Profitieren Heinz Tännler und Manuela Weichelt?

Nach Verzicht der Zuger Freisinnigen: Das sind die Kronfavoriten für Bern

Manuela Weichelt-Picard gibt bekannt, dass sie im Herbst nicht mehr zur Wahl in den Zuger Regierrungsrat antritt. Rechts Andreas Lustenberger, Präsident der Zuger Alternative – die Grünen.

(Bild: mam)

Der Verzicht der Zuger FDP-Parlamentarier Joachim Eder und Bruno Pezzatti macht die eidgenössischen Wahlen vom kommenden Herbst so richtig spannend. Andere Parteien werden den Freisinnigen einen Sitz streitig machen. Vorausgesetzt, sie schicken ihre bekanntesten Köpfe ins Rennen – und die machen dabei auch mit.

Nachdem die beiden 67-jährigen Zuger FDP-Bundesparlamentarier – Ständerat Joachim Eder und der Nationalrat Bruno Pezzatti – im kommenden Herbst nicht wieder zu den Wahlen antreten (zentralplus berichtete), stellt sich eine spannende Frage: Wer wird sie beerben?

Die Kardinalsfrage: Was tut Michel?

Denn auf dem Spiel stehen zwei von insgesamt fünf Zuger Sitzen in der Bundesversammlung. Sowohl die SVP wie auch die Linken haben eine reelle Chance, einen Sitz hinzuzugewinnen – falls für sie alles nach Plan verläuft.

Doch für die Nachfolge von Joachim Eder im Nationalrat steht ein anderer in der Pole-Position: der langjährige Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel (55, FDP).

Italienisch lernen und Zuger KB präsidieren

Michel wäre der ideale Kandidat: ein noch relativ junger Jurist mit 16 Jahren Regierungserfahrung, Kompetenz in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Bildung – der damit durchaus auch in der Tradition des früheren Unterägerer Sekundarlehrers Joachim Eder steht.

Michel hatte in der Vergangenheit klargemacht, dass er seine bisherigen Erfahrungen auf überregionaler Ebene einbringen wollte. Ein politisches Mandat wie der Ständerat sei eine Option – aber eben auch private Mandate für Unternehmen und Einrichtungen interessieren ihn. Bislang ist von Michel lediglich bekannt, dass er Präsident des Bankrats der Zuger Kantonalbank wird und sich nach Amtsende am 31. Dezember für einen Sprachaufenthalt nach Italien zurückziehen wollte.

Tännler hat sich in Position gebracht

Sollte Michel nicht antreten, hat ein anderer die grössten Chancen, ins Stöckli gewählt zu werden. Einer, der vor 16 Jahren die FDP verlassen hatte. Die Rede ist von Heinz Tännler (58, SVP), der im vergangenen Herbst von den Wählern als Finanzdirektor des Kantons Zug bestätigt worden ist.

Ärgern sich über die Kampagne: Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (links) und Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel.

Bis vor kurzem Kollegen, vielleicht bald Konkurrenten: Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (links) und alt Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel könnten für den Ständerat kandidieren.

(Bild: zvg/Kanton Zug)

In Bezug auf die nationalen Wahlen hat er sich immer bedeckt gehalten. Als OK-Präsident des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests hätte er eine ideale Bühne, um sich zu präsentieren.

Zu einer möglichen Kandidatur sagt Thomas Aeschi, Präsident der SVP des Kantons Zug: «Die SVP wird eine Kandidatur prüfen.» Bei den letzten sechs Wahlen habe man fünfmal einen eigenen Kandidaten aufgestellt, lediglich 2006 hielt sich die SVP zurück. Deshalb sei es auch diesmal gut denkbar, dass die SVP antrete. Einen Entscheid darüber werde die Parteileitung aber erst noch fällen und ihn danach den Mitgliedern vorlegen. «Vor vier Jahren geschah das erst im Juni», sagt Thomas Aeschi.

