Erstmals in eine Zuger Exekutive gewählt

Zari Dzaferi: «Ich kenne viele Secondos, die sehr erfolgreich sind»

Zari Dzaferi ist neu Gemeinderat von Baar – als mazedonischstämmiger Secondo.

(Bild: Piripixx)

Erstmals haben es Secondos bei den Zuger Wahlen Anfang Oktober in die Gemeinde-Exekutive geschafft. Der Baarer SP-Politiker und Kantonsrat Zari Dzaferi aus Baar ist einer von ihnen. Eine Integrationsfigur möchte der mazedonischstämmige Sekundarlehrer aber dennoch nicht sein.

zentralplus: Herr Dzaferi, wie fühlen Sie sich als neu gewählter Gemeinderat von Baar?

Zari Dzaferi: Sehr gut. In den letzten acht Jahren engagierte ich mich im Kantonsrat sowie an den Gemeindeversammlungen und sammelte wertvolle Erfahrungen. Während rund 20 Wochen führte ich einen aktiven Wahlkampf, verteilte über 4’000 persönliche Briefe, sprach mit rund 700 Personen an der Haustüre. Dementsprechend freut mich das Vertrauen der Baarer Bevölkerung. 3’264 Stimmen bei den Gemeinderats- und 4’278 Stimmen bei den Kantonsratswahlen bestätigen mich in meiner politischen Arbeit.  

zentralplus: Was haben Ihre Eltern und Geschwister zu Ihrem Wahlerfolg gemeint? Sie sind ja seit 2011 schon Kantonsrat. Sind sie jetzt noch stolzer auf Sie?

«Meine Eltern gehören zu meinen grössten Vorbildern.»

Dzaferi: Meine Eltern kamen als Saisonniers in die Schweiz. Sie sind sehr aufrichtige, fleissige Menschen und gehören zu meinen grössten Vorbildern. Ich denke, sie freuen sich, dass sie ihren drei Kindern ihr Gedankengut vermitteln konnten.

zentralplus: Sie sind vor über 20 Jahren aus Ihrer mazedonischen Heimat Gostivar nach Zug gekommen. Wie war das für Sie und Ihre Familie?

Dzaferi: Als ich 1992 in die Schweiz gekommen bin, konnte ich kein Wort Deutsch und musste viel lernen. Es war nicht immer einfach. Doch ich profitierte viel von den hiesigen Strukturen. Dass meine Geschwister und ich heute einwandfrei Schweizerdeutsch sprechen, ist mitunter auch ein Verdienst unserer Baarer Freundinnen und Freunde sowie der Schulen, die uns tatkräftig unterstützten. So was vergesse ich nicht. Auch nicht, dass meine Eltern sehr hart arbeiteten und auch Nebenjobs hatten, um ihren Kindern bessere Chancen zu ermöglichen.

SP-Kandidat Zari Dzaferi erhielt Lob aus dem ganzen politischen Spektrum für seinen originellen Wahlkampf.

SP-Kandidat Zari Dzaferi erhielt Lob aus dem ganzen politischen Spektrum für seinen originellen Wahlkampf.

(Bild: zvg)

zentralplus: Sie haben dann über Umwege die Matura geschafft – war das der erste Moment, als Sie gefühlt haben: Jetzt bin ich integriert, weil ich die gleichen Chancen habe wie andere Schweizer?

«Die Integration verlief laufend neben dem Unterricht, in Nebenjobs und im Sport.»

Dzaferi: Den Weg zum «Erfolg» leitete vor allem ein zweiwöchiger Ferienjob auf der Baustelle mit meinem Vater ein. Nach mehreren Tagen mit der Schaufel in der Hand realisierte ich, dass das Leben ohne solide Ausbildung verdammt hart werden kann.

zentralplus: Was bedeutete das für Sie konkret?

Dzaferi: Das heisst, dass ich deshalb ernsthafter für die Schule arbeitete. Ich nutzte mein Potenzial und schaffte den Sprung an die Sekundar- und später an die Kantonsschule. Bis zum Abschluss des Sekundarlehrerstudiums arbeitete ich weiterhin in der Freizeit. Sei es als Hilfsgipser, Bäckerei-Chauffeur, Adidas-Produkttrainer, freischaffender Journalist oder kultureller Vermittler. Die Integration verlief laufend neben dem Unterricht, in Nebenjobs und im Sport.

zentralplus: Das heisst, Sie haben sich eigentlich bereits das erste Mal integriert gefühlt, als Sie das erste Tor für den FC Baar geschossen haben?

