und mit vielen Leuten in der Wohnung rumhängen, macht für mich keinen Sinn.

Kein Fleisch, keine Milchprodukte, kein Bier: der Kühlschrank der Veganerin Irina Studhalter.

Kein Fleisch, keine Milchprodukte, kein Bier: der Kühlschrank der Veganerin Irina Studhalter.

(Bild: jal)

Dafür ist immer Sanddornsaft vorhanden. Der ist ziemlich sauer, aber ich mische ihn in den Tee – das ist für mich so eine Kindheitserinnerung. Und weil ich oft Müesli esse, hat es im Kühlschrank immer Reismilch. Zum Frühstück gibt’s bei mir Brot mit Margarine und Konfitüre, die meine Mutter selbst macht.

Zur Standardausrüstung gehört auch eine Curry-Paste. Da habe ich den grössten Fehlkauf gemacht. Als ich kürzlich mit einem Freund zusammen kochte, hat er mich drauf hingewiesen, dass meine Curry-Paste Fisch enthält. Sie ist also nicht vegan – nicht mal vegetarisch. Aber nun denn, brauche ich sie halt auf.»

Das ist die neue Stadtparlamentarierin der Jungen Grünen

Irina Studhalter ist 24 Jahre alt und rückt im September für die Jungen Grünen ins Stadtparlament von Luzern nach. Sie studiert European Global Studies und arbeitet in der Kommunikation und für politische Kampagnen, letztes Jahr beispielsweise für das bedingungslose Grundeinkommen.

2015 kandidierte Irina Studhalter für den Luzerner Regierungsrat. Bis 2016 war sie Co-Präsidentin der Jungen Grünen Kanton Luzern. Gemeinsam mit Jolanda Spiess-Hegglin hat sie letztes Jahr den Verein #NetzCourage gegründet, der Opfer von Drohungen und Beschimpfungen im Internet unterstützt (zentralplus berichtete). Aufgewachsen in Malters, lebt Irina Studhalter heute in der Stadt Luzern.

Hier geht es zum ersten Teil der Serie mit Simon Feigenwinter, hier zum zweiten mit Henrik Belden.

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