Zuger Jungparteien

Gib mir ein «Like» und komm auf die Strasse!

Im September 2012 protestierten linke Jungparteien vor dem Casino in Zug anlässlich der Fusion der Rohstoff-Unternehmen Glencore und Xstrata.

Gibt es die Zuger Jungparteien? «Und wie!» würden die politisch engagierten Jugendlichen antworten. Und dies beileibe nicht nur virtuell. Die Jungpolitiker wollen keineswegs auf ihr Facebook-Dasein reduziert werden, sondern präsentieren sich auch auf der Strasse. Immer wieder für Aufsehen sorgt dabei – anders als bei den bürgerlich dominierten «Grossen» – ein starkes linkes Bündnis.

«Sie finden die Jungen Grünliberalen auf Facebook», sagt Michèle Kottelat auf die Anfrage, ob es von der Grünliberalen Partei (glp) in Zug eine Jungpartei gäbe. Die Co-Präsidentin der glp verweist auf den Tummelplatz der Zuger Jungparteien. Sie alle politisieren über «Social Media» und werben um «Likes». Alle, das sind die JUSO, die Junge SVP, die Junge Alternative, die Jungfreisinnige und die Junge Grünliberale Zug. Unter den Zuger Jungpolitikern hat einzig die CVP – sie ist im Kanton zwar die stärkste Partei – weder eine Facebook-Gruppe noch eine eigene Partei.

Letzteres bestätigt die CVP-Kantonsrätin Anna Bieri auf Anfrage von zentral+. Junge aktive CVP-Politiker hätten sich in den vergangenen Jahren zwar immer wieder in regelmässigen Abständen getroffen, zu einer Parteigründung kam es aber nicht. Sie spricht von der Krux der Jungparteien. Damit meint sie vor allem die Frage: «Wie kann eine Jungpartei ihr Dasein rechtfertigen, ohne bloss eine kleine Kopie der Mutterpartei zu sein?» Und sie fragt gleich weiter: «Welchen Einfluss kann denn eine Jungpartei auf das Politgeschehen ausüben?»

Eine Partei ohne Einfluss vermeiden

Der 28-jährigen Mittelschullehrerin Bieri ist das politische Engagement von jungen Menschen zwar ein Anliegen, sie ist jedoch sehr skeptisch, wenn es um die Frage nach dem Einfluss der Jungparteien geht: «Dass wir eine mit grossem Aufwand organisierte Jungpartei gründen, die aber keinen ernstzunehmenden Einfluss hat, wollen wir vermeiden», sagt Bieri. Sie ist der Meinung, dass es im Fall der CVP eine solche gar nicht brauche, denn «wir sind in der CVP in der vorteilhaften Lage, dass uns Jungen die Partizipation zugestanden wird und von der Parteileitung aktiv gefördert wird.» Die CVP sei im Kantonsrat auch mit jungen Politikern vertreten. Mit sich selbst nennt Bieri auch Frowin Betschart (31) und Urs Raschle (36). 

Sie alle sind keine richtigen Jungpolitiker mehr. Denn diese sind normalerweise unter dreissig Jahre alt, die wirklich Jungen sogar erst 15-jährig. Sie sind entweder noch in der Schule oder in einer Ausbildung. Solche Jungpolitiker gibt es in Zug. Entgegen der Skepsis von Anna Bieri positionieren sie sich als ernstzunehmende Politiker und sind überzeugt, dass ohne sie in Zug ein wichtiges Element im politischen Treiben fehlen würde. Atilla Cilingir (25), Leiter der jungen glp Zug, sagt ausdrücklich: «Die Jungen wollen mitreden! Die Jungen können überall mitreden!»

JUSO, Alternative und SVP

Am prominentesten treten die Junge Alternative, die JUSO und die Junge SVP auf. Ein kurzer «Check» auf Facebook zeigt: Die Facebook-Gruppe JUSO Zug zählt 62 Mitglieder, die Facebook-Seite der JSVP 76 «Likes». Deutlich an der Spitze liegt die Junge Alternative mit 221 «Likes».

Es sind jene Jungparteien, deren Interessen am weitesten auseinander gehen, die immer wieder mit eigenen Strassen-Aktionen versuchen, die Aufmerksamkeit der «Grossen» und der Bevölkerung auf sich zu lenken. Dabei steht die JSVP in Zug einem relativ starken linken Bündnis aus JUSO und Alternative gegenüber.

