Beherbergungsabgabe für Zug Tourismus

Zug: Unruhe in der Hotellerie und im Ägerital

Zug wächst und wächst. Neu entstanden sind innovative neue Hotelbetriebe, welche die angestammten Beherbungsbetriebe im wahrsten Sinn des Wortes «alt aussehen lassen». (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Kleinere Zuger Hotels klagen, Zug Tourismus vermittle ihnen zu wenig Logiernächte. Stadthotels würden ausserdem bevorzugt behandelt. Zug-Tourismus-Chef Urs Raschle bestätigt, dass bestimmte Betriebe privilegiert behandelt werden. Der Zeitpunkt der Schelte aus der Hotellerie ist kein Zufall.

Urs Raschle lacht, als ihn zentral+ mit der Kritik konfrontiert. Doch es ist ein bitteres Lachen. «Klagen hören wir seit dem ersten Tag, sie kommen in Wellenbewegungen», sagt der Geschäftsführer von Zug Tourismus. Raschle bestätigt, dass man primär den Betrieben, die Mitglied im Verein seien, einen Mehrwert bieten wolle. Die Mitgliedschaft kostet 200 Franken im Jahr. «Die grösseren Hotels sind alle Mitglieder. Doch wer nichts zahlt, dem können wir auch nicht viel bieten. Da bin ich konsequent und vermittle das auch meinen Mitarbeitenden», sagt Raschle.

Dies trotz eines Kantonsbeitrags von rund 400’000 Franken. «Wir haben zwar einen Kantonsauftrag, sollen die Mittel aber gezielt verwenden», weiss Raschle. Hinter dieser Strategie steht auch der Präsident von Hotelleriesuisse Zugerland, Matthias Hegglin. «Wenn einer nichts zahlen will, hat er gar nichts zu wollen von Zug Tourismus», wehrt sich der «Ochsen»-Hotelier.

Stadt-Land-Graben tut sich auf

Doch es kommt auch andere Kritik auf. Ein Hotelier aus einer Nachbargemeinde von Zug, der nicht namentlich genannt werden will: «Zug Tourismus hat seinen Sitz in der Stadt. Das merkt man halt. Man ist eher interessiert, die Hotels in der Nähe zu berücksichtigen als Betriebe in der Peripherie.» Damit ist Tourismusdirektor Raschle gar nicht einverstanden. «Jeder, der Mitglied ist, wird gleich behandelt.» Vereinsmitglieder erhalten beispielsweise kostenlos einen Auftritt auf der neu gestalteten Webseite von Zug Tourismus.

Kritik übt auch Michael Hostmann, der seit bald 40 Jahren Hotels und Restaurants berät. «Die Hauptaufgabe von Zug Tourismus ist es doch, Logiernächte bringen. Doch sie verkaufen die Hotels nicht mehr. Ich höre von Hoteliers immer wieder, dass sie nicht zufrieden sind. Sie fragen sich, wofür Zug Tourismus eigentlich eine Million Franken im Jahr braucht.» Brisant: Hostmann war vor 20 Jahren im Verkehrs- und Verschönerungsverein Zug aktiv. Hostmann: «Damals hatten wir ein Budget von 60’000 Franken.»

«Müsste es eigentlich besser wissen»

Urs Raschle kontert: «Herr Hostmann müsste es eigentlich besser wissen. Unser Hauptauftrag vom Kanton ist die Präsentation von Freizeitaktivitäten vor der Haustüre an die Einheimischen und Expats. Die Dienstleistungen für Hotels sind nicht genau definiert. Doch natürlich setze ich mich als Volkswirtschafter für die Hotellerie als wichtigen Wirtschaftszweig des Tourismus ein.»

Taxe in allen Gemeinden obligatorisch

Das Beherbergungsgesetz sieht neu eine obligatorische Abgabe pro Nacht und Hotelgast in den elf Zuger Gemeinden vor. Bis dato war die Tourismusabgabe fakultativ. In Zug, Oberägeri, Unterägeri, Menzingen, Baar, Cham und Risch musste sie geleistet werden, während Steinhausen, Hünenberg, Walchwil und Neuheim die Taxe in der Vernehmlassung aus Gründen der Gemeindeautonomie und des zu erwartenden «Vollzugsaufwand» ablehnten.

