Ziel: Mehr Sicherheit für Prostituierte

Neues «Sexgesetz»: Luzern führt Bewilligungspflicht für Bordelle ein

(Bild: Adobe Stock/Dmitri Maruta)

Der Luzerner Kantonsrat hat am Dienstag erstmals das neue Gesetz zur Regelung der Sexarbeit beraten. Mit 95 zu 13 Stimmen sprach sich das Parlament dafür aus, dass künftig Bordelle eine Bewilligung brauchen, wenn sie mehr als zwei Sexarbeiterinnen beschäftigen. Die kritischen Stimmen von linker Seite blieben nicht aus – doch wurden ihre Anträge abgeschmettert.

Der Luzerner Kantonsrat segnete am Dienstag die Änderung des Gewerbepolizeigesetzes für die Regelung der Sexarbeit mit 95 zu 13 Stimmen ab. Konkret bräuchten künftig Bordelle ab drei Sexarbeiterinnen eine Bewilligung. Betriebe mit bis zu zwei Sexarbeiterinnen sind von der Bewilligungspflicht verschont. So darf die Polizei künftig diese Bordelle jederzeit betreten und kontrollieren. Heute bleibt der Polizei oftmals der Zutritt in Bordelle verwehrt. Kontrollieren darf sie nur, wenn das Bordell gastgewerberechtlich bewilligungspflichtig ist, oder wenn die Staatsanwaltschaft aufgrund eines Verdachts eine Durchsuchung anordnet.

Parlament folgte Antrag der Kommission

Die Luzerner Regierung bereite deswegen ein neues Gesetz zur Regelung der Sexarbeit vor. Sie plädierte dafür, dass nur Bordelle mit einer Sexarbeiterin von der Bewilligungspflicht verschont bleiben (zentralplus berichtete).

Mit Ausnahme der Grünen waren sich die Parteien in der Vernehmlassung von links bis rechts einig: Das horizontale Gewerbe muss kontrolliert werden. Umstritten war lediglich – wie auch bei der heutigen Detailberatung – wie viele Sexarbeiterinnen ein Bordell noch haben darf, um von der Bewilligungspflicht befreit zu sein.

Die Justiz- und Sicherheitskommission (JSK) unter dem Präsidium von Inge Lichtsteiner (CVP) beriet das Gesetz vor und strebte eine Lockerung an. Bordelle mit höchstens zwei Sexarbeiterinnen seien von der Bewilligungspflicht auszunehmen (zentralplus berichtete). Das Parlament folgte diesem Antrag der JSK klar und stimmte mit 91 zu 21 Stimmen zu.

SVP vertritt Meinung der Regierung

Nur die SVP unterstützte die Haltung der Regierung. So sagte SVP-Kantonsrat Pirmin Müller: «Die SVP will die Ausnahmebestimmung auf 1-Personen-Betriebe begrenzen – sonst sind die Schlupflöcher und damit auch die Gefahr eines Missbrauches einfach zu gross.» Der Vorschlag der Regierung, dass nur Bordelle mit einer Sexarbeiterin keine Bewilligung benötigen, sei «pragmatisch und sinnvoll».

Dagegen hielt Kommissionspräsidentin Inge Lichtsteiner. Eine Ausnahmebestimmung für Bordelle mit bis zu zwei Sexarbeiterinnen verhindere, dass diese mehrheitlich alleine arbeiten, um nicht unter die Bewilligungspflicht zu fallen. Arbeiten Sexarbeiterinnen zusammen, könnten sie aufeinander Acht geben, die Sicherheit sei am besten gewährleistet.

FDP-Kantonsrat Rolf Born betonte zudem die Gewerbefreiheit. Um Sexarbeiterinnen zu schützen und um gegen Ausbeutung anzukämpfen, seien solche staatlichen Massnahmen zwar sinnvoll. Aber wenn bereits Bordelle mit nur einer Sexarbeiterin eine Bewilligung bräuchten, sei dies unverhältnismässig.

