Baarer Kleinbrauerei trotzt den Grossen

«Kleine Brauereien sind eine Mückenplage»

Martin Uster, in der fünften Generation Geschäftsführer der Baarer Brauerei.

(Bild: Pit Buehler)

Der Schweizer Biermarkt ist im Wandel. Im ganzen Land schiessen Klein-Brauereien wie Pilze aus dem Boden. Sehr zur Freude von Martin Uster, dem Geschäftsführer der Baarer Brauerei. Wie diese Nebenbuhler dafür sorgen, dass sein Betrieb noch nicht von einem Grossen geschluckt wurde.

Wie ein Monolith ragt der Betonturm zwischen Dorfkern und Lättich in die Höhe. Zuoberst steht ein roter Zwerg, das Erdmandli, und winkt der Baarer Bevölkerung mit zwei prall gefüllten Bierkrügen zu. Das hat durchaus Symbolcharakter: Der kleine Zwerg verteidigt nach allen vier Himmelsrichtungen seine Brau-Burg gegen herannahende Grossmächte aus aller Herren Länder.

Seit über 150 Jahren tut er dies schon. Mit Erfolg. Denn kein Grossunternehmen vermochte die im Jahr 1862 gegründete Brauerei Baar bisher zu schlucken. Seit 1902 befindet sich die «Baarer Braui» ununterbrochen im Besitz der Bierdynastie Buck-Uster. Und wenn es nach Geschäftsführer Martin Uster geht, der aufgrund seiner Statur glatt als Schwinger durchgehen könnte, wird sich daran so schnell auch nichts ändern.

Klein, unattraktiv – erfolgreich?

«In den Achtzigerjahren kamen einige grosse Player auf uns zu und wollten uns übernehmen», erzählt der 37-jährige Baarer, während wir über das Gelände schlendern. «Seither aber nicht mehr. Das liegt wohl zum einen daran, dass wir zu klein sind. Für Feldschlösschen oder Heineken sind wir mit einem gesamtschweizerischen Martkanteil von gut 0,3 Prozent schlicht zu unattraktiv», sagt er und lacht.

Zum anderen würden die Grossen einen Imageschaden befürchten, wenn sie die kleine «Baarer Braui» einvernähmen. «Ausserdem wurden die meisten Brauereien aufgrund von Nachfolgeproblemen übernommen, und nicht aus wirtschaftlichen Gründen» erklärt Uster, der das Unternehmen nunmehr in fünfter Generation führt. «Bei uns ist die Nachfolge geregelt. In der Bierszene weiss man das.»

Die Abfüllanlage der Baarer Brauerei.

Die Abfüllanlage der Baarer Brauerei.

(Bild: pbu)

Stechende Plagegeister

Das Areal der Bierbrauerei Baar ist überschaubar. 32 Mitarbeiter sind hier am Werk. Brauerei, Lagerung, Abfüllanlage und der zugehörige Braui-Markt finden spielend auf einem Fussballfeld Platz. Gut 20’000 Hektoliter Bier werden jährlich gebraut und vornehmlich in der Zentralschweiz abgesetzt – rund drei Millionen Flaschen. Viel mehr lasse die vorhandene Infrastruktur nicht zu. Ausbauen sei kein Thema. Erneuern sei oberstes Gebot. Gewinne werden deshalb stets in neue Technologien investiert.

«Wir können uns am Markt behaupten, gerade weil wir auf Nischenprodukte setzen.»

Martin Uster, Geschäftsführer Baarer Brauerei

Uster gefällt sich sichtlich in dieser Rolle. Nicht nur als Geschäftsführer der Brauerei an sich, sondern vor allem als kleiner Mitspieler in einem hart umkämpften und nicht minder übersättigten Markt. «Wir kleinen Brauereien sind wie eine Mückenplage für die Grossen», sagt er und mimt mit seinen Händen angriffslustige Exemplare der Tiere, während wir die Abfüllanlage betreten. «So wirklich gefährlich werden wir zwar nicht. Aber nervig können die Biester schon sein.»

