Nach Einsprachen wirken Kanton und Gemeinde ratlos

Kampf um die Chamer Birkenallee ist noch lange nicht entschieden

Wagt er den Schritt bis vors Bundesgericht? Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Er hat Einsprache gegen die Fällung der Bäume eingereicht.

(Bild: Vera Rüttimann)

Knapp vier Monate ist es her – da wurde bekannt, dass der Kanton Zug eine Chamer Birkenallee mit 21 Bäumen abrasieren will. Weil die Bäume angeblich krank sind und ein Sicherheitsrisiko darstellen. Nachdem die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz Einsprache gegen das geplante Tabula rasa eingelegt hat, herrscht noch immer Schockstarre.

 «Ich habe nach unserer Einsprache weder von der Gemeinde Cham als genehmigende Behörde noch vom Kanton Zug als Gesuchsteller irgendetwas gehört», stellt Raimund Rodewald klar.

Rodewald ist Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und wehrt sich gegen den Plan des Kantons Zug, 21 Birken in Cham, die entlang der Knonauerstrasse in einer schönen Allee stehen und die Landschaft strukturieren, zu fällen. Grund: Angeblich stellen die Bäume, die 45 Jahre alt sind, ein Sicherheitsrisiko für den Verkehr dar, weil sie krank seien, argumentiert der Kanton (zentralplus berichtete aktuell).

Strasse soll verbreitert werden

Der wahre Grund des Kantons Zug für die beabsichtigte Fällung der schlanken und anmutigen Birken ist aber ein ganz anderer. Die kantonale Baudirektion will die Knonauerstrasse verbreitern. Und dafür stehen die Birken im Weg. Zu Ersatzpflanzungen an gleicher Stelle ist der Kanton Zug aus Sicherheitsgründen nicht bereit.

«Die Knonauerstrasse entspricht eher einer zerstörenden Zäsur in der Landschaft, die nicht durch eine Bepflanzung noch betont werden soll.»

Zuger Amt für Raumplanung

Dabei hat sich das Amt für Raumplanung nicht gerade als Baumfreund geoutet: «Die Knonauerstrasse entspricht eher einer zerstörenden Zäsur in der Landschaft, die nicht durch eine Bepflanzung noch betont werden soll.» Ausserdem werde die bestehende Birkenallee beziehungsweise deren Restbestand als historisch nicht wertvoll und damit nicht erhaltenswert angesehen.

Doch Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz sieht das ganz anders und ist überzeugt, mit der Einsprache die Fällung der Birken verhindern zu können. «Sonst hätte ich die Einsprache ja nicht eingereicht», gibt er sich gegenüber zentralplus kämpferisch.

Die Birkenallee in Cham entlang der Knonauerstrasse soll abgesägt werden. Angeblich sind die Bäume krank. Hauptgrund für die beabsichtigte Fällung der Bäume ist jedoch die geplante Strassenverbreiterung.

Die Birkenallee in Cham entlang der Knonauerstrasse soll abgesägt werden. Angeblich sind die Bäume krank. Hauptgrund für die beabsichtigte Fällung der Bäume ist jedoch die geplante Strassenverbreiterung.

(Bild: woz)

Für ihn ist die Birkenallee in Cham so wie viele andere Baumalleen in der Schweiz ein «markantes Landschaftselement, das man nicht einfach zum Verschwinden bringen kann». Alleen seien gerade jetzt im heissen Sommer natürliche Schattenspender.

«Die Bäume halte ich für gar nicht krank, die sind nur falsch gepflegt worden.»

Raimund Rodewald, Geschäftsleiter Stiftung Landschaftsschutz Schweiz

Generell würden solche Baumreihen die Landschaften ästhetisch prägen und gerade damit versöhnen, dass Verkehrsachsen die Natur durchkreuzten. «Die Bäume halte ich für gar nicht krank, die sind nur falsch gepflegt worden», meint Rodewald. Sagt’s und spricht damit an, dass man die Birken von oben gekappt hätte – ein fataler Fehler. Das Problem, dass das Kernholz der Bäume dadurch in den Baumkronen ausfaule, sei hausgemacht. Er habe sich die Bäume selbst angesehen.

Stiftung Landschaftsschutz: Bäume kein Sicherheitsrisiko

Der Kanton Zug und Baudirektor Urs Hürlimann sind dagegen überzeugt, dass die Bäume ein Sicherheitsrisiko darstellten, weil holzabbauende Pilze das Kernholz befallen hätten. Der gesunde Teil der Baumsubstanz – das sogenannte Splintholz – sei nicht mehr stark genug, die Stabilität des Baumes zu gewährleisten. Baumfachleute hätten dies festgestellt, die einmal im Jahr die Bäume begutachteten.

«Die Bäume sind überhaupt kein Sicherheitsrisiko», ist Rodewald überzeugt. Er will die Birken deshalb auf jeden Fall retten – und überlegt sich sogar, den Fall gegebenfalls vors Bundesgericht zu ziehen.

«Aufgrund der eingegangenen Einsprachen wird zwischen dem Kanton und der Gemeinde am 9. Oktober eine Besprechung durchgeführt.»

Erich Staub, Abteilungsleiter vom Amt Planung und Hochbau der Gemeinde Cham

Der Kanton Zug und die Gemeinde Cham scheinen in Schockstarre verfallen zu sein. Beziehungsweise den umstrittenen Fall aussitzen zu wollen. Ein vor einigen Wochen angekündigter runder Tisch, an dem ein möglicher Kompromiss oder eine gangbare Lösung erarbeitet werden könnte, hat bis jetzt nicht stattgefunden. Aus Gründen des hängigen Verfahrens ist kein Behördenvertreter bereit, Konkretes zum Stand der Dinge zu sagen.

«Aufgrund der eingegangenen Einsprachen wird zwischen dem Kanton und der Gemeinde am 9. Oktober eine Besprechung durchgeführt», sagt Erich Staub, Abteilungsleiter vom Amt Planung und Hochbau der Gemeinde Cham. «Da werden wir dann die weiteren inhaltlichen und verfahrensmässigen Schritte besprechen. Bis dahin bitten wir vorerst um Geduld.»

Noch stehen die Birken.

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz gibt es seit 1970

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) strebt die Erhaltung, Pflege und Aufwertung der schützenswerten Landschaft in der Schweiz an. Sie verfolgt dieses Ziel, indem sie die natürlichen und kulturellen Werte der Landschaft sichert, fördert und wiederherstellt.

Die SL wurde 1970 von der Pro Natura, dem Schweizer Heimatschutz, der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung (heute: EspaceSuisse), dem Schweizer Alpen Club (SAC) und dem Schweizer Tourismus-Verband gegründet.

Die SL ist eine gemeinnützige Stiftung und hat keine kommerziellen Zwecke.

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