Keine Extraklausel für das Aufdecken von Menschenhandel

Für die Linke blieben viele Fragen offen. SP-Kantonsrätin Melanie Setz-Isenegger warf die Fragen in die Runde, wohin sich die Sexarbeiterinnen wenden könnten, wenn sie Unterstützung bräuchten. Oder wie die Probleme der Strassensexarbeit angegangen werden – da das neue Gesetz sich lediglich auf Sexarbeit innerhalb von vier Wänden beschränkt. Aber auch die knappen Ressourcen der Polizei sprach sie an. Und: «Wie wird bei den Kontrollen der Fokus auf Aufdecken von Menschenhandel gelegt?»

«Es ist hoffentlich für die Behörden selbstverständlich, dass die Kontrollen keine Schikane sind.»

Melanie Setz-Isenegger, SP-Kantonsrätin

Sie fuhr fort: «Es ist hoffentlich für die Behörden selbstverständlich, dass die Kontrollen keine Schikane sind – sondern ein Vertrauensverhältnis ermöglichen sollen.» Bei den Kontrollen sollten auch die Arbeitsbedingungen der Sexarbeitenden überprüft werden und ob die Sexarbeiterinnen volljährig sind. Die Behörde soll effektiv Menschenhandel und Ausbeutung aufdecken. So stellte Setz-Isenegger den Antrag, dass im Gesetz explizit festgeschrieben wird, dass die Polizei bei Kontrollen Hinweisen auf Menschenhandel und Ausbeutung nachgehe.

Ihr Antrag wurde jedoch mit 71 zu 41 Stimmen abgelehnt. Die Bürgerlichen argumentierten, dass diese Klausel überflüssig sei. Marlis Krummenacher von der CVP vertrat die Ansicht, dass die Polizei gut ausgebildet sei und bei Verdacht auf Menschenhandel nötige Massnahmen einleite. Und Kommissionspräsidentin Inge Lichtsteiner betonte, dass diese Strafbestände bereits im Strafgesetzbuch eingetragen seien.

Gebühren bleiben kostendeckend

Kritische Stimmen kamen insbesondere bei den Grünen auf. Monique Frey sagte, dass zu hoffen sei, dass das neue Gesetz Frauen und Männern im Sexgewerbe mehr Schutz biete und Ausbeutung strafrechtlich verfolgt werde. Mit dem Gesetz alleine werde man das jedoch nicht erreichen. Dieses sei ein reines Kontrollinstrument, so Frey: «Mit dem Gesetz bauen wir reine Kontrolle und Repression auf.» Es sei ein wenig so, als ob die gut gekleideten Herren den Sexarbeitenden Stempel aufdrücken würden.

Frey betonte, dass es Beratungen brauche und Menschen, zu denen Sexarbeitende Vertrauen haben können. «Kontrolle und Beratung kann man nicht beides an die Polizei auslagern», so Frey. «Es sind zwei verschiedene Organe, die man trennen muss.»

«Mit der Botschaft zum neuen Gesetz können wir dem Sexgewerbe keinen Heiligenschein auferlegen.»

Marlis Krummenacher, CVP-Kantonsrätin

Auch der grüne Kantonsrat Hans Stutz warf der Regierung bereits in der Vernehmlassung vor, dass es ihr nur um «Kontrolle und Moneten» ginge. Mit einem Antrag forderte er, dass im Gesetz der Satz gestrichen wird, der festlegt, dass die Gebühren für das Ausstellen der Bewilligung kostendeckend seien. «Diese Klausel ist nicht so exotisch», hielt Regierungsrat Paul Winiker dagegen. «In 15 Gesetzen ist diese Klausel enthalten.» Das Parlament lehnte den Antrag von Stutz mit 79 zu 32 Stimmen ab.

Die Änderung des Gewerbepolizeigesetzes zur Regelung der Sexarbeit kommt nun in die zweite Beratung. Bleibt das Referendum aus und werden die Änderungen auch da abgesegnet, könnte das neue Sexgesetz ab 2020 gelten. «Mit der Botschaft zum neuen Gesetz können wir dem Sexgewerbe keinen Heiligenschein auferlegen», meinte Marlis Krummenacher. «Aber vielleicht können wir eine kleine Verbesserung erreichen.»

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