Er selbst bezeichnet sich als Nischenspieler. Und genau darin liege sein Erfolg begraben: «Wir können uns am Markt behaupten, gerade weil wir auf Nischenprodukte setzen. Unser Hirsebier ist zum Beispiel eine lokale Spezialität, die relativ gut läuft», meint Uster. Überhaupt spiele das Lokale eine grosse Rolle. Die Präsenz bei den Leuten, das Kennen der hiesigen Szene, die Kontakte innerhalb der Politik – das alles sei unabdingbar, um auf dem lokalen Markt erfolgreich sein zu können.

Nur nicht drängeln. Bierflaschen auf dem Weg zur Etikettierung.

Nur nicht drängeln. Bierflaschen auf dem Weg zur Etikettierung.

(Bild: pbu)

Etwas Pepp im Einheitsbrei

Dabei komme ihm ein Trend entgegen, der über die letzten Jahre zu einem regelrechten Boom herangewachsen ist: die Bierherstellung in den eigenen vier Wänden und in Kleinstbrauereien. «Ende der Achtzigerjahre gab es in der Schweiz rund 35 registrierte Brauereien. Heute sind es über 600», erzählt Uster. Das Positive daran sei, dass dadurch die Biervielfalt gefördert werde. «Der Mensch macht sich Gedanken über das Bier. Das heisst, das Bier wird interessanter», sagt er, während uns der Geruch des Gerstengetränks in die Nasen steigt.

«Viel zu lange war Bier eine einheitliche Suppe.»

Martin Uster, Baarer Braui

Die Baarer Braui kämpfe schon seit Jahren dafür, dass man im Restaurant nicht einfach eine Stange oder einen Kübel bestellt, sondern explizit nach einem hellen, dunklen, Amber-, Hirse- oder sonstigen Bier verlangt. «Viel zu lange war Bier eine einheitliche Suppe. Lager hell, Lager hell, Lager hell. Heute ist die Biervielfalt viel grösser. Es findet gerade ein Imagewandel statt. Die Bierkarte erstreitet sich seinen Platz neben der Weinkarte. Das ist erfreulich.» Je grösser die Vielfalt, desto mehr spreche der Konsument über das Bier. Und das mache Spezialitäten wiederum interessanter, ist Uster überzeugt.

Zuger Chriesi und Genfer Exoten

Wobei man mit ausgefallenen Ideen nicht immer punktet. 2012 lancierte die Brauerei Baar ein Kirschenbier. Das ging allerdings total in die Hose. «Wir haben extra Kirschbäume angepflanzt», erzählt Uster und kann sich dabei ein Grinsen nicht verkneifen. «Wenn so was möglich sein sollte, dann doch im Chriesikanton Zug, haben wir uns gedacht. Doch weit gefehlt. Der Schuss ging gehörig nach hinten los.» Die Nachfrage war zu gering. Einziges Übrigbleibsel sind die Kirschbäume am Zugerberg.

Gut 3 Millionen Flaschen werden jährlich in der Baarer Brauerei abgefüllt.

Gut 3 Millionen Flaschen werden jährlich in der Baarer Brauerei abgefüllt.

(Bild: pbu)

Trübsal blasen ist allerdings nicht Usters Sache. Das Kirschenbier sei zwar ein Flop gewesen, aber dafür gabs mächtig viel mediale Aufmerksamkeit. Mit dem Hirsebier als Nachfolgeidee habe es dann wieder geklappt. Und das nächste Spezialbier steht bereits in den Startlöchern. «Ab Oktober bringen wir ein Starkbier auf den Markt», verrät Uster. «Bock dunkel» werde dieses heissen und soll Biertrinker mit 6,8 Volumenprozent erquicken.

In Massen werde dieses zwar nicht getrunken werden, meint Uster bereits jetzt. Aber darum gehe es auch nicht. «Leidenschaft, Herzblut und Stolz auf die heimatliche Braukunst, das wollen wir aufrechterhalten. Natürlich ist es schön, Marktanteile zu gewinnen. Aber über die Zentralschweiz hinaus wollen wir nicht expandieren.» So ganz geklappt hat das allerdings nicht. Es gäbe da einen Exoten in Genf. «Dieser hat ein Bier von uns im Sortiment. Ich weiss nicht so recht warum», sagt er und prostet mit einem imaginären Bierkrug zu.

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