Abstimmungen vom Wochenende

Stadt Luzern gewährt Ausländern mehr Mitwirkungsrechte

Ungewisser Blick in die Zukunft: Luzern ist seinem Ruf als weltoffene Stadt gerecht geworden und hat die «Masseneinwanderungs-Initiative» abgelehnt. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadt Luzern stimmte über drei kommunale und eine kantonale Vorlage ab. Niedergelassenen Ausländern werden politische Mitwirkungsrechte gewährt. Ein Ja gab es auch zur Änderung der Gemeindeordnung bezüglich Ausgaben ohne Voranschlag. Abgelehnt wurde hingegen die Juso-Initiative, stattdessen wurde der Gegenvorschlag angenommen. Auf kantonaler Ebene wurde die Abschaffung der Liegenschaftensteuer gutgeheissen – nur die Stadt stimmte einsam dagegen.

Die Stimmbeteiligung war in Luzern mit über 52 Prozent sehr hoch. Vor allem die nationale Vorlage «gegen Masseneinwanderung» mobilisierte die Stimmbürger an diesem Wochenende. Die Stadt hat diese erwartungsgemäss mit 60,3 Prozent abgelehnt und sogar ein Zeichen in eine gegenteilige Richtung gesetzt: Niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer mit C-Ausweis erhalten erstmals die Möglichkeit, sich stärker politisch einzubringen. Sie sollen künftig Bevölkerungsanträge lancieren und unterschreiben dürfen. Der Bevölkerungsantrag wird die Volksmotion ersetzen. Die nötige Stimmenzahl wird aber von 100 auf 200 erhöht.

Luzerner Stadtpräsident erfreut

Für Stadtpräsident Stefan Roth hat die Bevölkerung mit dem Ja zum Bevölkerungantrag und dem Nein zur Masseneinwanderungs-Initiative die liberale Grundhaltung Luzerns bestätigt. «Die Entscheide passen zum weltoffenen Luzern mit seinen vielen Gästen von nah und fern.» Man habe mit dem heutigen Volksentscheid die Gemeindeordnung entsprechend angepasst, dass Luzerner mit C-Ausweis niederschwellig ihre Anliegen ebenfalls einbringen könnten.

Kantonales Ja zur Abschaffung der Liegenschaftensteuer

Überraschend hat der Kanton Luzern die Volksinitiative zur Abschaffung der Liegenschaftensteuer angenommen. Während in der Stadt Luzern nur gerade 37,18 Prozent Ja stimmten, waren es im Kanton 57 Prozent. Am meisten Zustimmung erhielt das Anliegen im Wahlkreis Sursee (64 Prozent) und auch im Entlebuch und in Wilisau mit über 62 Prozent Ja. Die kantonale Stimmbeteiligung betrug 56,44 Prozent.
Der kantonale Finanzdirektor Marcel Schwerzmann erklärte an einer Medienkonferenz, er erwarte jetzt von allen Politikern, insbesondere von jenen, die an vorderster Front für die Steuerabschaffung gekämpft hätten, dass sie die nun zu fällenden Sparmassnahmen auch mittrügen. Die Regierung will den Steuerfuss von 1,6 bis 2017 auf 1,5 Einheiten zurückführen.
Der Hauseigentümerverband freute sich über das Resultat. Die Mehrheit der Bevölkerung habe erkannt, dass es eines Rechtsstaats nicht würdig ist, zwei Mal für das Gleiche zu kassieren.
Auch bei der «Masseneinwanderungs-Initiative» offenbarte sich ein Stadt-Land-Graben. 53,35 Prozent der Luzerner Kantonsbevölkerung stimmen der SVP-Initiative zu. Das Anliegen erntete am meisten Zustimmung im Entlebuch, wo 67,4% ein Ja einlegten. Nein stimmten einzig die Stadt Luzern und die Auslandschweizer, neben dem Kanton Zug – Zug stemmte sich als einziger Kanton der Zentralschweiz gegen das Anliegen.

Zum Ja des Kantons Luzern zur Masseneinwanderungs-Initiative sagte Stefan Roth am Nachmittag, vor Bekanntwerden des nationalen Resultats, er sei «überrascht». «Von wirtschaftlicher Seite ist die Zuwanderung in vielen Bereichen zentral, man denke etwa an die Gesundheit, die Pflege. Ich bedaure, dass dies nicht besser rübergekommen ist.» Roth vermutet, dass diffuse Ängste die ländliche Bevölkerung dazu bewegt haben, trotzdem Ja zu stimmen. Er erwähnt die Arbeitsplatzssicherheit, steigende Wohnungspreise und Mietzinse.

GSW-Kapitalaufstockung: Solidarität mit Mass

Die Initiative «Für gemeinnützige Wohn- und Gewerberäume der Stadt Luzern» der Jungsozialisten, welche SP und Grüne im Vorfeld unterstützten und die anderen Parteien ablehnten, wurde mit 60,85 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
Den Gegenvorschlag «Änderung des Reglements für den Fonds zugunsten der Gemeinschaftsstiftung zur Erhaltung und Schaffung von preisgünstigem Wohnraum (GSW)» haben die Stimmberechtigten hingegen klar mit 70,75 Ja-Stimmen angenommen.

Manuela Jost zufrieden

Die Luzerner Baudirektorin Manuela Jost, die sich von ihrer Operation wieder erholt und im Amt ist, hatte Grund zur Freude. Sie wertet das Ja zum Gegenvorschlag als «Zeichen der Solidarität» für Menschen mit Zugangsproblemen zum Wohnungsmarkt, sagt sie gegenüber zentral+. Es sei ein schönes Bekenntnis zur Gemeinschaftsstiftung GSW. Sie interpretiere das Ja zum Gegenvorschlag aber auch so, «dass der Steuerzahler in finanziell knappen Zeichen das Geld massvoll ausgeben will.»
Für Manuela Jost ist klar, dass die GSW mit ihren eher unattraktiven Wohnlagen kein Konkurrent zu den Wohnbaugenossenschaften sein kann, die ein anders Segment von Personen ansprächen. «Die GSW richtet sich an Luzerner mit unregelmässigem Einkommen, Migrationshintergrund oder psychischen Problemen, die es sehr schwer haben, auf dem normalen Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden.»
Mit dem Geld, das ab 2017 in jährlichen Tranchen ausbezahlt wird, könne die GSW nun gezielt weiteren Wohnraum erwerben. Erwünscht sei, den heutigen Bestand zu verdoppeln. Die GSW besitzt aktuell 220 eigene Wohnungen und verwaltet 58 städtische Wohnungen.

Ja zur Änderung Gemeindeordnung, Nein zur kantonalen Vorlage

Die Vorlage zur Änderung der Gemeindeordnung «Ausgaben für die ordentliche und wirtschaftliche Staatstätigkeit bei noch nicht verbindlichem Voranschlag haben die Luzerner mit 66,47 % Ja-Stimmen angenommen.

Die Volksinitiative «Abschaffung der Liegenschaftssteuer» des Hauseigentümerverbands lehnte die Stadt Luzern hingegen ab. Der Kanton hat sie angenommen. Damit wir die Steuer nun definitiv abgeschafft. Die Gemeinden und der Kanton rechnen mit Steuerausfällen von je 18 Millionen Franken (siehe auch Infobox).

Ja zu Fabi und Nein zu zwei Volksinitiativen

Die Vorlage «Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur» (Fabi) haben die Stadtluzerner angenommen. Die Volksinitiativen «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» und «Gegen Masseneinwanderung» wurden von der städtischen  Bevölkerung abgelehnt.

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