Baustellenbesichtigung in der Zuger Unteraltstadt

Was tut sich in der ehemaligen Blues Brothers Bar? Einiges!

Die Forscher packen bald ihre Siebensachen: Ihre Grabungen im Barbereich sind nun abgeschlossen.

(Bild: wia)

In der Unteraltstadt 12 in Zug wird derzeit gebaut. Und wie! Vom Keller bis ins Dachgeschoss wird hier alles neu gemacht. Wohnungen und Studios entstehen, ausserdem soll eine neue Bar in die ehemaligen Gemächer der Blues Brothers Bar einziehen. Wir haben die archäologisch spannende Baustelle betreten. Mit entsprechender Befugnis, natürlich.

Die Blues Brothers Bar ist seit Dezember Geschichte. Dort, wo Stammgäste im Halbkreis an der Bar sassen und in lauschiger Altstadt-Atmosphäre an ihrem Bier nippten, klafft derzeit ein Loch im Boden. Das ganze Gebäude wird aktuell ausgehöhlt und umgebaut. Die Besitzerin Bliggenstorfer Immobilien AG lässt das gesamte Gebäude renovieren, vom Gewölbekeller bis hin zum Dachgeschoss. Entstehen sollen mehrere Wohnungen und Studios. Im Erdgeschoss und Keller soll zudem wieder eine Bar entstehen.

Der Umbau ist aufwendig, schwirren doch abgesehen vom Architekten und Statiker auch Archäologen und Denkmalpfleger im Haus herum. Und das verlangt dem Bauherrn einiges an Geduld ab. So etwa gerade jetzt, da der Umbau wegen denkmalpflegerischer Abklärungen stillsteht. Ein idealer Zeitpunkt für uns also, um uns durch die sonst verborgenen Ecken dieses geschichtsträchtigen Hauses führen zu lassen.

In der Bar klafft ein Loch

André Bliggenstorfer begrüsst uns im Erdgeschoss, von wo aus wir gleich in den ehemaligen Bar-Bereich gelotst werden. Von diesem ist notabene wenig übrig geblieben. Auf Schalttafeln stehend, blicken wir hinunter in ein Erdloch, das von Bauforschern – Schicht für Schicht, Jahrhundert für Jahrhundert – abgetragen wurde.

Einen halben Meter tief wurde im Namen der Forschung gegraben. Bald soll hier drunter ein Kellergeschoss entstehen.

Einen halben Meter tief wurde im Namen der Forschung gegraben. Bald soll hier drunter ein Kellergeschoss entstehen.

(Bild: wia)

Eine feine schwarze Linie fällt auf. «Wahrscheinlich datiert sie vom Stadtbrand, der sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Zug ereignete», erklärt der Bauforscher Armin Thürig. Etwa einen halben Meter tief haben die Forscher gegraben, bis sie auf die aktuell unterste Ebene gelangten, die wohl vor der ersten Zivilisation schon hier lag. Weiter hat man sich auch an den Wänden zu schaffen gemacht. Hinter dem Verputz sind Mauerteile hervorgekommen, die wohl aus dem 13. Jahrhundert stammen dürften; aus der Zeit der Stadtgründung also.

Die Zeit eilt, einige Rätsel bleiben ungelöst

Bei weitem nicht alle historischen Besonderheiten des Hauses konnten bei der aktuellen Untersuchung ans Tageslicht gebracht werden. Denn eigentlich ist ja der Umbau die aktuelle Hauptaufgabe. Dass sie nicht jede Wand inspizieren, nicht jeden Balken unter die Lupe nehmen dürfen, stört die Bauforscher jedoch nur wenig: «Das ist absolut normal so. Unsere Nachfolger werden wohl zu einem späteren Zeitpunkt, etwa bei einem nächsten Umbau, mehr über das Haus erfahren», sagt der Grabungstechniker Eugen Jans.

Wer früher im «Blues» verkehrte, kennt diese Türe.

Wer früher im «Blues» verkehrte, kennt diese Türe.

(Bild: wia)

Die Arbeit der Archäologen vor Ort ist nun abgeschlossen, erklärt Bliggenstorfer. Doch gebuddelt wird weiter. Unter dem Lokal soll nämlich neu ein betonierter Materialkeller entstehen. «Einen weiteren Keller gibt es bereits», erklärt der Hausbesitzer. Und was für einen! Unter der ehemaligen Bar prangt ein wunderschöner kleiner Gewölbekeller mit Steinboden. «Dieser Keller soll den Bar-Gästen künftig zugänglich gemacht werden.»

Ein Weinkeller würde hier wunderbar hineinpassen, finden wir. Doch von Bliggenstorfer sind noch keine Details zu erfahren. Weder, wer künftiger Gastro-Mieter wird, noch, wie ein mögliches Konzept aussehen könnte. «Noch sind keine Verträge unterschrieben», erklärt er entschuldigend. Tja, dann warten wir ab.