Weg nach Bern führt über Ständerat

Klar ist: Will Tännler nach Bern, dann muss er es im Ständerat versuchen. Denn SVP-Nationalrat Thomas Aeschi tritt erneut an. Und dass die SVP zwei von drei Zuger Sitzen im Nationalrat erringt, ist mehr als unwahrscheinlich.

Michel und Tännler haben es als Mitbewerber mit CVP-Ständerat Peter Hegglin zu tun, der sich in der Bundesversammlung in Bern noch nicht so recht etabliert hat und sicher noch mal für die nächste Legislatur zur Wahl antritt. Da er vom Bisherigen-Bonus profitiert, dürfte er so gut wie gesetzt sein.

Linke wittern Morgenluft

Daneben werden auch die beiden Linksparteien einen Kandidaten ins Rennen ums Stöckli schicken. In der Vergangenheit hatten sie dort auch den einen oder andern Achtungserfolg vorzuweisen – aber richtig nah waren sie einer Wahl nie.

«Den Linken bietet sich durch den doppelten Verzicht nach acht Jahren Abwesenheit im Parlament eine historische Möglichkeit, die Rückkehr zu schaffen», sagt Andreas Lustenberger, Präsident der Grünen – die Alternativen des Kantons Zug. «Im Ständerat wird es schwierig», sagt er. «Aber im Nationalrat besteht eine grosse Chance dazu.»

Pfister und Aeschi gesetzt

Gerhard Pfister (56, CVP) und Thomas Aeschi (40, SVP) sind so profiliert, dass ihre Wahl als sicher gilt. Doch bei den Freisinnigen herrscht Personalmangel – und das schon länger.

Als sie im vergangenen Herbst zwei abtretende Regierungsräte zu ersetzen hatten, musste die FDP in sündhaft teuren Werbekampagnen erst zwei relativ unbekannte Personen bekannt machen.

Andi Hotz hat Wünsche nie verhehlt

Auch jetzt werden sich die Verantwortlichen wohl die Haare raufen, falls Michel passt. Die Partei könnte gar versucht sein, den eben pensionierten alt Baudirektor Urs Hürlimann (63) zu reaktivieren.

Ambitionen für ein Mandat in Bundesbern werden sicher dem abgetretenen Baarer Gemeindepräsidenten Andreas Hotz (59) nachgesagt, der sich eine Kandidatur auch selbst vorbehalten hatte. Für den Nationalrat ist er eine vorstellbare Option, aber gegen Tännler hätte er es im Kampf um einen Ständeratsssitz nicht leicht.

Baars Gemeindepräsident Andreas Hotz.

Andreas Hotz: Geht die Laufbahn des Baarer Freisinnigen in Bundesbern weiter?

(Bild: woz)

Und sonst? Fallen neben Jungspunden und Aufbaukandidaten lediglich ein paar politische Schwergewichte ein, die sich aber für die Wahl in den Regierungsrat im vergangenen Herbst aus dem Rennen genommen hatten. Gabriela Ingold (53) aus Unterägeri etwa, die aus dem Kantonsrat ausgeschieden ist, aber zuvor das wichtige Präsidium der Staatswirtschaftskommission innehatte. Oder Cornelia Stocker (56), die von allen Zuger Kantonsräten im Oktober 2018 die meisten Stimmen verzeichnet hatte.

Carina Brüngger will das Präsidium

Ingold hatte vor vier Jahren mit Bruno Pezzatti für den Nationalrat kandidiert, aber als Zweitplatzierte auf der FDP-Hauptliste nur einen Viertel seiner Stimmen geholt. Fraglich, ob sie sich eine Wiederholung des Wahlkampfs wünscht.

