Im Zuger Kantonsrat fliegen verbal die Fetzen

«Unglaublich, Affront, Verhöhnung»: Heinz Tännler massiv in der Kritik

Ob Heinz Tännler wohl gerade über der geplanten Steuererhöhung brütet?

(Bild: Kilian Bannwart)

Weil der Kanton Zug seit kurzem 70 Millionen Franken an Steuern zusätzlich erwartet, Zuger Kantonsparlament am Donnerstag auf die vorübergehende Steuererhöhung verzichtet. Aber Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) musste sich massive Vorwürfe anhören. Und nichts regt ihn so auf, wie der Vorwurf, ein Hasardeur zu sein.

Zu Schlägereien wie im ukrainischen Parlament kam es im Zuger Kantonsrat am Donnerstag zwar nicht. Aber bei der Beratung des Kantonsbudgets und des Finanzplans für die kommenden Jahren flogen verbal zumindest die Fetzen und die Zornesröte breitete sich auf den Gesichtern von verschiedenen Volksvertretern aus.

 «Neoliberaler Staatsverschlankungsversuch»

Ursache: Die vorübergehende Steuererhöhung im Kanton Zug, welche der Kantonsrat vor drei Monaten überraschend deutlich in einer ersten Lesung bewilligt hatte. (zentralplus berichtete) Und auf die der Zuger Regierungsrat nun schon wieder verzichten will, da er kürzlich festgestellt hat, dass die  Steuereinnahmen im kommenden Jahr um 70 Millionen Franken höher ausfallen dürften als gedacht (zentralplus berichtete).

Dies sei ein «Affront», rief Andreas Lustenberger, der Baarer Kantonsrat und Präsident der Alternative – die Grünen. Was die Regierung plane, sei «eine Verhöhnung der Zuger Bevölkerung.» Zumal sich die Bevölkerung «nach der deutlichen Abfuhr des neoliberalen Staatsverschlankungsversuchs – getarnt als Entlastungsprogramm – sich kompromissbereit gezeigt hatte, ein neues Paket mitzutragen.»

Blosse Wahltaktik?

Personalverbände und verschiedene Einrichtungen hätten sich bereit gezeigt, auch schmerzhafte Einsparungen hinzunehmen. Aber eben immer mit dem Kompromiss im Hinterkopf, das auch eine vorübergehende Steuererhöhung mithelfen solle, die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen. Lustenberger fragte sich ob dies «eine geschickte PR-Strategie war, um vor den Wahlen das Gesicht zu wahren».

Lustenbergers ALG wollte deshalb nicht nur an der Steuererhöhung festhalten – er beantragte auch alle Sparmassnahmen, die im Budget 2019 bereits umgesetzt werden,  zurückzunehmen. Gleiches wollte die SP, auch wenn deren Sprecherin Barbara Gysel versöhnlichere Töne anschlug.

 Meierhans stört sich an «Hüst-und-Hott-Politik»

FDP, SVP und CVP hingegen unterstützten die Idee, auf die Steuererhöhung von 82 auf 86 Prozent zu verzichten. Aber mit sehr unterschiedlicher Tonalität.  Namentlich die Christdemokraten machten ihrem Ärger über die «Hüst-und-Hott-Politik» der Zuger Regierung Luft.

Ihr Sprecher, Thomas Meierhans aus Steinhausen nannte es «unglaublich, mit welcher Vehemenz für einen gesunden Staatshaushalt mit einer Steueranpassung debattierte – und nun wieder das Gegenteil gelten soll.» Die Kommunikation der Regierung sei ungenügend, fand er.

Vertrauen in Regierung hat gelitten

Es selber budgetiere als Unternehmer lieber vorsichtig, sagt Meierhans, der ebendiese Vorsicht bei der Regierung vermisst. Meierhans störte sich auch daran, dass die Regierung Investitionen, wie etwa die Sanierung der Kantonsschule in Zug nach hinten schiebe oder notwendige Strassensanierungen in Teilstücke aufteile. Dies würde später Mehrkosten verursachen.

Auch fragte sich der Steunhauser Christdemokrat, warum denn die Regierung Auswirkungen der Steuervorlage 17 und des noch nicht beschlossenen NFA-Kompromisses in den Finanzplan einrechne. Generell traue die CVP der Regierung bei ihren Finanzprognosen nicht mehr so recht.

Tännler will es besonders gründlich machen

Doch nichts regt den Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP), so sehr auf, wie der Vorwurf unberechenbar zu sein und nicht langfristig zu planen. Als sein Parteifreund Karl Nussbaumer (SVP)  sagte: «Das mit den Steuern ist ein bisschen eine Glückssache», dürfte dies die dominante Persönlichkeit der Zuger Regierung wenig gefreut haben.

In der Tat hat Tännler sich in der Vergangenheit bei seinen Projekten durch eine langfristige und gründliche Herangehensweise ausgezeichnet – etwa als er als Baudirektor den Stadttunnel  unter Einbezug möglichst aller gesellschaftlicher Kräfte möglich zu machen suchte.