Die vorgesehene Steuer muss mindestens 90 Rappen und höchstens 2 Franken pro Person und Nacht betragen. Wenigstens 45 Rappen pro Logiernacht, so der Antrag des Regierungsrats, werden Zug Tourismus als kantonaler Tourismusorganisation zufliessen. Der Rest der Taxe wird den lokalen Verkehrsvereinen gutgeschrieben. Damit soll Zug Tourismus eine bessere finanzielle Basis erhalten. Mit dem Gesetz sollen der Organisation rund 40'000 Franken jährlich zufliessen. «Wir erhalten damit eine bessere finanzielle Basis», sagt Urs Raschle, der auch für die CVP im Kantonsrat sitzt (und in Zug als Stadtrat kandidiert).

Doch auch mit dem neuen Gesetz bleibt die Finanzierung des Jahresbudget von Zug Tourismus, das rund eine Million Franken beträgt, kompliziert. 400’000 Franken erhält die Tourismusorgansation vom Kanton, 100'000 Franken von der Stadt Zug, rund 100'000 Franken kommen aus den Beherbergungstaxen der Stadthotels, den Rest erwirtschaftet die Organisation selber.

Matthias Hegglin seinerseits vermutet auch noch andere Gründe hinter der Kritik gewisser Hoteliers. «Zug Tourismus kann Gästen aus dem Ausland keine Übernachtungen vermitteln und den Kanton als Ferien- oder Wochenenddestinationen vermarkten, wenn der Kanton keine attraktiveren Angebote hat.» Er nennt als Beispiele «tolle Spielplätze» oder Mountainbike-Wege, die fehlten.
Urs Raschle seinerseits erklärt, leicht resigniert, er fordere die Hoteliers schon lange auf, attraktive Wochenend-Packages für die Besucher zu schaffen. Doch das Echo sei minim.

Ein Grund für die plötzlich aufflammende Kritik dürfte das neue Beherbergungsgesetz sein, das kommende Woche im Kantonsrat beraten wird (siehe Kasten). Den Anstoss zum Gesetz gegeben hat Philip C. Brunner, SVP-Kantonsrat und Hotelier im Swisshotel Zug in der Chollermüli. «Es kann ja nicht sein, dass die Hotels der Stadt Zug die ganze Beherberbungsabgabe von rund 100’000 Franken jährlich an Zug Tourismus abliefern und die Hotels der anderen Gemeinden teilweise fast nichts an die Finanzierung beitragen.»

Doch auch Brunner glaubt, dass Hoteliers einen finanziellen Anteil leisten müssten. «Man kann nicht öffentliches Geld verlangen für einen einzelnen Wirtschaftszweig und dann erwarten, dass diese Organisation viele Aktivitäten organisiert, ohne dass die Betriebe sich finanziell selber beteiligen. Unsere Branche muss ebenfalls einen Beitrag dazu leisten. Nur wer zahlt, kann mitreden.» Brunner fügt hinzu, sein Vorstoss habe ein «mittleres Erdbeben ausgelöst», vor allem im Ägerital.

Kritik aus dem Ägerital

Kritik gegen die neue Beherbungstaxe kam von Anfang an aus dem Ägerital. Dieses richtet sich touristisch teilweise auf den Kanton Schwyz aus. Überdies arbeitet der lokale Verkehrsverein Ägerital mit Sattel zusammen. Wenn die Hälfte der Beherberungstaxe nun an Zug Tourismus geht, befürchten die Verkehrsvereine von Ober- und Unterägeri, nicht mehr genügend Mittel für ihre Projekte zu haben. Zumal sie mit 1.50 Franken pro Gast am meisten verlangen von den sieben Gemeinden mit «Kurtaxe».

Ein Kritiker des Gesetzes ist Brunners Parteikollege, Thomas Werner. Der Unterägerer sagt auf Anfrage, er bedaure «dass von einem föderalistischen nun auf ein zentralistisches System umgestellt wird.» Er werde dem neuen Gesetz trotzdem «ziemlich sicher» zustimmen. «Wir hoffen, dass Zug Tourismus sich dafür verpflichtet, neben dem Geschäftstourismus die Bedürfnisse des Ägeritals nicht links liegen zu lassen.» Dort seien Freizeit, Sport und Erholung wichtig.