Wer ist am aktivsten?

Alle drei Jungparteien sind davon überzeugt, dass sie in Zug am meisten wahrgenommen werden und am aktivsten sind. Yannick Ringger (21), Präsident der JUSO Zug, sagt: «Die aktivsten Jungparteien sind sicher die Junge Alternative und die JUSO. Wir engagieren uns vor allem in Hinblick auf Abstimmungen sehr stark.» Der Abstimmungskampf zur 1:12 Initiative sei von der JUSO angeführt worden, sagt Ringger. Man habe ambitionierte Ziele. Sie will allen voran die Zuger Tiefsteuerpolitik und ihre Folgen bekämpfen. Das heisst für Ringger: Die soziale Verdrängung stoppen und bezahlbaren Wohnraum fördern.

Und die Wahlen im Oktober? «Wir werden sowohl für den Stadtzuger Grossen Gemeinderat als auch für den Kantonsrat antreten», sagt Ringger gegenüber zentral+. In der JUSO sind derzeit zwölf Mitglieder aktiv, die regelmässig an den monatlichen Mitgliederversammlungen teilnehmen. Der Jüngste bei der Zuger Jungpartei ist 17 Jahre alt.

Drei Fragen an Kantonsratspräsident Hubert Schuler

zentral+: Sind die Jungparteien im Kanton Zug einflussreich?

Hubert Schuler: Die Jungparteien haben vielleicht nicht in dem Sinne Einfluss, wie wir uns das als «Erwachsene» vorstellen. Dennoch prägen sie mit ihrer «Unbekümmertheit» auch die Parteien. Manchmal können die Jugendlichen etwas aussprechen, das die Mutterparteien nicht aussprechen dürfen.

zentral+: Die Jungparteien kommunizieren hauptsächlich über Facebook, sind sie da ihren älteren Kollegen voraus?

Hubert Schuler: Ja, bei Social Media sind sie klar voraus. Nur wenige von den älteren Politikern sind aktiv auf Facebook und Twitter, oder haben eine eigene Webseite. Wir können von den Jungen dazulernen.

zentral+: Welche Jungpartei nehmen Sie im Kanton Zug am meisten wahr? 

Hubert Schuler: Es sind vor allem die drei Parteien Junge SVP, die Junge Alternative und die JUSO. Dabei sind ihre Aktivitäten unterschiedlich. Die JSVP schreibt eher Leserbriefe, die beiden anderen Parteien sind auf der Strasse. Oft ist das aber auch vermischt.

«Rohstoff ist unser Thema»

Andreas Lustenberger (27) aus Baar ist Kantonsrat der Alternative-Die Grünen, Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz sowie im Vorstand der Jungen Alternative Zug. Er sagt: «Die Junge Alternative gibt es wohl schon am längsten und sie war auch immer wieder sehr aktiv.» Er nennt Beispiele: «Die Mitorganisation des 1. Mai-Fests, Unterschriften sammeln für das Asylreferendum und gegen den Gripen sowie die Wehrpflichtdemo.»

Lustenberger sieht die Stärke seiner Jungpartei im Thema Rohstoff. «Ich denke, gerade mit unserer konstanten Rohstoff-Kritik und den Protesten vor der Fusion von Glencore und Xstrata haben wir an Einfluss gewonnen.» Für Lustenberger ist es ein Vorteil der Jungparteien, dass sie frecher und direkter auftreten können als die Mutterparteien und dass sie über die Kanäle Twitter und Facebook sehr schnell agieren können.

Von hundert Mitgliedern auf zwanzig und zurück

Aber auch die Jungen im rechten Lager wollen die Aktivsten sein. Der 20-jährige Gregor R. Bruhin, der Exponent der Jungen SVP Zug, ist überzeugt: «Die JSVP ist sicher die stärkste Jungpartei im Kanton Zug, von den Mitgliedern und von den Finanzen her.» Bruhin tritt per Ende Januar von seinem Amt als Präsident der Jungen SVP zurück, weil er sich vollumfänglich auf seine SVP-Ämter in der Stadt Zug konzentrieren will – er möchte bei den Wahlen im Oktober einen Sitz im Grossen Gemeinderat gewinnen.

