Rotkreuz profitiert vom Ausbau der Zugerseelinie

Mit etwas Glück gibts in 12 Jahren den Viertelstundentakt nach Zürich

Pendler am Bahnhof Rotkreuz. Glaubt man den Zahlen, sind die Zuger erfahrene ÖV-Nutzer.

(Bild: Kanton Zug)

Stau auf den Strassen, überfüllte Züge: Die Zuger Wirtschaft lechzt nach besseren Verkehrsinfrastrukturen – auch auf der Schiene. In Steinhausen wollten über 150 ihrer Vertreter wissen, wann der Viertelstundentakt nach Zürich kommt. Sie müssen sich zwar noch lange gedulden – aber ein Zückerchen gibt es schon bald.

Als Novartis vor fünf Jahren seine Aktivitäten für die Schweiz von Bern nach Rotkreuz verlegte, wollte das Pharmaunternehmen näher an den Wirtschaftsraum Zürich rücken. Und fand im Westen des Kantons Zug besonders günstige Bedingungen, um Personal zu rekrutieren.

Dies sagte Simon Rohrer, Novartis-Bereichsleiter, am Mittwochabend in Steinhausen an einem Informationsanlass zum Zimmerberg-Basistunnel II und zum Durchgangsbahnhof Luzern – veranstaltet durch die Interessensgemeinschaft «Wirtschaftsregion Zugwest».

Arbeitspendler brauchen mehr Züge

Die Arbeitskräfte indes wohnen überwiegend nicht im Ort, sondern pendeln zur Arbeit. Weswegen Novartis genauso wie zahlreiche andere Unternehmen im Ennetsee daran interessiert ist, wie der Bahnausbauschritt 2035 umgesetzt wird.

«Der Durchgangsbahnhof Luzern geht politisch durch.»

Peter Hegglin (CVP), Zuger Ständerat

Der sieht bekanntlich den Bau des Zimmerberg-Basistunnels II, eine Neubaustrecke zwischen Baar und Zug, sowie den Ausbau der Bahnhöfe Baar, Zug, Cham, Rotkreuz und Ebikon vor. Sowie die Projektierung des Duchgangsbahnhofs Luzern, der dann im Jahr 2050 Realität werden soll.

«Es gibt keinen Widerstand mehr»

«Politisch ist der Ausbau des Zimmerbergtunnels II gegessen», sagte der Zuger CVP-Ständerat Peter Hegglin. Zwar muss das Parlament den Bau des 1,8 Milliarden Franken teuren Tunnels in diesem Jahr noch bewilligen, doch laut Hegglin «gibt es dagegen keinen politischen Widerstand mehr».

In Bern scheint das für die Zentralschweiz wichtige Projekt auch von Vertretern anderer Regionen nicht mehr in Frage gestellt zu werden und im Kanton Zug hat sich das Komitee «Zimmerberg light», das den bestehenden Albistunnel aufmotzen und den behäbigen Planern beim Bund, den Bundesbahnen und der Zuger Verwaltung Beine machen wollte, mittlerweile aufgelöst (zentralplus berichtete).

Das Fuder nicht überladen

Er habe einzig Bedenken, dass der Ausbauschritt 2035, für den der Bundesrat rund 12 Milliarden Franken eingeplant hat, nun durch weitere Baubegehren aus anderen Teilen der Schweiz überfrachtet und finanziell überlastet werde und so doch noch scheitern könnte, sagte Hegglin.

Aber eigentlich ist er guter Dinge – auch was den Durchgangsbahnhof Luzern anbelangt: «Der geht in der jetzigen Form politisch ebenfalls durch», glaubt er. Die zusätzliche Zeit bis zu seiner Realisierung sei für die Planungsarbeiten nötig.

Vielleicht ist bezüglich des Durchgangsbahnhofs noch ein wenig Skepsis angezeigt. Werner Schurter, Leiter Regionen bei den SBB, sprach an der Veranstaltung von der «Durchmesserlinie in Luzern» statt vom Durchgangsbahnhof.

Ein Versprecher, gewiss – aber einer, der zeigt, dass Leuten aus Zürich und Bern die Zentralschweiz und ihre Bedürfnisse im Grunde fremd sind. Und dass ein entschiedenes Lobbying der Zentralschweizer auch in Zukunft  bitter nötig ist. «Eine enge und einige Zusammenarbeit zwischen Zug und Luzern», stellte der Zuger FDP-Baudirektor Florian Weber in Aussicht. «Das ist diesbezüglich am wichtigsten».

