Neues Schauspiel: Vergabe der Departemente

Luzerns und Zürichs Regierung: Zwischen schlecht und ungeschickt

Die Kantone Luzern und Zürich haben diesen Frühling eine neue Regierung gewählt. 

(Bild: Montage les)

Marcel Schwerzmann muss das Luzerner Finanzdepartement abgeben. Der Entscheid warf Wellen. Auch im Kanton Zürich sorgt die Departementsverteilung für rote Köpfe. Die Frage sei erlaubt, wer macht’s schlechter?

24. März, eine Woche vor den Luzerner Wahlen: Die grüne Welle erfasst den Kanton Zürich. Grüne und Grünliberale legen im Parlament massiv zu, dem 32-jährigen Martin Neukom von den Grünen gelingt gar der Sprung in die Regierung. In Luzern schöpft das Lager der Grünen Hoffnung (zentralplus berichtete).

31. März: Korintha Bärtsch von den Grünen landet bei den Regierungsratswahlen überraschend auf dem fünften Platz. Vor SP-Kandidat Jörg Meyer und vor dem bisherigen Finanzdirektor Marcel Schwerzmann. Weil im Kanton Luzern das absolute Mehr jedoch anders berechnet wird, muss Bärtsch in einen zweiten Wahlgang – und bleibt am 19. Mai chancenlos.

In Zürich erhalten alle ihre Wunschdepartemente

Soweit die Resultate aus den beiden Kantonen mit dem blau-weissen Wappen, deren Ausgang Geschmacksache sein dürfte. Ein ganz anderes Kapitel sind die Departementsverteilungen. Hierbei machen beide Regierungen keine gute Falle. Die Zürcher führen die Wähler bewusst an der Nase herum, die Luzerner setzen sich zumindest dem Vorwurf aus. 

In Zürich fand die erste Sitzung der neuen Regierung am 6. Mai statt. Die fünf Bisherigen wollten ihre Departemente behalten, die neue Regierungsrätin Nathalie Rickli (SVP) übernahm das Gesundheits- und der Grüne Neukom das Baudepartement. Alle hatten ihr Wunschdepartement erhalten und konnten sich an die Arbeit machen. Die Neuen machten ihre Zufriedenheit mit ihrem neuen Job via Twitter publik.

Zuger Regierung blendete Fall Villiger aus

Erst im letzten Oktober wählte das Zuger Volk seine neue Regierung. Auch Beat Villiger (CVP) schaffte die Wiederwahl, obwohl er kurz vor dem Wahlsonntag wegen angeblicher Urkundenfälschung in die nationalen Schlagzeilen geriet. Von verschiedenen Seiten wurde anschliessend ein Departementswechsel gefordert (zentralplus berichtete).

Doch die Regierung hatte dafür kein Gehör. Und sie kommentierte allfällige Diskussionen rund um Beat Villiger auch nicht, wofür sie stark kritisiert wurde (zentralplus berichtete). Die Zuger Regierung verpasste mit ihrem Handeln die Chance auf einen Neuanfang – auch darum kann es bei einer Departementsverteilung gehen. 

Doch so eitel Sonnenschein war die ganze Angelegenheit nicht. SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr schreibt in einer verwaltungsinternen Kolumne, die dem «Tages-Anzeiger» vorliegt: «Die Ämtervergabe der Zürcher Regierung ist ein einziges Theater – eines, bei dem der Öffentlichkeit Dinge vorgegaukelt werden, die in Wirklichkeit ganz anders laufen.» Wer welches Departement erhalten habe, sei bereits kurz nach den Wahlen in einer geheimen Sitzung eingefädelt worden.

Gegenüber der Zeitung doppelt Fehr nach. Am Tag, an dem die neue Legislatur begann, habe sich das neue Gremium im Regierungsratszimmer getroffen. Die Sitzung dauerte lediglich ein paar wenige Minuten, da öffneten sich die Türe wieder. «Danach verlas der Parlamentspräsident das Beschlussprotokoll. Dabei handelte es sich in Tat und Wahrheit aber um jenes der Vorbereitungssitzung, Wort für Wort. So was liesse sich in derart kurzer Zeit ja auch gar nicht verfassen. Sie sehen: Da wird von allen Beteiligten gehörig Theater gespielt», hält die Zürcher Justizdirektorin fest. 

