Neuer Bericht statt griffige Massnahmen

Luzerner Regierung erteilt Klimaturbos eine Abfuhr

Vom Schwanenplatz strömt plötzlich eine weitere demonstrierende Menge vor die Kapellbrücke.

(Bild: sah)

Die Luzerner Regierung beantwortet ein ganzes Bündel an klimapolitischen Vorstössen: Von dringenden und weitreichenden Forderungen will diese ebenso wenig wissen wie von der «symbolischen Aktion» des Klimanotstands. Darum dürfte es an der kommenden Klima-Sondersession im Kantonsrat heiss zu- und hergehen.

Hitzesommer, Trockenheit, Klimanotstand: 15 Vorstösse zur Klimakrise haben Luzerner Kantonsrätinnen in den letzten Monaten eingereicht. Grüne, SP und GLP fordern damit unmissverständlich schnelle Massnahmen statt weiterer Berichte. Je ein Vorstoss kam auch von der CVP und FDP. Für den 24. Juni hat der Regierungsrat eine Klima-Sondersession angekündigt, an der die Anliegen debattiert werden.

Nun liegen die Antworten auf die Klimavorstösse vor, einige davon unterstützt die Regierung und erklärt sie als erheblich. So etwa eine bessere Information bei Hitze, eine Minimierung der Folgen von extremer Trockenheit, die Förderung von Solaranlagen oder Holzheizungen sowie neue Massnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstosses in der Mobilität.

Pariser Abkommen verpflichtet

Der Regierungsrat anerkennt den Einfluss des Menschen auf die Klimaveränderung und benennt wiederholt die Folgen der Klimakrise für Umwelt, Tiere und Menschen. Weitere Massnahmenpläne und Sensibilisierungskampagnen sind aufgegleist – und vor allem zeigt die Regierung auf, was bereits heute getan wird und umgesetzt ist. Etwa das neue kantonale Energiegesetz, das seit Anfang Jahr in Kraft ist und eines der modernsten der Schweiz sei.

«Gefragt ist ein Engagement aller Akteure.»

Luzerner Regierungsrat

«Der Kanton Luzern setzt sich – insbesondere auch in den zuständigen Regierungskonferenzen – seit längerem dafür ein, den Ausstoss der Treibhausgase zu verringern», schreibt die Regierung in der Antwort auf einen Vorstoss. Das langfristige Ziel einer 2000-Watt-Gesellschaft sei in den Gesetzen und Planungen verankert. Der Kanton Luzern hält sich an die Reduktionsziele des Bundes, der sich im Rahmen des Pariser Abkommens zu einer Senkung des CO2-Austosses bis 2030 um 50 Prozent verpflichtet hat.

Projektgruppe statt Spezialkommission

Gleichzeitig hütet sich die Regierung vor schnellen und weitreichenderen Massnahmen: So lehnt es die Exekutive ab, den Klimanotstand auszurufen, die Kantonsverfassung mit dem Klimaschutz zu ergänzen oder eine Spezialkommission in Sachen Klimaschutz einzuberufen – so wie das weitere Vorstösse forderten. Auch Massnahmen wie die prioritäre Behandlung von Klimavorstössen, einen Steuerrabatt für Wenigfahrer («falscher Anreiz») oder einer Kantonsinitiative zur Einführung einer Kerosinsteuer erteilt der Regierungsrat eine Absage.

«Es braucht ein konsequentes Handeln in allen Bereichen, die zur Emission von Treibhausgasen beitragen. Gefragt ist ein Engagement aller Akteure», hält die Regierung zwar fest. Aber eine «symbolische, politische Massnahme» wie den Klimanotstand, der die Eindämmung des Klimawandels zu einer Aufgabe der höchsten Priorität machen würde, lehnt die Regierung ab.

Dass der Klimaschutz alle Ressorts betrifft, anerkennt die Regierung und wird darum eine departementsübergreifende Projektgruppe einsetzen, um sämtliche Schnittstellen aller Departemente abzudecken und Synergien zu nutzen.

Der Kantonsrat konnte auch durch diese Aktion nicht vom Klimanotstand überzeugt werden.

Klimademonstrantinnen vor dem Luzerner Regierungsgebäude: Sie fordern, dass der Klimanotstand ausgerufen wird.

(Bild: zvg)

Ans Klima anpassen

Die Regierung fährt eine zweigleisige Strategie und will nicht nur die Ursachen des Klimawandels bekämpfen, sondern auch dafür sorgen, dass Menschen und Natur besser auf die zunehmende Hitze vorbereitet sind (Klimaadaption). «Die Gesellschaft ist von den Folgen bereits heute betroffen und muss sich an den Klimawandel anpassen und Massnahmen treffen», so die Regierung. Dazu gehören der Schutz vor Naturgefahren, die Verjüngung von Wäldern, der Schutz der Wasserressourcen und Massnahmen für ältere Leute.

«Es braucht keine Beipackzettel, sondern Wirkung.»

Hasan Candan, SP-Kantonsrat

Im kantonalen Energiegesetz ist zudem verankert, dass die Regierung dem Kantonsrat alle fünf Jahre Bericht über den Stand des Vollzugs des Energiegesetzes erstatten muss – erstmals ist das im 2021 der Fall.

Taten statt Berichte

Das alles reicht noch nicht, ist sich auch die Luzerner Regierung bewusst und verspricht bis 2021 einen neuen Bericht zur Klima- und Energiepolitik, um den Klimaschutz «gezielt und koordiniert» voranzubringen. Darin sollen alle Massnahmen in Sachen Klimaschutz, die in der Kompetenz des Kantons liegen, gebündelt werden. Insbesondere in den Bereichen Gebäude, Industrie, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Raumplanung und Ressourcennutzung.

Der Regierungsrat strebt damit eine breite klimapolitische Diskussion an, 2020 soll der Bericht in einem Vernehmlassungsverfahren diskutiert und 2021 dem Kantonsrat vorgelegt werden.

Ob das der seit den Wahlen erstarkten Klimaallianz im Kantonsrat genügt? Kaum. «Anstatt neue Berichte über Risiken und Nebenwirkungen braucht es unverzüglich griffige Massnahmen. Also keine Beipackzettel, sondern Wirkung», sagte SP-Kantonsrat Hasan Candan kürzlich. Er unterstreicht die Dringlichkeit und hält sich an das Leitmotiv der streikenden Klimajugend: «System change, not climate change.»

An die Adresse des Kantonsrates schreibt die Regierung, als ob es ein Wink mit dem Zaunpfahl wäre: «Ihr Rat hat jederzeit die Möglichkeit, konkrete Massnahmen zu fordern.» Das dürfte nur eine Frage der Zeit sein.

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