Luzerner Wimmelbuch von Amadeus Waltenspühl

Der Löwe steckt im Detail

Aus dem Wimmelbuch: Die Luzerner Fasnacht, wie der Illustrator Amadeus Waltenspühl sie sieht.  (Bild: zvg)

Ein Blitz zerfetzt einen Museggturm und wilde Tiere spazieren durch die Baselstrasse: Ein neues Wimmelbuch gibt einen frischen, nicht immer ganz ernst gemeinten Blick auf die Stadt Luzern. Illustriert hat es der Luzerner Amadeus Waltenspühl – in Rekordzeit.

Man sieht die Lidowiese beim Verkehrshaus von weit oben: Flieger sausen durch die Luft, ein U-Boot drängt sich zwischen die Badenden, im Verkehrshaus tummeln sich neben Fahrzeugen auch Dinosaurier und wenn man ganz genau hinschaut, wird aus dem Open Air «Funk am See», das dort regelmässig stattfindet, ein «Punk am See».

Nur: Wo ist der Löwe? In «Wo ist Walter?»-Manier will dieser nämlich gefunden werden – gar nicht so einfach.

Bild aus dem Buch: Blick auf die Lidowiese und das Verkehrshaus – und wo ist der Löwe?  (Bild: zvg/Amadeus Waltenspühl)

Bild aus dem Buch: Blick auf die Lidowiese und das Verkehrshaus – und wo ist der Löwe?  (Bild: zvg/Amadeus Waltenspühl)

Nächste Szene: Auch die Fasnacht fehlt im Wimmelbuch nicht. Nur wirkt sie in der Illustration im Gegensatz zur realen Fasnacht noch wilder und ungestümer. Ein Blitz lässt den Wachtturm der Museggmauer bersten, ein Teufel küsst einen Engel und unter die Meute mischt sich ein Drache. Und endlich: ein Löwe! Und gleich noch einer …

Sieben Szenen aus der Stadt

Insgesamt sieben aufwändige Szenen aus der Stadt Luzern zeigt der Illustrator Amadeus Waltenspühl im neuen Luzerner Wimmelbuch. Beispielsweise das Löwendenkmal mit Gletschergarten, die Baselstrasse oder den Bahnhofplatz. Jedes der grossformatigen Bilder hebt sich farblich und formal deutlich vom vorherigen ab und eröffnet eine neue Wimmelwelt.

«Ich könnte zu jeder zweiten Figur eine Geschichte erzählen.»

Illustrator Amadeus Waltenspühl

Die Baselstrasse (diesmal mit einem Tiger!) und der Schweizerhofquai etwa präsentieren sich nicht wie die anderen Bilder aus der Vogelperspektive, sondern in vier horizontalen Streifen übereinandergeschichtet, was den Charakter der langen Strasse viel besser verdeutlicht. Das Wiedererkennungsmerkmal sind im Buch die erwähnten Löwen, die sich im jeweiligen Gewimmel verstecken: Sie flanieren, speisen oder hocken auf einem Dach und machen sich dabei ganz klein.

Auch die Baselstrasse ist eher frei interpretiert.  (Bild: zvg/Amadeus Waltenspühl)

Auch die Baselstrasse ist eher frei interpretiert.  (Bild: zvg/Amadeus Waltenspühl)

Zunfthaus zu Pfingsten

zentralplus verlost 5 Bücher

«Das Luzern Wimmelbuch»: Illustriert von Amadeus Waltenspühl, Idee & Projektentwicklung: Philipp Stehli, Verlag vatter&vatter Bern & Berlin. In Buchhandlungen erhältlich oder auf der Website.

zentralplus verlost 5 Exemplare des «Luzern Wimmelbuchs». Schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff «Wimmelbuch» und Ihren Kontaktdaten bis am Mittwoch, 6. Juli, 12 Uhr, an [email protected]. Die Gewinner werden ausgelost und per E-Mail informiert.

Teilnahmeberechtigt sind alle Community-Mitglieder von zentralplus. Mit einer Teilnahme erklären Sie sich mit unseren AGB einverstanden.

Wer sich Zeit nimmt, entdeckt in den Wimmelbildern Details und Figuren, die von Orts- und Szenekenntnis des Zeichners zeugen. Etwa der erwähnte «Punk am See» – oder das «Zunfthaus zu Pfistern», das zu «Pfingsten» wird. Der selbständige Grafiker und Illustrator Amadeus Waltenspühl hat schon immer in Luzern gewohnt und kennt die Ecken der Stadt. Der 31-Jährige ist mit seinen Arbeiten vor allem in der Kulturszene omnipräsent. Letztes Jahr wurde er zum Schweizer Grafiker des Jahres gewählt (zentralplus berichtete).

Er habe eigene Geschichten und Erinnerungen in die Bilder gepackt, aber genauso historische Fakten und bekannte Luzerner Stadtoriginale. «Ich könnte zu jeder zweiten Figur eine Geschichte erzählen», sagt Waltenspühl. Der oben erwähnte Blitzeinschlag in den Museggturm beispielsweise ist tatsächlich 1701 geschehen. «Doch statt der Ziegel gibt’s im Buch halt einen Fötzeliregen», sagt er.

Waltenspühl machte sich einen Spass daraus, Insiderwissen in die Bilder einzubauen – auch wenn es zum Teil nur eine Handvoll Leute verstehen. Doch der Illustrator ist überzeugt, dass jeder – von Kind bis alt – etwas entdeckt, halt nur nicht immer das Gleiche. «Ich bin gespannt, was andere darin sehen, ich habe schon Rückmeldungen von Leuten, die Sachen sehen, die dafür ich nicht kenne», sagt er.