Auch Werners Partei- und Ratskollege Thomas Wyss aus Oberägeri äusserte sich in der Eintretensdebatte gegen das Vorhaben. «Ich fand damals, man sollte Ägeri nicht etwas wegnehmen, was sie gut selber machen können.» Also die Vermarktung ihrer touristischen Vorzüge durch die lokalen Verkehrsvereine. Wyss war in der vorberatenden Kommission. Ob einer der zwei Nein-Stimmenden war, will er zentral+ mit Hinweis auf das Kommissionsgeheimnis nicht verraten. «Wenn die Kommission einer Vorlage zustimmt, kommt sie aber ziemlich sicher durch», sagt Wyss.

Während in Zug debattiert wird, fällt eine Hotelbesitzerin aus allen Wolken, als sie von zentral+ über die geplante Beherbergungsabgabe informiert wird. Ihre Meinung dazu? «Neue Taxen, wir als Milchkuh, da sehe ich gleich rot», sagt Edith Furrer gegenüber zentral+. Sie betreibt mit ihrem Mann das kleine Hotel-Restaurant Lindenhof in Unterägeri. Ihr Fünf-Zimmer-Betrieb sei nicht Mitglied bei Zug Tourismus, erklärt Furrer, «wir zahlen schon 200 Franken Jahresbeitrag an Gastro Zug, das genügt. Wenn es uns schlecht geht, hilft uns auch niemand.»

Gereizte Stimmung in der Hotellerie

Doch die Stimmung in der Zuger Hotellerie ist auch ohne neues Gesetz gereizt. «Es werden teilweise Worte benutzt, die ich vorher nie gehört habe», sagt der Zuger Tourismusdirektor. Abgesehen vom leichten Rückgang der Logiernächte – «früher war unter der Woche kein Hotelzimmer zu haben», sei der Verteilkampf härter geworden. Es sind in den letzten Jahren einige neue Hotels im Kanton Zug und seiner näheren Umgebung entstanden, die trotz günstigen Preisen als sehr innovativ gelten.

Raschle nennt das Hotel Swissever in Linden-Cham, das im März 2013 eröffnet wurde. Es arbeitet mit dem modernen System des «Yield-Managements», bei dem die Preise ständig Angebot und Nachfrage angepasst werden. «Das ist für den Gast natürlich attraktiv», erklärt Raschle. «Die etablierten Schiffe unserer Hotellerie kriegen quasi Konkurrenz durch schnelle Motorboote.» Rasche nennt als weiteres Beispiele das Hotel Holiday Inn Express in Affoltern am Albis. Auch Hotelier Philip C. Brunner bestätigt den grösseren Wettbewerb. In Zug seien die Hotels Garden City und Station dazu gekommen, in Rotkreuz das Apart-Hotel, in Sins das Hotel Arcade.

Statt 20 neu 180 angeschlossene Restaurants

Zusätzliche Konkurrenz haben die Zuger Hotels durch eine neue Spezialvereinbarung mit den Restaurants erhalten. Waren bisher rund 20 Zuger Restaurants Einzelmitglieder bei Zug Tourismus, sind es jetzt auf einen Schlag über 200 Betriebe. «Wir haben mit dem Wirteverband Gastro Zug eine Vereinbarung getroffen, dass alle Mitglieder automatisch auch bei uns Mitglied werden», erklärt Urs Raschle.  Gastro Zug zahlt dafür eine Spezialpauschale. Wie hoch diese ist, wollte er zentral+ nicht verraten. Auch Peter Iten, Präsident von Gastro Zug, will keine Zahl nennen.

Forderungen auch an Tourismusverband

Während Urs Raschle aus der neuen Situation keine Schlüsse zieht, findet Philip C. Brunner, dass die Strukturen von Zug Tourismus vielleicht einmal angepasst werden müssten. «Die traditionelle Gästevermittlung ist tot», sagt Brunner. «Heute läuft fast alles übers Internet. Die Zeit, wo die Hotels erwarten können, dass ihnen Zug Tourismus die Betten füllt, ist vorbei.»

Zug Tourismus müsse deshalb zu einem «Kompetenzzentrum» umgebaut werden, das beispielweise den Hoteliers Kurse anbiete, damit sie Social Media besser einsetzen und nutzen könnten. «Alle müssen sich bewegen und nicht nur jammern», sagt Brunner. Einen positiven Anfang hat Zug Tourismus vor einigen Tagen gemacht. Es fand ein Workshop für Mitglieder von Zug Tourismus im «Ochsen» von Matthias Hegglin statt. Das Interesse hielt sich mit nicht einmal einem halben Dutzend Teilnehmer noch in engen Grenzen.

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