Showdown zwischen Tännler, Michel und Hegglin

Zuger Ständeratswahlen werden so spannend wie ein Western

Lee Van Cleef (Michel, links), Clint Eastwood (Tännler) und Eli Wallach (Hegglin) in «Zwei glorreiche Halunken».

(Bild: Montage zentralplus)

Nachdem SVP-Regierungsrat Heinz Tännler seine Kandidatur fürs Stöckli bekannt gegeben hat, dürfen sich die Zuger auf einen heissen Wahlherbst freuen. Es stehen drei Kandidaten mit intakten Chancen bereit, von denen aber nur zwei in den Ständerat einziehen können. Polit-Experte Iwan Rickenbacher sagt, was die Auseinandersetzung entscheiden wird.

Seit dieser Woche ist es offiziell: Nicht nur der bisherige Ständerat Peter Hegglin (CVP) und der eben abgetretene Regierungsrat Matthias Michel (FDP) kandidieren im Herbst um die beiden Zuger Sitze im Ständerat, auch Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) hat sein Interesse bekundet (zentralplus berichtete).

Damit kommt es am 20. Oktober zum grossen Schlagabtausch, der Filmfreunde an den Höhepunkt eines Kinoklassikers aus dem Jahr 1966 denken lässt: an die Schlussszene in Sergio Leones Spaghetti-Western «Il buono, il brutto, il cattivo» («Zwei glorreiche Halunken»). Dort stehen sich drei Revolverhelden auf einer steinernen Walstatt gegenüber: Sie streiten um reiche Beute – und vor dem Showdown scheint jeder Ausgang möglich.

Einer hat das Nachsehen

Wie in Leones Meisterwerk werden auch bei den Zuger Ständeratswahlen nur zwei Triellanten Erfolg haben. Einer bleibt auf der Strecke. Wer es sein wird, ist derzeit offen. Das ist sehr überraschend. Denn vor nicht allzu langer Zeit schienen die Wahlchancen klar verteilt.

Peter Hegglin (CVP) ist schon seit vier Jahren Ständerat. Und Matthias Michel (FDP), der vier Amtsperioden lang als Volkswirtschaftsdirektor das Erfolgsmodell Zug verwaltete, schien als Nachfolger von Joachim Eder (FDP) die ideale Ergänzung zu Hegglin zu sein. Zumal sich die FDP und die CVP die beiden Ständeratssitze nun schon seit fast fünfzig Jahren brüderlich teilen.

Schlappe an der Urne

Doch eine raffinierte Planung hat Heinz Tännler, der noch 2014 nur das fünftbeste Wahlresultat in der siebenköpfigen Kantonsregierung in Kauf nehmen musste, auf Augenhöhe zu seinen beiden Mitbewerbern gebracht.

Erstens hat er sich zur Wiederwahl in den Regierungsrat gestellt und war so in der Öffentlichkeit präsent. Zweitens ist er unangefochten der starke Mann in der Zuger Regierung, wo seit drei Monaten drei Neulinge am Werk sind. Das bleibt er auch, wenn die Wahl in den Ständerat nicht klappt.

So erfahren wie Tännler ist in der Zuger Regierung nur noch Beat Villiger (CVP), der jedoch wegen der Auto-Affäre politisch angeschlagen ist. Der Zuger Standpunkt zum EU-Rahmenabkommen etwa scheint stark durch die Bedenken des SVP-Magistraten geprägt zu sein.

Tännlers Lieblingsrolle

Die strukturelle Krise der Zuger Staatsfinanzen ist ebenfalls so gut wie vorüber – auch dies spielt Tännler in die Karten. Zumal er diese als Finanzdirektor mit bewältigt hat, ja gewissermassen extra als Problemlöser von der Baudirektion herübergewechselt hat, nachdem Vorgänger Peter Hegglin in den Ständerat gewählt wurde.

Das eigentliche Meisterstück jedoch ist Heinz Tännlers Engagement beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF), das im August und damit wenige Monate vor den eidgenössischen Wahlen über die Bühne geht. Es wird Tännler als OK-Präsident einen Haufen positiver Schlagzeilen besorgen.

«Ich gehe davon aus, dass die eigentliche Ausmarchung zwischen Matthias Michel und Heinz Tännler stattfindet.»

Iwan Rickenbacher, Polit-Experte

Ein grosser Teil des Zuger Establishments ist in die Organisation des Grossanlasses eingebunden und wird dafür sorgen, dass alles reibungslos über die Bühne geht und Tännler in seiner Lieblingsrolle dargestellt wird: als erfolgreicher und zupackender Macher. So könnte das ESAF zu seiner Krönungsmesse werden.

«I denk that is possibel»

Nicht mehr ganz so hell leuchtet der Stern von Peter Hegglin, der im vergangenen Jahr versuchte, in den Bundesrat zu gelangen, in der parteiinternen Ausmarchung für eine Kandidatur aber der Walliserin Viola Amherd unterlag. Das Schaulaufen der Christdemokraten geriet für den bauernschlauen und grundehrlichen Edlibacher zum Rohrkrepierer, indem es einem breiten Publikum seine Schwächen brutal aufzeigte.