Stündlich sechs Züge aus Zürich

Doch zurück zur Hauptfrage: Wann gibt es den Viertelstundentakt nach Zürich? Für Rotkreuz wird er nach dem Bau des Zimmerbergtunnels Wirklichkeit. Laut Schurter ist die SBB derzeit an einer Konzeptstudie, die bis 2020 abgeschlossen sein soll.

Baubeginn 2025 sei immer noch realistisch, die Eröffnung des Tunnels ist 2035 vorgesehen. «Vielleicht kann das aber auch schon 2030 geschehen», sagte er mit Blick auf Zuger Politiker, die versuchen, der SBB Dampf zu machen.

«Es braucht möglichst schnell zwei Direktverbindungen nach Zürich.»

Simon Rohrer, Novartis Rotkreuz

Dann wird sich die Verbindung zwischen dem Raum Zürich und der Zentralschweiz schlagartig verbessern. Der Zimmerberg-Basistunnel II macht es möglich, acht Personenzüge pro Stunde und Richtung durch den Berg zu schicken, wie der Infrastrukturplaner und SBB-Experte Christoph Fessler ausführte. Ausserdem kommen zwei S-Bahn-Züge durch den bisherigen Albis-Tunnel.

Von diesen zehn Zügen fahren stündlich zwei in Richtung Arth-Goldau und nach Süden, ausserdem führt eine S-Bahn-Linie ins Knonauer Amt weiter. Bleiben sechs Züge auf der Achse Zürich-Zug-Luzern, die mindestens bis Rotkreuz verkehren, bis der Durchgangsbahnhof Luzern gebaut ist.

Tessiner Schnellzüge halten in Rotkreuz

Derzeit hat Rotkreuz eine Direktverbindung nach Zürich. «Das ist zu wenig», sagte Novartis-Mann Simon Rohrer. «Es bräuchte möglichst schnell mindestens zwei». Dieser Wunsch geht zumindest vorübergehend in Erfüllung.

Während die SBB nämlich die Strecke am Zugersee-Ostufer renovieren und ausbauen, werden die Schnellzüge von Zürich ins Tessin über Rotkreuz und das Zugersee-Westufer geschickt. Sie halten ab kommendem Sommer in Rotkreuz und stellen so eine zweite Direktverbindung zwischen Zürich und dem Zuger Ennetsee her.

Arbeitgeber können mithelfen

Sonst brauchen die Pendler in den kommenden 12 bis 17 Jahre Durchhaltevermögen. Denn der SBB bleiben einzig punktuelle Optimierungen. So lässt man bei der Stadbahnlinie S1 zusätzliche Wagen nach Rotkreuz verkehren, wie Schurter sagte.

«Wäre der Zimmerberg-Basistunnel II schon früher gebaut worden, hätte er nur die Hälfte gekostet.»

Peter Hegglin, Ständerat

Abhilfe gegen den Dichtestress zu Hauptreisezeiten schaffen könnten indes nicht nur Politiker und die SBB. Auch die Gesellschaft und Arbeitgeber könnten dazu beitragen, sagte Rohrer. Bei Novartis staffle man den Arbeitsbeginn, setze auf flexiblere Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten.

Ähnliches kennt man von der Hochschule Luzern und auch der Kanton Zug hat im Zusammenhang mit Transportproblemen zur Kanti in Menzingen auf gestaffelten Unterrichtsbeginn gesetzt.

Unternehmer am Rande des Kollapses

So weit, so informativ. Für den Aufreger des Abends sorgte die Anmerkung, dass bei der Konzeptstudie für den 1,8 Milliarden Franken teuren Zimmerberg-Basis-Tunnel II mit einer Kostenungenauigkeit von plus oder minus 50 Prozent gerechnet werde. «Ich kann trotzdem gut schlafen», versicherte SBB-Mann Schurter. Aber einige Zuger Wirtschaftsvertreter im Saal japsten und rangen hörbar nach Luft.

«Wäre der Zimmerbergtunnel, wie 1992 geplant, schon früher gebaut worden, hätte er nur die Hälfte gekostet», merkte Ständerat Peter Hegglin an. Wohl war. Nur wurde er damals zugunsten der Neat zurückgestellt.

Es war nicht der einzige Aufschub. Der Ausbauschritt 2035 stellt den vierten Anlauf dar, die Bahninfrastruktur für die Zentralschweiz doch noch massgeblich auszubauen.

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