Er bleibt dennoch im Vorstand der Jungpartei und will weiter aktiv sein. Die JSVP in Zug sei vor allem auf der Strasse präsent, sagt er. Zum Beispiel wenn es um das Sammeln von Unterschriften für Referenden und Initiativen gehe. Aber auch mit Standaktionen zu Abstimmungen, beispielsweise gegen die 1:12 Initiative, oder gegen die Abschaffung der Wehrpflicht.

Dabei waren die Zeiten nicht immer so rosig für die JSVP. Bruhin übernahm das Amt als Präsident der JSVP 2011, weil sein Vorgänger Joel Schnell bereits nach drei Monaten als Präsident «den Bettel hingeworfen hatte». Die personelle Auswahl sei zu dieser Zeit klein gewesen, denn die «Junge SVP war finanziell und personell schlecht aufgestellt», so Bruhin. Er musste sozusagen wieder von vorne beginnen.

«Es lief gar nichts mehr. Es wurden keine Mitgliederbeiträge mehr eingetrieben, die Parteiorgane haben nicht mehr funktioniert. Wir hatten, als ich das Amt antrat, gerade mal noch 20 Mitglieder. Vorher waren es über 100», informiert Bruhin. Sein Stolz auf die geleistete Arbeit ist spürbar. Heute zähle die JSVP in Zug wieder rund 120 aktive Mitglieder. Finanziell wie auch personell sei die Jungpartei wieder gut aufgestellt und seit 2012 habe sie ein eigenes Parteiprogramm, fasst Bruhin seine Erfolge zusammen.

«Die Interessen liegen zu weit auseinander»

Wie sieht es denn mit der Zusammenarbeit unter den Jungparteien in Zug aus? zentral+ wollte wissen, ob die Jungen ihre Kräfte bündeln, um ihren Anliegen mehr Gehör zu verschaffen.

Als in Zug der Stadtrat letztes Jahr entschied, die Ermässigung beim Buspass für Schüler abzuschaffen, haben die Jungparteien das Referendums-Komitee unterstützt. Die Abstimmung wurde gewonnen. Yannick Ringger erklärt, wie das vor sich ging: «Das Komitee für den Buspass ist parteiunabhängig aufgetreten. Die Initiative haben Jolanda Spiess-Hegglin und David Meyer ergriffen. Daraufhin sind Leute aus den verschiedensten politischen Lagern dem Komitee beigetreten, unter anderen Gregor Bruhin, Jonas Feldmann und ich.» Die Parteizugehörigkeit der jeweiligen Mitglieder sei bei diesem Referendum bewusst nicht ins Zentrum gerückt worden, sagt Ringger.

Dennoch, das Buspass-Referendum bleibt in den Gesprächen mit Jungpolitikern das einzige genannte Beispiel, bei dem die Zusammenarbeit über die politischen Lager hinweg funktionierte.

Zusammenarbeit gescheitert

Die Junge SVP organisierte zusammen mit anderen bürgerlichen Jungparteien letztes Jahr einen «Clean-Up-Day» um auf das Thema «Littering» aufmerksam zu machen. Die Aktion fand auch die Junge Alternative im Grunde genommen nicht schlecht. «Wir waren aber der Meinung, dass diese Aktion einzig ein Schuldeingeständnis der Jungen ist, das sagt, dass wir die Verursacher des Müllproblems auf öffentlichen Plätzen sind. Das stimmt so nicht.»

Die Alternative habe ein allgemeineres Statement abgeben wollen und verfasste eine Medienmitteilung mit anderem Inhalt als diejenige er JSVP, sagt Andreas Lustenberger. «Daraufhin sagte Gregor Bruhin, dass er niemals mehr eine Aktion mit uns machen wolle.»

Gregor R. Bruhin bestätigt den Interessenskonflikt: «Im Fall ‹Littering› war die Zusammenarbeit mit der Linken schwierig. Unsere Vorstellungen waren nicht vereinbar.» Er fügt hinzu, dass die Zusammenarbeit am besten mit den Jungfreisinnigen funktioniere, weil die Positionen ähnlich seien.

Am letztjährigen Clean-Up-Day beteiligten sich vor allem Jugendliche.