Dzaferi: Meine ersten Tore in Blau-Gelb erzielte ich bereits als Siebenjähriger. Damals dachte ich noch nicht über Integration nach. Heute realisiere ich, dass mich die Zeit auf dem Fussballplatz sehr geprägt hat. Nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich. Ich baute einen Freundeskreis auf und lernte die hiesige Kultur kennen.

«Ich erhalte viele positive Rückmeldungen – von Leuten, die ihre Wurzeln in der Schweiz oder im Ausland haben.»

zentralplus: Sie sind seit Jahren nicht nur ein engagierter Sekundarlehrer, sondern auch ein leidenschaftlicher SP-Kantonsrat. Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihren Landsleuten erhalten? Werden Sie nun anders wahrgenommen?

Dzaferi: Ich erhalte viele positive Rückmeldungen – von Leuten, die ihre Wurzeln in der Schweiz oder im Ausland haben. Hin und wieder werde ich zu einzelnen Geschäften gefragt. Meistens geht es dabei um nationale Themen, weil diese in den Medien prominenter thematisiert werden.

Der 33-jährige Sekundarlehrer und SP-Kantonsrat ist ein zupackender Typ.

Der 33-jährige Sekundarlehrer und SP-Kantonsrat ist ein zupackender Typ.

(Bild: Piripixx)

zentralplus: Secondos haben es in der Schweiz nicht immer leicht – vor allem jene aus den Balkanländern. Was sagen Sie dazu?

Dzaferi: Diese Aussage ist zu pauschal. Ich kenne viele Secondos, die heute sehr erfolgreich sind. Solche Beispiele zeigen: Wir sind gut beraten, allen Menschen die gleichen Chancen einzuräumen. Erfolgreich sind vor allem jene, die motiviert sind – egal, ob sie Hotz, Dzaferi oder Branca heissen.

«Im Kanton Zug kann man das ein bisschen mit einem Sandwich vergleichen.»

zentralplus: Können Sie sich vorstellen, durch Ihr neues Amt in der Gemeindeexekutive noch mehr zu einer Integrationsfigur für Ihre albanischen Landsleute werden zu können?

Dzaferi: Ich möchte keine Integrationsfigur sein – auch wenn ich mit meinem Namen immer wieder mit Integration in Verbindung gebracht werde. Übrigens habe ich 26 von meinen 33 Lebensjahren in Baar verbracht, weshalb ich mittlerweile mehr Wurzeln in Baar als sonst irgendwo habe.

zentralplus: Wie gut ist es Ihrer Meinung nach gerade um die politische Integration von Secondos und Einwanderern bestellt? Wirtschaftlich gesehen ist dies ja inzwischen kein Thema mehr.

Dzaferi: Kein Thema würde ich nicht sagen. Im Kanton Zug kann man das ein bisschen mit einem Sandwich vergleichen.

zentralplus: Sandwich?! Das hört sich erstmal irgendwie appetitlich an …

Dzaferi: Ich will damit einfach sagen: Es gibt Zugewanderte, die im Tieflohnsegment arbeiten, und andere, die im Toplohnsegment tätig sind. Mit der Abwanderung von «einfachen» Arbeitsplätzen werden jene aus dem Tieflohnsegment zunehmend Schwierigkeiten haben. Umso wichtiger ist eine solide Grundausbildung. Die politische Integration hinkt vergleichsweise etwas hinterher. Es gibt allerdings immer mehr erfolgreiche Beispiele, wie auch vergangene Zuger Wahlen zeigten.

«Der Einstieg in die Politik wird erleichtert, wenn zu Hause am Esstisch über Politik geredet wird.»

zentralplus: Richtig. Aber, warum hinkt aus Ihrer Sicht die politische Integration von Secondos und Einwanderern noch hinterher? Haben diese kein Interesse an Politik oder werden ihnen zu viele Steine in den Weg gelegt?

Dzaferi: Der Einstieg in die Politik wird erleichtert, wenn zu Hause am Esstisch über Politik geredet oder man von politischen Parteien direkt angesprochen wird. In diesem Bereich ist viel Potenzial vorhanden. Die Parteien stehen grundsätzlich vor der Herausforderung, Nachwuchs zu finden und ihre Parteibasis zu erweitern.

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