Beim Budget wird gezaubert

Oder nun auch bei der Organisation des Eidgenössischen Schwingfests im kommenden Jahr, das Tännler als OK-Präsident gesellschaftlich möglichst breit abzustützen versucht.

Dennoch bleiben gewisse Auffälligkeiten als Finanzdirektor, als er etwa beim Budget 2018 einen Einmaleffekt von 50 Millionen Franken aus dem Hut zauberte und so ein drohendes Defizit verhinderte. Oder nun eben das plötzliche Auftauchen von vermuteten zusätzlichen 70 Millionen Franken an Steuereinnahmen.

In Zug ändern sich die Dinge schnell

Tännler wies die Vorwürfe von Lustenberger energisch zurück. Einen faulen Handel habe es nicht gegeben und die geplante vorübergehende Steuererhöhung sei auch keine Wahltaktik gewesen. «Ich war im Frühjahr persönlich davon überzeugt, dass die Steuererhöhung unbedingt notwendig ist».

«Drei Jahre sind im Kanton Zug eine Ewigkeit.»

Heinz Tännler, Finanzdirektor (SVP)

Und er verwahrte sich auch gegen die CVP-Rhetorik, die ihm eine «Hüst-und-Hott» vorwarf. Tännler gestand aber ein, dass auf dem Wirtschaftsstandort Zug schnell gravierende Änderungen auftauchen könnten, wenn etwa ein internationaler Konzern einen Standortentscheid mit grossen Auswirkungen fälle. «Hier ein Budget für die öffentliche Hand zu erstellen ist nicht so einfach, wie bei einem Unternehmen, das ein Produkt verkauft».

Es wird mehr gebaut als in Luzern

Die Sanierung der Zuger Staatsfinanzen sei ein Prozess, der nun schon seit 2016 dauere. «Drei Jahre sind im Kanton Zug eine Ewigkeit» sagte Tännler. Denn hier passiere viel mehr als etwa in Uri oder im Jura. Die Zuger Regierung habe indes immer konsequent ihre Linie verfolgt.

Man würde auch nicht im Übermass Investitionen verschieben sagte Tännler, sondern im Gegenteil viel Geld investieren. Im Vergleich mit dem bevölkerungsstärkeren Kanton Luzern investiere Zug viel höhere Beträge.

Transparenz ausgenützt

Dann redete er sich Tännler in Rage. Es sei nicht so, dass man die Steuervorlage und den NFA-Kompromiss bei der Finanzplanung berücksichtige. «Wir haben – anders als der Kanton Luzern – keine hypothetische Einnahmen mit einberechnet», sagte Tännler.

Vielmehr habe man auf Wunsch von Kantonsräten die Überlegungen zu künftigen Entwicklungen öffentlich gemacht. «Das nächste Mal muss ich mir überlegen, ob ich die selbe Transparenz noch an den Tag lege», sagte Tännler, der als Finanzdirektor viel mehr Zahlen öffentlich macht, als dies noch sein Vorgänger Peter Hegglin (CVP) getan hatte.

Steuerfuss bleibt bei 82 Prozent

In der Abstimmung stimmten 45 Kantonsräte für einen unveränderten kantonalen Steuerfusses von 82 Prozent, 18 wollten an der beschlossenen vorübergehenden Steuererhöhung festhalten.

Neun Kantonsräte waren hingegen dafür, den Steuerfuss auf 80 Prozent abzusenken, wie dies der Stadtzuger SVP-Kantonsrat Manuel Brandenburg vorgeschlagen hatte.

Jetzt droht Fehlbetrag von fast 30 Millionen Franken

Danach hiess es, die Auswirkungen des Beschlusses auszubaden. Denn mit einem Verzicht auf die Steuererhöhung sieht das Budget des Kantons Zug tiefrote Zahlen vor – nämlich über 29 Millionen Franken.

Mit wenigen Abstrichen wurde an diesem Plan festgehalten. Allerdings machte sich der Rat anschliessend daran, einige Sparbeschlüsse zu diskutieren, wie etwa die Schliessung der Polizeiposten von Steinhausen, Hünenberg und Menzingen, die zurückgenommen wird.  

Steuererhöhung vom Tisch gewischt

Diese vielen Einzelbeschlüsse bilden zusammen das dritte Sparpaket im Rahmen der Sanierung der Kantonsfinanzen. Ein Teil davon ist auch die vorübergehende Erhöhung des Steuerfusses von 82 auf 86 Prozent, welches das Kantonsparlament Ende August bewilligt hatte – allerdings nur für ein Jahr, nicht für zwei Jahre, wie es der Regierungsrat damals noch verlangt hatte.  

Deshalb es gleich nochmals zu einer Neuauflage der Diskussion aus der Budgetdebatte. Auch die Abstimmung verlief gleich. Mit 49 zu 22 wurde die in 1. Lesung bewilligte Steuereröhung wieder gestrichen. Sie ist nun endgültig vom Tisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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