Ein unglaublich kompliziertes Interview

Am neuen Finanzdirektor beisst man sich die Zähne aus

Reto Wyss verlässt das Bildungs- und Kulturdepartement und wird neuer Finanzdirektor.

(Bild: jwy)

Wie genau kam es zur Rochade in der Luzerner Regierung? Nicht mehr Marcel Schwerzmann, sondern Reto Wyss ist ab dem 1. Juli Finanzdirektor. An einem Medientermin rückte zentralplus dem CVP-Politiker auf die Pelle.

Diesen Freitag stellte Bildungsdirektor Reto Wyss vor, wie gut die Luzerner Schüler unterwegs sind. Sein Urteil: Deutsch zufriedenstellend, Englisch gut, Handlungsbedarf in Mathematik.

Hiermit endet die Berichterstattung über den Inhalt der Medienkonferenz. Viel interessanter an der Personalie Reto Wyss ist nämlich dessen überraschender Wechsel ins Finanzdepartement (zentralplus berichtete). Die Gesprächssituation während der Medienkonferenz mit dem CVP-Magistraten nahm groteske Züge an. 

zentralplus: Reto Wyss, ist es Ihnen im Bildungsdepartement verleidet?

Reto Wyss: Nein natürlich nicht. Das hat nichts damit zu tun.

zentralplus: Können Sie Ihren Wechsel erklären?

Wyss: Nein, dazu kommuniziert Paul Winiker.

zentralplus: Also er kommuniziert nicht.

Wyss: Das kommentiere ich nicht. Ich nehme dazu keine Stellung. Ich stehe für fachliche Fragen im Bildungsbereich bis Ende Juni gerne zur Verfügung.

zentralplus: Finden Sie nicht auch, dass dies für Ihre Wähler unbefriedigend ist?

Wyss: Schweigt.

zentralplus: Was haben Sie für Reaktionen erhalten? Dazu können Sie ja sprechen, das hat nichts mit dem Zustandekommen des Entscheids zu tun.

Wyss: Für diese Frage bin ich wohl auch der Falsche. Ich bekomme nur die positiven Reaktionen. Was ich bekomme, ist also sicher nicht repräsentativ.

zentralplus: Kein Anflug von Kritik?

Wyss: Ich nahm nur positive Reaktionen wahr.

Nachdem die Fragerunde im Plenum fertig ist, stehen Radio- und Fernsehstationen bereit, um mit Reto Wyss Interviews zu führen. Nach einem kurzen Exkurs über die Schulergebnisse kommt man auch da zur Frage: Was hat Reto Wyss zu seinem Wechsel bewegt? Die Antworten wiederholen sich. Auch zentralplus nimmt sich den 54-Jährigen nochmals zur Brust.

zentralplus: Aber Reto Wyss, jetzt wird über einen Machtkampf in der Regierung spekuliert. Das ist doch ein denkbar schlechter Start für Ihr Gremium.

Wyss: Die Departementsverteilung ist Sache der Regierung.

zentralplus: Die Bevölkerung will doch wissen, was Sie zu diesem Wechsel bewegt hat.

Wyss: Die Bevölkerung wählt Regierungsräte und nicht Departementsvorsteher.

zentralplus: Marcel Schwerzmann hat explizit als Finanzdirektor kandidiert. Nun muss er mit der Bildung und Kultur Vorlieb nehmen.

Wyss: Die Regierung hat entschieden, dass diese Departementsverteilung zum jetzigen Zeitpunkt für den Kanton die richtige ist.

zentralplus: Dann war es ein Fehler von Marcel Schwerzmann, sich als Finanzdirektor der Bevölkerung anzubieten?

Wyss: Ich habe in keinem meiner Wahlkämpfe für ein Departement aspiriert.

«Es hat ja niemand mit diesem Entscheid gerechnet!»

zentralplus: Gaudenz Zemp, Direktor des Gewerbeverbands, fordert die Regierung auf, den Entscheid zu begründen (zentralplus berichtete). Sehen Sie keinen Bedarf?

Wyss: Gegenüber Gaudenz Zemp kommunizieren wir genau gleich wie Ihnen gegenüber.

zentralplus: Fakt ist: Sie werden Finanzdirektor. Was sind Ihre Vorstellungen der Luzerner Finanzpolitik?

Wyss: Sie können mir diese Frage gerne ab dem 1. Juli stellen, wenn ich meine Arbeit als Finanzdirektor aufgenommen habe.

zentralplus: Können wir am 1. Juli einen Interviewtermin vereinbaren?

Wyss: Ich kenne meine Agenda noch nicht, aber Sie können sich gerne über die Medienstelle melden. 

zentralplus: Sie merken ja selbst, wie das Thema die Leute bewegt. Warum sagen Sie nichts?

Wyss: Es hat ja niemand mit diesem Entscheid gerechnet! Aber so ist es nun einmal, die Regierung hat zu fünft diesen Entscheid gefällt.

zentralplus: Die Parteien waren nicht informiert? 

Wyss: CVP-Präsident Christian Ineichen wusste von gar nichts und war selbst sehr überrascht. Ich habe mich mit niemandem ausgetauscht.

zentralplus: Ok.

Wyss: Haben Sie das Gefühl, mir ist es im Bildungs- und Kulturdepartement verleidet?

zentralplus: Im Bildungswesen vielleicht nicht, aber dass Sie mit den Kulturschaffenden das Heu nicht immer auf der gleichen Bühne haben, ist ja bekannt.

Wyss: Ja, das ist anspruchsvoll. Die Zielvorstellungen sind sehr unterschiedlich.

zentralplus: Das wird sich im Finanzdepartement aber nicht ändern.

Wyss: Ich bin motiviert, diese Aufgabe anzutreten.

zentralplus: Alle hätten ein Wechsel ins Baudepartement von Ihnen als gelerntem Bauingenieur verstanden. 

Wyss: Ja, jetzt kam es anders.

zentralplus: Sie liebäugelten aber schon mit diesem Departement?

Wyss: Als ich vor acht Jahren in die Regierung kam, war das so. Ich wollte damals das Bildungs- und Kulturdepartement nicht. Aber es ging nicht um meine Befindlichkeiten. Auch dieser Entscheid wurde damals vom Fünfergremium gefällt.

Reto Wyss ist ein lustiger Kerl. Auch ihn amüsiert das Frage-Antwort-Spiel. Und er ist sich vollends bewusst, dass seine nichtssagenden Aussagen niemanden befriedigen. Warum sagt er eigentlich nicht, dass ihn der Wechsel nach acht Jahren reize? Das wäre immerhin ein Anflug einer einigermassen nachvollziehbaren Begründung.

Was bleibt? Reto Wyss hat den Machtkampf innerhalb der Regierung gewonnen. Der Entschied spricht für sich. Man hat dem parteilosen Finanzdirektor das Ressort und ihm damit auch das Vertrauen entzogen. Zu sagen gäbe es dazu viel.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von estermap
    estermap, 25.05.2019, 10:52 Uhr

    Wer glaubt, dass der «nette Kerl» nach dem Tratsch mit der Kultur und nach dem Küng-Abgang als Bauing. nicht ins Baudepartement wechseln wollte, nun in der – zwar einflussreichen – Buchhaltung glücklich sein wird und dafür «nur die positiven Reaktionen» bekommen habe, ist naiv.

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