Zuger Ennetsee geht gegen Wahlwerbung vor

Wahlposse: Kandidaten müssen Fahnen aus Vorgarten und Balkon entfernen

Stehen in Reih und Glied im Dorfzentrum von Hünenberg: Wahlplakate auf offiziellem Standplatz der Gemeinde.

(Bild: mam)

Wer im Kanton Zug Anfang Oktober in Amt und Würden gewählt werden will, macht mit Vorteil Werbung in eigener Sache. Dies freut nicht alle: In Hünenberg mussten Kandidaten ihre Fähnchen vom Balkon oder aus dem eigenen Garten entfernen. Und auch andere Gemeinden zeigen sich restriktiv.

Am 25. August fiel der Startschuss für den Wahlkampf zu den Zuger Gesamterneuerungswahlen. Ab diesem Datum tauchten gehäuft Wahlplakate in den Zuger Gemeinden auf und einzelne Kandidaten begannen die Vorgärten von Freunden und Bekannten mit Bildern ihres Antlitzes zu verschönern.

Auch Beat Unternährer, FDP-Kantonsrat aus Hünenberg, marschierte mit einer Werbefahne zur Grenze seines Grundstücks, stellte sie auf – und wurde von der Gemeinde zurückgepfiffen. Worauf er die Beach-Flag mithilfe seiner Tochter wieder entfernte.

Wahlfahne von Beat Unternährer.

Wahlfahne von Beat Unternährer.

(Bild: mam)

Auf Facebook machte er darauf seinem Ärger Luft. Das einzige Politplakat in Hünenberg sei jenes der SP-Regierungsratskandidatin Barbara Gysel, schrieb er und postete ein Foto der linken Kandidatin neben einer Aufnahme seiner mittlerweile entfernten Werbefahne.

Kampf gegen den Moloch

Es sei unglaublich, dass die Gemeinde ihm verunmögliche, auf eigenem Grund und Boden sein Fähnchen aufzustellen. Als aufrechter Freisinniger gelobte er sodann, auch in der nächsten Legislatur als Kantonsrat gegen den Bürokratiemoloch anzukämpfen und das Gemeinwesen von unnötigen und hemmenden Regulatorien zu befreien. Parteifreundin Patricia Diermeier konnte nachfühlen und rapportierte, auch sie habe ihre Werbefahne vom Balkon holen müssen.

«Es gibt Leute, die es stört, wenn überall Wahlplakate stehen.»

Guido Wetli, Gemeindeschreiber Hünenberg

Mittlerweile sind diese Posts auf Facebook wieder gelöscht worden und alles hat sich in Minne aufgelöst. Beat Unternährer sagt auf Anfrage, er habe nach einem Gespräch mit der Gemeinde seine Beach-Flag wieder aufstellen dürfen. Er versteht das Ganze als ironischen Beitrag zu einer Vereinbarung, «die nicht ganz leicht zu verstehen ist».

Doch Unternährers Wohnort wird derzeit mit Regula Hürlimann von einer Freisinnigen regiert und auch bei den Kampagnen auf Plakatwänden hat die FDP die Nase vorn – macht sie doch schon seit dem Frühsommer die Gesichter ihrer beide neuen Regierungsratskandidaten bekannt (zentralplus berichtete).

Parteien einigten sich untereinander

Zudem gibt’s in Hünenberg gar kein Reglement, das Staatsdiener verabschiedet hätten. Vielmehr haben sich alle Ortsparteien zusammengesetzt und eine Übereinkunft abgeschlossen, wo und wann Wahlmaterial aufgestellt werden darf. Demnach stellt die Gemeinde in Hünenberg See und Hünenberg Dorf an zwei Standorten Wahlplakate auf.

Ausserdem hat sie mit sieben privaten Grundeigentümern Abmachungen getroffen, dass bei ihnen Wahlplakate stehen dürfen. Der Werkhof hat diese Standorte verpflockt, die Parteien brauchen hier keine Bewilligung, müssen die Plakate aber selber aufstellen und abräumen. Ausserdem können die Parteien für zwei zusätzliche private Standorte Bewilligungen beantragen, um ihre Wahlplakate zu platzieren. So lautet der Deal.