Eine Hoffnungsträgerin in der Partei könnte auch die Steinhauser Gemeinderätin Carina Brüngger-Ebinger werden, die ebenfalls auf einen Regierungsratssitz aspiriert hatte, von ihrer Partei aber nicht berücksichtigt wurde. Sie schliesst eine Kandidatur bei den eidgenössischen Wahlen gegenüber zentralplus aus. «Ich will mich voll aufs FDP-Präsidium konzentrieren», sagt sie, «falls ich gewählt werde.» Brüngger bewirbt sich als Nachfolgerin von Andreas Hostettler, der in den Regierungsrat gewählt wurde. 

Was tun die Grünliberalen?

Für die Linken von Belang sein wird auch das Verhalten der Grünliberalen, die neuerdings im Kantonsrat eine Fraktionsgemeinschaft mit der CVP unterhalten.

Denn vor vor acht Jahren hatte die GLP  Bruno Pezzatti in einer Listenverbindung unterstützt. Nur um später festzustellen, dass Pezzatti alles Mögliche macht, nur keine ökologische Politik (zentralplus berichtete). Die GLP hat deshalb angekündigt, keine Listenverbindung mehr mit der FDP einzugehen.*

Vier Blöcke kämpfen um drei Sitze

«Ich bin gespannt auf das Verhalten der GLP», sagt Lustenberger. Aber wichtig werde ohnehin etwas anderes. Obwohl die Nationalratswahl eine Proporz- und keine Majorzwahl ist, «müssen die Parteien ihre bekanntesten Vertreter ins Rennen schicken», so Lustenberger. Und «mit den besten Köpfen voll angreifen».

«Bei den Nationalratswahlen geht es immer relativ knapp zu», sagt Barbara Gysel, Präsidentin der SP des Kantons Zug. «Vier ähnlich starke Blöcke kämpfen um drei Sitze.» Ein Gewinn sei möglich, «aber schwierig» – und mit vielen Unwägbarkeiten belastet.

Listenverbindung bei den Linken

ALG und Linke sind dabei in der Vergangenheit immer eine Listenverbindung eingegangen. Dies zeichnet sich auch für den kommenden Herbst ab.

Die Frage ist indes, ob die besten Köpfe auch Lust zum Kandidieren haben. Bei der SP gibts einen Kandidaten, der eine Wahl nach Bundesbern mit einiger Wahrscheinlichkeit schaffen könnte: Den langjährigen Stadtpräsidenten Dolfi Müller (64), der sich soeben in den Ruhestand verabschiedet hat.

Gespräche mit Dolfi Müller 

Doch er denkt ans Musikmachen und eine Weltreise. Kann man ihn auch für die Wandelhallen des Bundeshauses begeistern? «Je nach Situation werden Gespräche mit allen möglichen Kandidaten geführt», sagt Gysel. «Das gilt für Dolfi Müller ebenso wie für andere», sagt sie. Nominiert werde erst im Verlaufe des Frühlings.

Auch bei den Alternativen gibts heisse Kandidaten – oder richtiger: Kandidatinnen. Nicht zuletzt ist die christlichsoziale Zuger Stadträtin Vroni Straub (56) immer noch politisch aktiv. Sie hatte im Herbst erneut das zweitbeste Resultat bei den Stadtratswahlen geschafft und sich auch im Duell um das Stadtpräsidium achtbar aus der Affäre gezogen. Beliebtheit im Volk bringt Straub also mit.

Weichelt könnte das Rennen machen

Doch die ALG hat mutmasslich noch ein anderes Eisen im Feuer. Ihre abgetretene Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard (51), die derzeit sich mit einer Ayurveda-Kur vom politischen Leben reinigt. Aber die eine Kandidatur für den Nationalrat bisher nie ausgeschlossen hat.

Weichelt ist bekannt, hat lange Jahre im Zuger Regierungsrat grüne Akzente gesetzt, aber gleichzeitig auch die Politik des bürgerlichen Gremiums mitgetragen – und als Frau Landammann den Kanton Zug vergangenes Jahr würdig vertreten. Sie könnte die erforderlichen Stimmen machen. Bei den Alternativen sammeln die Ortsparteien nun ihre Vorschläge bis Ende März, im April wird nominiert.

