Analyse zeigt, wer wie tickt

Das sind die extremsten Luzerner Kantonsratskandidaten

Der 25-jährige Bibliothekar und Jungsozialist Sebastian Gasser kandidiert für die Kantonsratswahlen.

(Bild: jusoplus.ch)

Wer steht ganz links? Und wer am rechten Rand? Diese Fragen beantwortet die Wahlhilfe Smartvote. Die «Sieger» ihrer Kategorie wirken eher überrascht, sind aber nicht unglücklich über die Positionierung. Doch es gibt auch solche, die eigentlich in der falschen Partei sitzen.

Auf der Onlineplattform Smartvote beantwortet man 30 oder 50 Fragen und erfährt im Anschluss, welche Kantonsratskandidaten gleich ticken wie man selbst. Die Wahlhilfe hat sich in den letzten Jahren etabliert und gibt insbesondere Unentschlossenen wertvolle Tipps.

Auf einer sogenannten Smartmap werden zudem alle Kandidaten auf einer Links-rechts- und einer Konservativ-liberal-Skala miteinander verglichen. zentralplus hat die vier «extremsten» Kandidaten eruiert. Zudem zwei, die gemäss ihrer Positionierung eigentlich in der falschen Partei sind.  

Der Rechteste: Fredy Winiger

Am rechten Rand steht wenig erstaunlich ein SVP-Mitglied: Fredy Winiger. Der 59-Jährige Landwirt und Gemeinderat von Hohenrain sitzt seit 2011 im Kantonsrat. Winiger ist überrascht: «Einer muss es ja sein», sagt er mit einem Schmunzeln. Er habe den Fragebogen ohne Kalkül ausgefüllt. «Ich liess mich von meinen Erfahrungen und Gefühlen leiten», erklärt er.

Politisch bezeichnet er sich aber durchaus als rechts. «Ich bin für eine restriktive Ausländerpolitik und lehne eine offene EU-Politik ganz entschieden ab», sagt er. Im Kantonsrat setzte sich Winiger insbesondere gegen das Energiegesetz ein. Der Kantonsrat amtet aktuell als Wahlkampfleiter der SVP.

Der Konservativste: Bernhard Steiner

Auch der Konservativste ist ein aktueller SVP-Kantonsrat: Bernhard Steiner aus Entlebuch. Der 50-jährige Kinderarzt lehnt etwa die Legalisierung von Cannabis oder die Homo-Ehe entschieden ab. Den Heimatschutz «zum Schutze der Landschaft vor massloser Überbauung» dagegen erachtet er als sehr wichtig. Steiner sagt: «Das Festhalten von Werten, Traditionen und Kulturen trägt viel zu einer stabilen Gesellschaft bei.» Es zeige sich in der Geschichte von verschiedensten Kulturen, dass das Fehlen eines gemeinsamen Nenners zu Problemen führe.

Für die Ablehnung einer Hanf-Legalisierung macht Steiner medizinische Gründe geltend. Zur Homo-Ehe sagt er: «Gleichgeschlechtliche Paare sind nicht in allen Belangen gleich. Das ist rein biologisch gar nicht möglich.» Für die Entwicklung der Kinder seien Eltern (Vater und Mutter) aber sehr wichtig. 

Sebastian Gasser (links), Fabian Imfeld (oben), Fredy Winiger (rechts) und Bernhard Steiner stehen jeweils am Ende des politischen Pols.

Sebastian Gasser (links), Fabian Imfeld (oben), Fredy Winiger (rechts) und Bernhard Steiner stehen jeweils am Ende des politischen Pols.

(Bild: Montage les)

 

Der Linkste: Sebastian Gasser

Am Ende des linken Spektrums befindet sich Jungsozialist Sebastian Gasser. Der 25-jährige Bibliothekar aus der Stadt Luzern sagt: «Diese Position entspricht vollends meinen Überzeugungen.» Er sei kein Sozialdemokrat, sondern ein Sozialist, erklärt Gasser. Er wünscht sich eine grundlegende Steuerreform und die Abkehr von einer repressiven Sicherheitspolitik. «Ich stehe für mehr Freiräume ein. Die Polizei vermittelt überhaupt kein Sicherheitsgefühl, sondern löst Ängste aus.» 