«Es gibt Leute, die es stört, wenn überall Wahlplakate stehen», begründet Gemeindeschreiber Guido Wetli das Bemühen Hünenbergs, den Wahlkampf in geordnete Bahnen zu lenken. Ausserdem verstehe man das Unterfangen auch als Dienstleistung für die Parteien. «Es ist günstiger und einfacher, die vorbereiteten Plätze der Gemeinde zu benützen, als privat die ganze Fläche zu mieten und alle Bewilligungen einzeln einzuholen.»

Vereinzelte Reklamationen

In Cham ist die Situation ähnlich: An sechs Standorten am Dorfeingang und im Zentrum hat die Gemeinde Plakatwände aufgestellt, an denen seit zwei Wochen die Gesichter und Slogans der Kandidaten prangen. «Alle anderen privaten Standorte sind bewilligungspflichtig», sagt Gemeindeschreiber Martin Mengis. Ausserdem dürfen private Plakate frühestens vier Wochen vor der Wahl aufgestellt werden.

Zentrale Polit-Plakatwand in Cham.

Zentrale Polit-Plakatwand in Cham.

(Bild: mam)

Man prüfe dies nicht systematisch nach, so Mengis, sondern vertraue darauf, dass sich die Kandidaten an die Vorgaben halten. «Jedoch haben wir ab und zu Meldungen erhalten, dass Werbematerial zu früh aufgestellt worden ist.» In diesem Fall würde man die Kandidaten einfach an die Regeln erinnern, sagt Mengis.

Streit um die Pappkameraden

Ein im Vergleich zum Ennetsee kunterbuntes Treiben herrscht in der Stadt Zug. Das hat zum einen damit zu tun, dass Plakate auf privatem Grund schon früher als andernorts aufgestellt werden dürfen – nämlich bereits sechs Wochen vor der Wahl. Andererseits liegt das fröhliche Wahlwerben daran, dass in Zug keine informellen Übereinkünfte gelten, sondern eine Verordnung die politische Aussenwerbung unkompliziert regelt.

Weniger eingeschränkt: Wahlwerbung beim Rank in der Stadt Zug.

Weniger eingeschränkt: Wahlwerbung beim Rank in der Stadt Zug.

(Bild: mam)

In Zug gab’s nämlich schon früher massiven Knatsch wegen der Aussenwerbung. Einen Höhepunkt erreichte er, als CSP-Mann Andreas Bosshard, Stadtrat von 2003 bis 2014, anfing, Pappkameraden am Strassenrand aufzustellen – lebensgrosse Abbilder seiner selbst, die aus Privatgärten grüssten. Und die nach Ansicht seiner Konkurrenten die Sicherheit gefährdeten, weil Verkehrsteilnehmer dachten, es stehe tatsächlich ein leibhaftiger Mensch am Strassenrand.

Aussicht und Einfahrt müssen frei bleiben

Jedenfalls hat die Stadt Zug seit 2011 die Voraussetzungen fürs Aufstellen in einem Reglement schriftlich festgehalten. Neben zehn Standorten in der Stadt, wo Politwerbung von der Stadt unentgeltlich aufgestellt wird, kann man dies auch auf privatem Grund tun – und zwar im Unterschied zu den Ennetsee-Gemeinden, ohne vorher eine Extrabewilligung einzuholen.

Man muss nur gewisse Punkte beachten. Die Plakate dürfen Fussgänger nicht behindern, nicht ausserhalb der Bauzone stehen, keine Kulturdenkmäler und Aussichtspunkte verdecken und die Landschaft nicht verschandeln. Ausserdem dürfen sie nicht an Kreuzungen oder bei Einfahrten stehen – und so die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. «Dies haben wir gerade kürzlich nachgeprüft», sagt Stadtschreiber Martin Würmli.

Alles war gesetzeskonform. Denn Pappkameraden stehen nach wie vor in Zug – mittlerweile bedient sich die christlichsoziale Stadträtin und Stapi-Kandidatin Vroni Straub dieser Werbemethode (zentralplus berichtete).

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