Neue Luzerner Flaniermeile dürfte es schwer haben

Borgulas Parkhausidee sorgt bereits für Grabenkämpfe

Seine Pläne stossen noch auf wenig Gegenliebe: Stadtrat Adrian Borgula (Grüne).

 

(Bild: bic)

Der Stadtrat möchte ein unterirdisches Parkhaus beim Pilatusplatz prüfen. Doch bei linken Politikern stösst das Vorhaben auf Kritik. Die aktuelle Parkplatzsituation bezeichnen sie als «Luxus». Auch das Gewerbe ist mit den Plänen des Stadtrates nicht zufrieden – und pocht auf den Status quo.

Geht es nach der Stadt Luzern, soll die Obergrundstrasse im Bereich zwischen dem prominenten Querbau der Mobiliarversicherung und der Einfahrt Richtung Franziskanerplatz für die Autos gesperrt und somit aufgewertet werden. Der Verkehr soll in beide Richtungen über den Hallwilerweg abgewickelt werden (zentralplus berichtete).

Nun sind die nötigen Abklärungen und Konsultationen abgeschlossen. Am Donnerstagmorgen stellte Verkehrs- und Umweltdirektor Adrian Borgula (Grüne) die konkreten Pläne der Öffentlichkeit vor. Interessant: Zur Kompensation der wegfallenden Parkplätze kann sich der Stadtrat auch ein unterirdisches Parkhaus im Gebiet Pilatusplatz vorstellen (zentralplus berichtete).

Gewerbe ist enttäuscht

«Die Stellungnahmen haben gezeigt, dass einige unmittelbar Betroffene die Aufwertung begrüssen würden, aber nur, wenn die Parkplätze nicht verschwinden», begründete Stadtrat Adrian Borgula. Andere wiederum würden wegen der wegfallenden Parkplätzen eine Umgestaltung grundsätzlich ablehnen. «Für eine dritte Gruppe hingegen spielt es nicht so eine Rolle, wie das Projekt letztlich umgesetzt wird», so Borgula.

«Die Schwierigkeiten, bei einer eingeschränkten Erreichbarkeit die Erdgeschosse attraktiv vermieten zu können, ist seit Jahren feststellbar.»

IG Pilatusplatz

Dennoch zeigt man sich auf Seiten des Gewerbes unzufrieden mit dem stadträtlichen Vorschlag. «Die ablehnenden Rückmeldungen bei der Konsultation zur alternativen Verkehrsführung ‹Y-Lösung› am Pilatusplatz finden in der Kommunikation des Stadtrates zu wenig Gewicht», schreibt die IG Pilatusplatz in einer Stellungnahme. Die Organisation setzt sich für die Interessen der Geschäfte rund um den Pilatusplatz ein.

Belastung für umliegende Quartiere?

Die Darstellung des Stadtrates, dass die verkehrsreduzierte Fläche auf der Obergrundstrasse zwischen Hotel Anker und Hirschengraben als «grundsätzlich positiv» anerkannt wird, treffe so nicht zu und die kritischen Rückmeldungen seien weit umfassender und differenzierter, schreibt die IG.

So hatte sie sich in den Gesprächen mit der Stadt ablehnend zu den Plänen geäussert, einen Abschnitt der Obergrundstrasse für die Autos zu sperren. «Diese Ablehnung betrifft mehr als den Wegfall nahezu aller Parkplätze und die damit verbundene massive Schwächung des Detailhandels und der Dienstleister. Die Einschränkung der Erreichbarkeit führt zwangsläufig zu Suchverkehr und damit zu Mehrbelastungen der angrenzenden Gebiete und Wohnquartiere», heisst es.

«Prüfung von alternativen Parkplätzen ist zwingend»

Welche Konsequenzen der Wegfall der Parkplätze haben könnte, zeige sich in unmittelbarer Nähe am Hirschengraben. «Die Schwierigkeiten, bei einer eingeschränkten Erreichbarkeit die Erdgeschosse attraktiv vermieten zu können, ist seit Jahren feststellbar. Diese Entwicklung gilt es am Hallwilerweg zu verhindern», heisst es in Richtung Stadtrat.

Mit der Y-Lösung werde jedoch der motorisierte Individualverkehr (MIV) aus der Obergrundstrasse im Bereich zwischen Hotel Anker und Hirschengraben verdrängt. Es entstehe dadurch aber kein verkehrsarmer Raum, denn in den Spitzenzeiten werde auch künftig mehr als ein Bus pro Minute auf diesem Abschnitt verkehren, so die Kritik.

«Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Stadt, ein Parkhaus für private Liegenschaftseigentümer zu bauen.»

Korintha Bärtsch, Fraktionschefin Grüne

Die IG hat jedoch eine Idee, wie trotzdem mehr Aufenthaltsraum geschaffen werden könnte. «Mit einer grosszügigen Öffnung des Stadthausparks kann ein Teil des Langsamverkehrs durch diesen attraktiven Stadtraum geführt werden, was tatsächlich allen dienen würde. So könnte man zum Beispiel eine Buvette im Innenhof zwischen Stadthaus, Fundbüro und den Einwohnerdiensten eröffnen.

Mit dem Vorschlag eines unterirdischen Parkhauses rennt der Stadtrat bei der IG indes offene Türen ein. «Da eine grosse Anzahl Parkplätze wegfallen wird, ist diese Prüfung im Interesse einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung notwendig», heisst es in der Stellungnahme. Im Rahmen der Mobilitätsstrategie der Stadt sei eine solche Option jedoch so oder so zu klären.