Gassers politisches Hauptziel wäre aber die Abwahl der Gesamtregierung. «Dieses Gremium besteht aus Dilettanten», sagt er. «Ich möchte eine vielfältige queer-feministische Zukunft in diesem Kanton ermöglichen», so der Jungsozialist. Gasser sorgt auch mit einem speziellen Wahlkampffoto sowie seinem Wahlslogan für Aufsehen: «Linke Paradiesvögel statt bürgerliches Braunvieh!»

Der Liberalste: Fabian Imfeld

«Ich bin erfreut», sagt Fabian Imfeld (FDP) über seine Positionierung am oberen Rand der Liberal-Skala. Liberal zu sein, bedeute für ihn, offen gegenüber Neuem und Veränderung zu sein. «Die Leute sollen sich so entfalten können, wie sie wollen», sagt der 29-Jährige aus der Stadt Luzern. Gesellschafts- und wirtschaftsliberal würden sich demnach ergänzen.

Imfeld bezeichnet die angestrebte Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten als Schritt in die richtige Richtung. Er selbst ist bei einem Luzerner Krankenversicherer angestellt und legt ein besonderes Augenmerk auf die Gesundheitspolitik. «Wir müssen unter anderem mehr Transparenz schaffen und den Wettbewerb fördern», so seine Rezepte zur Senkung der Gesundheitskosten. 

Wenn die Partei das falsche Programm hat

Allgemein zeigt die Analyse, dass Grüne, Grünliberale und SP parteiintern sehr geschlossen auftreten. SVP, FDP und CVP haben viel grössere Streuungen – dies gilt übrigens auch für die jeweiligen Jungparteien.

Auffallend ist ein oranger Punkt (CVP), der mit viel Abstand zum nächsten Parteikollegen am oberen liberalen Rand steht. Es handelt sich um den in Sursee tätigen Rechtsanwalt Markus Sigg. Er bezeichnet sich als liberal. «Der Begriff liberal wird meiner Ansicht nach meist falsch verstanden», erklärt der 52-Jährige.

Beim liberalen Gedankengut wie auch bei ihm steht das Individuum beziehungsweise dessen Freiheit im Mittelpunkt. «Die Freiheit des Einzelnen findet aber seine Grenze in der Freiheit des anderen. Der Staat muss, neben seinen weiteren Aufgaben, den Einzelnen vor der Willkür anderer, wie auch vor der Willkür des Staates selber, schützen», erklärt er.

Trotz seiner liberalen Positionierung fühlt er sich in der CVP gut aufgehoben. «In unserer Partei wird der Pluralismus gelebt», sagt er und verweist etwa auf jene, welche geradesogut auch in einer anderen Partei sein könnten.

Die politischen Profile von Mark Buchecker (links) und Markus Sigg (rechts) passen nicht zurecht zu ihren Parteien.

Die politischen Profile von Mark Buchecker (links) und Markus Sigg (rechts) passen nicht zurecht zu ihren Parteien.

(Bild: Montage les)

Eine interessante Position nimmt auch Mark Buchecker ein. Der FDP-Kandidat steht parteiintern am linken Rand und ist von lauter Grünliberalen umgeben. «Umweltanliegen sind für mich zentral, genauso wie soziale Verantwortung. Auch Tagesschulen und Kinderkrippen erachte ich als wichtig, damit Frauen nicht aus dem Erwerbsleben ausscheiden, wenn sie Kinder kriegen. Heute sind bekanntlich mehr Frauen als Männer an Universitäten eingeschrieben», sagt der 57-jährige Unternehmer. 

Buchecker verweist auf die aktuelle Diskussion um die FDP-Klimapolitik. «Für mich ist völlig klar, dass wir ökologischer denken und handeln müssen. Die Fakten sind eindeutig, die Zeit läuft uns davon und die Natur lässt nicht mit sich verhandeln», sagt er. Trotzdem ist Buchecker klar der Meinung, in der richtigen Partei zu sein. «Ich kann in der FDP diesbezüglich viel mehr bewirken. Bei der GLP nickt man sich in Sachen Klimapolitik nur gegenseitig zu.»

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