Prominente Vorbilder

Die Idee ist nicht neu, es gibt vom gleichen Verlag bereits ein Berner und ein Zürcher Wimmelbuch. Und natürlich gibt’s prominente Vorbilder, etwa den Kinderbuchklassiker «Rundherum in meiner Stadt» von Ali Mitgutsch aus den 60ern. (Googeln Sie, Sie kennen ihn ganz sicher!)

Der Berner Verlag vatter&vatter will an diese Tradition anknüpfen. Er ist vom Format Wimmelbuch überzeugt – und ist darum mit dieser Idee auf den Luzerner Illustrator zugegangen. «Es ist nicht nur für Kinder attraktiv, sondern auch für Schulen, beispielsweise im Sprachunterricht, aber auch Erwachsene erhalten einen neuen Blick auf die Stadt», sagt Matthias Vatter vom Verlag.

Der Luzerner Illustrator und amtierende Grafiker des Jahres: Amadeus Waltenspühl vor einem seiner Werke.  (Bild: Claude Hagen)

Der Luzerner Illustrator und amtierende Grafiker des Jahres: Amadeus Waltenspühl vor einem seiner Werke.  (Bild: Claude Hagen)

Gibt’s nach Bern, Zürich und Luzern nun für jede Stadt ein Wimmelbuch? Weitere Wimmelbücher ja, aber nicht zwingend nur über weitere Städte, so Vatter. Geplant seien auch thematische Wimmelbücher. Denn für ein Wimmelbuch über eine Stadt brauche es einen Illustrator, der neben seiner zeichnerischen Fähigkeit die Situation und die Geschichten vor Ort sehr gut kennt. Jemanden wie Amadeus Waltenspühl in Luzern findet man nicht allerorts.

Freie Hand in der Umsetzung

Das Luzerner Buch startete vor rund einem Jahr als gemeinsames Projekt zwischen dem Verlag, dem Illustrator und dem Luzerner Projektleiter Philipp Stehli. «Wir haben das rollend entwickelt, wir sind regelmässig zusammengesessen und haben Details und Geschichten gesammelt und Orte zusammengetragen», sagt Vatter.

Der Verlag habe ihm freie Hand in der Umsetzung gelassen, sagt Waltenspühl. «Ich habe die Inputs aufgenommen, hatte danach aber alle Freiheiten und konnte eigenmächtig entscheiden.» Das Wimmelbuch bezeichnet der Illustrator als sein bisher grösstes persönliches Projekt.

Digital ist schneller

Die Recherche nahm mehr Zeit in Anspruch als die Umsetzung. Als Waltenspühl mit Zeichnen loslegte, ging’s sehr schnell: In rund drei Monaten waren die Zeichnungen fertig, «das ist eine Ausnahme», so Vatter, normalerweise dauere das gut ein Jahr.

«Das Wimmelbuch ist eine illustrative Welt mit einem grafischen Touch.»

Amadeus Waltenspühl

Auch Waltenspühl selber bezeichnet sich als effizienten Schaffer. «Und ich bringe schon Routine mit», erklärt er. Zudem arbeitet er digital, was das Ganze beschleunige: Skizzen macht er herkömmlich von Hand in ein Buch, danach arbeitet er mit einem Grafiktablet. «Insbesondere das Colorieren geht so schneller als analog», sagt er.

Seine Bilder bezeichnet Amadeus Waltenspühl «als illustrative Welt mit einem grafischen Touch». Zusammen mit der reduzierten Farbgebung ist das nicht unbedingt der klassische Look von Wimmelbüchern, wie man sie kennt.

10’000 Stück Auflage

Der Verlag geht mit einer Erstauflage von 10’000 Stück an den Start, was relativ viel sei im Kinderbuchsegment. Doch weil Wimmelbücher sehr vielseitig genutzt würden, glaubt der Verlag an einen Erfolg im eher kriselnden Buchmarkt. Gerade der angesprochene Klassiker von Mitgutsch sei ein «gigantischer Erfolg», Millionen Exemplare wurden bis heute verkauft.

Neuer Blick auf die Stadt: das Luzerner Wimmelbuch.  (Montage: zentralplus)

Neuer Blick auf die Stadt: das Luzerner Wimmelbuch.  (Montage: zentralplus)

Natürlich backt Matthias Vatter kleinere Brötchen – aber die Hoffnung ist berechtigt, dass sich auch das Luzerner Wimmelbuch zu einem Longseller entwickelt. Als Geschenk oder Mitbringsel von Touristen, denn das Buch ist universell verständlich, weil es ohne Text auskommt.

Zwar seien die Tourismusverantwortlichen in Bern und Zürich bisher zurückhaltend gewesen, weil es nicht in deren klassisches Bild passe. «Ich habe jedoch von Berner Buchhandlungen und Museumsshops gehört, dass das Buch bei Touristen beliebt ist», sagt Vatter. Und er ergänzt lachend: «Sogar der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni Silveri hat ein Exemplar erhalten und freute sich darüber.» Ob auch die Touristen in Luzern drauf anspringen, wird sich noch weisen.

Auch der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni Silveri schaut Wimmelbücher an.  (Bild: zvg)

Auch der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni Silveri schaut Wimmelbücher an.  (Bild: zvg)

Mehr Bilder aus dem Buch in der Galerie:

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