Gemeinsam genutzter Raum kein Thema

Neuer Gerichtssaal im Zuger Theilerhaus – den kaum jemand braucht

Das Theilerhaus soll 2022 in neuem Glanz erstrahlen.

 

(Bild: wia )

Jetzt ist die Kulturnutzung des Zuger Theilerhauses definitiv vom Tisch: Der Zuger Kantonsrat bewilligt die Planung für ein repräsentatives Gerichtsgebäude. Dieser erhält einen Verhandlungssaal, den er kaum je benützen wird.

Es ist bekannt: Die Zuger Regierung will im Theilerhaus das Zuger Verwaltungsgericht einquartieren. Weil sie für das Gericht, das derzeit im Verwaltungsgebäude der Zugerland Verkehrsbetriebe untergebracht ist, ein neues Heim sucht. Denn das ZVB-Gebäude an der Aa soll 2024 abgerissen werden.

Gleichzeitig will sie für die Kulturnutzung, die eigentlich vorgesehen war, kein Geld ausgeben und bemüht dafür die angespannten Kantonsfinanzen und die notwendigen Sparprogramme.

In Zug geben Verwaltungsentscheide viel zu reden

Beim Umbau in ein Gerichtsgebäude soll aber nicht gespart werden. Zwar kommt der Umbau, für den sich die Regierung am Donnerstag vom Zuger Kantonsrat 11,9 Millionen Franken bewilligen lassen wollte, nicht teurer als die Kulturnutzung. Aber er beinhaltet grosszügige Investitionen. 

Er sieht nämlich vor, den 1. Stock in einen repräsentativen Gerichtssaal umzuwandeln. Zwar ist das Verwaltungsgericht im dynamischen Zugerland, wo viel gebaut wird und dementsprechend viele Rechtshändel um Verwaltungsentscheide anfallen, wichtiger als in anderen Kantonen.

Gericht wälzt nur Akten

Aber für einen Verhandlungssaal hat das Gericht wenig Verwendung, weil es seine Fälle grundsätzlich schriftlich abwickelt. Es führt nämlich keine Befragungen durch, sondern wälzt nur Akten. Das bedeutet, dass es den neuen Gerichtssaal auch in erster Linie als Sitzungs- und Empfangszimmer verwenden wird.

«Eine Küche mit 19 Quadratmetern soll die Verpflegung für das Bistro, die umliegenden Schulen und das Museum sicherstellen?»

Richard Rüegg (CVP), Stadtzuger Kantonsrat

Das ist so auch im Bericht der Hochbaukommission nachzulesen, die dennoch nichts gegen den Plan einzuwenden hat: Die EMRK (Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) gebe in bestimmten Rechtsangelegenheiten vor, dass öffentliche Gerichtsverhandlungen durchgeführt werden müssen.

Ausserdem führe das Verwaltungsgericht auch Verhandlungen und dafür brauche es den Gerichtssaal. In der Tat gab die grosszügige räumliche Ausstattung des Verwaltungsgerichts am Donnerstag im Kantonsparlament nicht zu reden.

Unterschlupf bei Zuger Polizei

Derzeit weicht das Verwaltungsgericht in den seltenen Fällen, in denen ein öffentliches Verfahren nötig ist, in einen Saal im Polizeigebäude an der Aa aus. Der lange Weg scheint künftig den Verwaltungsrichtern nicht zumutbar zu sein.

Vielmehr stiess den Zuger Kantonsräten auf, dass die Regierung die Renovation und den Umbau des Theilerhauses möglichst schnell durchpeitschen und sich sofort den Gesamtkredit von 11,9 Millionen Franken bewilligen lassen wollte. Dies mit Verweis auf den erbärmlichen Zustand des Baudenkmals, das nun seit 29 Jahren leer steht.

Zu wenige Infos für Beurteilung

Das gehe so nicht, sagte Gabriela Ingold (FDP) von der Staatswirtschaftskommission, es brauche ein zweistufiges Verfahren, mit einem Planungskredit und der anschliessenden Beratung des Umbauprojekts. Die vorliegenden Angaben seien zu vage, eine seriöse Beurteilung unmöglich. Ausserdem brauche das Verwaltungsgericht erst in sechs Jahren neue Räume.

Weil dies von fast allen Parteien kritisiert wurde, gab sich FDP-Baudirektor Urs Hürlimann schon mit dem Bau- und Planungskredit von 1,5 Millionen Franken zufrieden, bevor er doch noch von der Hochbaukommission und den Sozialdemokraten Unterstützung erhielt. Hubert Schuler (SP) argumentierte, ein zweistufiges Verfahren werde keine neuen Erkenntnisse bringen. Er unterlag mit 18 zu 44 Stimmen.

Kritik, aber keine Lösung

Anlass zu breiter Kritik gab hingegen das Gastrokonzept für das 90-plätzige Bistro, das im Erdgeschoss eingerichtet werden soll: Die Gastwirtschaft soll auch Dienstleistungen für nahe gelegene Einrichtungen ausrichten. «Eine Küche mit 19 Quadratmetern soll die Verpflegung sicherstellen für das Bistro, die umliegenden Schulen und das Museum für Urgeschichte mit zahlreichen Apéros riches?», fragte sich Richard Rüegg (CVP). «Da haben wir doch Zweifel.»

«Der historische Industriebau mit seiner Konstruktion und Bauform ist nicht wirklich fürs Verwaltungsgericht.»

Daniel Stadlin, Präsident der Grünliberalen Partei des Kantons Zug

Eine Lösung für das Problem hat das Kantonsparlament keine. Die Hochbaukommission hat laut Schuler mit Wirten gesprochen. Sie fände einen Mittagstisch und ein Catering für die nahe liegende Shedhalle sinnvoll und will das Gastrokonzept in einen grösseren Rahmen gestellt sehen.

Weil dies aber erst mit dem Umbau der Shedhalle an der Hofstrasse spruchreif wird, muss die Regierung nun einfach nochmals das bisherige Gastrokonzept überprüfen.

Stadlins unbarmherzige Schelte

Grundsätzlich haben alle kulturaffinen Kantonsräte die Kröte der Regierung mit der geänderten Nutzung des Theilerhauses geschluckt. Einzig Siedlungsplaner und Architekt Daniel Stadlin, Präsident der Grünliberalen, liess es sich nicht nehmen, nochmals Tacheles zu reden.

Er begrüsst die Instandsetzung des Gebäudes. Er bezweifle aber, dass man dem Baudenkmal «mit einer solch introvertierten, kaum Leben generierenden Bürotätigkeit wie dem Verwaltungsgericht» wirklich neues Leben einhauchen könne.

Es sei nicht einsehbar, warum das Verwaltungsgericht in ein so abgelegenes Quartier verlegt werden solle. «Zudem ist der historische Industriebau mit seiner Konstruktion und Bauform nicht wirklich geeignet dazu.» Das Innere müsse deshalb wohl massiv verändert werden. «Es ist jedenfalls mehr Verlegenheits- als Ideallösung», wetterte Stadlin.

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