Links-grün hadert mit Parkplatzdiskussion

Und wie sehen das die Befürworter einer Begegnungszone? Grundsätzlich hat man auch auf links-grüner Seite Verständnis für die ersten Reaktionen der Anrainer. «Ich kann nachvollziehen, dass es einen Aufschrei gibt, wenn einem etwas weggenommen wird», sagt Korintha Bärtsch, Fraktionschefin der Grünen im Grossstadtrat. Deshalb sei es enorm wichtig, dass alle Betroffenen umfassend informiert und in den Prozess miteinbezogen werden. «Mit der Konsultation hat der Stadtrat gezeigt, dass er die Betroffenen ernst nimmt», lobt Bärtsch.

Von den Reaktionen und Ankündigungen zeigt sie sich jedoch enttäuscht: «Es wäre schade, wenn das Aufwertungsprojekt schon zu Beginn aufgrund der Parkplatzdiskussion scheitern würde», sagt Bärtsch. Denn bei der Ja-Nein-Diskussion über die Parkplätze handle es sich um alte Schützengräben, die eine offene Debatte stark erschweren würden.

Genauso sieht es auch SP-Grossstadtrat Mario Stübi. «Dabei müsste die Frage der Parkierungsmöglichkeiten eigentlich erst in einem zweiten Schritt diskutiert werden, wenn das Projekt aufgegleist ist», so seine Einschätzung.

«Haltung des Stadtrates ist schräg»

Einig sind sich die zwei auch betreffend einer möglichen Realisierung eines Parkhauses. Beide können diesem Vorhaben nichts abgewinnen. «150 Meter entfernt steht das Parkhaus Kesselturm mit 350 Parkplätzen», so die beiden Parlamentarier. Und Bärtsch führt aus: «Während wir miteinander sprechen, stehen im Kesselturm 91 Plätze leer. Also doppelt so viele, wie mit der Y-Lösung aufgehoben würden.»

«Eine Eins-zu-eins-Kompensation, wie sie der Stadtrat prüfen will, finde ich deshalb etwas schräg», sagt Bärtsch. Zumal man auch ein Auge auf die finanziellen Ressourcen der Stadt haben müsse. «Es müssen andere Optionen geprüft und der Radius erweitert werden», fordert sie. Und weiter: «Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Stadt, ein Parkhaus für private Liegenschaftseigentümer zu bauen.»

«Der Stadtrat will es allen recht machen.»

Mario Stübi, SP-Grossstadtrat

Ähnlich sieht es auch Mario Stübi: «Der Stadtrat will es mit der Machbarkeitsstudie allen recht machen.» Er frage sich aber, was letztlich das Ziel davon ist. «Höchstwahrscheinlich wäre so ein Bau problemlos möglich», so der Grossstadtrat. Letztlich seien aber sowohl eine ersatzlose Aufhebung der Parkplätze wie auch ein weiteres Parkhaus für Autos mitten in der Stadt politisch nicht mehrheitsfähig.

«Parkhäuser gelten als teuer»

Die aktuelle Parkplatzsituation beim Pilatusplatz bezeichnet Stübi als «Luxus». Ausserdem sei es logisch, dass die Schaffung von Stadtraum auf Kosten der Verkehrsfläche, hier konkret für den ruhenden Verkehr, geht. «Kommt hinzu, dass Parkhäuser gemeinhin als teuer und somit für Autofahrer als unattraktiv gelten», so Stübi. Es sei deshalb fraglich, ob ein solches Projekt tatsächlich dem angestrebten Ziel dienen könnte.

«Unseres Erachtens ist die beste Lösung die Beibehaltung des bewährten Status quo.»

Toni Lötscher, Co-Präsident IG Pilatusplatz

Man müsste daher prüfen, ob in der Innenstadt mehr Kurzzeitparkplätze geschaffen werden können, damit sie nicht von Leuten besetzt werden, die ihr Auto einmal in der Woche brauchen. «Solche Parkiermöglichkeiten, wie sie im Gebiet rund um den Pilatusplatz aktuell existieren, machen in einer Stadt Sinn», sagt Stübi.

IG Pilatusplatz: «Kesselturm ist zu weit entfernt»

Dass die Autofahrer auf das Kesselturm-Parkhaus ausweichen könnten, wie es Bärtsch und Stübi vorschlagen, betrachtet man bei der IG Pilatusplatz allerdings nicht als gangbaren Weg, wie Co-Präsident Toni Lötscher auf Nachfrage sagt: «Das sehr enge und in der Höhe beschränkte Parkhaus Kesselturm wird rege benutzt. Es kommt bereits heute oft vor, dass das Parkhaus vollständig belegt ist.»

Vom Eingang des Parkhauses Kesselturm bis zum Hotel Anker seien es beispielsweise 230 Meter, so der Generalagent der Mobiliarversicherung Luzern. «Dazu kommt der Weg innerhalb des Parkhauses. Vollbeladen mit Gepäck ist eine solche Distanz sicherlich grenzwertig.» Bei der Erreichbarkeit würden ausserdem auch zeitliche Faktoren eine Rolle spielen.

«Der Parkierungsvorgang im Parkhaus mit der Fahrt bis zum siebten Stock mag sich lohnen, falls ein längerer Aufenthalt geplant ist», sagt Lötscher. Kurzbesucher schrecke er ab. «Diese werden somit die lokalen Geschäfte meiden und auf andere Anbieter ausweichen.»

«Unseres Erachtens ist die beste Lösung daher die Beibehaltung des bewährten Status quo», betont Lötscher. Allerdings sei die Idee mit der Begegnungszone sehr gut. «Deshalb möchten wir diese im Hof des Stadthauses schaffen.»

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