Peter Hegglin vor dem Bundeshaus. Hier will er auch weiterhin ein- und ausgehen. Aber nicht im Parlament.

Peter Hegglin vor dem Bundeshaus.

(Bild: wia)

Zuallererst wären da seine mangelnden Fremdsprachenkenntnisse. Wir erinnern uns: «Oh Englisch, c’est difficult». Aufgefallen sind auch seine anfänglichen Schwierigkeiten, sich in Bundesbern einzuleben. Was Hegglin mit langen und einschläfernden Reden im Stöckli zu kompensieren versuchte, wie sich einige öffentlich beschwerten.

Als Finanzdirektor in Erinnerung

Doch nicht alle teilen diese Kritik: «Peter Hegglins Leistungsausweis in Bern ist eigentlich gut», meint der Schwyzer Polit-Experte Iwan Rickenbacher. Als früherer CVP-Generalsekretär mag er Hegglins Leistungen in einem besonders milden Licht betrachten, doch seine beiden anderen Argumente sind nicht zu widerlegen.

Iwan Rickenbacher war 1988 bis 1992 CVP-Generalsekretär, ist heute als Kommunikationsberater und Politik-Experte tätig und war lange MAZ-Stiftungsratspräsident.

Iwan Rickenbacher war 1988 bis 1992 CVP-Generalsekretär, ist heute als Kommunikationsberater und Politik-Experte tätig und war lange MAZ-Stiftungsratspräsident.

(Bild: lwo)

Die CVP sei im Kanton Zug einfach zu stark, als dass die Wiederwahl von Hegglin gefährdet sein könnte. Ausserdem sei er den Leuten in erster Linie als langjähriger und erfolgreicher kantonaler Finanzdirektor im Gedächtnis geblieben. «Ich glaube nicht», antwortet Iwan Rickenbacher auf die Frage, ob die Bundesratskandidatur Peter Hegglin geschadet habe.

Die Sprache der Zahlen

Ein Blick auf die vergangenen Regierungsratswahlen zeigt, dass Peter Hegglin der beliebteste der drei Zuger Politiker war, die sich nun für den Ständerat bewerben (siehe Grafik). Wobei Matthias Michel ebenfalls immer starke Resultate einfuhr – gerade zu Beginn seiner langjährigen Regierungstätigkeit schlug er nach Stimmen sogar Hegglin.

 

 

Hat dies damit zu tun, dass der begeisterte Velofahrer und vierfache Familienvater Michel einst als Kantonsparlamentarier nicht nur wie ein Wirtschaftsfreisinniger auftrat, sondern auch ökologische und gar einzelne soziale Akzente setzte? Diese Details könnten für die Wahlen vom kommenden Herbst neue Bedeutung erhalten – der feinsinnige und vorsichtige Michel ist herausgefordert.

Wie wird der Sommer?

Denn die Umweltthematik rund um den Klimastreik wird derzeit häufig bemüht, um die Wahlerfolge der Grünen und die Niederlagen der Bürgerlichen, insbesondere der SVP, bei den kantonalen Wahlen in Zürich und Luzern zu erklären.

Grüne Anliegen würden auch in Zukunft eine stärkere Rolle spielen, glaubt Iwan Rickenbacher. Wie stark die politische Agenda im Herbst davon geprägt sein wird, hänge davon ab, ob der Sommer besonders heiss oder besonders nass ausfalle.

SVP nach Niederlagen gefordert

Wobei das Umweltthema im Kanton Zug vorab bei den Nationalratswahlen eine Rolle spielen wird, wo die Grünen und Linken eine wirkliche Chance haben, einen der drei Zuger Sitze zu gewinnen. Für die Ständeratswahlen ist bei den kleineren Zuger Parteien derzeit kein kompetitiver Kandidat in Sicht.

Nach Matthias Michel (links) hat nun auch Heinz Tännler seine Ambitionen kundgetan: Er will in den Ständerat.

Einst Kollegen im Zuger Regierungsrat, nun Rivalen: Matthias Michel (links) und Heinz Tännler.

(Bild: Kilian Bannwart/Montage wia)

«Entscheidend für die Wahl in den Ständerat wird sein, wer seine Anhänger besser mobilisieren kann», sagt Rickenbacher. «Ich gehe davon aus, dass die eigentliche Ausmarchung zwischen Matthias Michel und Heinz Tännler stattfindet.» Die SVP werde nach den Niederlagen der vergangenen Monate «alles dafür tun, um ihre Anhänger an die Urne zu bringen».

Alle drei sind fähig und wählbar

Grundsätzlich brächten alle drei valablen Kandidaten eine langjährige Erfahrung als Regierungsrat mit, sagt Rickenbacher. Das stelle eine gute Interessensvertretung für den Kanton Zug in Bern sicher. «Und es bedeutet eine gewisse Gleichwertigkeit der Kandidaten.»

Es kommt also zur Konfrontation auf Augenhöhe. Nicht auf einem Bürgerkriegsfriedhof wie in Sergio Leones Western, sondern an den Urnen des Kantons Zug.

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