Es braucht gute Supporter

Wie auch immer: Eine Kronfavoritin oder ein Kronfavorit allein reicht ohnehin nicht aus, um der FDP den Sitz abzujagen. Auf die Liste gehören auch zugkräftige Kandidaten, die auf einem hinteren Platz der Liste im Interesse der Sache Stimmen sammeln, die ihnen vermutlich nicht selber zugute kommen.

Interesse an einem Nationalratsmandat könnte zum Beispiel Andreas Lustenberger (33), ALG-Kantonsrat und Präsident der Kantonalpartei, bekunden. Er hatte bereits 2015 kandidiert. In Frage käme auch Anastas Odermatt (34), ALG-Fraktionschef im Zuger Kantonsrat.

Welche Namen kommen in Frage?

Allenfalls ein Kandidat, der in der politischen Mitte punkten könnte, wäre Andreas Hürlimann (37), ALG-Kantonsrat aus Steinhausen. Der Betriebswirtschafter hatte für seine Regierungsratskandidatur im Herbst auf das Amt des gemeindlichen Bauchefs verzichtet und schaut sich nun nach einem Job in der Privatwirtschaft um. Je nachdem könnte dies seine Lust und seine Zeit fürs Politisieren beeinflussen.

Bei der SP sind in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Namen wie jene der Kantonsräte Hubert Schuler (62), Barbara Gysel (42) oder Zari Dzaferi (34) auf Wahllisten aufgetaucht. Im Ägerital bekannt und beliebt ist der Kantonsrat und SP-Schulvorsteher Beat Iten (61). Er könnte ebenso Stimmen machen wie Drin Alaj (29), der politische Senkrechtstarter der SP aus Cham.

Bis zu fünf Listen eingereicht

Bei den letzten Wahlen hatten die Parteien ein möglichst breites Publikum anzusprechen versucht, indem sie verschiedene Listen vorlegten, die – untereinander verbunden – den jeweiligen Zugpferden zuarbeiteten. Die SP hatte fünf Listen eingereicht, die Alternativen und die SVP je drei.

Nur CVP und FDP begnügten sich mit zwei Listen, wobei die Kandidaten der Christdemokraten unglaublich stark abschnitten. Ein weiterer Grund, warum sich die Zuger Freisinnigen Sorgen um ihren Sitz machen sollten.

CVP sortiert ihre Karten

Retten könnte sie allenfalls eine weitreichende Listenverbindung mit anderen bürgerlichen Parteien, um den linken Angriff abzuwehren. Bei der SVP schliesst man dies nicht aus. «Wir werden Listenverbindungen generell prüfen», sagt Thomas Aeschi.

Bei den letzten Wahlen arbeitete die FDP mit der CVP zusammen – und mit der GLP. Ob dies wiederum der Fall sein werde und ob allenfalls auch eine Kooperation mit der SVP Thema für die CVP ist, sei schlicht zu früh zu beurteilen, sagte Monika Barmet-Schelbert, die Vizepräsidentin der CVP des Kantons Zug. «Wir haben die Nachricht vom Verzicht von Joachim Eder und Bruno Pezzatti eben erst erhalten», sagte sie auf Anfrage von zentralplus.

 

*Korrigendum: In einer ersten Version des Artikels stand irrtümlicherweise, dass die GLP bereits 2010 den FDP-Nationalrat Bruno Pezzatti mit einer Listenverbindung unterstützt hatte, und der sich unter anderem deshalb knapp gegen den alternativen Nationarat Josef Lang durchsetzte. Dies ist falsch. Richtig ist, dass die GLP damals noch keine Listenverbindung mit andern Parteien eingegangen war. Dies war erst 2014 der Fall.

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