Bisher wurde dieser Teil des Hauses nur als Stauraum genutzt. Künftig soll dieser Keller jedoch auch Bar-Gästen zugänglich sein.

Bisher wurde dieser Teil des Hauses nur als Stauraum genutzt. Künftig soll dieser Keller jedoch auch Bar-Gästen zugänglich sein.

(Bild: wia)

Und lassen uns stattdessen in den ersten Stock führen, wo sich bis vor einem halben Jahr das chinesische Restaurant «Golden Dragon» befand. «Auch dieser Teil hier ist geschichtlich sehr interessant», erklärt Bliggenstorfer. Denn unter dem Wandverputz sei altes Mauerwerk zum Vorschein gekommen, zudem sind unter einer Bodenschicht Flachschnitzereien zum Vorschein gekommen, die wohl ursprünglich zur Dekoration an der Wand hängten.

«Die Flachschnitzereien sprechen dafür, dass die Leute in diesem Haus nicht mausarm waren.»

Bauforscher Eugen Jans

Grabungstechniker Jans vermutet, dass sie aus dem 15. Jahrhundert stammen. «Wobei wir sehr vorsichtig sein müssen mit solchen Aussagen.» Bevor sich die Archäologen nicht eingehend mit den Funden auseinandergesetzt haben, können die Forscher nichts Konkretes über die Gegenstände sagen. Was man jedoch annehmen könne: «Die Flachschnitzereien sprechen dafür, dass die Leute in diesem Haus nicht mausarm waren, sondern ihren Wohlstand eher mit solchen Ornamenten zur Schau stellten», sagt Jans. Das merke man laut ihm schon an der Bauart des Hauses. «Hier in der Unteraltstadt wurde massiver gebaut als andernorts.»

Obacht, Einbruchgefahr!

Wir steigen auf in den zweiten Stock, dorthin, wo Bliggenstorfer bis Ende Jahr gewohnt hat. Wir werfen einen Blick hinein, und machen uns gleich auf in den dritten Stock. «Am besten, Sie stehen nur auf den tragenden Balken», warnt er. Tatsächlich machen die dünnen, von brüchigem Mörtel gerahmten Hölzchen zwischen den Balken keinen vertrauenerweckenden Eindruck. Wir balancieren also ins hinterste Zimmer und Bliggenstorfer zeigt uns eine Stelle, in welcher sich der Boden gefährlich gesenkt hat.

«Das ist eine Herausforderung für unseren Statiker», sagt er. Und ergänzt sogleich: «Doch eigentlich hat dieser ziemlich Freude an diesem alten Haus. Wie auch alle anderen, die hier arbeiten.» Tatsächlich hat man es wohl nicht jeden Tag mit einem solch geschichtsträchtigen Haus zu tun.

Bitte nicht betreten. Der Boden im dritten Stock ist bedenklich durchgebogen.

Bitte nicht betreten. Der Boden im dritten Stock ist bedenklich durchgebogen.

(Bild: wia)

Je höher wir steigen, desto neuer sind die verwendeten Baumaterialien und desto uninteressanter wird das Haus für die Denkmalpfleger. Wir lassen es uns jedoch nicht nehmen und steigen noch einen Stock hinauf. Hier oben, im vierten Stock, soll das obere Geschoss einer zweistöckigen Wohnung entstehen. Und die möchte Bliggenstorfer, «idealerweise im Dezember, aber realistisch gesehen wohl erst im kommenden Frühjahr», beziehen. Auch wenn die Wohnung wohl etwas gross für ihn sei.

«Von dem Geld, das wir hier investieren, könnten wir ein neues Haus kaufen.»

André Bliggenstorfer, Bauherr

Den Wohnraum kann man sich aktuell nur mit viel Fantasie vorstellen, denn hier ist das Haus bis auf die Balken abgehungert. Auch fehlt der Boden gänzlich. Diese Bodenlosigkeit macht den Weg zur Dachterrasse denn auch zum Abenteuer. Doch es lockt eine grandiose Aussicht, wofür sich die Traverse über die Holzbalken lohnt. Über die Katastrophenbucht blickt man hier, den See und die Ennetsee-Gemeinden.

Aber sagen Sie mal, Herr Bliggenstorfer. Günstig ist dieser Umbau ja nicht. «Nein», schmunzelt der Mann, der das Gebäude zusammen mit seiner Schwester von seinen Eltern geerbt hat. «Von dem Geld, das wir hier investieren, könnten wir ein neues Haus kaufen.»

Die verlockende Tür zur Dachterrasse. Leider ist diese nur für Schwindelfreie erreichbar.

Die verlockende Tür zur Dachterrasse. Leider ist diese nur für Schwindelfreie erreichbar.

(Bild: wia)

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