Zeitungsfusion beschäftigt Luzerner Politiker

«Die Entscheidungsträger trinken ihren Kaffee nun in Aarau statt in Luzern»

Ein Leser studiert die «Luzerner Zeitung».

(Bild: les)

Das Joint Venture zwischen den AZ Medien und den Regionalblättern der NZZ-Gruppe – darunter die «Luzerner Zeitung» – hat im Luzerner Stadtparlament für Gesprächsstoff gesorgt. Die Politiker bedauern die Situation, bleiben aber tatenlos.

Auf dem Luzerner Medienplatz weht der Wind demnächst aus dem Aargau: Grund dafür ist der Zusammenschluss von AZ Medien und der NZZ-Regionalmedien (siehe Box). Das Joint Venture, zu dem auch die «Luzerner Zeitung» gehört, soll im Oktober starten (zentralplus berichtete).

Die Fusion hat in Luzern viele Fragen ausgelöst – auch im Luzerner Stadtparlament. «In Zeiten von Herrn Trump und Fake News haben verlässliche Medien einen hohen Stellenwert», sagte Mirjam Fries (CVP) anstelle von Albert Schwarzenbach, der eine Interpellation zum Thema eingereicht hatte, die Sitzung am Donnerstag aber frühzeitig verlassen musste.

Bereits der Stadtrat brachte in seiner Stellungnahme die Befürchtung zum Ausdruck, «dass sich der Abbau von redaktioneller Kompetenzen auf dem Platz Luzern negativ auf die Attraktivität und Qualität der regionalen journalistischen Arbeit auswirken» könnte. Die Pool-Lösung für das überregionale Angebot der NZZ- und der AZ-Gruppe «schwächt nach Ansicht des Stadtrats den Medienplatz Luzern redaktionell und publizistisch.» Ähnlich besorgt äusserte sich der Regierungsrat (zentralplus berichtete).

Sorge um Plattform für lokale Veranstalter

Auch bei den Stadtparlamentariern sorgt der Zusammenschluss für wenig euphorische Töne. «Die Entscheidungsträger trinken ihren Kaffee nun in Aarau statt in Luzern» sagte Fries. «Sie entscheiden anders als Menschen, die abends in Luzern ihren Apéro nehmen oder in Sursee einen Anlass besuchen.» Vor diesem Hintergrund stellte sie in Frage, ob all die lokalen Veranstalter weiterhin eine mediale Plattform finden. Gleichzeitig würdigte Fries, dass neue Onlineangebote im Medienmarkt entstehen, etwa zentralplus oder nau.ch.

Zum Joint Venture

In die CH Media werden sämtliche regionalen Tageszeitungen und Onlineportale der beiden Medienkonzerne AZ Medien und NZZ Regionalmedien – darunter die «Luzerner Zeitung» und ihre Regionalausgaben – überführt. Die Titel arbeiten im überregionalen Teil künftig zusammen, betreiben aber weiterhin eigene Lokalredaktionen.

Mit 480 Millionen Franken Umsatz und über 2'000 Mitarbeitenden gehört CH Media zu den grössten Medienunternehmen in der Deutschschweiz. Die Wettbewerbskommission hat den Zusammenschluss nach vertiefter Prüfung und trotz kritischer Bemerkungen genehmigt (zentralplus berichtete).

«Jede Stelle im Journalismus, die wegfällt, ist eine weniger, die unser Geschehen, unser politisches Geschehen abbildet und untersucht», sagte Sonja Döbeli Stirnemann, FDP-Grossstadträtin und Mitglied der Geschäftsleitung am Medienausbildungszentrum (MAZ) in Luzern. Sie benannte zwei übergeordnete Ursachen für die Krise der Medien: Die Gratismentalität und die Abwanderung der Inserate zu grossen internationalen Konzernen wie Google und Facebook.

Was kann man tun? Für Neuigkeiten zahlen

Insgesamt war der Tenor aber klar: Der Politik sind die Hände gebunden. «Was können wir tun? Persönlich: Zeitungen kaufen. Die öffentliche Hand: nicht viel», fasste es CVP-Fraktionschefin Mirjam Fries zusammen. Es handle sich um einen privatwirtschaftlichen Vorgang. Und die Presseförderung geschehe auf nationaler Ebene, sagte sie und warnte vor Abhängigkeiten, sollten Medien durch den Staat direkt gefördert werden. «Wir müssen bereit sein, für Neuigkeiten zu zahlen und in guten Journalismus zu investieren» doppelte Döbeli Stirnemann nach.

Hinweis: Wer dies tun möchte, kann dies gleich hier.

«Wir können das ein wenig bedauern und uns an der eigenen Nase nehmen», sagte auch Stefan Sägesser (GLP). Nur dem Wandel die Schuld geben mochte er aber nicht. «Die Medienlandschaft hat es schlicht verpasst, auf den Onlinezug aufzuspringen.» Zudem, so fügte er zur Aufheiterung des Saals an, sehe er kaum mehr einen Journalisten in der Beiz und unter den Leuten.

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