Am letztjährigen Clean-Up-Day beteiligten sich vor allem Jugendliche.

Die junge glp schaut nach Luzern und Schwyz

Die Jungfreisinnigen und auch die junge glp werden im Kanton Zug weniger stark wahrgenommen als die Junge Alternative, die JUSO und die Junge SVP. Die Junge FDP hat derzeit zwar rund 50 Mitglieder, in der Öffentlichkeit ist sie jedoch nicht sehr präsent. Patrice Zumsteg (25), Vize-Präsident der JFDP sagt: «Wir führen neben unserer Social-Media-Präsenz Anlässe für unsere Mitglieder durch, zum Beispiel ‹Chlausabig›, Poker- oder Info-Abende.» Ausserdem hätten sie in der Geschäftsleitung der Mutterpartei und bei den Wahlkampfgruppen eine Vertretung.

Die junge glp ist in dem Sinne keine Partei wie die anderen Jungparteien. Sie ist der glp Kanton Zug angeschlossen, sagt Michèle Kottelat, die Co-Präsidentin der glp Kanton Zug. Ihre Partei habe verschiedene Gruppierungen, die sich für eine bestimmte Zielgruppe engagieren, aber sie blieben immer unter dem Dach der glp des Kantons Zug, so Kottelat. Der Leiter der Gruppe der jungen glp Zug, Atilla Cilingir, sagt: «Wir können uns der Sachpolitik widmen, ohne dafür einen eigenen Verein gründen zu müssen.»

Zum Zulauf bei der jglp sagt er: «Die Zahl der Mitglieder bei der jglp Zug lässt zu wünschen übrig. Deshalb treffen wir uns mit den Mitgliedern der Sektionen Schwyz und Luzern, und diskutieren über die Regionalpolitik in Form eines Stammtisches.» Er führt den geringen Mitglieder-Zuwachs unter anderem darauf zurück, dass die Jugendlichen sich eher einer Partei anschliessen, die ideologisch geprägt ist. Die glp fokussiere auf Sachpolitik und stehe deshalb manchmal näher bei den Linken, manchmal näher bei den Bürgerlichen.

Mitgliederzahl ist nicht so bedeutend

Es zeigt sich, dass es bei den Jungparteien darauf ankommt, wie aktiv sie tatsächlich sind und nicht darauf, wie viele Mitglieder sie zählen können. Das bestätigt ein Vergleich der Mitgliederzahlen. Obwohl die JUSO und die Alternative mit zwölf und dreissig Mitgliedern deutlich hinter der JSVP mit rund 100 Mitgliedern liegen, bedeutet das nicht, dass sie weniger Gewicht haben.

Für Andreas Lustenberger ist es wichtiger, dass die Jungen in der Politik mehr eingebunden werden. Dafür müssten junge Menschen auf andere junge Menschen zugehen: «Wenn die älteren Politiker auf die Jugendlichen zugehen, funktioniert das nicht», sagt er.

Sowohl Andreas Lustenberger als auch Bruhin bestätigen, dass das Engagement neben der Ausbildung und der Arbeit nicht immer einfach sei. Der abtretende Präsident der JSVP sagt, dass ein Arbeitstag pro Woche nicht ausreiche, um alle Aufgaben zu erledigen und gleichzeitig noch Neues «anzureissen».

Eine Initiative kommt im Frühling 

Der nächste Wurf der Zuger Jungpolitiker wird die Initiative der JUSO und der Jungen Alternativen für mehr bezahlbaren Wohnraum sein. Diese soll diesen Frühling lanciert werden. Spätestens dann werden die Jungparteien erneut auftauchen: «Ich bin zuversichtlich, dass wir mehr wahrgenommen werden, sobald die kantonale Initiative lanciert ist», sagt JUSO Präsident Yannick Ringger. «Jedenfalls werden sich die Medien und Kantonsräte dann mit unserer Vorlage beschäftigen müssen.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Jonas Feldmann
    Jonas Feldmann, 27.01.2014, 19:59 Uhr

    Das «starke linke Bündnis» (Juso & Junge Alternative) rockt Zug! Linke Jungparteien in anderen Kantonen oder die Mutterparteien im Kanton Zug dürften sich hier ruhig ein Vorbild nehmen…

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