Bürotisch musste unaufgeräumt bleiben

Aus drei Gründen kritisiert Fehr dieses Vorgehen. Es sei unehrlich, weil die Regierung in einer Dunkelkammer agiere. Die Regierung sollte Transparenz schaffen und zeigen, wie und nach welchen Spielregeln sie arbeite. Zweites sei es unwürdig, weil alle Informierten gezwungen seien, über Wochen ihr Umfeld zu täuschen. Und drittens leide die Amtsübergabe unter der Geheimniskrämerei. Das sei für die Verwaltung schlecht, weil teilweise nicht einmal Generalsekretäre eingeweiht seien. Fehr selbst erklärt, nach ihrer Wahl vor vier Jahren habe sie ihren Vorgänger gar zwei Mal bei ihm zu Hause besuchen müssen.

«Das Vorgehen sollte nüchtern, transparent und systematisch sein», konstatiert Fehr.

Die Zürcher Regierung posiert im Innovationspark in Dübendorf.

Die Zürcher Regierung posiert im Innovationspark in Dübendorf.

(Bild: André Springer)

Wie seltsam diese Amtswechsel in Zürich vonstatten gehen, hält Fehr schliesslich in einem absurden Beispiel fest. Vor vier Jahren sei an der vorkonstituierenden Sitzung beschlossen worden, dass Ernst Stocker von der Volkswirtschaft zu den Finanzen wechselt. «Damit niemand Verdacht schöpfte, musste er am letzten Tag als Volkswirtschaftsdirektor den Schreibtisch so hinterlassen wie immer. Er konnte nichts ordnen oder sauber ablegen, sondern musste den Eindruck hinterlassen, dass er am Montag an den Dossiers weiterarbeiten würde», so Fehr. So viel zum Theaterspiel in Zürich.

Regierung entzieht Schwerzmann die Finanzen

Nun nach Luzern: Auch hier traf sich die Regierung bereits zwei Tage nach dem zweiten Wahlgang. Sie verkündete die Departementsverteilung umgehend. Die Amtsübergabe auf den 1. Juli hin konnte geplant werden.

Doch die Mitteilung der Regierung enthielt eine Überraschung. Der vormalige Finanzdirektor Marcel Schwerzmann übernimmt das Bildungs- und Kulturdepartement. Und damit begann das Theater in Luzern. Als Erstes wurde in den Büros des KMU- und Gewerbeverbandes Luzern (KGL) in die Tasten gehauen (zentralplus berichtete). 

Die Luzerner Regierung bleibt männlich (von links): Paul Winiker, Reto Wyss, Guido Graf, Fabian Peter, Marcel Schwerzmann.

Die Luzerner Regierung bleibt männlich (von links): Paul Winiker, Reto Wyss, Guido Graf, Fabian Peter, Marcel Schwerzmann.

(Bild: jal)

Die Luzerner Politik war überrumpelt und wollte wissen, wie der Entscheid zu Stande kam. Doch die Regierung schwieg eisern. Der als Auskunftsperson beauftragte Paul Winiker durfte keine substantiellen Aussagen machen. zentralplus biss sich auch am designierten Finanzdirektor Reto Wyss die Zähne aus (zentralplus berichtete). Er spielte seine Rolle in diesem Schauspiel gekonnt. 

Der CVP wurde in Leserbriefen ein Machtpoker vorgeworfen, die Partei selbst fühlte sich zu Unrecht kritisiert, schliesslich habe es für die Rochade zumindest einen dritten Regierungsrat (Peter) gebraucht. 

Übergabe in Luzern wohl einfacher

Was bleibt? Formal lief die Ämterverteilung in beiden Kantonen korrekt ab. Die Zürcher Geheimniskrämerei um die künftigen Vorsteher kann als schlecht bezeichnet werden. Schwierigkeiten bei der Übergabe von alten zu neuen Vorstehern scheinen vorprogrammiert.

Dieser Prozess verläuft in der Luzerner Verwaltung sauberer. Bereits kurz nach der Wahl erfahren Kantonsangestellte, ob sie allenfalls einen neuen Chef erhalten. Über das Warum hüllten die Luzerner einfach einen Mantel des Schweigens, die Spekulationen konnten starten. Ungeschickt ist diese Vorgehensweise allemal.

Regierungsräte als Theaterspieler: Eine Rolle, die vielleicht nochmals überdacht werden müsste.

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